Der bemerkenswerteste Satz, den ich im letzten Jahr im deutschen Fernsehen gehört habe, war eine einfache Feststellung, in der viel zusammenläuft, das unsere Diskurse um Spaltung der Gesellschaft, Hass und den allgemeinen Umgangston der Debatten betrifft. Der Satz war völlig zutreffend, kam aber aus denkbar unangenehmer Richtung… Überhaupt, die ganze Situation war bizarr: Ein tief ambivalenter Moment und eine Sternstunde journalistischer Arbeit…
Netter Nazi
In der NDR-Reportage „Im Nazidorf“ redet Michel Abdollahi, iranischstämmiger Hanseat und letzter echter Gentleman der deutschen Showmoderation, bei Grillgut und Kartoffelsalat mit Sven Krüger, einem kantigen 40jährigen mit Vorstrafenregister, der seinerseits nichts dabei findet, vor der Kamera als öffentliche Stimme eines Nazidorfs zu sprechen… Er kann halt mit dem Begriff Nazi nichts anfangen: Er sei eben anderer Meinung als sein Gegenüber - aber man könne ja trotzdem miteinander reden, findet er.
Überhaupt ist Sven Krüger, wenn man ihn so hört, ein ziemlich gelassener Mensch, der beispielsweise den Wegweiser zu Hitlers Geburtsort (Braunau a. Inn 855 Km) in Jamel, Mecklenburg-Vorpommern, gar nicht problematisch findet. Mehr noch: Er deutet an, es sei um die Verfassungskonformität dieses Wegweisers bereits ein Rechtstreit gewonnen - ganz korrekt und legal und im Rahmen geltender Gesetze – und erzählt es wie einen gelungenen Schülerstreich. Allgemein scheint ihn die Aufregung um sein Neonazi-Dorf eher zu amüsieren.
Krüger selbst hat laut Eigenauskunft mit gewalttätigen und strafbaren Handlungen aus Altersgründen abgeschlossen. Andererseits spricht er schulterzuckend von „Volkszorn“ wie einer Regel der Physik, mit der gerechnet werden muss. Wenn, wie im hypothetischen Beispiel, das Abdollahi aufbringt, von Seiten einer Obrigkeit beschlossen würde, einen Wohncontainer für Asylsuchende auf eine einheimische Wiese zu stellen, wäre dies für den gemütlichen, humorvollen Mann dann doch eine - real gar nicht vorstellbare - Provokation: Schließlich wisse man inzwischen bundesweit um den einschlägigen Ruf Jamels… Da müsse man direkt auch Polizisten zur Bewachung abstellen und sich dennoch um die Sicherheit der Asylsuchenden sorgen… Das kann niemand wollen, befindet Sven Krüger, und wieder klingt er gar nicht feindselig, sondern ganz vernünftig und friedlich.
Michel Abdollahi aber ist ein derart zäher Menschenfreund, dass er auch diese aalglatte Drohung nicht glauben möchte und an das Gute im Nazi appelliert: Er könne sich vorstellen, dass Krüger, mit einer realen Flüchtlingsfamilie konfrontiert, nicht Terror verbreiten, sondern Nachbarschaftshilfe leisten würde… Daraufhin jener:
„Das Problem ist: Wenn man sie wirklich kennenlernt, kann man sie nicht hassen.“
Präziser lässt es sich nicht sagen: Genau das ist das Problem – und es betrifft nicht nur Sven Krügers Verhältnis zu Asylsuchenden, sondern genauso Michel Abdollahis Verhältnis zu ihm, und das Publikum gleich mit: Es ist spätestens an dieser Stelle der Reportage praktisch unmöglich, den bekennenden Fremdenfeind nicht irgendwie auch sympathisch zu finden.
Feindbilder
Das wirft einen Konflikt auf, den viele von uns persönlich, aber auch wir alle als (Debatten-) Gesellschaft haben. Wir wollen den Nazi, um beim Beispiel zu bleiben, nicht sympathisch finden. Wir wollen ihn dumm, fies und lächerlich finden, und je mehr er diesem Wunsch nachkommt, desto beruhigender wirkt das auf uns. Es ist die größtmögliche innere Distanz, die wir suchen: Wir wollen sicher sein, nichts mit ihm gemein zu haben. Wir wollen uns nicht mit ihm zusammensetzen, sondern klare Verhältnisse: Wir wollen uns abgrenzen. Gegen Nazis.
Dazu nutzen wir viel zu oft eine Technik, die auch dem Faschismus himself geläufig ist: Ausgrenzung. Der Andere wird als solcher mit einem Label gekennzeichnet, zu dem man sich selbst in maximaler Distanz verortet. Nun wird der Andere nicht mehr als Person wahrgenommen, sondern als Projektionsfläche für alles, was man selber nicht sein möchte. Das Ergebnis dieser Projektion darf man nicht nur hassen, man hat sich selbst dazu verpflichtet und dient der guten Sache, wenn man es tut. Die Konfliktforschung hat dafür den Begriff Feindbild -Genese.
Der Nazi ist dafür ein (fast) beliebiges Beispiel. Da es sich bei der Feindbild-Genese um einen Vorgang aus der Trickkiste der menschlichen Psyche handelt, sind die Protagonisten austauschbar: Es ist exakt dasselbe Verfahren, mit dem wir uns auch auf Abstand zum Sexualverbrecher bringen (auf den als Feindbild sich eine so überwältigende Mehrheit einigen kann, dass rein statistisch praktisch niemand übrigbleibt, von dem in dieser Hinsicht Gefahr ausgeht)… Es könnte ebenso der Jude sein, die Lesbe, der Intellektuelle, die Bullette, der Türke, die Kopftuchträgerin, der Hartz4-Empfänger, die Feministin, der Sexist, die Schlampe, der junge Mann aus dem Maghreb, und so fort… :
Zu jedem Feindbild hat unsere Vorstellung ein entsprechendes Klischee, dem wir jetzt nur noch unseren Blick auf die Person angleichen müssen. In unserer Psyche wird es etwa so zugehen wie beim beliebten Bullshit-Bingo: Jedes Mal, wenn Nazi, Türke oder Feministin sich klischeegerecht verhalten, wird ein Feld abgekreuzt, und wenn wir eine Reihe haben, können wir uns ein Stück mehr distanzieren…
Nähmen wir die betreffende Person unter mehr als dem einen Aspekt wahr, würden wir sehen, dass das fokussierte Merkmal nur eins von vielen ist, dass sie uns aber in anderen Hinsichten eher ähnlich ist. Sie könnte uns nicht mehr völlig fremd, sondern an verschiedenen Punkten ganz nachvollziehbar vorkommen. Sie könnte uns sogar irgendwie sympathisch werden… Das Problem ist: Wenn man sie wirklich kennenlernt, kann man sie nicht hassen.
Indes: Auch wir selbst haben Weltanschauungen, Berufe, Charakterzüge, Schicksale, irgendeine Art Lebensmodell, Kleidungsperformance, Sexualpräferenz, Hautfarbe - verschiedenste ererbte und erworbene Persönlichkeitsmerkmale, die nicht mal immer harmonieren: Keins davon macht alleine unsere Person aus. Und doch kann ein einzelnes dieser Merkmale einem anderen Menschen Grund sein, uns als Person darauf zu reduzieren, in uns ein Klischee zu suchen, uns mit allen Attributen des Hassenswerten zu versehen… Wir alle sind Feinde in den Augen eines Anderen. Darin sind wir tatsächlich gleich.
Person und Performance
In einer anderen Sphäre, irgendwo in Deutschland: Ein paar Leute, die irgendwas mit Medien und Kultur machen, unterhalten sich über den prominenten Kollegen X, der sich in der Debatte Y mit der zutiefst peinlichen, falschen und gehässigen Äußerung Z hervorgetan hat, die nun öffentlich verhandelt wird und deswegen nicht zu ignorieren ist. In der fachkundigen Runde aber zögert man mit klaren Stellungnahmen. Alles eher unglücklich, findet jemand: Der ganze Rummel um einen dummen Spruch… Klar: Besser hätte er nichts gesagt, sind sich alle einig… Andererseits und dennoch: Eine Äußerung wie Z falle schon auch auf X zurück, da gäbe es eigentlich keine mildernden Umstände, gerade in der Sache Y… X sei mit sich selbst genug gestraft, meint eins. Ach wo, meint ein Anderes: Der Kollege X sei ein ganz Netter …Woraufhin irgendwer in der Runde sagt: „Ja, klar – nett sind sie ja alle…“
Vergleichbare Gespräche werden täglich geführt, in entsprechenden Kreisen - die Namen und Themen sind austauschbar. Es sind dies Selbstbespiegelungen zur Imagepflege und Öffentlichkeitarbeit - ein kleiner, abgehobener Diskurs innerhalb des Diskurses, der sich hauptsächlich um sich selbst dreht und seltsamerweise sehr oft in „Nett sind sie ja alle“ mündet… Sollte es sich beim Showbusiness etwa um eine besonders freundliche Branche handeln? Nein, leider, auch wenn eine dünne, glitzernde Oberfläche den Anschein machen möchte: Es ist das alte, dreckige Haifischbecken... Wie aber kommt es dann zu der gehäuften Behauptung, alle seien nett?
Dass Angehörige öffentlich tätiger Berufsgruppen (neben Kulturschaffenden z.B. auch Kellnerinnen, Polizisten, Lehrer) für sich geltend machen können, eigentlich zwei Personen zu sein - die Öffentliche und die Private – ist bekannt. Weniger geläufig ist, dass bei im Showgewerbe Tätigen noch eine weitere hinzukommt: die Professionelle. Sie ist ein Hybrid aus öffentlich und privat und auch ansonsten ein flexibles Wesen, aber sie hat ihre ganz eigene Funktion: Sie muss nach innen wie außen vermitteln und kommunizieren und tut dies weitgehend frei von Emotionen. Sie weiß, dass man sich immer mehrmals begegnet und geht davon aus, dass sich in ihren Absichten im Prinzip alle gleich sind. Sie ist ständig auf der Lauer, immer am rechnen, verbindlich, zurückhaltend, hundertprozentig korrupt und immer, immer, immer nett… Von dieser Person - vielmehr: Funktion - ist die Rede in „nett sind sie ja alle“.
Das mag sich nun alles wenig vorbildhaft, weil moralisch fragwürdig anhören. Aber hier, behaupte ich, lässt sich vom Showgeschäft und seiner Vorstellung von Professionalität tatsächlich mal was Sinnvolles lernen: Die Idee, zwischen dem authentischen Empfinden, dem schonungslosen Gedanken und der öffentlichen Äußerung desselben eine diplomatische Instanz einzuschalten... Eine Rolle, eine Funktion wahrzunehmen, die sich nichts damit vergibt, erstmal rundum ansprechbar und zugewandt, nämlich: nett zu sein – sowie den Anderen nett sein zu lassen. Im Bewusstsein, dass Person und Performance unterschiedliche Größen sind, im eigenen Interesse und im Sinne der Kommunikation werden da mögliche Funken der Sympathie nicht aufgrund von hehren Prinzipien ausgetreten, sondern sorgfältig gehegt, als Ansätze möglichen Verstehens und echter Auseinandersetzung… In meiner frühen Kindheit gab es sogar ein Wort dafür: Höflichkeit hieß diese Kulturtechnik und galt als Tugend.
Rasender Leerlauf
Nun kenne ich allerdings auch welche, die solche Konzepte als komplett wirbellos verachten und mangelnde Abgrenzung zu den Hauptübeln unserer verlotterten Gesellschaftsverhältnisse zählen. Auch das ist mir in Teilen nachvollziehbar: Ich bin sehr für eine gewisse Distanz und pflege ein inniges Verhältnis zur Verweigerungshaltung… Aber mehrere meiner Freunde sind in den letzten Monaten von coolen Misanthropen zu hitzigen Abgrenzungsfetischisten geworden und reproduzieren nun in betonschädeligster Weise das Missverständnis, eine Beschäftigung mit etwas käme der Pflicht zur Befürwortung gleich - bloßes Interesse an einer Position mache sich mit ihr gemein, ein gewisses Verständnis sei schon als Zustimmung zu werten…
So kommt es dazu, dass mich Leute fragen, warum ich noch immer diese dubiose facebook -Seite abonniert habe oder auf jener umstrittenen Veranstaltung gewesen sei. So finden sich andererseits in meinem Ausschnitt des virtuellen Netzwerks hochgebildete, debattengegerbte Linke, die schon länger nicht mehr die internationale Solidarität beschreien, sondern – mit durchaus guten, antifaschistischen Argumenten –vor Überfremdung warnen… Und es ist ihnen völlig egal, wie das klingt: Sprache hat sie nie gekümmert, warum jetzt damit anfangen? Es interessiert sie eh kaum, ob noch eins folgen kann.
Nein: Da werden fest verzurrte Meinungspakete in den Raum geworfen, und wer auch nur die Schnüre um die Verpackung entknoten möchte, kriegt gleich ein Zweites und Drittes hingedonnert. Kaum ist das Thema formuliert, werden schon die weltanschaulichen Claims mit entsprechenden Vokabeln markiert. Alles angeblich nicht mehr Sagbare und dringend zu Sagende wird kundgetan - gleichgültig, ob es jemanden erreicht oder wer im selben Forum welche anderslautenden Inhalte dazukippt… Was einzig zählt, ist die eigene Positionierung, klipp und klar... Öffentliche Selbstgespräche bei voll aufgedrehtem Volumen. Diskurse im rasenden Leerlauf, die nichts bewirken als Geifer aufzuschäumen …
Echtes Interesse
Kommunikation geht anders... Und Hass schafft man nicht aus der Welt, indem man ihn mehrt. Feindschaften taugen nur zur Selbstversicherung und Zementierung der Positionen. Verständigung, Bewegung, Erkenntnisse zur Sache und bessere Ideen kommen so nicht zustande.
Abgrenzung ist nicht Ausgrenzung, sondern, das kann man sich schön bei Michel Abdollahi abschauen, eine diplomatische Kunst... Abdollahi respektiert jederzeit seine Gresprächspartner als Personen, und er tut etwas kommunikativ sehr Schlaues: Wo er nicht zustimmen kann, fragt er weiter - völlig un-suggestiv, mit echtem Interesse. Er möchte verstehen, nicht verachten. Er verweigert sich nicht dem Gegner, aber umso entschiedener dessen Stilmitteln.
Das ist nicht nur eine starke Haltung, er hat auch recht: Um sich auseinanderzusetzten, muss man sich erstmal zusammensetzen. Überzeugend kritisieren kann man am besten Gegenstände, mit denen man sich auskennt, will sagen: für die man sich wirklich interessiert. Auch ist Bewegung in der Sache nur da möglich, wo es zu Irritationen kommt, zu kleinen logischen Brüchen im festgefügten Weltbild... Das Risiko, dass wir den Feind sympathisch finden, dass wir in Ambivalenzen geraten und nicht mehr hassen können, müssen wir eingehen.
Kommentare 42
"Das Risiko, dass wir den Feind sympathisch finden, dass wir in Ambivalenzen geraten und nicht mehr hassen können, müssen wir eingehen."
Schön!
Ganz ohne vordergründig menscheln zu wollen, so soll es unter sog. Rechten auch Schwule und Lesben geben, gar Feminismus ganz undogmatisch daherkommen, es zu allererst jedoch Menschen sind.
Die grundlegende Frage ist eigentlich simpel. Brauchen wir Instanzen, die uns das Denken und Beurteilen abnehmen, gar subtil bis offen missionieren? Die für uns die Welt und die Menschen vorsortieren? Die diese Ambivalenzen für uns glätten?
Oder ist dieser Anspruch bereits eine Beleidigung per se?
Verweise dabei gern auf Laurie Penny, die zusammen mit einem sie fröstelnd machenden Milo Yiannopoulos (mir bis dato unbekannt) den Convent der Republikaner in Cleveland besuchte, dies von mir an anderer Stelle thematisiert wurde.
lieber charlie schulze, ich kannte diese panorama- sendung und wenn ich mich recht erinnere, da ist bei mir kein bisschen sympathie für diesen bekennenden fremdenfeind aufgekommen.
der sven krüger hat clever auf der klaviatur des verständigen und kommunikativ-freundlich zugewandten menschen mit xenophobieschen hintergrund klasse gespielt - und hat durch seine intuitive und emotionale intelligenz seine sympathieträger rolle gut ausgefüllt (war sicherlich so im panoramamanuskript nicht vorgesehen - vermute ich). wem hat die sendung tatsächlich genützt und was war die erfolgsgeschichte? dazu am ende der sendung michel abdollahi:"alles locker im nazi-dorf, so lange man sie machen lässt mit ihren wegweisern und ideologischen versteckspielen. vier wochen jamel.was bleibt: freundliche nazis, die einen erdrücken wollen mit ihrer arglosigkeit und ein dorf-chef als pr-stratege."
übrigens: für ambivalenztoleranz bin ich auch. aber vorgetäuschste nettigkeit/freundlichkeit finde ich weniger nett....
danke für die erinnerung an diese sendung (gut für unterrichtszwecke) und deinen nachdenkenswerten schlussfolgerungen.
Brauchen wir Instanzen, die uns das Denken und Beurteilen abnehmen, gar subtil bis offen missionieren?
Auch wenn Sie darauf wohl nicht hinaus wollten (wir, also: wir beide jetzt, zählen uns mutmaßlich zu denen, die auf subtile Erziehungsversuche besonders empfindlich reagieren und "betreutes Denken" rundum ablehnen): In unserer inneren Zensurbehörde, der wir gerne den (moralisch hochwertig klingenden) Namen Gewissen geben, geht es auch teilweise bedenklich parteiisch her... Damit will ich nicht sagen, dass diese Instanz zu ignorieren wäre, sondern dass man ihr im Gegenteil genau auf die Finger schauen sollte...
Danke für den Verweis auf Laurie Penny, die auch ich seit ihrem zornigen Statement "Fleischmarkt" zu den Guten zähle - was hauptsächlich daran liegt, dass ihre Aussagen mir bis ins Detail nachvollziehbar sind.
wenn ich mich recht erinnere, da ist bei mir kein bisschen sympathie für diesen bekennenden fremdenfeind aufgekommen.
Dann ging es Ihnen anders als mir und auch Herrn Abdollahi, der (bereits in Minute 9:50 des Films) bekennt, Neonazi Krüger sei ihm "irgendwie auch ein bisschen sympathisch"... Wobei "Sympathie" ja sehr unpräzise ist - etwas genauer gesagt, ging es mir so: Es war mir vorstellbar, dass ich diesen Typen minus seine politische Ideologie mögen könnte.
Den Nazi hab ich nicht zufällig als Aufhänger meines Gedankengangs gewählt, sondern als (mir) maximal unangenehmes Beispiel - und natürlich, weil ich in Michel Abdollahi ein leuchtendes Vorbild sehe, was journalistischen und kommunikativen Stil, vor allem aber die Frage der Abgrenzung betrifft: Es kommt ja bei aller Freundlichkeit kein Zweifel an seiner eigenen Positionierung auf - ohne dass er dem Kritisierten dafür seine Menschlichkeit absprechen muss und seine eigenen Ambivalenzen verleugnen...
"Nett sind sie alle" ist übrigens eigentlich weniger ein Beleg tatsächlicher (echter oder falscher) Nettigkeit, sondern eher eine Erinnerung daran, dass "nett" halt auch nur ein Merkmal ist, das nicht die gesamte Person beschreibt: Nett ist schnell mal einer - kann aber eben auch gleichzeitig Rassist, Vater, Biker, Veganer, hilfbereiter Nachbar, prügelnder Ehemann, herzkrank, tierlieb und alles mögliche andere sein.
Eben fand ich noch ein anderes, (geringfügig) harmloseres Bekenntnis zur oben thematisierten Ambivalenz: Jakob Augstein räumt ein (Minute 01:15), Thilo Sarrazin "nett" zu finden - aber auch seine inhaltliche Abgrenzung steht...
"aber auch seine inhaltliche Abgrenzung steht..."
Gefällt mir, wenngleich ...
soweit diese Abgrenzung zur eingeforderten, abgeleisteten Pflichtübung gehört, sie dann auch schon mal kontraproduktiv, zumindest abstoßend wirken kann;
bezogen auf den, sich bei dieser Abgrenzung mühenden.
Augstein hat das natürlich nicht nötig, zeigt ein anderes Standing, hat auch das Ranking von Broder und dem Simon-Wiesenthal Center schadlos überstanden.
Aber einige Etagen tiefer zeigt sowas schon mal Wirkung, weniger in den heimeligen Diskursen hier in der FC, eher in Sachen ökonomischer Relevanz.
Im Klartext: Warum die taz vor wenigen Tagen diesen Text ähnlich einem auch hier im Blog thematisierten "Nazidorf" sehr schnell wieder aus der öffentlichen Lesbarkeit genommen hat, das ist mehr als verständlich.
Politisch vollkommen korrekt, so outete Silke Burmester ein Nazidorf im Osten, leistet also das, was eine abstrakte gruppenspezifische Zuweisung auszeichnet; gar noch ergänzt um realweltliche Daten aus einem Ort umweit von Berlin.
Ok, das scheint der taz dann wohl auch irgendwie aufgestoßen zu sein. Diese vielen, vielen (neuen) Nazis dürfen zwar abstrakt entlarvt werden, aber wenn es konkret wird, dann bitte Vorsicht
- wegen der möglichen, rechtlichen Relevanz!
Gern hätte ich den Text hier verlinkt, aber er ist (momentan?) wohl nicht mehr verfügbar.
Stattdessen war genau zu diesem Text der Silke Burmester eine äußerst umstrittene Quelle zu finden; der Text selbst dann an anderer Stelle ebenfalls.
Das Netz vergisst eben nicht; nicht mehr ...
wenngleich ...
soweit diese Abgrenzung zur eingeforderten, abgeleisteten Pflichtübung gehört, sie dann auch schon mal kontraproduktiv, zumindest abstoßend wirken kann
Absolut... So gibt es, ebenfalls aus dem Hause NDR, eine thematisch ganz ähnliche Reportage, die quasi ein stilistisches Gegenstück zu Abdollahis Film darstellt:
In "7 Tage ... unter Rechten" begleitet die Reporterin Stefanie Gromes einen NPD- Wahlkämpfer auf den Marktplätzen Thüringens und macht schon eingangs klar, wie indiskutabel sie das alles findet - und um keinen Zweifel aufkommen zu lassen, sagt sie es dann alle zwei Minuten nochmal... : Wenn sie mit den NPD-Mann interviewt, positioniert sie sich dergestalt, dass sie mehr widerspricht als fragt, wenn sie eine Gegendemo sieht, sagt sie jedesmal, wie froh sie darüber ist, im Kommentar macht sie abermals deutlich, wie unerträglich sie "den" und "die" findet ...
Nicht, dass ich es nicht nachempfinden könnte: Der NPD-Vertreter ist ein richtig fieser Typ, die Botschaften, die er ins Mikrofon schreit, sind in der Tat indiskutabel, seine Rhetorik ist ebenso wie die voll aufgerissene Pausenmusik eine Pein... Jede*r hätte binnen 7 Tagen irgendwann die Nerven verloren...
Aber vielleicht wäre es aufschlussreicher gewesen, einfach kommentarlos mitzufilmen und den Wahlkämpfer beim Interview einfach quatschen zu lassen bis ins strafrechtlich Relevante...
So aber erfährt man in der Reportage hauptsächlich, wie unterirdisch Frau Gromes die NPD findet, wie tief sie den Kandidaten verachtet, und wie wichtig es ihrer Meinnung nach ist, Stellung zu beziehen... Dafür hätte es aber keine 30 Sendeminuten gebraucht.
... und unter "äußerst umstrittene Quelle" findet die Suchmaschine alles ;-) ...
Ich habe die taz nicht so auf dem Zettel und auch Frau Burmester ist mir bislang nicht aufgefallen, aber der Text ist ein interessanter Grenzfall...
In weiten Teilen liest er sich wie eine Satire über die Klischeewelten ahnungsloser Mittelstandskinder, dann wieder scheint er ganz ernst gemeint und die Autorin ehrlich entsetzt über die Erkenntnis, dass das Leben ganz schön komplex ist und nicht alles immer so sein muss, wie es aussieht...
Ob daran irgendwas juristisch relevant ist, kann ich nun gar nicht beurteilen - dass die äußerst umstrittenen Quellen gerne zuschnappen, ergibt sich aber aus der Sache.
Satire - Ja!
Ich habe Burmester schon auf dem Zettel, zu ihrem Abschied als "Kriegsreporterin" hier gar einen kleinen Blog eingestellt.
Mir gefällt ihr Wortwitz, ihr Spielen mit dieser Branche der Schisser und Anpasser, mit den Figuren dieses hehren Qualitätsjournalismus. Vordergründig naiv manchmal, aber eben auch spontan, sich dann wieder (gespielt?) zieren, wenn Entrüstung naht.
Ich hatte den Text am 13/14. 08. in der taz gelesen, spontan an einen kleinen Blog gedacht. Aber als er (der Text) dann bereits am 16. 08. nicht mehr im Original aufrufbar war, da hatte sich das vorerst erledigt.
Und eine Verlinkung auf äußerst umstrittene Quellen tangiert hier sehr schnell die Netiquette ...
Insofern kann man den Text schon als Danaergeschenk an die taz lesen, wo ja nun unablässig, inflationär neue Nazis, Neurechte, Fremdenfeinde etc. entlarvt, ganz entrüstet geoutet werden.
Daher muss die extrem schnelle Entsorgung nicht mal juristische Gründe haben (ähnlich derer, die hier in der FC vor Monaten sehr spekulative Wellen schlugen). Vielleicht hatte jemand bei der taz auch mal einen lichten Moment, was den von Burmester vorgehaltenen Spiegel angeht.
Zunächst scheint mir die Frage zu sein: wer grenzt da ab? Zum einen die Nazis selbst. Zum anderen ihre Gegner. Da entsteht eine Dynamik, weil vermutlich viele in ihrem jeweiligen Feind auch sich selbst wiedererkennen.
Ein weiterer Punkt ist die Erfahrung. Mir scheint, wenn es um politische Feindschaft geht - und es gibt Feindschaften, denen man nicht aus dem Wege gehen kann -, sind zwar Informationen wichtig, aber auch Erfahrung.
Was uns mehrheitlich in Deutschland aber mittlerweile zu fehlen scheint, sind sowohl Information als auch Erfahrung. Sie werden ersetzt durch Propaganda. Dass ein Beitrag wie der Abdollahis davon ausnahmsweise abweicht, stellt nicht die gesellschaftliche Mainstreamwahrnehmung in Frage.
Einer meiner nächsten alten Verwandten war Nazi bis zum letzten Atemzug. Er bereute nichts, er nahm keine geschichtlichen Erkenntnisse an, und ich vermute, den Holocaust hätte er schlicht bestritten. Er starb, als ich noch zu jung war, um wirklich Fragen zu stellen.
Aber in einem Punkt bin ich mir nahezu sicher: er hätte keine Diskussion abgebrochen. Er wäre auch nicht ausfallend geworden. Das ist das Paradox: wir waren Familie, und daraus ergeben sich bestimmte Schlüsse im Umgang miteinander. Sie sind nicht zwingend, aber sie liegen nicht fern.
Eine andere Frage ist für mich, welche Schlüsse ergeben sich daraus im Umgang mit den historischen Tatsachen?
Würde der alte Nazi jetzt noch leben, wären Familie und Politik für mich nicht zu trennen, aber sie müssten koexistieren. Er müsste mich tolerieren, und ich müsste ihn tolerieren. Das fiele mir schon darum nicht schwer, weil er nicht mehr aktiv war. Er hatte sich ins Private zurückgezogen - als "kleiner Mann", der er eigentlich immer gewesen war. Aber während der Nazizeit hatte er sich - so schätze ich das mittlerweile ein - ermächtigt gefühlt. Er war ein sowohl im IQ-Sinne als auch im emotionalen Sinne ein hoch intelligenter Mensch, aber er hatte gesellschaftlich keine Chance. Das korrumpierte ihn.
Ich kann andere Menschen nicht willkürlich ändern. Bestenfalls kann ich Einfluss auf mich selbst nehmen - und gut reflektiert Einfluss auf mich nehmen lassen.
Für Nazis ist es ein Fortschritt, wenn sie ihre Gegner dazu veranlassen können, menschliche Maßstäbe in der Auseinandersetzung einfach auf Urlaub zu schicken.
Cool bleiben ist in dieser Auseinandersetzung eine Kardinaltugend - und die Kenntnis der eigenen Grenzen dabei ist die andere.
lieber charlie,
mir ist ein kumpel aus dem kohlenpott eingefallen. dessen kommentar zu deinem blog wäre: klugscheißerei.
das ist nicht mein wort, auch nicht meine kritik, aber...
einen netten nazi hinzustellen und über feindbilder allgemein zu sinnieren, halte ich dennoch für mindestens fragwürdig.
in einer zeit, in der die medien täglich mit feindbildern ins bild und ins ohr fallen, in der die propaganda und die werbung die bilder von der realität retouchieren bis zum kopfstand, so eine nette annäherung ans menscheln zu versuchen, hat ja was ...
einen netten nazi wie alle anderen stereotypen möchte ich in die umerziehung schicken. meinetwegen nach china...
wer den noch so kümmerlichen überbau nicht trennen kann von der person, muss auch noch ein wenig üben, bevor er oder sie das licht der öffentlichkeit erblicken darf.
Ehrlich gesagt habe ich nicht verstanden, welche Erkenntnisse der Beitrag von Abdollahi vermitteln sollte. Keine Ahnung.
Ich habs mir angesehen und der Beitrag handelte von Abdollahi und weniger von Krüger.
Es ist spätestens an dieser Stelle der Reportage praktisch unmöglich, den bekennenden Fremdenfeind nicht irgendwie auch sympathisch zu finden. HÄ??
Wir nutzen eine Technik, die auch dem Faschismus geläufig ist: Ausgrenzung. AHA!!!
Feindbild-Genese: Mit dem gleichen Verfahren bringen wir uns auf Abstand zum Sexualverbrecher bringen ...aber ...
Es könnte ebenso der Jude sein, die Lesbe, der Intellektuelle, die Bullette, der Türke, die Kopftuchträgerin, der Hartz4-Empfänger, die Feministin, der Sexist, die Schlampe, der junge Mann aus dem Maghreb, und so fort…NANA- alle in einen Topf.
Es gibt schon berechtigte Feindbilder und unberechtigte. Vielleicht kann man sich darauf verständigen, dass ein offensichtlich gesetzmäßiges klassisches Muster menschlichen Verhaltens manchmal berechtigt ist und manchmal weniger oder auch gar nicht. Was soll das denn aussagen? Dass man sich darüber im Klaren ist? OK-JO .
Auch wir können Feinde sein in den Augen eines Anderen - UND WIE - ICH SAGE IHNEN...HA... manchmal tut das weh und manchmal nicht. Das kommt auf die Leute an...
Zu Person und Performance
fällt mir nur Songtext ein von einem gewissen Lobo - ich meine damit nicht den Medienstar und Kolumnisten - sondern einen Countrysänger.
"Why does erveryone have
more than one face
Die Idee, zwischen dem authentischen Empfinden, dem schonungslosen Gedanken und der öffentlichen Äußerung desselben eine diplomatische Instanz einzuschalten... Eine Rolle, eine Funktion wahrzunehmen, die sich nichts damit vergibt, erstmal rundum ansprechbar und zugewandt, nämlich: nett zu sein – sowie den Anderen nett sein zu lassen.
Haben Sie "Toni Erdmann" gesehen? Wie da professionell - also nett - agiert wird bis zum Erbrechen, das hat schon auch eine Aussage, die Ihrer Empfehlung ein bisschen entgegensteht.
Hass schafft man nicht aus der Welt, indem man ihn nährt.
Nö, aber auch nicht, indem man ihn verdrängt. Ich stehe zu meinen Gefühlen erstmal und dann werden die für mich handhabbar und flauen irgendwie ab.
Ich muss dafür Sven Krüger, - DAS ARSCHLOCH -nicht als Mensch begreifen.
Abgrenzung ist nicht Ausgrenzung, sondern, das kann man sich schön bei Michel Abdollahi abschauen, eine diplomatische Kunst... Abdollahi respektiert jederzeit seine Gresprächspartner als Personen, und er tut etwas kommunikativ sehr Schlaues: Wo er nicht zustimmen kann, fragt er weiter - völlig un-suggestiv, mit echtem Interesse. Er möchte verstehen, nicht verachten. Er verweigert sich nicht dem Gegner, aber umso entschiedener dessen Stilmitteln.
Jajajajaja - Abdollahi ist ein sehr cleverer; professioneller ; NETTER Reporter. Jollahijaho. :)
Also bei mir ist es so: Je höflicher ich zu Leuten bin, umso weniger kann ich sie leiden. Vielleicht habe ich einen Dachschaden, aber "an der Basis" ist es ganz solide.
Also, wenn Sie wollen, dass ich Ihnen gegenüber höflich performe, dann werden Sie ruhig unleidlich. :-)))
Mit vorzüglicher Hochachtung
Dass Verständnis nicht das selbe wie Zustimmung ist, scheint eine Binse zu sein, ist aber keine.
Wenn Propaganda etwas ist, was eine Massengesellschaft zum "Funktionieren" bringen soll, und zwar ungeachtet des jeweils persönlichen Verständnisses einzelner Sachverhalte - und zum Teil gegen die individuelle Überzeugung, soweit vorhanden -, dann ist Verständnis für ihre Feinde für sie riskant.
Und damit auch für jeden Einzelnen, und ganz besonders für die in den Augen der Nazis "üblichen Verdächtigen".
Wenn "unsere" Massenmedien jetzt mainstreamweise Verständnis für Nazis zeigten, würde das bei unserer auf die Gleichung Verständnis = Einverständnis geeichten Gesellschaft möglicherweise Missverständnisse auslösen - und zwar massenhaft.
Viele Menschen lehnen braune Gesinnung nicht ab, weil sie ihnen zuwider ist, sondern weil sie gelernt haben, dass auf Zustimmung dazu Sanktionen stehen.
Das heißt nicht, dass es eine gute Idee wäre, sich mit Propaganda als gesellschaftliches Schmier- und Bindemittel abzufinden. Aber das heißt, dass der vernünftige Umgang mit Herausforderungen - auch mit totalitären und menschenverachtenden Herausforderungen - gelernt/geübt sein will. Anders gesagt: der Weg zu einer offenen Gesellschaft erfolgt nicht dadurch, dass die Massenmedien von heute auf morgen "den Hebel umlegen". Massenmedien folgen erfahrungsgemäß ohnehin nur den Trends, die im wirklichen Leben vor geraumer Zeit begonnen und sich verstärkt haben.
Ihr Beitrag ist vielleicht ein Beitrag zum Anfang, Charlie.
Danke für den Kommentar.
Dass wir uns hier auf den Nazi kaprizieren, war meinerseits angelegt und eigentlich absehbar, unvermeidlich und letztendlich richtig: Da wird es halt interessant…
In meiner Verwandtschaft gab es „keine Nazis“ - aber das hilft halt gar nicht weiter, weil es diese überwältigende Mehrheit der Deutschen betrifft – die gleiche Mehrheit, die trotzdem irgendwie dabei war… In den Erzählungen meiner Kindheit war das Dritte Reich sowas wie ein Alien-Angriff – eine Plage, die über das Land kam und unter großen Verlusten wieder beseitigt wurde, die „schlechte Zeit“, die nun zum Glück vorbei war… Ich habe meine Großelterngeneration als heftig Zerrüttete erlebt, deren Verdrängungsmechanismen ich immer besser verstehe. Die hatten in der Tat keine Chance, man hat ihnen die komplette erste Hälfte des Lebens versaut…
Dennoch habe ich in meiner Verwandtschaft unzählige Verweise auf den Faschismus entdeckt, angefangen bei der Heimatvertriebenen – Problematik… Die gesamte Vorstellungswelt meiner Großeltern basierte auf Chiffren, die für mich heute nach Hitler klingen. Es waren aber dennoch Menschen, die sich in einer anderen Umgebung sicher ganz anders entfaltet hätten, um mal den Pädagogen-Sprech zu bemühen…
Ich kann andere Menschen nicht willkürlich ändern. Bestenfalls kann ich Einfluss auf mich selbst nehmen - und gut reflektiert Einfluss auf mich nehmen lassen.
Für Nazis ist es ein Fortschritt, wenn sie ihre Gegner dazu veranlassen können, menschliche Maßstäbe in der Auseinandersetzung einfach auf Urlaub zu schicken.
Cool bleiben ist in dieser Auseinandersetzung eine Kardinaltugend - und die Kenntnis der eigenen Grenzen dabei ist die andere.
word.
Salut Helder,
mir ist ein kumpel aus dem kohlenpott eingefallen. dessen kommentar zu deinem blog wäre: klugscheißerei.
Ja, so nennt es einer, was ein Anderes für Differenzierung hält... Recht haben wohl, wieder mal, beide.
einen netten nazi hinzustellen und über feindbilder allgemein zu sinnieren, halte ich dennoch für mindestens fragwürdig.
Absolut. Unter dem Fragwürdigen mach ich es meistens nicht... Überambitioniert, seh ich ein...
Worauf ich immer wieder hinauswill, ist diese fang-bei-dir-an-Chose: Dass also auch die erste wirksame Faschismus-Entgegnung wäre, den Fascho in sich selbst zu verorten und ihm keinen Raum zu geben...
einen netten nazi wie alle anderen stereotypen möchte ich in die umerziehung schicken. meinetwegen nach china...
ja, das ist jetzt wieder der pädagogische Ansatz, da folge ich gerne... :-)
Ehrlich gesagt habe ich nicht verstanden, welche Erkenntnisse der Beitrag von Abdollahi vermitteln sollte. Keine Ahnung.
Ich habs mir angesehen und der Beitrag handelte von Abdollahi und weniger von Krüger.
Das ist, wenn ich es richtig verstehe, das Prinzip der Reportage… Mit diesem Format habe ich aus genau dem Grund übrigens auch so meine Schwierigkeiten – siehe auch mein Kommentar @Bernd Ebert zu der „7 Tage unter …“- Reportage (off topic: wie verlinkt man eigentlich Kommntare?).
Allerdings: Unter der Vorgabe, dass mich da ein Journalist irgendwohin „mitnehmen“ will, kann ich Abdollahi vergleichsweise gut folgen, lande mit ihm in Ambivalenzen und bei diesen (wie ich finde) wahnsinnig interessanten Fragen, mit denen ich mich dann in rahmensprengenden Überlegungen wie oben befasse…
Es ist spätestens an dieser Stelle der Reportage praktisch unmöglich, den bekennenden Fremdenfeind nicht irgendwie auch sympathisch zu finden. HÄ??
Ja, das war ungenau, bezieht sich auf Abdollahis Formulierung, die auch ungenau ist… Aufgedröselt hieße es: Auf einmal sagt der Nazi, den ich schon vorher beunruhigend wenig fremdartig, abstoßend, durchgeknallt fand, einen wahrhaftig klugen und richtigen Satz, den ich nicht nur sofort unterschreiben möchte, sondern der geradezu ein Beweis dafür ist, dass bei dem Mann eine Fähigkeit zur Selbsterkenntnis vorliegt, dass er genau hier an seinem eigenen Weltbild rüttelt, eine allgemeine Menschlichkeit eingesteht. Auf einmal mag ich an seine Resozialisierungsfähigkeit glauben…
Vielleicht geht da einfach der Gutmensch in mir durch – aber andererseits: Ist es nicht genau das, was mich vom Faschisten unterscheidet…?
…NANA- alle in einen Topf.
Zugegeben: Das war extra… u.A. weil es leichter gewesen wäre, die obigen Überlegungen anhand einer anderen Figur auszuführen, bei der es mir persönlich wie (hoffentlich) der Mehrheit der hier erreichbaren Leser*innen weniger weh tun würde… Jedes andere Etikett aus dem Topf wäre einfacher als solches zu beschreiben – der Nazi aber ist einer, den wir aus guten Gründen ablehnen, einer, der eindeutig angefangen hat mit der Hassnummer, der einfach nur Täter und aus sich heraus böse ist – einer, den wir raus und weg haben wollen… und bekämpfen plötzlichnicht mehr das Prinzip Faschismus, sondern den Faschisten – etwas, das wir nicht sind, also auch nicht werden können… Aber was unterscheidet uns denn genau, mit unserem Schaum vor dem Maul, mit unseren Vernichtungswunsch auf den Lippen?
Es gibt schon berechtigte Feindbilder und unberechtigte. Vielleicht kann man sich darauf verständigen,
…dass wir die Gedanken bekämpfen sollten, nicht die Menschen?
Haben Sie "Toni Erdmann" gesehen? Wie da professionell - also nett - agiert wird bis zum Erbrechen, das hat schon auch eine Aussage, die Ihrer Empfehlung ein bisschen entgegensteht.
Hab ich nicht gesehen, aber das ekle Prinzip ist mir geläufig… Ich bin selbst involviert, wenn auch wenig erfolgreich… ;-)
Jajajajaja - Abdollahi ist ein sehr cleverer; professioneller ; NETTER Reporter. Jollahijaho. :)
Ist rübergekommen…? Gut. ;-)
Also bei mir ist es so: Je höflicher ich zu Leuten bin, umso weniger kann ich sie leiden.
Ich weiß, was Sie meinen - funktioniere selber allerdings (etwas) anders: Höflichkeit ist mir immer ein Versuch der Verständigung, Überbrückung, Versachlichung – gelegentlich bin ich sogar zu Freunden höflich :-) … Wobei bei engeren Freundschaften tatsächlich auch weniger Diplomatie nötig ist, insofern ich den ruppigsten Tonfall tatsächlich im ganz vertrauten Kreis pflege…
Wo Sie höflich werden, bin ich dann schon zur Tür raus (die ich, je nachdem, mit dramatischem Knall zuschmeiße, betont leise schließe oder auch demonstrativ offen stehen lasse) …
vorzüglich zurück xxx ;-)
Wenn "unsere" Massenmedien jetzt mainstreamweise Verständnis für Nazis zeigten, würde das bei unserer auf die Gleichung Verständnis = Einverständnis geeichten Gesellschaft möglicherweise Missverständnisse auslösen - und zwar massenhaft.
Ein guter Punkt, der direkt zur nächsten heiklen Frage führt:Ist es überhaupt möglich und wünschenswert, allen Menschen mit Respekt zu begegnen? Muss auch Aufklärung davon ausgehen, dass manche lieber manipuliert werden? Stellt es nicht schon eine Überheblichkeit dar, das eigene Konzept für das "Richtige" zu halten? Was ist mit dem mündigen Bürger? Ist Erziehung schon ein Übergriff?
Es bleibt kompliziert...
Ihr Beitrag ist vielleicht ein Beitrag zum Anfang, Charlie.
Hachja... : Wenn man davon ausgehen könnte, wär der Beitrag zur Weltverbesserung quasi im Kasten und man dürfte sich beruhigt einbuddeln... ;-)
Aufs erste OT: Auf die Uhrzeit des zu verlinkenden Kommentars rechts klicken und dann die Adresse des Links kopieren wählen. Und dann einfügen, wo es hin soll. Später mehr.
@Alle: Vielen Dank für Ihr/Euer Interesse und die Kommentare: Alles wertvolle, lohnende Anregungen zum Weiterdenken. Wertschätzend xxx
Ah, danke! Immerhin mal ein Rätsel gelöst :-)
Glauben Sie diesem JR China bloß nichts, Charlie. Der ist auch immer so nett. Sehr verdächtig ..-))
:-)))
... Evtl. auch eine Ergänzung zu den im Text erwähnten ehemals coolen Misanthropen: Sie werden zu erhitzten Abgrenzungsfreaks oder eben so milde Allesversteher... Fürchterlich.
Ist es überhaupt möglich und wünschenswert, allen Menschen mit Respekt zu begegnen?
Ja. Wenn man kann und die Lage es zulässt, soll man. :-)
Muss auch Aufklärung davon ausgehen, dass manche lieber manipuliert werden? Stellt es nicht schon eine Überheblichkeit dar, das eigene Konzept für das "Richtige" zu halten?
Die Frage stellt sich m. E. beim einzelnen Gegenüber, aber nicht massenmedial. Beim einzelnen Gegenüber scheint mir, dass Manipulation immer unethisch ist. (Zumindest fällt mir spontan keine Situation ein, wo sie angebracht sein könnte.)
Bei der Massenkommunikation hingegen könnte es sein, dass es keine Frage der Manipulation ist, sondern eine Frage der Berechenbarkeit, oder?
Ist Erziehung schon ein Übergriff?
Es gibt ja die Resozialisierung. Die wird bei manchen Straftaten wohl Sinn ergeben, weil die Alternativen noch beschissener wären - für den Verurteilten wie auch für die Gesellschaft, in der er leben soll. Ob sie so abläuft, wie es allen Konfliktbeteiligten am besten abläuft, ist eine andere Geschichte.
Aber Erziehung ist unter erwachsenen Menschen fehl am Platz. Wo sie stattfindet, sollten wir sehen, dass wir von ihr wegkommen. Graduell vielleicht, aber konsequent.
Der ist auch immer so nett. Sehr verdächtig
Klar. Jeder weiß doch, dass Nazis die tiefsten Verbeugungen hinkriegen. So wie der Führer, als er dem Generalfeldmarschall & Reichspräsidenten die Birne zum Abbeißen hinhielt :
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/b7/Bundesarchiv_Bild_183-S38324%2C_Tag_von_Potsdam%2C_Adolf_Hitler%2C_Paul_v._Hindenburg.jpg
Das probiere ich jetzt nochmal - Wikimedia werden doch angeblich auf dieser Plattform noch genommen:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/b7/Bundesarchiv_Bild_183-S38324%2C_Tag_von_Potsdam%2C_Adolf_Hitler%2C_Paul_v._Hindenburg.jpg
OK. Dann nicht.
Tja, so ein schleimiger Anzugheini ist halt ein Nichts vor der schmucken Uniform...
Die Frage stellt sich m. E. beim einzelnen Gegenüber, aber nicht massenmedial. Beim einzelnen Gegenüber scheint mir, dass Manipulation immer unethisch ist. (Zumindest fällt mir spontan keine Situation ein, wo sie angebracht sein könnte.)
Guter Hinweis! Und sinnvolle Unterscheidung.
Bei der Massenkommunikation hingegen könnte es sein, dass es keine Frage der Manipulation ist, sondern eine Frage der Berechenbarkeit, oder?
Das ist das Reklame-Thema: Auch ganz schwierig... Persönlich stehe ich da tendenziell in der Verweigerungs-Ecke, aber weiß auch, dass das ziemlich infantil ist: Wenn wir (wer immer...) die Werkzeuge nicht gebrauchen, tun es die Anderen (wer immer...).
Es gibt ja die Resozialisierung. Die wird bei manchen Straftaten wohl Sinn ergeben, weil die Alternativen noch beschissener wären - für den Verurteilten wie auch für die Gesellschaft, in der er leben soll. Ob sie so abläuft, wie es allen Konfliktbeteiligten am besten abläuft, ist eine andere Geschichte.
Aber Erziehung ist unter erwachsenen Menschen fehl am Platz. Wo sie stattfindet, sollten wir sehen, dass wir von ihr wegkommen. Graduell vielleicht, aber konsequent.
Einverstanden.
Kinder, das wird nichts. Bilder kriegt Ihr nur in den eigenen Blogbeitrag rein über Wikimediacommons. Sonst eben nur per nettem Link. Aber ich nehme nicht wieder Hitler und Hindenburg, sondern das
Bild des Tages
Sorry, schlampig zitiert, Edit:
JR:
Es gibt ja die Resozialisierung. Die wird bei manchen Straftaten wohl Sinn ergeben, weil die Alternativen noch beschissener wären - für den Verurteilten wie auch für die Gesellschaft, in der er leben soll. Ob sie so abläuft, wie es allen Konfliktbeteiligten am besten abläuft, ist eine andere Geschichte.
Aber Erziehung ist unter erwachsenen Menschen fehl am Platz. Wo sie stattfindet, sollten wir sehen, dass wir von ihr wegkommen. Graduell vielleicht, aber konsequent.
Charlie Schulze:
Einverstanden.
Wie nett!
Wauwauwau. :)))))))
Das Skelett Die Uniform schützt und stützt.
Btw. Suchmaschinen ... und es mag unwichtig, hier OT sein.
Dennoch der Hinweise, dass die von mir primär verwendete Suchmachine "Startpage" diesen Blog hier bereits gestern früh an dritter Stelle listete.
"Google" bei den gleichen zwei Suchbegriffen weder gestern noch bis jetzt.
Dafür diverses "Füllmaterial", gern incl. politisch Korrektem.
Danke für den Hinweis! ... Persönlich kümmer ich mich da nicht so - find es aber umso erfreulicher, wenns andere tun :-) xxx
Zur Klamottenfrage geht es hier weiter...
Ja, sorry, gesehen ...
Aber das Einklinken in den selektiv gehypten Aufreger ist nicht so mein Fall. Anders herum ...:
Weil die von mir regelmäßig und gern frequentierte Sauna im Fitness-Club aktuell wegen Renovierung geschlossen ist, ich aber von dieser Leidenschaft nicht lassen kann,
so besuchte ich kürzlich, auf Empfehlung und wohl einmalig die Kristall-Therme in Ludwigsfelde.
Total oversized für meine bescheidenen Ansprüche nach einer angenehmen Schwitzkultur; und habe dennoch etwas im Hinterkopf behalten.
Gibt es in vergleichbaren Installationen einen separaten, textilfreien Saunabereich, so ist diese Therme komplett textilfrei angelegt, die Saunalandschaft integraler Bestandteil des realen Designs. Nicht einmal getrennte Umkleideräume für Männlein und Weiblein sind vorhanden.
Diese FKK-Kultur war (und ist?), gerade im Osten Deutschlands und primär auf dem Land wohl nach wie vor verbreitet.
Egal ob Burkini oder Bikini - no way!
Hallo, Charlie Schulze, und danke für Ihren nachdenkenswerten Text.
Als Ergänzung zu dieser Thematik kann ich Mo Asumangs dokumentarisches Experiment "Die Arier" nur wärmstens empfehlen: http://die-arier.com/film.php.
... ebenso Carolin Emckes Festspielrede:
https://www.freitag.de/autoren/gschroeder/ein-plaedoyer-fuer-das-nachdenken
* * * * *
Hallo Beyond,
Herzlichen Dank für die Wertschätzung und die ergänzenden Links! Ja: Mo Asumangs Film "die Arier" zählt auch unbedingt zu den Sternstunden des Reportage- und Doku- Genres.