Bei allen Schwächen – auf dem Gebiet der Kultur kann die italienische Linke einiges vorweisen. Ja, die italienische Linke hat heute fast mehr begabte Literaten als begnadete Politiker vorzuweisen. Bestes Beispiel hierfür ist der sozialdemokratische Spitzenpolitiker Walter Veltroni, dessen Filmessays und zahlreiche Romane mehr Anklang als seine Politik gefunden haben.
Besonders die Nachkriegslinke ist gern zweigleisig gefahren, die wichtigsten DenkerInnen des Euromarxismus, Rossana Rossanda und Pietro Ingrao, schrieben nicht nur eine beeindruckende Zahl von theoretischen Werken, sondern haben sich nach dem Rückzug aus der aktiven Politik den schönen Künsten gewidmet. Mit ihren literarischen Essays und der Autobiografie hat Rossanda viel Anerkennung und Hunderttausende Leser erreicht. Mit Aufsätzen übers Kino, Gedichten und der vielgerühmten Autobiografie Volevo La Luna – Ich wollte den Mond hat sich der altlinke Kämpe Pietro Ingrao neu erfunden.
Die Liebe zum Mond bleibt aber nicht auf hochbetagte Euromarxisten beschränkt. Die neue Linkspartei Sinistra Ecologia Libertà weist eine besondere Häufung von politischen Schöngeistern auf, namentlich deren Mitbegründer Claudio Fava, der aus der Antimafiabewegung stammt, ist ein bedeutender (Dreh-)Buchautor. Wichtigster Musensohn ist allerdings der Präsident der SEL Nichi Vendola. Nun ist sein neuestes Buch unter dem Titel Es gibt ein besseres Italien. Manifest für eine neue Politik im Verlag Antje Kunstmann auf Deutsch erschienen. Darin begegnen sich Shakespeare, Bob Marley, Elias Canetti, Pasolini… Wenn irgendwo die gesellschaftsverändernde Kraft der Kultur noch gewürdigt wird, dann hier! Die Bücher des Schriftstellers Saviano zum Beispiel seien für die Regierung Berlusconi gefährlicher als politische Enthüllungen. Die Bedeutung der Kreativwirtschaft wird von Vendola besonders hervorgehoben. Und natürlich wendet er sich wortreich gegen die Pervertierung des politischen Diskurses durch die Ideologie des Neoliberalismus.
Schön, egalitär und intelligent soll die linke Politik der Zukunft werden: in seinem Buch ist das schon mal überzeugend durchbuchstabiert. Die italienischen Rechten haben dem nichts entgegenzusetzen, sogar ihnen selbst ist ihre intellektuelle Unterbelichtung immer wieder peinlich.
Christina Ujma beobachtet für den Freitag die italienischen Verhältnisse
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