Land ohne Fortune

Mali In der Weltpresse ist seit der Intervention Frankreichs viel von „failed state“ die Rede. Dieses Urteil wird einer sich nach Frieden sehnenden Gesellschaft nicht gerecht
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Bamako empfängt mit einem Gleichmut, der zugleich irritiert und beruhigt. Die Stadt wird bedrängt von Zigtausenden Flüchtlingen aus den Kampfgebieten im Norden – doch sie sind wie unsichtbar. Kein Lager, keine Slums, kaum Obdachlose. Dass es so ist, liegt an Menschen wie Aliou: ein dünner Mann in einem gleichfalls dünngewaschenen Hemd, der seinen Lebensunterhalt verdient, indem er die Waren anderer Leute auf einem Handkarren transportiert. Im Mai, abends um 22 Uhr, standen plötzlich die ersten Flüchtlinge in seinem finsteren Hof. Entfernte Verwandte; sie waren vorher nie da gewesen, hatten jetzt nicht einmal angerufen. Und waren trotzdem sicher, willkommen zu sein.

Seit neun Monaten ist Alious vorher zehnköpfige Familie eine 20-köpfige. Und