Süßes oder Saures?

Halloween Evangelische Christen erinnern heute an Halloween 1517, als Dr. Martin Luther den beinah folgenreichsten Anschlag aller Zeiten verübte.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

An Halloween (Allerheiligenabend) 1517 soll Dr. Martin Luther (hier dargestellt von Dr. Thomas Gandow ) einen Anschlag verübt haben, von dem sich die Christenheit bis heute nicht erholt hat: den sog. Thesenanschlag.

https://scontent-a-fra.xx.fbcdn.net/hphotos-xfa1/t31.0-8/p640x640/10697338_686194691488018_5821397296103948685_o.jpg

"Die Bischöfe müssen geschlafen haben" heißt es in einer dieser Thesen mit der er den Missbrauch des Ablasswesens aufdeckte, mit dem die Christen glauben gemacht wurden, dass die Seele im Nu aus dem Fegefeuer in den Himmel springt, wenn das Geld ihrer Hinterbliebenen im Kasten der kirchlich autorisierten Ablasshändler klingt. Damals riefen die Ablasshändler im Namen der Kirche sinngemäß das ganze Jahr über: "Süßes - oder Saures!" Diesem Spuk hat Dr. Luther an Halloween 1517 ein Ende gesetzt.

https://scontent-b-fra.xx.fbcdn.net/hphotos-xap1/t31.0-8/p843x403/10655267_10154811381790601_8911982643478795319_o.jpg

In ihrem zu Halloween in deutscher Übersetzung erschienenen Monsterallmanach macht Sandy Lee Muncaster sich über ihre möchtegern-gruseligen Fantasiewesen lustig, wie vor 500 Jahren Dr. Luther die Fegefeuer-Drohungen der kirchlich autorisierten Ablassprediger der Lächerlichkeit preisgab.

Bald glaubte niemand mehr den Versprechen und Drohungen der Ablassprediger. Gott schenkt seine Gnade, wem er sie schenken will, ohne dessen Zutun und Vorleistung. Kaufen lässt er sich nicht. Und vieles andere auch nicht.

Der Text und das erste Bild enstanden am 31.10.2014 auf der Veranstaltung: "Hallo Wen? Mensch: Luther! - Reformationstag und Halloween" des Dorfkirchenvereins Buckau e.V. in 14793 Buckau (bei Brandenburg).

Ursprünglich war die Veranstaltung angekündigt als:

Mensch, Luther: Neues von Martin L.
Lutherlesung mit Christian Krieger und Thomas Gandow
- drei Jahre vor dem Reformationsjubiläum.
mit Musik aus der Lutherzeit,
gespielt von Harald Berghausen, Organist und Fagottist aus Berlin

Achte Tage vorher änderte Thomas Gandow den Titel und die Sinngebung ein wenig (laur Pressemitteilung vom 23.10.2014):

Reformationstag und Halloween, der Abend vor Allerheiligen und Allerseelen,
gehören durch Luthers 95 Thesen, in denen es ausdrücklich um die Ablehnung der Möglichkeit und der Notwendigkeit des Ablasses von Sündenstrafen im Fegefeuer geht, zusammen. Wenn auch der eigentliche Festinhalt den meisten nicht mehr bewußt ist:
Halloween ist das einzige christliche Fest, das in den letzten Jahren an Popularität gewonnen hat.


"Halloween und Allerheiligen"
-----------------------------------------
Halloween ist eine Verkürzung aus All-Hallows-even, Allerheiligen-Abend, dem Vorabend des zweitägigen christlichen Festes "Allerheiligen/Allerseelen". Im fränkischen Reich führte Ludwig der Fromme das Fest Allerheiligen schon im Jahr 835 ein.
Seitdem wird auch in Deutschland an Allerheiligen traditionell der Gemeinschaft der Heiligen gedacht.
Am 2. November, an Allerseelen, soll durch Gebet, Almosen und Fürbitte auch aller anderen Verstorbenen gedacht werden.
Der Allerseelentag geht auf Abt Odilo von Cluny zurück; er hat diesen Gedenktag in allen von Cluny abhängigen Klöstern 998 eingeführt.

"Fegefeuer"
----------------
Das Fegefeuer (lat. purgatorium „Reinigungsort“) ist ein Zwischenzustand für eine Läuterung, die nach der Lehre der römisch-katholischen Kirche eine Seele nach dem Tod erfahren muß, sofern sie nicht als heilig unmittelbar in den Himmel aufgenommen wird. "Kraft der Gemeinschaft der Heiligen können die Gläubigen, die noch auf Erden pilgern, den Seelen im Purgatorium helfen, indem sie Fürbitten und besonders das eucharistische Opfer, aber auch Almosen, Ablässe und Bußwerke für sie darbringen" (Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche, 2005). Die Kirchen der Reformation einschließlich der Anglikanischen Kirche haben die Lehre vom Fegefeuer verworfen, die Orthodoxe Kirche kannte sie nie. Sie wird heute nur noch von der römisch-katholischen Kirche vertreten.

"Reformationstag"
-------------------------
Am 31.10.1517, am Tag vor dem Allerheiligen-Fest, hat der Mönch und Theologieprofessor Martin Luther seine "95 Thesen" zu Sündenvergebung, "Ablass" und rechter Buße an die Tür der Universitäts- und Schlosskirche zu Wittenberg angeschlagen.
Damit forderte er zu einer akademischen Disputation auf.
Luther bestritt in seinen Thesen die damals herrschende Ansicht, dass ein Erlass von Sündenstrafen für Lebende und Tote durch eine Geldzahlung möglich sei. ("Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegfeuer springt")
Luthers Thesen sagen: Der Glaube an die Erlösung durch Jesus Christus ist genug.
Die Thesen waren der Anfang zur Reformation der Kirche.
Denn es kam ein Stein ins Rollen, der die Welt schnell veränderte: Luthers Thesen sowie seine späteren Schriften und seine Bibelübersetzung wurden mit neuen Druckerpressen gedruckt und verbreiteten sich schnell in ganz Deutschland.

Das zweite Bild ist eingefügt als Analogie - und eine wahrscheinlich hier nicht ihre Zielgruppe findende Werbung in eigener Sache. Es zeigt die mit mir verwandte deutsche Übersetzerin eines Halloween-Buches, dessen Inhalt auf der Linie der spielerisch-spaßigen Monster-Verulkung liegt von Sesamstraße, Halloween, (originärem) Christentum und Reformation.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

ChristianBerlin

Theologe (Pastor) und Journalist, Berlin. Mitglied im Journalistenverband Berlin-Brandenburg (JVBB) und im Pfarrverein-EKBO. Singt im Straßenchor.

ChristianBerlin

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden