Was wir aus Orlando lernen müssen

LGBT Nach dem Anschlag auf einen unter Homosexuellen beliebten Nachtclub in Orlando müssen wir auch in Deutschland homophoben Tendenzen langfristig entgegentreten.

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12. Juni 2016. Im Nachtclub „Pulse“ richtet ein 29-Jähriger ein Blutbad an, 49 Menschen verlieren ihr Leben, die Welt ist in Aufregung. Besagter Nachtclub ist als Treffpunkt der LGBT-Community bekannt, die symbolische Tat löst auch hierzulande Diskussionen über Homophobie aus. Wie die „Mitte“-Studie der Universität Leipzig zeigt, sind homophobe Tendenzen auch in Deutschland deutlich zu erkennen und sie für ungefährlich zu halten wäre ein fataler Fehler.

In einer Gesellschaft wie der unseren ist es erforderlich, die Gleichheit vor dem Gesetz stets zu betonen. Der dritte Artikel des Grundgesetzes ist in Bezug hierauf sehr unmissverständlich formuliert, es ist von „allen Menschen“ die Rede, nicht von „allen heterosexuellen Menschen“.

Es beginnt bei dem Gedanken, Homosexualität sei eine Entscheidung, so wie man sich an einem Kiosk für die eine oder eben die andere Wochenzeitung entscheidet. Dieser falsche Grundgedanke lässt Schlüsse zu, wie beispielsweise das Betrachten der Homosexualität als unnatürliches Vorkommnis oder die Einschätzung, es handle sich um einen gesellschaftlichen Trend. Fragt man Menschen, die diese Einschätzung teilen, wann sie die Entscheidung getroffen hätten, heterosexuell zu sein, erhält man selten eine Antwort. Sehr absurde Züge nimmt die Diskussion an, wenn Kinder und Jugendliche ins Spiel gebracht werden. Häufig ist bei LGBT-Gegnern die Rede von einem Bildungssystem, dass bei Schülerinnen und Schülern für Homosexualität „werbe“ und sie in ihrer sexuellen Selbstbestimmung einschränke. Auch die Medien hätten enormen Einfluss auf die jungen Menschen dieses Landes und würden durch die Darstellung von Personen, die nicht heterosexuell sind, die Einstellung der Kinder und Jugendlichen beeinflussen.

Diese Ansichten zeigen, dass ein generelles Missverständnis bei Themen der sexuellen Orientierung vorherrscht. Ebenso wie Rassismus ist auch Homophobie ein Ausdruck der Angst vor dem Unbekannten. Heterosexualität wird stillschweigend als eine gesellschaftliche Norm hingenommen und wer Normen bricht, disqualifiziert sich bekanntermaßen für das soziale Leben. So halten fast 25% der im Rahmen der „Mitte“-Studie Befragten Homosexualität für unmoralisch. Obwohl der Paragraph 175 lange nicht mehr gilt, scheint sein Geist vielen Menschen noch zuzusagen.

Was wir aus dem Ereignis in Orlando und der darauf folgenden Debatte lernen müssen ist, dass einer der größten Vorzüge des heutigen Deutschlands die Akzeptanz gegenüber der Individualität des Menschen ist. Wir sollten stolz darauf sein, dass hierzulande keine staatliche Verfolgung aufgrund individueller menschlicher Eigenschaften stattfindet und die Freiheit des Menschen so hoch wie nie zuvor geschätzt werden kann.

Homophobie muss raus aus den Köpfen, Aufklärungsarbeit ist angesagt. Jeder Wandel beginnt mit der Überzeugung, so auch der Wandel zu einer offenen, toleranten Gesellschaft. Es wird Zeit, den Menschen klar zu machen, wofür wir im modernen Deutschland des Jahres 2016 stehen wollen. Homophobie hat hier keinen Platz mehr.

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Geschrieben von

Christoph Fischer

Politisch interessierter und aktiv engagierter junger Mensch.

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