Auf Sendung, mit den besseren Medienengeln

NPR, kein Staatsfunk In Berlin gründeten sich die "Friends of NPR Berlin". Freundlich heilen sie Recherchefehler. Das passt zum unabängigen Lieblingsmedium, NPR-Berlin, fm 104,1.

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Ihre Freitag-Redaktion

Death Cab for Cutie, "Transatlanticism", 2003,( http://www.youtube.com/watch?v=qNqQC7R_Me4 )

NPR ist kein Staatssender

In meinem Artikel "Auf Sendung: die anderen USA" (https://www.freitag.de/autoren/columbus/auf-sendung-die-anderen-usa ) feierte ich ein wenig das hierzulande weithin unbeachtete Public radio der Vereinigten Staaten, insbesondere NPR, National Public Radio.

Diese besseren Medienengel müssen sich nämlich in der Aufmerksamkeitsökonomie ungebührlich hintenan stellen, weil sie von deutschen Medien, auch von jenen mit dem selbstverpassten Qualitätssiegeln, nicht allzu häufig besprochen werden. - Das bleibt ein schweres Versäumnis, weil so das andere Amerika, das wir lieben, nicht sichtbar wird.

Einen auffälligen Schnitzer in meinem Beitrag möchte ich schleunigst korrigieren. Aus dem Budget des NPR machte ich die "Staatskasse", und so entstand der Eindruck, das nationale, öffentliche Radio der USA sei ein Staatssender und staatlicher Syndikus für die ca. 900 angeschlossenen Kleinsender.

Zum Glück gibt es die "Friends of NPR Berlin". Sie schrieben dem der Freitag und mir einen guten Leserbrief, der meine Unaufmerksamkeit ausbügelt:

>>Sehr geehrter Herr Leusch,
Sehr geehrte Kulturredaktion des Freitags, als Mitglieder der „Friends of NPR Berlin“ haben wir die gelungene Darstellung der Arbeit von NPR (National Public Radio) in Ihrem Artikel „Auf Sendung: die anderen USA“ vom 7. Oktober 2014 gern
gelesen.

Es ist uns jedoch ein Anliegen, dem Eindruck, den Ihr Artikel erweckt, entgegenzutreten, dass es sich bei dem nicht-kommerziellen Hörfunksender NPR um eine Art Staatssender handelt.

Die staatlichen Zuwendungen, die NPR über die Corporation for Public Broadcasting (CPB) erhält, belaufen sich nicht auf 180 Millionen Dollar, sondern lediglich auf 2 bis 3 Millionen Dollar jährlich und machen damit weniger als 2 % des jährlichen Budgets von NPR aus.

Fast zwei Drittel des Budgets werden
hingegen durch Sponsoren und Programmentgelte gedeckt (siehe hierzu auch die Übersicht zur
Finanzierung von NPR auf http://www.npr.org/about-npr/178660742/public-radio-finances). Spenden
einzelner Zuhörer stellen dabei den größten Anteil der Unterstützung für die NPR-Mitgliedssender in
den USA dar. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass bei NPR kein vorherrschender staatlicher
Einfluss möglich ist.(...)<<

Karen Roth und Marie M. Warburg von den "Friends", sowie Svetlana Stepanova von NPR, haben natürlich völlig Recht.

"Politicians" by Aloe Blacc feat. Quetzal Flores & Martha Gonzalez, at KEXP- Studios, Seattle: https://www.youtube.com/watch?v=BZeNymjoinc

Noch ein kleiner Ausblick auf US- Rundfunkwelten

Bei der Recherche zu einem Thema sammelt sich viel Stoff, der recht eigentlich zu schade ist, einfach im Gedächtnis des Autors zu vergammeln. Ein paar zusätzliche Perlen aus der vielfältigen Kette des öffentlichen Rundfunks in den Vereinigten Staaten zu kennen, kann also nicht schaden:

1. Der Klassiker, "Democracy Now!", die täglichen Nachrichten mit Amy Goodman and Juan Gonzalez, vertrieben über NPR und andere, unabhängige Stationen (http://www.democracynow.org/about ). Kurz und bündig erklärt das Programm seine Haltung:

>>WHY INDEPENDENT MEDIA ?

For true democracy to work, people need easy access to independent, diverse sources of news and information.

But the last two decades have seen unprecedented corporate media consolidation. The U.S. media was already fairly homogeneous in the early 1980s: some fifty media conglomerates dominated all media outlets, including television, radio, newspapers, magazines, music, publishing and film. In the year 2000, just six corporations dominated the U.S. media.

In addition, corporate media outlets in the U.S. are legally responsible to their shareholders to maximize profits.

Democracy Now! is funded entirely through contributions from listeners, viewers, and foundations. We do not accept advertisers, corporate underwriting, or government funding. This allows us to maintain our independence.<<

2. Ein Herz für die kleinsten der Kleinen unter den US- Radios, hat der "Radio Survivor". Die mit der geringsten Ausstrahlungsweite, the Weird, the Odds and Sods, liegen den Machern am Herzen. Matthew Lasar, Paul Riismandel, and Jennifer Waits sind die Experten für die jüngste und kleinteiligste, aktuelle Radiogeschichte und deren ständige Bedrohung auszusterben ( http://www.radiosurvivor.com/ ).

3. Eines der bekannten und über NPR- Podcasts auch landesweit verbreiteten Wissenschaftsprogramme, ist "Science Friday" (SciFri), als wöchentliches Programm betreut von einem charismatischen Moderator, Ira Flatow. Flatow ein alter NPR- Aktivist, ist neuerdings bei PRI (Public Radio International) und produziert auch TV- Sendungen. Nichtdestotrotz verbreitet NPR seine populären und klugen Sendungen.

Gut, man muss schon ein bisschen Englisch können, um ein paar Witze und Anspielungen der Macher zu verstehen, aber deren Wunsch, Wissenschaft transparent zu machen und im ganz altertümlichen Sinne auch zu lehren, macht es wieder einfach, auf dieser erstaunlichen Webseite, für die es in Deutschland gar kein gleichwertiges Pendant gibt, sehr vergnügliche Zeit zu verbringen: http://www.sciencefriday.com/

Ein Besuch im bunten Hexenkessel dieser Webseite lohnt unter Garantie! Bitte nicht vom Wimmelalbum- Effekt abwimmeln lassen!

"America, America, America", "the States, the States, the States,...." - A bit of Fry and Laurie machten sich schon vor Jahrzehnten Gedanken über das transatlantische Verhältnis, das manchmal, selbst unter besten Freunden mit gemeinsamer Wurzel, ein wenig angestrengt wirkt und angesichts der schieren Wiederholungsgröße des Bruderlandes auch zu Verzweiflungstaten führt: http://www.youtube.com/watch?v=lyHSjv9gxlE . In der BBC ging so was.

Wer es ganz genau wissen möchte

Die Geschichte und Entwicklung der aktuellen Sorgen und Nöte der amerikanischen Presse, vor allem der geschrumpften News Rooms und der eingedampften Lokalnachrichten, sowie die Probleme des wenig staatlich unterstützten, dafür aber unglaublich vielfältigen Public radios, zeichnen die Journalisten und Professoren Leonard Downie, Jr., and Michael Schudson in ihrem fulminanten Essay, "The Reconstruction of American Journalism", im Columbia Journalism Review nach.

Das Stück ist zwar schon 5 Jahre alt, aber Luzideres habe ich selten woanders gelesen. Es geht um den Wiederaufbau (Reconstruction), lokal und bei den großen, regionalen Blättern. Es geht um die Vernetzung von Internet, Online publishing und Print und mehr öffentliche Aufmerksamkeit für das Public radio. Gut ist es ja sowieso.

( http://www.cjr.org/reconstruction /the_reconstruction_of_american.php?page=all )

Über die Kinderstuben des Rundfunks in den Vereinigten Staaten, unterrichtet Thomas H. White mit seiner Webseite http://earlyradiohistory.us/ . White konzentriert sich auf die erste Kommunikations-Technik, von 1897 bis 1927, wagt aber Ausblicke bis zum Zweiten Weltkrieg und über den großen Teich, bis zu den europäischen und deutschen Anfängen. Ein Fall von "Atlanticism".

Mit welcher Bitterkeit und Häme selbst angesehene Publikationen gegen NPR und Co. schießen, das lese man in dem langen, bösen, jedoch nicht einfach unrecherchierten Artikel David Margolicks, "National Public Rodeo", in der Vanity Fair vom Januar 2012 ( http://www.vanityfair.com/business/2012/01/National-Public-Rodeo# ).

Die Webseite des Ithaca- College versorgt uns mit einer gelungenen Auswahl an unabhängigen Medien der USA:

http://www.ithaca.edu/rhp/independentmedia/usindymedialist/

Ein feiner Zug an der Zusammenstellung, ist ihre durchgehaltene Systematik. Wer hier nicht fündig wird, der findet auch sonst nichts, über die unabhängige und webbasierte, digitale Atlantikbrücke hinweg.

Christoph Leusch

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