Der Schöne und sein Bild

Ausstellung Parallel zu Berlinale eröffnete der Schauspieler James Franco seine zweite Ausstellung in Berlin. Auf Teppichstücken erforscht er sich als öffentliche Figur

James Franco hat allen Grund, in diesen Tagen in Berlin zu sein: Im Festivalprogramm der Berlinale ist der Schauspieler in drei Filmen zu sehen, bei einem hat er obendrein Regie geführt. Parallel eröffnete am vergangenen Freitag die Ausstellung Gay Town des Künstlers James Franco, der er außerdem ist.

Im Kino wurde Franco als Gegenspieler von Spiderman bekannt, er hat James Dean verkörpert, Allen Ginsberg und den Freund des Schwulen-Rechtlers Harvey Milk. Ab März wird er in der Walt-Disney-Produktion Die fantastische Welt von Oz zu sehen sein. Ähnlich rastlos und bunt wie dieser filmische Output wirkt das Sammelsurium an Werken, das in den Räumen seines Galeristen Javier Peres nun zu sehen ist.

Schon die Fenster der Ladenräume an der Karl-Marx-Allee sind mit Franco-Werken verhangen: feste, glatte Teppichstücke, bedruckt und zum Teil zusätzlich übermalt. Drinnen, an den Wänden, hängen einige hundert dieser Teppichbilder, auch auf dem Boden liegt ein Stapel, als wären sie noch die Mitnahmeware, die sie bei Wal-Mart nach Auskunft des Künstlers einmal gewesen sein könnten. Auf den meisten ist der 34-Jährige selbst zu sehen: Ausschnitte aus Klatschzeitschriften, bekritzelt mit ironischen Kommentaren, ein halb übermaltes Filmplakat oder auch Franco zurückgelehnt mit Sonnenbrille auf einer Couch, daneben das Wort GAY gepinselt. In den USA ist die sexuelle Orientierung des Künstlers – Franco äußert sich dazu nicht – ein Dauerthema. Es gibt aber auch Teppiche mit dicken Tieren, Acryl statt Öl, Teppichfransen statt Goldrand, Naturansichten, die irgendwie aus dem Leim gegangen sind. Dazwischen Leinwände mit Schwarz-Weiß-Bildern, aus dem Jahrbuch seiner High School im kalifornischen Palo Alto abgemalt. Das alles sieht nicht nur unheimlich egoman aus, es sei auch so gemeint, erläutert der echte Franco, der in Holzfällerhemd, Troyer und Outdoorjacke mit dem Gestus des professionellen Dienstleisters bereitwillig sein Werk erklärt. Wer auf die Verlängerung des roten Teppichs in die Karl-Marx-Allee gehofft hatte, wird enttäuscht.

Die Arbeit, vor der er über seine „Show“ sprechen möchte, besteht aus gestapelten Fernsehgeräten, hinter denen an einer weißen Sperrholzwand in Form eines Giebeldachhauses in neonfarbener Leuchtschrift „Fucking James Franco“ steht. Die Filme, die auf den Monitoren zu sehen sind, basieren auf einer Pamphlet-Serie gleichen Namens, in der ein Künstler aus Oregon regelmäßig über Francos Sexleben spekulierte. Diese Fantasien hat Franco sich seinerseits angeeignet und mit bewusst lächerlichen Requisiten nachgespielt. Als Vorbild nennt er Cindy Sherman, was aus dem Mund eines jungen Künstlers, der hier gerade seine zweite Ausstellung präsentiert, unangenehm vermessen klingt.

Und doch hat die manische Ego-Ver-x-fachung auf allen Wänden ihren Reiz. Vermutlich würde sich für den Künstler James Franco ohne den Schauspieler James Franco keiner hier interessieren. Aber eben weil diese Rollenumkehr unweigerlich an die Tatsache geknüpft ist, dass der Künstler hauptgewerblich Schauspieler, Teil der ewigen Hypemaschinerie und Gegenstand ziemlich vieler Fantasien ist, ist Gay Town als Ganzes ein selten transparentes Starporträt.

James Franco. Gay Town bis 9. Mai 2013, Galerie Peres Projects, Berlin

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Geschrieben von

Christine Käppeler

Ressortleiterin „Kultur“

Christine Käppeler leitet seit 2018 das Kulturressort des „Freitag“, davor schrieb sie als Redakteurin vor allem über Kunst und die damit verbundenen ästhetischen und politischen Debatten. Sie hat Germanistik, Amerikanistik, Theaterwissenschaften und Journalismus in Mainz und Hamburg studiert und nebenbei als Autorin für „Spex. Das Magazin für Popkultur“ gearbeitet.

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