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Die unsichtbare Hand der Internet-Zensur. Auf YouTube bekam sie User trichoemchen zu spüren, als er Bertrands geistigen Kommunismus beim Wort nahm. Selbst der Freitag hatte dem Urheber von "home" geglaubt. (Foto: Screenshot)
Am Freitag startete "Home". Ein Film, der die Welt retten will. Sein Inhalt wurde auf Freitag.de schon vorgestellt, von Susanne Lang und von Stubsy.
Beeindruckend sind am "homproject" aber nicht nur die berauschenden Bilder, die der Fotograf und Regisseur Yann Arthus-Bertrand mit einer hochauflösenden Cinex von unserem Planeten gemacht hat, die dazu komponierte Musik von Armand Amar, die im Off von Glenn Close gesprochene Predigt, der hehre Zweck des ganzen und der perfekt organisierte taggleiche Start in 87 Ländern der Erde und bei YouTube, sondern auch die Selbstlosigkeit des Urhebers.
"Ich hätte gerne, dass Home auch Ihr Film wird. Verteilen Sie ihn weiter.", bittet Bertrand jedermann ausdrücklich bei YouTube. Kritiker und Kommentatoren sind begeistert. "Zum ersten Mal nutzt somit auch die Filmbranche das Netz, um für einen zivilgesellschaftlichen und ökologischen Zweck zu mobilisieren - anstatt Raubkopierer zu verfolgen und sich über Urheberrechtebrecher zu empören.", lobt Susanne Lang im Alltag diese wohltuende Non-Profit-Geste.
Seltsam ist daran allerdings eins: Ausgerechnet bei uns, im Land der Pioniere des Umweltschutzes, fand sich kein Verleih, der "Home" in die Kinos bringt. Und wie zur Strafe findet man bei youtube.com/homeprojectde das Englische Original mit optionalen Untertiteln - neben französisch, italienisch, spanisch und russisch synchronisierten Fassungen. Dabei existiert ein deutsch gesprochener Offton. Nur war der am Freitag "exklusiv" bei n-tv zu hören. Dort kann man auch für knapp 20 Euro im n-tv-Shop die DVD erwerben, die es natürlich auch bei Amazon gibt.
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In Deutschland fand der Film keinen Verleih. N-TV (Bild) sendete die deutsch synchronisierte Fassung "exklusiv". Auch YouTube bietet sie nicht an - trotz der free release bis 14. Juni. Jetzt will eine Google Earth Fanpage der Sache auf den Grund gehen.
Mehrere tausende YouTube-User diskutieren sich deshalb die Köpfe heiß, wer da auf Kosten eines Non-Profit-Projektes privaten Gewinn machen will, womit die Deutschen diese Schlechterbehandlung verdient haben, oder ob man die Umweltschutz-erfahrenste und spendenfreudigste Nation einfach bloß wieder für alle zur Kasse bitten will.
Für diese Theorie sprechen die bitteren Erfahrungen des YouTube-Users trichoemchen . Der hatte lange" gemuxxt" und die Bilder der HD-Fassung mit dem Ton der n-tv-Ausstrahlung zusammengeschnitten, das ganze in 10 Schnipsel unter 10 Minuten aufgeteilt und sie einzeln bei Youtube hochgeladen. Den ersten davon kann man sehen, bei den anderen kommt ein Schwarzbildschirm "Dieses Video ist in Deinem Land bzw. Deiner Domain nicht verfügbar" - was irgendwie nicht so recht zu der Bitte des Autors und seiner Zusicherung passen will, zumindes verbal an jedermann verschenkt. Gibt es hier zwei Wahrheiten - geheime Verträge, in denen das Gegenteil steht? Kaum vorstellbar, dass sich Google auf eigene Faust der Weltenrettung in den Weg stellt. Hier scheint jemand gut verdienen und gleichzeitig nach außen hin als der selbstlose Samariter dastehen zu wollen. Oder doch nicht?
Wir werden es bald erfahren. Die um das Wohl der Erde besorgte Redaktion einer Fanseite von Google Earth will der Sache jetzt auf den Grund gehen. Bei "earthgoo.de" wurde ein Mitschnitt der Deutschen Fassung online gestellt, ergänzt durch einen Player mit der englischen Version, nur in bedeutend besserer Qualität als bei YouTube.
Damit ist allen Beschwerden abgeholfen und eine wichtige Bitte des Urhebers erfüllt. Barrierefreier Zugang für jedermann. Außerdem werden wir bald erfahren, wessen Profitinteressen hier ggf. der ökologische und zivilgesellschaftliche Zweck diesmal geopfert wurde, oder ob, wo "100% free" draufsteht, auch 100% free drin ist.
Wer übrigens dasThema lieber rational-logisch angeht, der kann - alternativ oder ergänzend - ebenfalls online und kostenlos den Vortrag von Prof. Stefan Rahmstorf (dem "Michael Jackson des Klimawandels") beim taz-Kongress vor sechs Wochen ansehen. Im Hobnox-Archiv ist es ca. der 10. Film in der taz-Galerie. Dort wird dasselbe Drohszenario mit glasklaren Argumenten und Berechnungen Punkt für Punkt erklärt und bewiesen. Il est trop tard pour être pessimiste - es ist zu spät, um pessimistisch zu sein (Bertrand).
(Der Autor ist Mitglied der Redaktion der erwähnten Google Earth Fanseite)
Kommentare 21
www.youtube.com/homeprojectDE
Danke, aber das ist keine deutsch synchronisierte Fassung, sondern bestes English.
Wer die Welt retten will, muss erst mal Englisch lernen!
Oder Französisch. Oder Spanisch. Oder Italienisch. Oder Russich.
Oder Geld auf den Tisch legen.
Wenn er nur Deutsch kann. Dann kriegt er für knapp 20 Euro, was die lernwilligen oder naturbegabten im Moment umsonst kriegen.
Ich habe vor 20 Jahren Koyaanisqatsi (Uraufführung 1982!) von Reggio gesehen. Damit scheint mir auch heute noch alles gesagt zu sein. Im Wesentlichen ist diese Prophezeiung eingetroffen. Einen Hinweis auf das nötige Wunder einer wirklichen Veränderung unseres menschheitlichen Verhaltens auf diesem einzigartigen Planeten kann ich nicht sehen.
Dabei sollte uns als Menschheit eigentlich sehr bald etwas einfallen. Wir sollten vor uns selbst, vor unserem mörderischen und selbstmörderischen Tun doch regelrecht erschrecken. Allein, gerade da sehe ich nichts. Aufrüstung, Wohlstandsmauern, egoistische Privat- und Gruppeninteressen - "Höher, weiter, schneller, mehr, mehr, mehr"... Alles, wie gehabt.
Helfen schöne Bilder von einer untergehenden Welt? Helfen sie auf englisch eher als auf aramäisch oder Suaheli oder Russisch oder...?
Die Bilder sind aber doch gut verständlich :)
Danke für den Hinweis auf diesen Vorläufer. Kannte ich noch nicht.
Das besagte "Wunder" tritt wahrscheinlich erst in höchster Not und größter Gefahr ein, weil dann nichts anderes mehr geht.
Ich will nur nicht, dass bildungsfernere Schichten vom Verstehen der Problemlage ausgeschlossen werden durch die Arroganz der Wissenden. Die können auch durch solche schönen Bilder und, wenn's nichts kostet, für das Thema interessiert werden. Dann sollte der Film aber auch auf Deutsch gezeigt werden, sonst werden die gerade nicht erreicht.
Für die alles abstrakt erfassenden Akademiker, die keine Bilder brauchen und alle Sprachen verstehen, muss ich unbedingt noch einen Link einbauen auf einen objektiven und aufschlussreichen Vortrag des absoluten Stars unter den Klimaforschern - wenn mein Text denn mal so weit ist.
Schön übrigens, dass hier schon so fleißig kommentiert wird, bevor überhaupt der Text fertig ist. Muss wohl an der Kürze des Platzhalters liegen. ;-)
Bei YouTube kann man die Qualität durch den Klick auf "HD" umstellen oder bei der Einbindung in eine Website direkt den entsprechenden Parameter verwenden.
vielen Dank für die Links!
im onebigtorrent findet sich eine engl. Version zum runterladen
onebigtorrent.org/torrents/5513/HOME--a-film-by-Yann-ArthusBertrand-2009-English-HD-MP4
Mich hat diese Doku sehr an die 13 teilige Serie "Unser Kosmos" von Carl Sagan erinnert, die Anfang der 80er genau diese Botschaft verbreitete. Vor allem der letzte Teil "Wer spricht für die Erde?"
Kleine Anmerkung am Rande: In dieser Serie (nämlich in der ersten und zweiten Folge) wurde der "kosmische Kalender" vorgestellt. Dort wird die Zeit seit dem Big Bang bis heute auf ein Jahr komprimiert. In dieser Darstellung entsteht die Erde am 14 September und bereits am 25. Sept. entsteht das Leben (d.h. die Entstehung vom Leben scheint nicht allzu schwierig zu sein). "Intelligentes Leben" dagegen taucht erst am 31. Dez. gegen 22:00. Diese "Intelligenz" -wird in der Sendung gesagt- ist dabei sich selbst und seine Umwelt mit all den Lebewesen, die darin enthalten sind, zu zerstören
Danke für den Hinweis, Streifzug.
Das Problem ist nur, dass die Filmdateien, soweit ich informiert bin, dort nicht im flash-Format liegen, sondern beim Abruf "on the fly" ins flash-Format gerendert werden. Und wenn im Flug die Welt gerendert wird, dann müssen angeblich Bilder ausgelassen werden, was das leichte "Ruckeln" zur Folge hat. Ich glaube nicht, dass das an der Datenleitung liegt.
In Wahrheit fliegt die Cinex gleichmäßig über über die Erde hinweg. Auch die Namenszüge der großzügigen Sponsoren schweben am Anfang in der Animation absolut sanft und bruchlos durch den Raum. Beobachte das mal, ob Du den Unterschied siehst, oder ob nur ich ihn sehe.
Stimmt, Koyaanisqatsi ist ein super, aber sehr anstrengender Film. Die Filmmusik gibts auf CD - wieder ein ganz anderer Eindruck.
Großes Problem im Freitag: Wir diskutieren die fundamentale Ökologiefrage an 10 verschiedenen Stellen, erglimmen ein paar Hügel und fallen wieder zurück. Uns fehlt die Bündelungen und der Erkenntnisgewinn aus den ganz verschiedenen Linien.
Wie könnte das besser laufen?
Jetzt gibt es auch eine deutsch synchronisierte Fassung unter www.youtube.com/profile?user=18771891=videos
Danke für diesen Hinweis. Ich habs mir gleich angesehen.
Vorteil: Tonspur (100 % synchron, hallfrei) /
Nachteile: 15 Schnipsel, Kamerafahrten ruckeln (durch "rendering on the fly", oben erklärt).
Die Deutsche Fassung bei earthgoo ist zwar nicht ganz synchron, aber die Bilder sind lückenlos, Kamerafahrten gleichmäßig und ohne Ruckeln (wie die englische dort).
Interessant ist aber, dass Google mit zweierlei Maß mist. trichoemchen wurde noch - mit dem Hinweis auf fremde Rechte - abgemahnt und blockiert, 18771891 lässt man inzwischen gewähren. Erkenntnisfortschritt?
Ist ja wieder eine journalistische Aufgabe. Müsste nur jemand mal raussuchen, auflisten, zusammenfassen, dran anknüpfen und weiterführen. Dann hätten wir es zwischendurch gebündelt, hätte hier hohe Resonanz. Sowas passiert auch bei anderen Themen immer mal wieder. Es muss nur jemand den Ball aufgreifen.
Hallo Christian, erinnerst du dich noch an unsere Biophilie-Diskussion?
Ja, das war unter F.-O. Wolfs Beitrag, nicht wahr? Erklärst Du mir den Zusammenhang?
Es bezieht sich auf den Film (Inhalt). Ich denke an einen gemeinsamen Nenner. Etwas, was übergreifend verbindet und aktiviert.
Die "Liebe zum Lebendigen".
Da kommt etwas von dem missionarischen Eifer wieder, den ich so an Dir schätze.
Der Film macht diese Seite überdeutlich, die andere aber auch. Der Homo Sapiens ist ein tötender. Erweiterter Selbsmord.
Was das Leben - auch seines - retten könnte, wäre Umkehr (schuv auf Hebräisch, wenn ich mich richtig erinnere).
Ein uralter Gedanke, aber immer wieder aktuell...
Da kommt etwas von dem missionarischen Eifer wieder, den ich so an Dir schätze.
Der Film macht diese Seite überdeutlich, die andere aber auch. Der Homo Sapiens ist ein tötender. Erweiterter Selbsmord.
Was das Leben - auch seines - retten könnte, wäre Umkehr (schuv auf Hebräisch, wenn ich mich richtig erinnere).
Ein uralter Gedanke, aber immer wieder aktuell...
merdeister: du verkennst die kulturelle Bedeutung von Sprache, magst aber recht haben, dass die Beherschung der englischen Sprache einen Vorteil darstellt. Dennoch gehört denjenigen ein grosses Lob, die daran mitgewirkt haben dass jetzt auch eine deutsch synchronisierte Fassung downloadbar ist. Das ist nämlich auch ein Teil der philosophie des Films.
"Es ist zu spät um pessimist zu sein"