Cui Bono

Religion Eine alte Frage: Wem nützt es? Es ist gewagt, diese bei einer Religion zu stellen. Liegt der Rückzug der Kirchen aus dem Leben der Jugend an zu geringem Nutzen für sie?

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Menschen denken pragmatisch und rational und vielleicht auch bequem. Wenn sich heute Jugendliche Fragen stellen wie: „Was ist mein Vorteil wenn ich mich mit Kirche beschäftige und christlich lebe? Was nützt es mir am Sonntag (früh) einen Gottesdienst zu besuchen. Was nützt mir Gott?“ Was wäre dann wohl die Antwort?
In einem Interview mit einem Benediktinermönch habe ich den Satz gehört „ Religion ist eine Lebenshilfe“. Das heißt: Religion kann mir helfen mein Leben zu meistern. Im Alltag kommen junge Menschen im Allgemeinen klar. In schwierigen Phasen benötigen sie Hilfe. Aber welcher Jugendliche geht heute in persönlichen Krisen zu einem Priester? Wer geht zur Beichte? Bei Problemen gibt es das Jugendamt, psychologische Dienste, Selbsthilfegruppen usw. Wahrscheinlich würde kaum einem Jugendliche in solch einer Situation einfallen, einen Priester anzusprechen. Vielleicht suchen sie Kontakt zu einer kirchennahen Organisation wie der Caritas. Edmund Stoiber würde es so formulieren: Die Kirchen haben die Kompetenzkompetenz in Fragen der Lebenshilfe verloren.
Kirchen erleben Zulauf, wenn es gesellschaftliche Krisen gibt (unsere Großeltern nennen das „schlechte Zeiten“). Im Gegensatz dazu verlieren sie an Bedeutung, wenn es einer Gesellschaft wirtschaftlich, sozial und politisch relativ gut geht. Kirche vermittelt in schweren Zeiten Hoffnung und Trost. Gut sichtbar ist dies in Polen. War die katholische Kirche dort eine tragende Säule der Revolution gegen die Kommunisten, so sinkt heute ihre Bedeutung. Die Gesellschaft ist verwestlicht. Es geht den Menschen wirtschaftlich Jahr für Jahr besser. Wozu bedarf es Kirche? Ein gegenteiliges Beispiel sind die 3. Welt Länder. Warum ist in Südamerika die gesellschaftliche Bedeutung von Religion höher als in Westeuropa? Die Menschen benötigen in 3. Welt Ländern eben mehr Hoffnung und Trost.
„Cui bono?“ hat auch viel mit Aufklärung ( im Sinne von Kant etc.) zu tun. Für die Kirche war es in früheren Generationen leichter, ihre Werte zu vermitteln und ihren „Nutzen“ für die Menschen darzulegen. Kirche bot den weniger gebildeten Menschen Antworten und Hilfe, welche sie sich selbst nicht geben konnten. Wer bin ich?, wie soll ich leben?, was wird aus mir? usw. Heute sind die Menschen gebildeter und geben sich selbst Antworten auf diese Fragen. Oder sie werden in der Beantwortung von Naturwissenschaften, Psychologen, Philosophen (leider auch von solchen wie R.D. Precht) unterstützt. Die Kirche hat ihr spezifisches Bildungsmonopol verloren. Wir können dieses Phänomen recht gut in islamisch geprägten Ländern erkennen. Geringe Allgemeinbildung trifft auf die Präsenz der Koranschule. Der Einfluss des Islam auf die Bevölkerung ist dadurch – noch - stark.
Die sinkende gesellschaftliche und persönliche Bedeutung von religiösen Themen für Jugendliche ist sicher auch in unseren Familien zu suchen (ein Aspekt welcher nichts mit „Cui bono?“ zu tun hat). Religion kann keine Aufgabe von Schulen und Priestern oder kirchlichen Laien alleine sein. Auch Eltern müssen einen Beitrag zur religiösen Erziehung ihrer Kinder leisten. Aber tun sie das? Meist nein. Wenn aber schon sie sich nicht mehr für Kirche interessieren, wie sollen es dann Ihre Kinder tun? Sobald eine Generation aus der Kirche aussteigt ist die Kette der Informationsweitergabe zerbrochen. Somit lautet die Frage nicht: Jugend ohne Gott?, sondern Eltern ohne Gott?
Zusammengefasst kann man sagen, dass „Jugend und Gott“ kein Massenphänomen mehr ist und es wird es sicher auch für lange Zeit nicht mehr werden. Aber Quantität muss auch nicht das Maß aller Dinge sein. Besser ist Qualität. Und da beginnt die Chance von Kirchen. Zurück zu den Wurzeln. Lieber wenige engagierte und überzeugte Mitglieder als Karteileichen welche nicht mehr wissen warum sie eigentlich Christen sind. Aber wie kommt man als Jugendlicher zu der Überzeugung, dass Christ sein einen Nutzen hat? Die Antwort ist einfach: wie bei allem im Leben - man muss mich damit beschäftigen. Nur jeder selbst findet die Antwort auf „Cui bono?“. Und es gibt einen Nutzen. 2000 Jahre Christentum sind Beweis genug. Ganz rational betrachtet.
Autor: Martin Lotter

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