In der selbst gestellten Falle

Olaf Scholz Nach dem Chaos beim G20-Gipfel in Hamburg ist klar: Wer mit zwei Divisionen Polizei seine Stadt nicht sichern kann, sollte abtreten
Ausgabe 28/2017
Einsatzbesprechung während des Gipfels mit Olaf Scholz (links) und Angela Merkel
Einsatzbesprechung während des Gipfels mit Olaf Scholz (links) und Angela Merkel

Foto: Patrik Stollarz/AFP/Getty Images

Etwas über 20.000 Polizisten bot Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz auf. Mit diesem hochgerüsteten Arsenal wollte er 20 Staatschefs schützen. Und selbstverständlich seine Mitbürgerinnen. Demonstrationen wurden untersagt, Sicherheitszonen verschiedener Farben eingerichtet. Der Stadtplan der Hansestadt ähnelte bald dem Bagdads. Aber am Ende gelang es einigen hundert Autonomen, mitten in der Sicherheitszone stundenlang den Rechtsstaat außer Kraft zu setzen. Scholz zeigt sich nun zerknirscht. Das reicht nicht. Wer mit zwei Divisionen Polizei einen bundesweit bekannten Demo-Hotspot nicht sichern kann, sollte abtreten.

Olaf Scholz ist ja nicht irgendwer. Er zählt zur sozialdemokratischen Politik-Elite. Als Generalsekretär, Minister und Wahlsieger strahlte er. Bevor Martin Schulz zum Sozi-Sunnyboy wurde, war Scholz gar als Herausforderer Angela Merkels im Gespräch. Jetzt aber ist der beste Mann der Hamburger SPD vor Ort in eine Falle gegangen, genau besehen hat er sie sich selbst gestellt.

Scholz’ Satz, dass am 9. Juli der Gipfel vorbei sein würde, ohne dass die Hamburger etwas davon bemerkt hätten, war eine Spur zu kess. Seine Polizei nämlich schützte alles Mögliche – aber im entscheidenden Moment guckte sie nur zu. Unter dem Einsatzbefehl eines Polizeiführers, der seine Meriten zum Teil unter dem Richter Gnadenlos verdiente, machte die Bereitschaftspolizei keinerlei Anstalten, ins Schulterblatt vorzurücken. Inzwischen errichteten Autonome eine Art Hamburger Kommune – und zwar eine unfriedliche: Es wurde gedroht, gezündelt und geplündert. Auch kleine Läden wurden bestohlen. Als Einsatzleiter Hartmut Dudde endlich den Einsatzbefehl gab, war der Spuk ganz fix vorbei. Aber die Sicht auf Linksextreme, die Rote Flora, ja auf die Republik war eine andere – und natürlich die auf Scholz. Gut möglich, dass der Gustav Noske unserer Tage, Polizeikommandeur Dudde, eine simple Rechnung aufgemacht hat. Auch ein harter Hund kann einen Moment zögern – wenn er einen politischen Nutzen daraus zieht. Den nämlich, die bei der Polizei ungeliebte rot-grüne Regierung ins Schleudern zu bringen. Über diese Zumutung braucht Scholz nicht zu klagen. Warum sollte ein Bürgermeister bleiben, der die Risiken für seine Bürger nicht meistern kann?

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Geschrieben von

Christian Füller

http://christianfueller.com

Christian Füller

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