Du kannst nichts dafür

Vergebung Wer an der christlichen Idee von Gut und Böse festhält, wird nicht zu einem humanen Verständnis von Schuld und Strafe gelangen. Dabei wäre eine neue Perspektive wichtig
Ausgabe 16/2019
Du kannst nichts dafür

Foto: Gamma-Keystone/Getty Images

Britney Spears findet die Todesstrafe gut. In einem Interview mit der Illustrierten Gala verkündete sie diese Haltung im Jahr 2002, und der US-amerikanische Popstar gab auch gleich den Grund an: „Wer schreckliche Dinge getan hat, muss eine angemessene Strafe dafür bekommen. So lernt er seine Lektion für das nächste Mal.“ Es sind lapidare Sätze, die sich leicht als Ausrutscher einer damals 21-Jährigen abtun ließen. Tatsächlich aber offenbaren sie in unfreiwilliger Komik die von der Kinderstube bis in den Gerichtssaal verbreitete Funktion von Strafe, die in westlichen Demokratien meist auf Rache und Genugtuung basiert.

In den Vereinigten Staaten von Amerika bringen es Menschen fertig, glühende Anhänger der Todesstrafe zu sein und jeden Schwangerschaftsabbruch als Mord zu kriminalisieren. Offenbar existiert eine gesellschaftliche Lust, die Realität nach einem Märchenmuster zu strukturieren. Demnach gibt es die Guten und die Bösen. Die Guten sollen belohnt, und die Bösen sollen bestraft werden. Der Schmierstoff solcher Sehnsüchte ist die Moral, die stärker als die Ethik emotionale Heilungsfantasien bedienen kann. Während eine Ethikerin eine objektive Bewertung von Handlungen und deren Konsequenzen vornimmt, entscheidet der Moralist subjektiv nach dem Schema von Gut und Böse, Schuld und Sühne.

Ein Musterbeispiel für die affektive Überlegenheit der Moral gegenüber der Ethik ereignete sich am 2. Mai 2011: Der islamistische Terrorist Osama bin Laden war unbewaffnet, als US-Elitetruppen ihn erschossen. Ein gerichtliches Verfahren war für die US-Regierung um Präsident Barack Obama offenbar nie wirklich eine Option. Zumal die Ermordung auch andere Regierungschefs entzückte. Als Reaktion auf die Hinrichtung des Staatsfeindes blendeten die Nachrichtensendungen die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ein, in der diese Tat offenbar Glücksgefühle auslöste. Sie sagte: „Ich freue mich, dass es gelungen ist, bin Laden zu töten.“

Zur gleichen Zeit debattierte die Öffentlichkeit in Deutschland, wie mit Jugendgewalt umzugehen wäre. In der Berliner U-Bahn-Station Friedrichstraße hatte Ende April 2011 der 18-jährige Torben P. einen 29-jährigen Mann niedergeschlagen, ihm dann mehrmals mit voller Wucht auf den Kopf getreten und anschließend triumphal vor der Überwachungskamera getanzt. Vom Kneipenstammtisch bis zum Theaterpausenplausch war wieder einmal der Ruf nach schärferer Strafgesetzgebung zu vernehmen.

Einige naheliegende Fragen wurden dabei nicht gestellt: Warum wundern wir uns über die schreckliche Gewalt eines Jugendlichen, wenn zugleich der mächtigsten Regierung der Welt nichts anderes einfällt, als einen Menschen so übel zuzurichten, dass aus Pietätsgründen keine Beweisbilder der Leiche veröffentlicht wurden? Warum gelingt es nicht, die Überlegenheit der Ethik durch einen fairen Prozess zu demonstrieren, anstatt dem Gift der Moral durch das alttestamentarische Prinzip „Auge für Auge, Zahn für Zahn“ neue Nahrung zu geben?

Wer darauf eine Antwort sucht, muss nicht sofort komplizierte Bücher wälzen. Es reicht, sich zunächst einen Hollywoodfilm aus dem Jahr 1997 aufmerksam anzusehen: Good Will Hunting. Darin geht es um das in armen Verhältnissen aufgewachsene Mathematik-Genie Will Hunting (Matt Damon), das als Kind elterliche Gewalt erfahren hat und darum später kein im bürgerlichen Sinne geregeltes Leben führen kann.

Schwere Körperverletzung, Diebstahl, Widerstand gegen die Staatsgewalt: Bei diesem Akteninhalt müsste Hunting eigentlich eine zweijährige Haftstrafe absitzen. Doch dank seines Mentors und mildtätiger Richter steht er gelangweilt im kleinen Büro des Psychologen Sean Maguire (Robin Williams). Der blickt seinem Klienten fest in die Augen. „Siehst du das hier? Diesen ganzen Dreck?“, fragt er, die Akte auf Augenhöhe haltend. Den folgenden Satz wiederholt er mehrmals: „Du kannst nichts dafür!“

Eine Welt ohne Schuld? Nein

Anfangs zeigt sich Hunting noch unbeeindruckt, antwortet: „Ich weiß!“ Aber Maguire lässt nicht nach und tritt immer näher: „Nein, du verstehst nicht: Du kannst nichts dafür!“ Hunting beginnt zu zittern, wird nervös und wütend; er versucht sich der Situation zu entziehen: „Hören Sie auf mit dem Scheiß!“ Aber Maguire denkt gar nicht daran. Er macht weiter, bis er direkt vor Hunting steht: „Du kannst nichts dafür!“ Eine unglaubliche Aussage, denn westliche Rechtssysteme beruhen bis heute meist auf der Annahme, jeder sei selbst verantwortlich für das, was er verzapfe. Darum bricht Hunting in diesem Moment auch zusammen. Er weint, und all der Schmerz, der Frust und die Angst, die sich in ihm angestaut haben, werden sichtbar.

Offenbar hat Maguire seinen Schopenhauer gelesen. Denn der Philosoph (1788 - 1860) sah es so: „Der Mensch kann zwar tun, was er will, aber nicht wollen, was er will.“ Die Persönlichkeitsentwicklung verläuft demnach komplex, sie lässt sich nicht auf individuelle Gestaltung des „Ichs“ reduzieren. Seit einigen Jahren legen Ergebnisse der Hirnforschung die Schlussfolgerung nahe: Wir können nicht wollen, was wir wollen, denn wir wollen immer das, was wir aufgrund unserer Erfahrungen wollen müssen.

Viele Menschen, denen das einleuchtet, zögern dennoch, diesen Umstand zu akzeptieren. Viel zu sehr fürchten sie eine mögliche Konsequenz. Marschieren wir nach dem Abschied von der Willensfreiheit nicht schnurstracks in eine Welt ohne Schuld, ohne Verantwortung und ohne jedes gültige Strafrecht? Nein, denn vor Gericht sollte der Inhalt des Handelns entscheidend sein, nicht aber dessen Herkunft. Der Philosoph Michael Schmidt-Salomon beschreibt das in seinem Buch Jenseits von Gut und Böse (2009) anhand einer Analogie. Er vergleicht das Strafgesetzbuch mit einer Speisekarte im Restaurant: So wie dort für Menü X die Kosten X anfallen, so müsse laut Strafgesetzbuch auf Delikt Y die Strafe Y folgen.

Wer das teuerste Menü auf der Karte wähle, müsse auch die Kosten tragen: „Der Hinweis darauf, dass meine Leidenschaft für Kaviar, Hummer und Trüffel keineswegs durch freie Wahl, sondern durch biologische und kulturelle Determinanten ursächlich bedingt ist, legitimiert mich nicht dazu, die Zeche zu prellen.“ Ebenso müsse einem Mörder die auf den Mord folgende Strafe widerfahren. Egal, wie schwer seine Kindheit war oder in welcher sozialen Lage er sich befinden mag. Ein Unterschied aber ist entscheidend: Ohne die unterstellte Willensfreiheit ändert sich die Funktion der Strafe – und zwar in Richtung einer menschenfreundlicheren Gesellschaft.

Wer einem Täter keine moralische Schuld aufbürden kann, dem fällt es leichter, sich Rachegelüsten zu entziehen und Straffällige rehabilitiert in die Gemeinschaft zurückzunehmen. Rache ist ein religiöser Mechanismus, der – wieder Schopenhauer – „keinen anderen Zweck haben kann, als durch den Anblick des fremden Leidens sich über das selbst erlittene zu trösten“. Dabei lindert Rache selten den Schmerz. Oft zementiert sie Feindseligkeit.

Warum sogar säkulare Gesellschaften weit entfernt davon sind, Verständnis und Vergebung ins Zentrum des Strafens zu stellen, das erklärt der Blick in komplizierte Bücher am besten. Wer sich dieser Frage nähert, landet schnell bei Michel Foucault (1926 – 1984). In seiner Vorlesung Die Strafgesellschaft, die er im Wintersemester 1972/73 am Collège de France hielt, betrachtet der französische Soziologe das Gefängnis als Schwelle zur Modernität. Mit ihm sei der Übergang eingeleitet worden zu einer Strafform, die den Tagesablauf der Gefangenen einer kleinlichen Disziplin unterwirft.

Dogma Eigenverantwortung

Architektonisch seien Gefängnisse seit dem 19. Jahrhundert nach Art eines Panoptikums konstruiert worden. Ein Wärter steht in einem zentral gelegenen Turm, von dem aus er auf das Halbrund zahlreicher Einzelzellen blickt, um möglichst viele Delinquenten überwachen zu können, ohne selbst von ihnen gesehen zu werden.

Das Ziel sieht Foucault darin, eine Ungewissheit in den Gefangenen auszulösen, die sich nie sicher sein können, beobachtet zu werden. Man muss nicht an den NSA-Skandal erinnern, um zu erkennen, dass das Panoptikum noch heute und über das Gefängnis hinaus die internationalen Machtbeziehungen strukturiert. Nicht etwa die ständige physische Präsenz eines Wärters ist es, die eine Disziplinierung der Subjekte erzeugt, sondern der diskrete Charme der auf Rache gründenden Strafe, der sich im neoliberalen Zeitalter ganz neu entfaltet. Denn im modernen Gefängnis, schreibt Foucault, besteht der wichtigste Sinn der Strafe darin, „die Lebenszeit der Produktionszeit zu unterwerfen“.

Es sind die ständig drohenden Sanktionen durch die Märkte, die internationalen Finanzinstitutionen oder die politischen Knebelverträge, die die Weltgemeinschaft disziplinieren. Wenn Regierungen wie etwa jene in Griechenland nicht den neoliberalen Dogmen gehorchen, dann werden sie durch die ökonomisch mächtigeren Staaten der Europäischen Union isoliert, erpresst und kaltgestellt.

Die Disziplinarmacht, die Foucault historisch herleitet, nutzt auch innerstaatlich ihre verhüllte Knute. Der Sozialphilosoph Loïc Wacquant sieht in den USA den Prototyp für eine auch in Europa beobachtbare Tendenz des Regierens mit der sozialen Unsicherheit, das „die unsichtbare Hand von dereguliertem Arbeitsmarkt mit der eisernen Faust des strafenden Staats koppelt“.

Ende des 20. Jahrhunderts habe das „In-Schach-Halten durch Strafe als staatliche Technik die Sozial- und Strafverfolgungspolitik wieder zusammengeführt“, schreibt er in seiner Abhandlung Bestrafen der Armen (2009). Wegen kleinster Delikte wie Ladendiebstählen werden beispielsweise in den USA vor allem junge Menschen von Schnellgerichten verurteilt und oft monatelang in privatisierte Provinzknäste gesteckt, die profitorientiert arbeiten.

Junge Leute, die mit einer besseren Sozialpolitik wohl nie zu Kleinkriminellen geworden wären, sollen durch Gefängnisstrafen in funktionsfähige Subjekte der Marktgesellschaft verwandelt werden.

Diese Marktmentalität passt exakt in die kulturell tradierte Vorstellung von der Willensfreiheit, nach der jeder Mensch für sein Begehren, sein Unterlassen und seinen Lebenslauf allein verantwortlich sei. Das ökonomische Leitbild, nach dem jeder seines eigenen Glückes Schmied sei, vermengt sich mit der moralischen Idee, es bestehe kein Unterschied zwischen der Freiheit des Willens und der Freiheit des Handelns.

Wer dem Dogma der Eigenverantwortung nicht gehorcht, der liefert sich in dieser Logik wohl wissend dem Vergeltungsdrang von Staat und Gesellschaft aus. Diese subtile und unterschwellige Machtausübung erzeugt bisweilen eine Ohnmacht, die vor allem junge Menschen in unfassbare Gewaltausbrüche treiben kann. U-Bahn-Schläger lassen sich durch Knast jedoch selten von ihren Taten abhalten; und Terroristen werden auch dann weiter Anschläge verüben, wenn der Staat droht, sie im Falle ihres Überlebens mit erbarmungslosen Mitteln zur Strecke zu bringen.

Der Abschied von Willensfreiheit, Rache und Optimierungslust könnte dagegen eine subversive Kraft der Vergebung entfalten, die Michael Schmidt-Salomon seinem kürzlich erschienenen Buch Entspannt euch! Eine Philosophie der Gelassenheit als Motto vorangestellt hat: „Wenn du dich nicht mehr schuldig fühlst, der zu sein, der du bist, fällt es dir leichter, der zu werden, der du sein könntest.“

Aufarbeitung

Missbrauch Der Fall Michael Jackson berührt wichtige Fragen

Seit den 1990er Jahren sah sich der US-Popstar Michael Jackson immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, Kinder sexuell missbraucht zu haben. Bis zu seinem Tod 2009 wurde er nie rechtskräftig verurteilt. Kürzlich lief die Fernsehdokumentation Leaving Neverland im deutschen Fernsehen. Darin kommen mehrere mutmaßliche Opfer des Sängers ausführlich zu Wort. Die mittlerweile erwachsenen Männer schildern detailliert, was Jackson mit ihnen über Jahre hinweg getrieben habe.

Ob sie Jackson vergeben können? Darauf fallen die Antworten differenziert aus. In dem Film teilen alle Männer mit, sie hegten keinen Groll gegen Jackson. Einer gestand sogar, er liebe ihn. Zugleich aber verklagen sie die Erben Jacksons auf Entschädigung in Millionenhöhe.

Lässt sich Leid durch Geldzahlung lindern? Wären die Taten eines psychisch labilen Menschen wie Jackson auf diese Weise bereits gesühnt? Wären damit das Umfeld Jacksons, aber auch die lange Zeit untätig gebliebenen Eltern der Opfer komplett aus jeder Verantwortung entlassen?

Das sind Fragen, die in der nun auch in Deutschland wieder entbrannten Debatte um Michael Jackson kaum zu hören sind. Stattdessen geht es vor allem – wie zuvor im Fall des Popsängers R. Kelly, dem mehrere Frauen sexualisierte Gewalt vorwerfen – um eine andere, eine moralische Frage: Darf man nach diesen Enthüllungen noch die Musik der Künstler im Radio spielen, sie in Läden verkaufen, sie überhaupt noch hören?

Befreiung

Nazis Die Holocaustüberlebende Eva Mozes Kor hat verziehen

Dass Eva Mozes Kor den Holocaust überlebte, hat einen makabren Grund. Sie wurde für die Menschenversuche des Nazi-Arztes Josef Mengele „gebraucht“. Während sie nach der Befreiung des Lagers gequält und traumatisiert zurückblieb, war zuvor fast ihre gesamte Familie von den Nazis in den Gaskammern von Auschwitz ermordet worden.

Trotzdem teilte Kor am 50. Jahrestag der Befreiung 1995 mit, dass sie ausnahmslos allen Nazis ihre Taten vergebe. Ein Statement, mit dem sie unter anderen Holocaustüberlebenden teilweise heftige Reaktionen hervorrief.

In einem bemerkenswerten Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung antwortete die 1934 geborene Kor vor drei Jahren auf die Frage, ob sie wirklich ihren Peinigern verzeihen könne, mit einer Gegenfrage: „Habe ich es verdient, mich zu befreien von dem, was mir angetan wurde? Die Antwort lautet immer: ja, absolut.“

2015 war Eva Mozes Kor eine der Nebenklägerinnen beim Prozess gegen den NS-Verbrecher Oskar Gröning, der als SS-Unterscharführer in Auschwitz eingesetzt war. Nachdem Gröning seine Taten eingestand und Reue zeigte, umarmte Kor den Mann demonstrativ.

Wenn andere KZ-Überlebende ihr diese Versöhnung übelnähmen, sagte sie der FAZ, dann reagiere sie so: „Wie kann meine Bereitschaft zu vergeben dich verletzen? Ich bin keine bemitleidenswerte Person. Ich bin ein Mensch, dem es gelungen ist, den Schmerz hinter sich zu lassen.“

Heilung

Südafrika Die Eltern einer getöteten Frau fanden ihren Frieden

Als die US-Studentin Amy Biehl Anfang der 1990er Jahre nach Südafrika reiste, um die Anti-Apartheid-Bewegung zu unterstützen, geriet sie in einem Township in einen Aufstand und wurde als vermeintliche Repräsentantin der „weißen Unterdrücker“ gelyncht. Vier jungen Männern wurde der Mord nachgewiesen, und sie verbüßten lange Haftstrafen. Als der südafrikanische Präsident Nelson Mandela 1996 die Wahrheits- und Versöhnungskommission einrichtete und den Fall thematisierte, setzten sich die Eltern der Getöteten dafür ein, dass die Täter freikommen. Da ihre Tochter die Kommission begrüßt hätte, boten sie den Mördern sogar ihre Freundschaft an. Zwei von ihnen sind heute mit den Eltern in der Amy-Biehl-Stiftung zugunsten sozial benachteiligter Jugendlicher aktiv.

Kriminalität, fanden die Eltern, sei in vielen Fällen eine Reaktion auf Gewalterfahrung. Darum müsse zur Prävention zuerst Menschen in sozialen Schieflagen geholfen werden. Doch die Eltern beließen es nicht bei der Vergebung. Durch die Arbeit in der Stiftung rehabilitierten sie die Männer.

5.000 Tätern, schwarzen wie weißen, wurde in der durch den Erzbischof Desmond Tutu geleiteten Kommission die Hand gereicht. Die Täter mussten ein Geständnis ablegen. Dann wurde ihnen vergeben, auch wenn sie nicht bereuten. „Vergebung“, sagte Tutu, „liegt auch im Eigeninteresse.“ Durch Vergebung höre das Opfer auf, Opfer zu sein, es mache sich wieder zum Handelnden.

Entspannung

Steuersünde Der Manager Uli Hoeneß kam glimpflich davon

Im Jahr 2012 sagte Uli Hoeneß der Tageszeitung Die Welt: „In den vergangenen 20 Jahren sind in der Finanzwelt Menschen am Werk gewesen, die einen katastrophalen Job gemacht haben. Uns wurde vorgegaukelt, dass viele Finanzprodukte so wichtig seien. Dabei hatten diese nur ein Ziel: die Taschen gewisser Leute vollzumachen.“

Nicht einmal ein Jahr später zeigte der Wurstfabrikant und Präsident des Fußballklubs Bayern München sich beim Finanzamt selbst an, weil die Behörden ihm auf die Schliche gekommen waren. Im März 2014 befand das Landgericht München ihn für schuldig, mindestens 28,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen zu haben. Dreieinhalb Jahre sollte er dafür im Gefängnis bleiben, doch im Februar 2016 wurde er auf Bewährung entlassen.

Großen Teilen der Öffentlichkeit war diese Strafe viel zu gering. Das lag daran, dass kein Mann im deutschen Fußball zuvor annähernd so polarisierte wie Hoeneß, der seinen Verein als Patriarch mit eiskalter Berechnung zum Marktführer machte. Wer ihn wegen seiner Methoden angriff, dem brüllte Hoeneß seine scheinbar blütenweiße Vita als solidarischer Staatsbürger mit Hang zum sozialen Engagement entgegen.

Die meisten Bayern-Fans hatten ihm sofort verziehen. Dem Rest der Öffentlichkeit demonstriert Hoeneß heute, dass er tatsächlich seine Taten bereut. Spielte er sich früher gern als moralische Instanz auf, tritt Uli Hoeneß nun oft erstaunlich entspannt, zurückhaltend, bisweilen sogar demütig auf.

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