Unqualifizierte Lehrer an Grundschulen

Kritik des Lehrerverbands Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes hat das unverantwortliche Handeln der Länder scharf kritisiert, das momentane Vorgehen sei ein Verbrechen an den Kindern.

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Die Kultusminister haben in den letzten Jahren den zukünftigen Bedarf an Lehrkräfte falsch berechnet: Steigende Geburtenzahlen, Zuwanderung und Pensionierungen müssten bei den Prognosen berücksichtigt werden. Die Kultusministerien haben jedoch mit einer alten Bevölkerungshochrechnung des Statistischen Bundesamtes gerechnet. Die seit 2012 gestiegene Geburtenrate wird dort zum Beispiel nicht berücksichtigt. Allerdings seien auch nicht alle Entwicklungen vorhersehbar. Um einen großflächigen Unterrichtsausfall zu vermeiden, wurden deshalb ungelernte Lehrer eingestellt.

Aus Mangel an Lehrkräften, vor allem in Berlin und Sachsen, werden zu viele Quereinsteiger ohne Vorkenntnisse in Pädagogik und Didaktik als Grundschullehrer eingestellt. Momentan sind Zweidrittel der neu eingestellten Lehrer in Berlin Quereinsteiger. In Sachsen sind über die Hälfte der Lehrkräfte an Grundschulen Quereinsteiger. Als einzige Vorbereitung gibt es ein- bis zweiwöchige Crashkurse. Zum Teil stehen selbst dafür zu wenig Ausbildungslehrer zur Verfügung, was dazu führt, dass die Laien in manchen Orten ohne jegliche Vorbereitung und Vorgaben in den Beruf starten. Es fehle das Wissen, wie zum Beispiel ein guter Unterricht gestaltet wird und wie eventuelle Lernschwierigkeiten bei Schülern behoben werden können.

Auch fehle es an der Einführung in den Bereich Frühförderung von Kindern. Es gibt auch keine Vorbereitungszeit wie bei einem Referendariat und dies kann einer der Gründe sein, weshalb die Quote der Quereinsteiger, die den eingeschlagenen Beruf als Lehrer wieder abbrechen, relativ hoch ist. Diesen Vorwurf des Lehrerverbandes hält die Senatsverwaltung in Berlin jedoch für unberechtigt. Laut den vorliegenden Zahlen sei die Abbrecherquote der Quereinsteiger ähnlich wie bei den üblichen Referendaren. Außerdem werden die Quereinsteiger laut der Senatsverwaltung im ersten Jahr von einem Mentor begleitet. Alexander Lorz (CDU), der Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK), weist darauf hin, dass einige Länder nicht ohne Quereinsteiger auskommen wird.

Bis 2030 wird es besonders an Haupt- und Realschulen und an Berufsschulen ein erhöhter Bedarf an Lehrer geben. Um die Unterrichtsqualität darunter nicht leiden zu lassen, werden die Länder sich verstärkt darum bemühen, die Quereinsteiger weiter zu qualifizieren und gezielt fortzubilden. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Bärbel Bas, hält jedoch dagegen, dass es weder im Sinne der Kinder noch der Quereinsteiger sei, die Berufseinsteiger ohne verbindliche Standards arbeiten zu lassen. Da es in den nächsten Jahren voraussichtlich ein Überangebot an Gymnasiallehrer geben wird, könnten diese auch eine Weiterbildung für die Grundschule bekommen. Eine weitere Möglichkeit wäre auch die Studienplätze zu erhöhen. Dies sind jedoch nur mittel- oder langfristige Lösungen.

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Geschrieben von

Charlotte Balgheim

Als waschechte Hanseatin in Bremen geboren und aufgewachsen interessieren mich gesellschaftliche Themen weltweit.

Charlotte Balgheim

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