Neuer Verdacht im Präsidentenkrimi

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Morgen veröffentlicht die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung zur sogenannten "Kreditaffäre" um Bundespräsident Christian Wulff den Beitrag ihres Politikchefs Volker Zastrow, der den Rubikon des Verdachts der permanenten Notlüge hin zum ausgeklügelten Verbrechertum überschreitet. Der Titel Im Präsidentenpelz" ist ein Wortspiel mit dem Namen des Präsidenten und Matthäus 7,15, wo Jesus vor "Wölfen im Schafspelz" warnt (der Wolf ist eine Tiergattung, auf die Autoren den Namen des Präsidenten in letzter Zeit öfter in Anspielungen beziehen, obwohl sie ganz im Gegensatz zu seinem sanften Auftreten steht - wenn er nicht gerade Journalisten auf die Mailbox spricht).

Der Autor vergleicht die Kredit-Affäre mit der von ihm selbst in den 90ern mit aufgedeckten Schubladen-Affäre, die zum Rücktritt Björn Engholms führte, und der dabei rückblickend neu durchleuchteten sogenannten Barschel-Affäre, in der nichts war, wie es scheint oder jahrelang schien.

Wenn man das, was alle bei Engholm und dessen Freunden zunächst für unmöglich hielten, hier einmal als zumindest denkbare Möglichkeit in Erwägung zieht, dann zeichnet sich plötzlich ein worst-case Szenario ab, das für viele offene Fragen und rätselhafte Unstimmigkeiten, die auch Niedersachsens Grünen aufgefallen sind, mit einem Schlag eine einfache Erklärung liefert: Was, wenn der anonyme Scheck Nr. 83338, den am 18. November 2008 die Sparkasse Osnabrück ausstellte, gar kein Kredit war, sondern ein kleines "Geschenk" unter Freunden? Und was, wenn das Geld weder von Egon, noch von Edith Geerkens stammte, sondern von einem anderen Freund der jeweils Mächtigen in Niedersachsen - z.B. von Carsten Maschmeyer?

Dann würde vieles einen Sinn machen, was sonst keinen macht. Das ist zwar kein Argument, dass es deshalb so sein muss. Aber ist durch irgendetwas sicher bewiesen, dass es nicht so war?

Aller Erfahrung nach würde die F.A.S. diese katastrophale Möglichkeit nicht in Erwägung ziehen, wenn bereits bekannte sichere Beweise existieren, die das klar widerlegen. Andererseits kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch Top-Journalisten manchmal Kleinigkeiten übersehen.

Wenn jemand aus der Redaktion von der Freitag oder von unseren geschätzten MitBloggerinnen und MitBloggern deshalb ein Argument oder Dokument kennt, welches das worst-case Szenario der morgigen F.A.S. von vornherein logisch ausschließt, wäre ich ihm sehr dankbar für einen Kommentar mit einem entsprechenden Hinweis.

Selbst wenn auch das nicht der Fall sein sollte: Bewiesen wäre sogar damit noch nicht, dass es auch so sein muss. Aber es müsste geprüft werden, und dazu reichen journalistisch-investigative Methoden allein nicht mehr aus. Die Spur des Geldes müsste mit justiziellen Mitteln zurückverfolgt werden. Wo ging es weg, um sich in einen Bundesbank-Scheck zu verwandeln, wohin ging es nach Ablösung durch das Rollierende Darlehen zurück?

Eine Ermittlung mit den Befugnissen eines Untersuchungsausschusses oder von Strafverfolgungsbehörden würde als ultima Ratio sehr einfach und schnell Licht in dieses Dunkel bringen, wenn es sich anders nicht sicher aufklären lässt.

Die schlüssige und zügige Aufklärung des einmal ausgesprochenen Verdachtes kann nur dem Schutz des Präsidenten und seines Amtes dienen. Sie wird durch die morgige Veröffentlichung unumgänglich.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

ChristianBerlin

Theologe (Pastor) und Journalist, Berlin. Mitglied im Journalistenverband Berlin-Brandenburg (JVBB) und im Pfarrverein-EKBO. Singt im Straßenchor.

ChristianBerlin

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