Steuerdebatte eröffnet

Grüne Seit geraumer Zeit versucht die Partei, ihren Steuerstreit intern zu klären. Jetzt gehen die Realos mit einem Kompromiss an die Öffentlichkeit – und mit Steuererhöhungen
Die Debatte wird nicht mehr hinter verschlossenen Türen geführt
Die Debatte wird nicht mehr hinter verschlossenen Türen geführt

Foto: Johannes Eisele/AFP/Getty Images)

Bislang sah die Arbeitsteilung im Steuerstreit von Bündnis 90/Die Grünen immer so aus: Sobald Realos ein Interview darüber gaben, dass man keine Steuern erhöhen sollte, wenn die Steuereinnahmen sprudeln, bekamen sie gleich Ohrfeigen. Von den Fundis, die heute grün.links.denken heißen. Weil sie gegen die Diskurs-Regeln verstoßen. Die Linken schrieben derweil fleißig Papiere über Steuererhöhungen, die gerne als aufmacherträchtige, wichtige Beiträge zur Diskussion gewertet wurden.

Jetzt haben die Reformer, wie die Realos inzwischen genannt werden, die Faxen dicke und haben selber ein Papier herausgegeben, das eine „gerechte Gesellschaft gestalten“ heißt. Darin geht es ganz explizit auch um Steuern. Die Reformer – zu den Autorinnen gehören Kerstin Andreae, Anja Hajduk, Ekin Deligöz und Dieter Janecek – wollen zunächst einmal Steuern senken. Sie fordern „eine steuerliche Entlastung der unteren und mittleren Einkommen“. Allerdings braucht auch der Wirtschaftsflügel der Grünen dazu Mehreinnahmen. Die sollen durch eine „moderate Erhöhung“ des Spitzensteuersatzes erzielt werden. Eine Vermögenssteuer lehnten die Bundestagsabgeordneten Janecek und Deligöz, die beiden Sprecher der Reformer, allerdings ab. Hier dürfte der entscheidende Streitpunkt zu den linken Grünen liegen – denn diese befürworten explizit die Einführung einer Vermögenssteuer.

Ich bin ziemlich sicher, dass die Vermögenssteuer im Wahlprogramm stehen wird“, sagte die Bundestagsabgeordnete Lisa Paus dem Freitag. „Denn die Ungleichverteilung von Vermögen ist ein massives Problem in Deutschland. Das ist nicht nur unsozial, sondern wird zunehmend wirtschaftlich und demokratiepolitisch zu einem Problem.“ Paus nannte zusätzlich eine Reihe weiterer steuerlicher Instrumente, um mehr Gerechtigkeit durch Umverteilung herzustellen, darunter eine Vermögensabgabe und das Kappen des Ehegattensplittings. Allerdings sieht auch Paus die Erhöhung von Steuern nicht mehr als den Königsweg für eine gerechte Gesellschaft. Es muss eine zentrale Gerechtigkeitsbotschaft im grünen Wahlprogramm geben, das ist ganz klar. Und das wird kein Steuerthema sein. Ob es die Entlastung Alleinerziehender, die Bürgerversicherung, mehr Zeit oder etwas ganz anderes wird, entscheiden wir im kommenden Jahr.“

Im letzten Wahlkampf 2013 hatten die Grünen explizit auf die Steuerpolitik gesetzt – mit der Erhöhung diverser Steuern wie einer Vermögensabgabe, der Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent und weiteren Elementen. „Steuerpolitik ist niemals Selbstzweck“, sagte dazu der Abgeordnete Oliver Krischer. „Neben der Gerechtigkeit müssen Grüne auch die ökologische Wirkungen von Steuern in den Focus der Debatte rücken. Das ist auch eine Lehre aus dem Wahlkampf 2013, die allen klar sein sollte. “

So weit liegen die beiden Flügel, die einem strengen Fahrplan für Gespräche über Gerechtigkeit unterworfen wurden, allerdings nicht mehr auseinander. Auch im Papier der Reformer sind eine Reihe anderer Elemente genannt, um Gerechtigkeit zu erzielen. „Wir müssen die Ängste der Menschen aufnehmen. Diese Ängste gibt es auch in der Mittelschicht“, sagte Ekin Deligöz dem Freitag. Sie sagte, „es geht nicht immer um mehr Geld, sondern mehr Möglichkeiten“. Das heißt für Deligöz: mehr Teilhabe, mehr Zeit, mehr Chancen, Familie zu gestalten. Auch eine Reform der Sozialsysteme sei dringend nötig, weil sonst bald der Zuschuss zur Rentenversicherung bald nicht mehr tragbar sei.

Die Reformer der Grünen veranstalten am Freitag und Samstag ihre Klausur über „Anforderungen an eine Grüne Politik für Morgen“. In zwei Wochen wird dann eine Konferenz der Fraktion über den „Aufbruch in eine faire und ökologische Wirtschaft von morgen!“ stattfinden, an der die ganze Partei- und Fraktionsspitze teilnimmt.

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Geschrieben von

Christian Füller

http://christianfueller.com

Christian Füller

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