Konstruktives aus dem Spam-Ordner

Ein Jahr Lenny Dem Newsletter-Magazin von Lena Dunham und Jenni Konner gelingt, woran viele Frauenmagazine scheitern: das Banale politisch und das Politische konsumierbar zu machen
Ausgabe 39/2016
Doppelspitze: Lena Dunham mit Produzentin Jenni Konner
Doppelspitze: Lena Dunham mit Produzentin Jenni Konner

Foto: Cindy Ord/AFP/Getty Images

Zweimal pro Woche schaue ich in meinen Spam-Ordner. Zwischen Nachrichten von Dagmar, die auf der Suche nach einem f*ckbuddy ist, und Howard, der mir schmutzige Tricks zur Absicherung meines Aktiendepots verspricht, fische ich die Mail von Lenny heraus. Sie landet zuverlässig im Spam, weil sie an einen großen Kreis adressiert ist, und vermutlich auch, weil es häufig um Sex oder die weibliche Anatomie geht.

Vor einem Jahr haben Lena Dunham und Jenni Konner, die unter anderem Dunhams Serie Girls produziert, die erste Ausgabe ihres Magazins Lenny in Form eines Newsletters verschickt. Den Auftakt machte ein Interview, das Dunham mit Hillary Clinton geführt hatte. In dem dazugehörigen Editorial erzählten die beiden Freundinnen, wie Lena in der dritten Klasse einen Schulaufsatz über eine Clinton-Rede geschrieben hatte, mit der diese rechtfertigte, warum sie als First Lady nicht nur Kekse backen und Tee ausschenken wolle.

Damit war das Feld recht gut abgesteckt: Auch die Newsletter von Lenny, die folgten, enthielten aktuelle Themen, gepaart mit Persönlichem, meist spielten Karriereentscheidungen von Frauen eine Rolle. Die Verdienste von Michele A. Roberts, der ersten Direktorin der Spielergewerkschaft der NBA, wurden ebenso gewürdigt wie der Geschäftssinn der Schauspielerin und LoHas-Bloggerin Gwyneth Paltrow. Nicht nur Lena und Jenni schrieben unter dem Label Lenny, bald schon gab es andere Redakteurinnen und Gastautorinnen: Eine Senatorin aus Texas, die vergeblich gegen ein Abtreibungsverbot gekämpft und danach erfolglos als Gouverneurin kandidiert hatte, schrieb über das Scheitern. Die Schauspielerin Gillian Jacobs, die eine Nebenrolle in Girls und die Hauptrolle in der Serie Love spielte, über ihre Misserfolge an der Hochschule – und beide, na klar, was sie daraus gelernt haben.

Es gibt ein Fachwort dafür: Constructive Journalism. Anstatt Missstände zu kritisieren, wird aufgezeigt, was besser gemacht werden kann (oder schon besser gemacht wird). Wenn andere Magazine darauf hinweisen, dass schwarze Künstlerinnen und Künstler in den großen Museen unterrepräsentiert sind, stellt Lenny Kimberly Drew vor, 25 Jahre alt, Autorin des Blogs Black Contemporary Art und nun auch Community-Redakteurin des MoMA.

Lenny Letter gelingt, woran sehr viele Frauenmagazine mit Ansage gescheitert sind: das Banale politisch und das Politische konsumierbar zu machen. Ich freue mich jedenfalls schon auf die zweite Staffel.

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