Das abscheuliche Gewand der Seele

Leibesertüchtigung Jacques Le Goff schreibt eine "Geschichte des Körpers im Mittelalter" - aus dem Geist des Zettelkastens und der Häppchenkultur
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Die Abbildung auf dem Umschlag des Buchs zeigt feiste Menschen auf Weinfässern und hütchenspielende Gaukler, daneben Unterschenkel-Amputierte und halbnackte Krüppel: Wohlleben gegen soziale Not. Der Kampf zwischen Karneval und Fasten, Pieter Breughel malte ihn 1559, macht einen der vielen Widersprüche des Mittelalters tableauartig sichtbar: das Karge, Arme, Selbstquälerische, Mönchische wird konfrontiert mit karnevalesken Übersprungshandlungen, mit Musik, Unzucht und Völlerei, was die Kirche zwar als Todsünde brandmarkte, was aber die andere, die anarchische Seite des kirchlich dominierten Alltags und Jahreskalenders war.

Ist ausgerechnet "der Körper", der hier so gebieterisch in Aktion tritt, von der Geschichtswissenschaft vergessen worden?