Das New Museum in New York hat jetzt ein eigenes Parfüm. Um genau zu sein sind es zwei, das eine soll stärker nach feuchtem Zement, Papier und Kälte riechen, das andere nach Neonlicht-Effekten und der Farbe Grün. Es ist nicht das erste Ausstellungshaus, das seine Essenz in eine Sprühflasche zwängen will. Das Label Comme des Garçons entwickelte 2013 für den Erweiterungsbau der Londoner Serpentine Gallery ein Parfüm, das mit Noten von Gras, Blättern, Blütenstaub und Asphalt den Geruch rund um das Museum einfangen sollte. Inzwischen finden viele allerdings, dass das Gebäude stinkt, was an dem Sponsor liegt, dessen Namen es trägt: Die Serpentine Sackler Gallery wurde durch die Stiftung jener Familie finanziert, die an dem Konzern Purdue Pharma beteiligt ist, der mit dem Schmerzmittel Oxycontin die Opioid-Epidemie in den USA verursacht hat. Den Geruch wird das Haus so schnell nicht wieder los.
Hier in der Redaktion am Hegelplatz riecht es am späten Dienstagnachmittag immer etwas seltsam, wenn wir die finalen Seiten der Zeitung ausdrucken, an die Wand hängen und nach letzten Fehlern suchen. Das liegt an den Textmarkern, die unser Chef vom Dienst besorgt hat, um etwas Ordnung in die Sache zu bringen. Meiner riecht nach Hubba Bubba, der des Politikchefs nach Orangen. Wenn Sie jetzt denken, dass er das bessere Los gezogen hat, kann ich Ihnen nur zustimmen. Wonach der blaue Stift des Chefredakteurs riechen soll, ist allen ein Rätsel.
Wie aber würde das ultimative Freitag-Parfüm riechen? Nach Druckerschwärze, frisch gebrühtem Kaffee und dem Holz unseres massiven Konferenztisches natürlich! Der Verleger Gerhard Steidl hat vor ein paar Jahren etwas Ähnliches versucht und in sein Sortiment an Fotobänden und Künstlerbüchern einen Duft namens Paper Passion aufgenommen. Wir haben es damals versäumt, ein Rezensionsexemplar anzufordern, deshalb kann ich nicht bestätigen, ob Steidls Parfüm wirklich wie ein Buch roch, das frisch aus der Druckerpresse kommt. Die erste und einzige Auflage ist vergriffen.
Ein Krankenhaus aus Dortmund bewirbt neuerdings den Gebrauch von Desinfektionsmitteln mit einer Plakatkampagne im Stil von Parfümwerbung, für die Mitarbeiter Modell gestanden haben. Aus schnödem Sterilium wird so L’Eau de Klinikum DO. Solange der Winter nicht ganz vorbei ist, duften auch unsere Türklinken danach. Manchmal riecht es in der Redaktion auch nach Eintopf aus der Mikrowelle. Ab und zu geht der Aschenbecher auf dem Balkon stinkend in Flammen auf und im Sommer wird es aus den Gullideckeln unten am Hegelplatz wieder müffeln. Wenn wir ehrlich sind, wäre der Freitag No. 1 ein ziemlich komplexes Parfüm.
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