Packen wir so Gerechtigkeit?

Rentensystem Stolz und mit einem breiten Lächeln im Gesicht präsentierte sich Andrea Nahles vor gut fünf Monaten vor einem großen Plakat.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Dieser Text wurde zur Verfügung gestellt von CATO.

Auf diesem Plakat war Folgendes zu sehen: neben einem Schriftzug, der die verschiedenen, neu von der großen Koalition beschlossenen Rentenerneuerungen auflistete (Rente mit 63, Mütterrente, Erwerbsminderungsrente, sowie ein höheres Reha-Budget) war dreidimensional ein knallrotes, glänzendes Paket mit der Aufschrift "Das neue Rentenpaket. So packen wir Gerechtigkeit." abgebildet.
Natürlich ist es gerecht Menschen für ihren Beitrag zum deutschen Bruttosozialprodukt zu belohnen, es ist aufgrund der Inflation auch sicherlich notwendig und angemessen die Renten anzuheben, allerdings sind die Kosten der zukünftigen Altersvorsorge immens. Bis 2030 beispielsweise werden die Gesamtkosten hierfür ungefähr 160 Milliarden Euro betragen. Der Bundeshaushalt ist jedoch nicht ausgeglichen, 2013 betrug die gesamtdeutsche Verschuldung 2.044 Milliarden Euro.
Zum ersten wird durch das Rentenpaket also die staatliche Verschuldung der BRD noch vergrößert. Zurzeit mag das, auch angesichts der finanziell weitaus schlechteren Lage vieler unserer europäischen Nachbarstaaten, noch nicht dramatisch erscheinen, doch sollte das Paket über Jahrzehnte weitergeführt werden
– was für den jüngeren Teil der Gesellschaft ja durchaus fair wäre – wären die ökonomischen Folgen schwerwiegend. Das deutsche Rentensystem basiert auf dem sogenannten Umlageverfahren – die aktuellen Arbeitnehmer unterstützen die Ruheständler durch Sozialabgaben in Rentenversicherungen. Durch die niedrige Geburtenrate sinkt in Zukunft die Anzahl der Arbeitnehmer. Gekoppelt mit dem teuren Rentenpaket – vor allem der Rente mit 63 – die ja viele Beschäftigte schon früher in den Ruhestand schickt, ergibt sich also ein gewaltiges Finanzierungsproblem. Zudem steigt aufgrund des medizinischen Fortschritts die Lebenserwartung. Zusammengefasst müssen dann wenige Arbeitnehmer für viele, oft lang Pensionierte aufkommen.
Ein weiterer, sofort auftretender Nachteil, der zwar nicht nur, jedoch auch durch das "gerechte" Rentenpaket entsteht, ist die ungleiche Verteilung von Geldern. Wie oben bereits erwähnt, ist der deutsche Haushalt noch längst nicht ausgeglichen. Das deutsche Finanzministerium hat deswegen vor, zumindest die Neuverschuldung ab 2015 zu stoppen. Zwar meint die Regierung all ihre Koalitionsversprechen (Investitionen in verschiedene Bereiche: Infrastruktur, Verteidigung, Bildung, Forschung, Familie…) durch Steuereinnahmen finanzieren zu können, sicher gewährleistet sein kann dies aber nicht. Nur bei fortlaufender guter Konjunktur, die hohe Steuereinnahmen bringt, und einem niedrigen Zinssatz kann das erreicht werden. Hinzu kommt, dass die Regierung versprochen hat den generellen Steuersatz für „Normalbürger“ nicht zu heben. Das Problem das jetzt mit dem Rentenpaket aufkommen könnte, ist: Angenommen die deutsche Wirtschaft erleidet beispielsweise durch die Eurokrise, die in einigen Staaten
– wie zum Beispiel Frankreich – stärkere Auswirkungen hat als bislang vermutet, einen schweren Schlag. Wenn der Export sinkt, werden in vielen Firmen weniger Arbeiter gebraucht werden, da weniger produziert wird. Diese Arbeitnehmer sind jetzt nicht mehr in der Lage Steuern zu zahlen, die Konjunktur wird schlechter. Auch eine größere Klimaschwankung oder irgendwelche sonstigen unvorhersehbaren Probleme könnten auftreten. Der deutsche Staat müsste sparen, um das Ziel des ausgeglichenen Haushalts nicht zu verfehlen. Gelder, die beispielsweise ins Bildungssystem hätten investiert werden sollen , könnten nicht aufgebracht werden. Darunter leiden muss der junge Teil der Gesellschaft. Es ist also unfair, den älteren Teil der Bürger so zu bevorzugen.
Natürlich muss sich die Regierung Gedanken machen, wie Altersarmut vermieden werden kann, und natürlich ist das Rentenpaket an sich keine schlechte Sache. Allerdings ist es, meiner Meinung nach, einfach nicht richtig durchdacht. Die meisten Ruheständler leben durchaus komfortabel. Um effizient und gerecht vorgehen zu können, braucht es einen strukturierte Vorgehensweise damit Geldnot im Alter vermieden werden kann. Von dieser betroffen sind vor allem Geringverdiener, welche aber von den Rentenreformen kaum bis gar nicht profitieren.
Zusammengefasst wäre also ein komplettes Umdenken im deutschen Finanzministerium notwendig. Anstatt Politik zu machen, die nur kurzlebig Erfolg haben kann, sollten lieber Maßnahmen ergriffen werden, die jetzt und langfristig gesehen sinnvoll sind. Einen genauen Plan dazu zu erarbeiten, wäre zwar sicherlich zeit- und personalaufwendig, im Endeffekt würden aber alle davon profitieren
– Junge wie Alte.

Autor: Lea Heinrich

Dieser Text erschien ursprünglich auf CATO.

Sollte eine Diskussion mit dem Autor persönlich gewünscht sein, bitten wir Sie höflichst, die Kommentarfunktion unter obigem Link zu nutzen.
Schlagworte und Kategorie passend.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

CATO

CATO ist ein Blog, auf dem Jugendliche Texte zu gesellschaftlich relevanten Themen veröffentlichen können. Link: http://cato-online.blogspot.de/

CATO

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden