Soziale Themen sind nicht die Kernkompetenz der Großen Koalition: der Wohnungsbau, der Kita-Ausbau, die Pflege und so weiter. Auch das Thema BAföG reiht sich hier ein. Laut dem Statistischen Bundesamt sinkt seit 2012 die Zahl der BAföG-Empfänger, gleichzeitig steigt aber die Gesamtsumme des BAföGs, das an Schüler und Studenten ausgezahlt wird. In ihrem jüngsten BAföG-Bericht sieht die Bundesregierung darin einen Erfolg: Weniger Schüler und Studenten seien vom BAföG abhängig, weil sie sich selbst versorgen können oder das Einkommen ihrer Eltern gestiegen ist. Ein Erfolg? BAföG gibt es längst nicht mehr für jeden, der es braucht.
Die Einkommen mögen zwar steigen, gleichzeitig steigen aber auch die Lebenshaltungskosten in Deutschland. Was nicht steigt: der Einkommensfreibetrag beim elternabhängigen BAföG. Viele Eltern laufen Gefahr, das Studium ihrer Kinder finanzieren zu müssen, obwohl nicht genug Geld da ist – und viele Schüler und Studenten laufen Gefahr, bei steigenden Kosten für Miete und Unterhalt von Semester zu Semester einen niedrigeren BAföG-Satz zu bekommen. Hinzu kommt, dass Schulden der Eltern, bei einem Hauskauf oder angesichts von Selbstständigkeit etwa, nicht auf das Einkommen angerechnet werden.
Das BAföG ist außerdem zu gering. Denn die Sätze werden nicht konstant, sondern je nach politischer Gemütslage der Regierungsvertreter angehoben – obwohl die Lebenshaltungskosten konstant steigen. Der Höchstsatz beträgt aktuell 735 Euro. Studiert jemand etwa in München, wird es trotz Höchstsatz schwierig, die Kosten zu decken: Hier kostet ein WG-Zimmer im Durchschnitt 493 Euro. Sinnvoller wäre, wenn sich das BAföG am örtlichen Wohnungsmarkt orientiert und in teuren Städten höher ausfällt. Ansonsten heißt es: Ciao Hörsaal, hallo Nebenjob.
Aber nur Mut, denn Hilfe naht. Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hat sich vermutlich selbst nie mit BAföG-Ämtern herumschlagen müssen, scheint das Problem aber erkannt zu haben: Sie möchte per Reform erreichen, dass wieder mehr Familien Zugang zum BAföG haben. Eine Milliarde Euro stehen ihr zur Verfügung. Welche der seit 2012 verpassten Angleichungen sie mit dieser Milliarde kompensieren möchte, hat die Ministerin noch nicht verraten.
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