Lippenstift und Bajonett

Tamtam In Chinas Ehrengarde stehen jetzt auch Frauen stramm. Schminkfotos von Einsätzen machen im Internet die Runde und befeuern die Fantasie mancher Nutzer

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Foto: Wang Zhao/AFP/Getty Images
Foto: Wang Zhao/AFP/Getty Images

Sechs Jahrzehnte lang war sie ein Männerverein, die Ehrengarde der Volksbefreiungsarmee. Seit Februar diesen Jahres ist damit Schluss. 30 Frauen gehören nun zur Truppe, die erstmals im Mai offiziell in Rock und Hose aufmarschierte. Entzückt haben sie da den Staats- und Regierungschef Turkmenistans, Gurbanguly Berdimuhamedow: „Diese Soldatinnen haben bei mir tiefen Eindruck hinterlassen – sehr schön, toll!“

So zackig kennt man sie schon von Chinas Militärparaden, aber am roten Teppich wurden sie bisher nicht eingesetzt. Li Bentao, Kommandeur der Ehrengarde, floskelt in einem Fernsehinterview zu den Hintergründen dieser Maßnahme: „Das entspricht auch internationalen Standards. Es nützt dem allseitigen Ausdruck von nationalem und militärischem Prestige und dem internationalen Austausch.“

Wie auf dem Laufsteg

Diese Sicht findet auf chinesischen Internetseiten kaum Zustimmung. Mancher ergötzt sich zwar an der Kraftmeierei und hält die aufgerüstete Garde für die tollste der Welt, aber die meisten Nutzer urteilen eher abfällig. Der Anblick paradierender Frauen mit Waffen stellt die Emanzipation auf eine harte Probe, hier und da flammt Sexismus auf. Auch für qinshouQc ist der neue Kurs gewöhnungsbedürftig, auf dem Twitter-Pendant Sina Weibo kommentiert er: „Diese Arbeit ist doch mehr was für Männer.“

Die Gardistinnen sähen mit ihrem Make-up wie Models aus, bemäkeln andere. Ihnen fehle das Militärische, sie taugten nicht zur Landesverteidigung. Dass sie aus Sport- und Kulturkompanien rekrutiert werden und nur protokollarischen Dienst leisten, lassen Kritiker dabei außer Acht. Just_xiyu wünscht sie sich als muskelbepackte Kampfmaschinen, sonst hätten sie gegen Soldatinnen anderer Länder keine Chance: „Würden sie sich mit den ausländischen Kraftweibern messen, dann wäre das genau wie Nilpferd gegen Rehkitz.“

Teures Spielzeug

Der größte Kritikpunkt sind aber die vermuteten Kosten. Steuergelder – auch in China ein heikles Thema – würden für Glanz und Gloria verpulvert. Auf Sina Weibo ärgert sich shanyeyicunfu32528: „Der Staat hat diesen Protz überhaupt nicht nötig, echt.“ Wer die Ausgaben zu verantworten und das alles ausgeheckt hat, interessiert einige Nutzer brennend. Sie spekulieren, ob die Damen auch zum Bettmanöver mit den Herren Offizieren antreten müssten. Nutzer wanyanzhicheng wundert sich: „Wessen Vorlieben befriedigt das eigentlich?“ Bestimmt nicht die von nanchoudaohaiye. Ihm geht das ganze Tschingderassabum der Ehrengarde gegen den Strich: „Soldaten sind für die Landesverteidigung da, und nicht, um im Stechschritt anzugeben!“

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

chinaschau

Autor: Oliver Pöttgen | chinaschau@web.de | fachchinesisch.tv

chinaschau

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden