Dem Hass im Netz begegnen

Social Media Die Berichterstattungen der letzten Jahre geben deutlich zu erkennen, dass wir es mit einem wachsenden Problem zu tun haben. Als Mutter besonders besorgniserregend.

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Die Kriminalität im Netz ist ein akutes Problem, das allgegenwärtig in Erscheinung tritt. Gegen seriöse Tatbestände wie Drohung, Beleidung und Betrug im Internet vorzugehen: damit sind Juristen zunehmend überfordert. Opfer von Cyber-Kriminalität werden im Stich gelassen, das Rechtssystem ist mit diesen vielschichten und neuen Tatbeständen schlicht noch nicht ausgeprägt genug.

Internetverbrechen: aktuell und trotzdem bürokratisch

Androhung des Mordes, wüste Beschimpfungen, Beleidigungen unter der Gürtellinie, sexuelle Belästigung im niveaulosesten Bereich, Missachtung des Datenschutzes und der Grundrechte: Die Cyber-Crimes sind vielschichtig und nehmen stetig zu. Das bestmögliche Szenario ist, dass Strafanzeige erstattet, das Verfahren in der Staatsanwaltschaft abgearbeitet wird und die Täter entsprechend zur Rechenschaft gezogen werden. So ist es beispielsweise passiert, als ein Redakteur der ZEIT ONLINE auf Facebook derart bedroht wurde, dass der Täter 4.200 Euro Strafe zahlen musste. Doch leider ist das nicht die Regel, zu viele Ausnahmen bestätigen diese.

Ratlosigkeit und Überlastung bei allen beteiligten Stellen machen dieses Thema so komplex. Staatsanwaltschaft, Polizei, Anwälte, Behörden sowie die betroffenen Social Media Plattformen hinken bei der Recherche und Verwaltung dem enormen Aufwand hinterher. Die Anzeigen mehren sich mit der Zunahme der Verbrechen. Doch Strafanzeigen ohne behördliche Antwort, monatelange Ermittlungen, ein Hin- und Herschieben der Akten ohne Ergebnis und Erfolg sind leider Status Quo, wobei die Bedrohungen und Hassattacken währenddessen konsequent weitergehen.

Die Anwälte von Opfern werden über die Schritte der Verfahren informiert. Diese lauten häufig, dass die Staatsanwaltschaft wegen Überlastung oder mangelnder Kompetenzen weniger schwerwiegende Verstöße den Amtsanwaltschaften übergeben. Dort allerdings kann es bis zu mehreren Monaten dauern, bis diese Akten überhaupt bearbeitet werden. Doch wer ist schuld an diesem Zustand, wer kann zur Verantwortung gezogen werden und wodurch kann Verbesserung erlangt werden?

Social Media im Kreuzfeuer

Deutsche Minister kritisieren laufend und zu Recht die Internetriesen Facebook und Twitter dahingehend, dass diese zu wenig in ihrem Kompetenzbereich unternehmen, um Hass im Netz zu verhindern. Nach außen hin geben sich die Unternehmen kooperationsbereit und zustimmend, finden „Hass habe keinen Platz auf Facebook/Twitter“. Doch was können die Internetgiganten zur Besserung beitragen? Das Löschen von hetzerischen Inhalten und das Sperren von Konten wird bereits praktiziert, doch löst es das Problem nicht. Die Strafverfolgung wird dadurch nicht erleichtert und genau an diesem Punkt besteht Handlungsbedarf.

Zur erfolgreichen Strafverfolgung brauchen die Behörden Daten. Diese rücken Facebook oder Twitter aber nur unter strengsten Voraussetzungen heraus: Es müssen Rechtshilfeersuchen gestellt werden und gerichtliche Beschlüsse als Basis für die Ausgabe von Nutzerdaten bestehen. Diese bürokratische Hürde ist notwendig, um Datenschutzübertretungen zu verhindern, verlangsamt aber den Prozess enorm. Die Rechtshilfeansuchen müssen angefertigt und übersetzt werden, haben meist einen langen Postweg, werden auf ihre internationale Gültigkeit geprüft; dies geschieht laut einer Behauptung des Polizeisprechers an einer Sammelstelle in einem Gericht in Kalifornien mit sämtlichen Anträgen aus aller Welt. Bis von Twitter und Co. schließlich Daten herausgerückt werden, vergehen Wochen.

Behördenversagen und Verzögerungen: Was ist der bessere Weg?

Die undurchsichtigen Wege, die ein Akt zur Strafverfolgung bestreitet, führen nirgendwo hin. Selbst wenn ein derartiges Verfahren reibungslos verläuft und nach Wochen und Monaten Daten von den Plattformen ausfindig gemacht werden, heißt dies noch lange nicht, dass der Fall dann gelöst ist.

Deshalb sprach Anwalt Gulden die Empfehlung aus, Opfer sollen sich an Privatdetekteien wenden, um die Ermittlungen zu beschleunigen. Spezialisierte Privatdetektive recherchieren in sozialen Netzwerken und können meist effektiver und schneller Daten des Täters in Erfahrung bringen, als dies Behörden in der doppelten Zeit schaffen. Doch ohne Aussicht auf garantierten Erfolg und ohne Übernahme auch nur eines geringen Prozentsatzes der Kosten, können sich viele Betroffene diesen Vorschlag nicht leisten.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Charlotte Balgheim

Als waschechte Hanseatin in Bremen geboren und aufgewachsen interessieren mich gesellschaftliche Themen weltweit.

Charlotte Balgheim

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