Wie vor 40 Jahren?

Literaturbetrieb Warum Monika Maron falsch liegt, wenn sie den Umgang mit ihr mit der Repression von Schriftstellern in der DDR vergleicht
Ausgabe 47/2020
Fühlt sich zensiert wie zu DDR-Zeiten, taucht aber seltsamerweise trotzdem in vielen Zeitungen auf: Monika Maron
Fühlt sich zensiert wie zu DDR-Zeiten, taucht aber seltsamerweise trotzdem in vielen Zeitungen auf: Monika Maron

Foto: Teutopress/Imago Images

Eigentlich kann Monika Maron dem S. Fischer Verlag dankbar sein. Schließlich hat er ihr durch den „Rauswurf“ bundesweite Aufmerksamkeit geschenkt. Munter betont die Autorin seither in all ihren Interviews ihre demokratische, liberale Haltung. Dass der Text, den sie ihrer Freundin – nämlich der bekannten rechten Buchhändlerin Susanne Dagen aus Dresden-Loschwitz – zur Veröffentlichung gegeben hatte, ausgerechnet in einer Reihe erscheinen würde, die sich „Exil“ nennt und durch den neurechten Verlag Antaois vertrieben wird, habe sie einfach nicht gewusst.

Im Interview mit Deutschlandfunk Kultur erklärt Maron, wie sehr die Situation sie an die vor 40 Jahren erinnere. Damals sei ihr Buch Flugasche nicht gedruckt worden, weil es um die Umweltverschmutzung in der DDR gegangen sei. „Wobei der Unterschied ist, dass damals mein Verlag zu mir gehalten hat. Das Buch ist gescheitert an der Zensurbehörde im Kulturministerium (...). Insofern kann ich gar nicht anders denken als: Das habe ich vor 40 Jahren schon mal erlebt“, sagt sie. Es ist nicht das erste Mal, dass die Autorin eine Gleichstellung der aktuellen Situation in der BRD mit der Repressionspolitik zu DDR-Zeiten suggeriert. Im Spiegel-Literaturtalk Spitzentitel beispielsweise setzte sie die DDR-Doktrin, von einem antifaschistischen Schutzwall anstatt von der Mauer sprechen zu müssen, mit dem aktuellen Trend zur gendergerechten Sprache gleich. Monika Maron bemüht damit ein bekanntes Narrativ der neuen Rechten. Besonders die AfD nutzt diese Strategie, wenn sie Parallelen zwischen der DDR und der heutigen Bundesrepublik propagiert und eine eingeschränkte Meinungsfreiheit hierzulande andeutet. Sie nutzt dieses Narrativ, um sich selbst als emanzipatorische Protestbewegung zu inszenieren, die an die Bürgerrechtsbewegung von 1989 anknüpft. Das zeigt sich, wenn Pegida-Demonstrantinnen montags rufen: „Wir sind das Volk“, oder wenn die AfD, wie 2019 zu den Landtagswahlen, mit Sprüchen wie „Vollende die Wende“ für sich wirbt. Ganz gezielt hat die AfD in der Vergangenheit zu Veranstaltungen geladen, die Titel trugen wie „30 Jahre friedliche Revolution. Nicht vergessen! Nichts gelernt?“ und bei denen sie an politisch Verfolgte und Bürgerrechtler erinnerte. Dort wurde behauptet, die damaligen Forderungen spiegelten sich im Selbstverständnis und in der Programmatik der heutigen AfD wider. Beispielsweise hieß es, Nationalstolz sei ein wichtiger Bestandteil der friedlichen Revolution gewesen. Diese Strategie scheint in den neuen Ländern fruchtbar zu sein. Am 7. November gingen in Leipzig über 4o.000 Menschen zur Querdenken-Demo unter dem Motto „Die zweite friedliche (R)Evolution – Geschichte gemeinsam wiederholen“, um im Namen der Freiheit gegen die Einschränkung durch die Corona-Maßnahmen zu demonstrieren. Doch so wenig die aktuellen Einschränkungen mit dem Leben in der DDR gleichsetzbar sind, so wenig hat die AfD mit den Bürgerrechtlerinnen von 1989 zu tun.

Die Schriftstellerin Maron hat überdies längst einen neuen Verlag gefunden. Ihr neuer Verleger Tim Jung von Hoffmann und Campe reibt sich vermutlich die Hände, weil er wegen der großen Medienresonanz seiner neuen Autorin auf ein gutes Geschäft hofft. Es läuft heute also doch nicht so wie in der DDR.

Charlotte Gneuß arbeitet als Sozialarbeiterin in einem Kindergarten und studiert am Deutschen Literaturinstitut Leipzig

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