Beachtliche Naturen-Für Lassies & Laddies II

Frauenrechte Robert Burns, The Rights of Woman (1792), dient als Ausgangspunkt, die Fortschrittsgeschichten aufzudröseln. Rudolf Steiner zeigt sich als wahrer Revoluzzer.

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Beachtliche Naturen - Für Lassies and Laddies II

Burns Supper – Wir haben ihn zum Fressen gern

Hoch im Norden, unter tiefen Himmeln und auf kargen Böden, entwickelte sich, es ist fast ein Naturwunder, eine ganz besondere, romantische Art der Aufklärung. Ihren poetischsten Teil lieferte Robert, genannt „Robbie“ oder „Rabbie“, Burns. Er starb früh an einer Herzentzündung. Da war er 37 Jahre alt. Dafür aber, wärmt er bis heute, mit seinen hinterlassenen Werken, die Herzen und den Verstand der Schotten, sowie aller Weltbürger, also der Frauen und Männern dieser Erde, gleichermaßen.

Die Schotten laden sich selbst und ihre Gäste, zum Dank und zur Erinnerung, alljährlich am 25. Januar, zu einem Robert Burns Geburtstagsschmaus ein.

Tüchtige Reden, Gedichte und Gesänge sind edle Pflicht, und endlich, nach einigen sehr heftigen Kämpfen, gilt heute zumeist auch Gleichberechtigung rund um die dampfenden Schüsseln. - Sturköppe gibt es überall, und bei denen trennen sich die Welten weiterhin, gleich nach der Mahlzeit oder schon früher, beim Versand der Einladungskarten. - Hauptgericht ist das oder der berühmte Haggis, auf den der Dichter, wie könnte es anders sein, einen schottischen Lobpreis (Address) verfasste (www.freitag.de/community/blogs/columbus/haggis-neeps-and-tatties).

Burns war ein Frauenverehrer, Liebhaber, Ehemann, getreulich untreu, zugleich treu in seinen Gefühlen und Überzeugungen, anerkannter und anerkennender Vater eines Dutzend Kinder (www.burness.ca/burns.html ) und wirtschaftlich eher ein Versager. Jedoch, seine Liebsten beschimpften ihn nie wirklich, denn er war gut und schwierig zugleich, was sehr anzog. Zumeist aber, lebte er die Güte selbst. Frauen lieferten den Anstoss und Anlass zu vielen seiner Gedichte, die noch viel besser klingen, wenn sie gesungen werden. - Davon später mehr.

Ich muss ein Versprechen auf mehr Unterhaltung brechen und daher erst einmal erneut viel Text produzieren, bevor es, in einem dritten Teil zu den „beachtlichen Naturen“, garantiert musikalischer wird. Das Hauptanliegen des romantisch eingestellten, sensualistisch begabten und zugleich pragmatisch-aufklärerischen Dichters, es wäre anders nicht zu verstehen.

Die Frau, eher Sache, als beachtenswertes Wesen

Der Revolutionär und Jakobit Burns erkannte, dass bei all´ den umwälzenden Ereignissen seiner Zeit, eine Frage zu kurz kommen würde, nämlich die nach den Rechten der Frauen.

Für Miss Louisa Fontenelle, einer Londoner Schauspielerin, die nach Glasgow, Edinburgh und Dumfries zu umjubelten Tournee- Auftritten anreiste, schrieb er 1792 das Gedicht „The Rights of Woman“, dessen erste Verse das Programm formulieren. Miss Fontenelle trug es dann wohltätig zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung vor:

While Europe's eye is fix'd on mighty things,The fate of empires and the fall of kings; While quacks of state must each produce his plan, And even children lisp the Rights of Man; Amid this mighty fuss just let me mention, The Rights of Woman merit some attention.“

(…)

(Während Europas Blick auf gewaltige Sachen starrt, Dem Schicksal der Reiche und dem Sturz der Könige; Während staatliche Quacksalber ihre Pläne vorstellen dürfen, Und selbst Kinder die Menschenrechte lispeln; Unter diesem gewaltigen Gemeng´, lasst mich ´s erwähnen, Verdienten die Rechte der Frauen einige Aufmerksamkeit (...) ( www.bbc.co.uk/arts/robertburns/works/the_rights_of_woman/ ).

Aus heutiger Sicht ist Burns Ansicht von den Rechten der Frauen noch recht unvollständig und nur ein Anfang. Schließlich bestanden die „Rechte“, die er sich in diesem Gedicht vorstellen mochte, vor allem aus dem Auftrag an die Männer, die Frauen zu schützen und ihnen gegenüber, nach Jahrhunderten des mehr als rauen Umgangs, endlich höflich aufzutreten. Das ist ein empfindsamer aber eher sparsamer Anspruch. Hinzu tritt Burns romantische Neigung, die ihn immer wieder zu einer fast grenzenlosen Verehrung der Frauen anspornte. - Mensch, Weiber, die ihr euch beschweren wollt, er schrieb 1792!

The Rights Of Man von Thomas Paine

Was kannte man schon damals? Was wurde geachtet? Auf was und wen bezog sich der Dichter?

Die „Rights Of Man“ des Thomas Paine waren 1791 gedruckt worden und verteidigten die Französische Revolution gegen konservative Angriffe, z.B. jene Edmund Burkes.

Der Citoyen Paine, Ehrenbürger der Republik, wie Friedrich Schiller, und zugleich Bürger der neuen Welt, brachte jene Common sense- Ansichten ein, die noch heute den politischen Kern der westlichen Demokratien ausmachen, die, zumindest laut der Verfassungspapiere, ihre Gültigkeit behielten. Das war so, weil im Wirbel der Revolution auf dem Kontinent und während der Gründung einer neuen Nation in Nordamerika, die Selbstaufklärung der ehemals geheimsten Wünsche der guten Bürger nicht anders funktionieren konnte, als über eine Flut von öffentlichen Schriften und freien Reden, fast ohne Ende. Erstmals gab es so etwas wie ein Bewusstsein von der bürgerlichen Weltgesellschaft. Das musste besprochen werden.

„Tom“ Paine, der erste Neuzeitdemokrat, wurde schon zu Lebzeiten besungen, selbstverständlich auch von Robert Burns. Seine überzeitlichen Korsettstangen einer besseren Demokratie, die unbedingt freie Rede und die direkte Repräsentanz der Bürger, wird derzeit von Fraktions- und Demokratenvorständen (freie Rede), aber auch von demokratisch gewählten Regierungen (Politiker der Regierung und der Opposition werden in eine Art Zwangs-und Schicksalsgemeinschaft gebracht, die sich den Sachzwängen der anonymen Märkte und der permanenten Krisen beugen müssen) häufig wieder mit Füßen getreten, obwohl sie doch allgemeines und unverzichtbares politisches Kulturgut sein sollten.

Nun, die polierten Halbschuhe wurden vom aktuellen Tritt gegen den freien Abgeordneten und sein Recht auf freie Rede wieder in die Ausgangsstellung zurück gezogen, als es zu sehr in den Medienblättern der noch freien Presse zu rascheln begann. Das ist auch Common sense, jedoch, wohl eher der Schwerkraft geschuldet, also rein physikalisch. Nun lockern die Herren die Krawatten, und die wenigen Damen, die ebenso daneben dachten, ziehen sich die Kostümröcke glatt. - Die Denkschubladen der wahrhaftigen Demokraten standen kurz und eher unabsichtlich weit offen. Zu offensichtlich ist, dass derzeit nur ein wenig Gras über die Angelegenheit wachsen soll, bevor man die passenden Verordnungen und Geschäftsführungsregeln erneut zu ändern sucht. Anders als gedacht und öffentlich beschworen, herrscht Effizienzdenken, gepaart mit jener Dreistigkeit, die sich mit Verfahren selbst ermächtigen will. - Öffentliche Beichten hätte es zukünftig im Parlament kaum noch geben können, denn alle Maultaschen hätten Schlösser bekommen, deren Schlüssel bei den Fraktionsvorständen in den besagten Schubladen ruhten.

Blaustrümpfe - Die Anfänge der Rights of Woman

Das soll nicht heißen, dass Frauen zu Robert Burns Zeit nicht schon weiter waren und noch immer auf Tom Paine und ihn angewiesen. Tatsächlich gab es Vorbilder die aus dem „Rights of man“ eher ein ein „Rights of woman“, dann der ganzen Menschheit, machen wollten. Burns und seine aufgeklärten Freunde und Freundinnen kannten diese Vorläuferinnen.

„The Bluestocking Society“, die Londoner Vereinigung der Blaustrümpfe, Damen mit der Möglichkeit zur aufgeklärten Soirée, bildeten die erste Keimzelle. Sie nahmen David Humes Impulse ernst und ließen in ihren gemischten Gesellschaften die „Frauenfrage“ nicht außen vor. Männer mit Bildung und Umgangsformen, auch wenn sie die größten Gegner der Frauenemanzipation waren, wurden eingeladen. Den pragmatischen und politisch-sozialen Anteil der französischen Aufklärung vergaß man schon eher. Zu groß waren die Standesunterschiede und Tabus in der englischen Gesellschaft, als sich, wie Paris mit seinem Bauch, mit dem Leib und Unterleib Londons zu sehr zu befassen. Schließlich galt schon Molière zu lesen, in Lopndon als verdächtig. - Zivilisatorischer Fortschritt, aber auch die industrielle Ausbeutung und Effizienzsteigerung, daS ging ohne Beteiligung der Frauen nicht. Soweit reichte die Verständigung der politisch gegensätzlichen, gebildeten Gesellschaft.

Gegründet wurde der Salon der Blaustrümpfe um 1850, von Elisabeth Montagru, der zu dieser Zeit reichsten Frau Englands. Sie hatte die Profite aus den Kohlezechen ihres verstorbenen Mannes geerbt. Ihr zur Seite stand Freundin Elizabeth Vesey. Beide Frauen, wie viele andere illustre Damen, erkämpften sich ihr Recht auf Bildung und Wissen im Selbststudium, denn höhere Bildungsabschlüsse gab es erst ab 1878, an der Universität London. Die Elite- und Traditionshochschulen blieben lange stur. - Oxford weigerte sich bis 1920 und Cambridge gar bis 1947, offiziell Abschlüsse der Frauen anzuerkennen. Wenige konnten auf Goodwill-Basis dort studieren.

Der Name „Blaustrümpfe“ geht auf die Angewohnheit der Teilnehmer zurück, statt der edlen und modischen, weißen Seidenkniestrümpfe, Straßenkleidung, informelle Hauskleidung und eben jene gefärbten langen Strickstrümpfe zu tragen.

Eine andere glaubwürdige Zuschreibung lautet, der Name gehe auf das französiche „Bas Bleu“ zurück, um anzudeuten, wie sehr sich die Teilnehmer der etablierten Salongesellschaften an den Vorbildern der französischen Aufklärung und später am revolutionären Frankreich orientierten.

„Bas Bleu“ (Tiefunten, untendrunter Blau) bezeichnete in Frankreich schon seit dem späten 15. Jahrhundert eine Frau, die intellektuell und gebildet sein möchte und das, auch gegen männliche und kirchliche Widerstände, durchsetzte. - Zum erweiterten Kreis der Blaustrümpfe gehörte das halbe gebildete London, und Hannah Mores Gedicht „THE BAS BLEU:or, Conversation (1787)“ beschreibt die bevorzugten Themen und die herrschende Stimmung ( www.poemhunter.com/poem/the-bas-bleu-or-conversation-addressed-to-mrs-vesey/ ). - Sehr gebildet, aber nicht verbildet, ohne Vorurteile bezüglich jeder Art sexueller Beziehungen und Präferenzen, orientiert am klassischen Griechenland, durchaus mit Witz und Spottsucht begabt, selbst gegen die größten Geister kritisch, damals z.B. Walpole oder Burke, historisch Shakespaere, dazu frankophil bis auf die Knochen, so traten die Damen in Erscheinung.

Auf einem berühmten Bild Richard Samuels, „Portraits in the Characters of the Nine Muses in the Temple of Apollo “ (1778) ( http://en.wikipedia.org/wiki/File:Portraits_in_the_Characters_of_the_Muses_in_the_Temple_of_Apollo_by_Richard_Samuel.jpg ), versammeln sich wichtige Blaustrümpfe, allerdings nur acht (!), weil das Bild ja nur „nach der Art“ist, als Musen des Apoll. Von links nach rechts: Elisabeth Carter, die als Übersetzerin glänzte und den Stoiker Epiktet rettete, die ebenso Algarottis „Newton für Frauen“ übersetzte; Angelica Kauffmann aus der Schweiz, die Malerfürstin, Mitglied der Royal Academy, steht an der Staffelei; Es folgt Anna Lethitia Barbauld, die vielseitigste und streitbarste, politisch engagierte „Bas Bleu“. Ihr revolutionäres Temperament gipfelte darin, sich in „Eighteen Hundred and Eleven“ England als Ruine und untergehendes Land vorzustellen, weil es, gegen Frankreich und die Vereinigten Staaten gesehen, rückständig geblieben sei. - Der Sturm der Entrüstung über diese Meinung sollte ihre literarische Karriere beenden; Elisabeth Ann Sheridan, geb. Linley, Sängerin und Mitglied der Linley-Künstlersippe, deren Töchter als ungemein begabt und schön galten; Cathrine Macaulay, auf dem Absatz vor der Apoll-Satue, Historikerin, die eine national orientierte, achtbändige Geschichte Englands von Karl I. bis zum Haus Braunschweig-Hannover verfasste und gute Beziehungen zu Benjamin Rush und George Washington unterhielt. Letzteren besuchte sie auch persönlich, auf seinem Landgut Mount Vernon. Sie war schnell als notorischer Blaustrumpf mit wagen Männer- und Frauenbeziehungen verschrien, mit Sicherheit aber eine der politischsten Frauen ihrer Zeit; Elisabeth Montagu die „Hausherrin“ der Blaustrümpfe, reiche Witwe, Philanthropin, Netzwerkerin, deren Talente so anerkannt waren, dass sie selbst ihren Helden Shakespeare verbessern durfte, wie Hannah More in „Bas Bleu“ (s.o.) spöttelnd anmerkte .

Zur Zeit des Burns Gedichtes hatten sich aufgeklärte Ansichten in den Städten weit verbreitet und die Blaustrümpfe genossen Achtung und Ansehen. Eine Fortschritts- und Freiheitseuphorie herrschte und die meisten Bürger dachten, die Revolution und die Unabhängigkeit der amerikanischen Kolonien änderten auch die Verhältnisse in England maßgeblich. Aber mit dem Durchdrehen des Revolutionsrevolvers, später unter dem Eindruck der Napoleonischen Kriege, wandelte sich die öffentliche Meinung. Alle emanzipatorischen Ansichten vom „Kontinent“ waren nun des Teufels. In der Zeit der Restauration wurden die Fortschritte der Frauenemanzipation mit den übrigen freiheitlichen Ansichten wieder abgelehnt und die „Bluestockings“ dem öffentlichen Spott preisgegeben. Sichtbarster Ausdruck waren zahlreiche Karrikaturen, die nicht nur „Boney“- Napoleon nun als scheußliches Monster (Ogre) darstellten, sondern auch die ersten emanzpierten Frauen als streitenden Hühnerhaufen oder gleich als Bordellgesellschaft der Libertins abtaten. Berühmt wurde Thomas Rowlandsons Stich „Breaking Up Of The Bluestockings Club“, von 1815 ( upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/5f/Rowlandson-Bluestockings.jpg).

A Vindication of the Rights of Woman: with Strictures on Political and Moral Subjects

„A Vindication of the Rights of Woman: with Strictures on Political and Moral Subjects“ (Eine Erläuterung zu den Rechten der Frauen, vorwiegend auf politische und moralische Themen bezogen), so lautete 1792 Mary Wollstonecrafts Antwort auf die allgemein erklärten Menschenrechte, die aber, nach den Empfehlungen Talleyrands an die Nationalversammlung Frankreichs, 1791, für Frauen nur eine eingeschränkte Bildung vorsahen. Tatsächlich glaubten viele Revolutionäre und noch viel mehr, die konservativen Kräfte in England, dass biologisch und sozial für Frauen nicht viel mehr drin sei.

Ich kann dieses Buch gar nicht genug loben, denn Mary Wollstonecraft greift mit Belesenheit, gutem Verstand und einer gehörigen Portion Sensibilität am heiklesten Punkt der aufklärerischen Gedankenwelt an. Die wollte nämlich aus den erkennbaren, also den oberflächlich-objektiven, -Wollstonecraft und Burns würde sagen, schönen und notwendigen Unterschieden zwischen Männern und Frauen-, politische und moralische Wertungen machen, nach denen Frauen als Wesen in einer nicht gleichberechtigten Welt der Rechte der Menschheit, gar nicht wirklich mitzuwirken hätten. Insbesondere was Bildung, Wissen und politische Teilhabe angeht, sollten sie ausgeschlossen bleiben, weil ihre „Natur“ dagegen spräche. Einzig der Frauenkreis und die philanthropische Wohltätigkeit wäre für sie übrig geblieben.

Miss Wollstonecraft hielt dagegen und kritisierte sogar ihren Aufklärungshelden Rousseau. Der habe, obwohl er doch beständig „zurück zur Natur“ rufe, die Natur des menschlichen Verstandes völlig verkannt und dafür sein Vorurteile direkt aus der Physiognomie und Physis von Mann und Frau abgeleitet (Das ewige Gerede vom schwachen Geschlecht!), sowie der falschen Ansicht gehuldigt, Frauen erlägen ihren Gefühlen anders als Männer, die sich ihrer Gefühle und der der Frauen bemächtigten.

„Consequently, the most perfect education, in my opinion, is such an exercise of the understanding as is best calculated to strengthen the body and form the heart. Or, in other words, to enable the individual to attain such habits of virtue as will render it independent. In fact, it is a farce to call any being virtuous whose virtues do not result from the exercise of its own reason. This was Rousseau's opinion respecting men. I extend it to women, and confidently assert that they have been drawn out of their sphere by false refinement, and not by an endeavour to acquire masculine qualities.“

(Mary Wollstonecraft,A Vindication of the Rights of Woman, Chap. II. The Prevailing Opinion of a Sexual Character Discussed, Line No 11, www.bartleby.com/144/2.html ).

„But peace to his manes! I war not with his ashes, but his opinions. I war only with the sensibility that led him to degrade woman by making her the slave of love.

———'Cursed vassalage,

First idoliz'd till love's hot fire be o'er,

Then slaves to those who courted us before.'

Dryden.

The pernicious tendency of those books, in which the writers insidiously degrade the sex whilst they are prostrate before their personal charms, cannot be too often or too severely exposed.“

Das ist brilliant formuliert und so schlagend wahr. „ Friede seiner guten Seele! Ich bekämpfe nicht sein (Rousseaus, m.Einf.) Andenken, aber seine Ansichten. Ich kämpfe mit seiner Empfindung, die ihn dazu brachte, die Frauen abzuwerten, indem er sie zu Sklaven ihrer Liebesgefühle macht. - >>Verdammenswerte Gefolgschaft,/ Zuerst vergöttert, solange, bis der Liebe heißes Feuer vorüber ist, / Dann Versklavung an jene, die uns vorher noch zu Diensten waren. (Dryden)“

(Mary Wollstonecraft,A Vindication of the Rights of Woman,Chap. V. Animadversions on Some of the Writers Who Have Rendered Women Objects of Pity, Bordering on Contempt, Line No.61,

www.bartleby.com/144/5.html )

Wollstonecrafts Buch wurde sofort heftigst diskutiert und, -welch´ seltsame Parallele zur heutigen Zeit-, als sprachlich beste und hartnäckigste, kritische Kratzbürsten, gar persönlich verfeindete Gegner der mutigen Mary, traten ausgerechnet einige Frauen aus der Blaustumpfbewegung auf, die, -das ist das größte Paradox-, sehr ähnliche Ansichten bezüglich der Sozialreformen, der Frauenbildung und der freieren Ausgestaltung von Liebesbeziehungen hatten.

„Die Frauenfrage“, Rudolf Steiner, Mary Wollstonecraft und Robert Burns – Geht das zusammen?

Was hätten Karl Marx und August Bebel zum Thema zu sagen, was Jenny von Westphalen einzuwerfen, was die Marx Tochter Eleanor wohl gedacht? Schriebe ich es hin, bewegte ich mich in den Pfaden, die ich nicht nur kenne, sondern auch akzeptiere, die mich mit jenen zeitfernen Personen doch irgendwie verbindet. Da ist es besser, einmal einen ganz anderen, unerwarteten Zeugen aufzurufen.

Rudolf Steiner hatte sich 1906, in einem längeren Vortrag zur Frauenfrage, sehr eindrücklich geäußert. - Passend zu unserem Thema führt er mit beißendem Spott all´ die männlichen Koryphäen seiner Zeit vor, die in ihrer streng materialistischen und positivistischen Denke, in der Anmaßung alles schon fast naturgesetzlich zu wissen, den kategorischen Unterschied zwischen Mann und Frau an Epiphänomenen fest machten.

Mary Wollstonecraft hätte mit Sicherheit heftig genickt und wäre dem Anthroposophen in der Meinung gefolgt, dass beide Geschlechter ihren absolut notwendigen Erweiterungsteil zum anderen Sexus, einen großen Schattenbaume gleich, der sowohl das erhitzte Gemüt als auch so manches Mütchen kühlte, schon mit sich tragen. Sie wissen es nur oftmals nicht oder wollen es nicht wahr haben, weil das über die oberflächliche Materialität hinaus führte, die den Unterschied kategorial sehen will, weil sich das viel besser und populärer verkaufen lässt. In dem Aufsatz Steiners steht auch noch eine Menge Mystisches zur Weiterentwicklung der Seele, das man nicht unbedingt teilen muss. Aber er ist entschieden für völlige Gleichberechtigung und Anerkenntnis der Seelen und zugleich für den Erhalt der schönen, oberflächlichen und notwendigen Differenz. - Das hätte Robert Burns und Mary W., der vorzeitigen Suffragette, ganz sicher gefallen.

Bereits in seiner programmatischen Schrift „Die Philosophie der Freiheit“ , 1894, schreibt er:

Die soziale Stellung der Frau ist zumeist deshalb eine so unwürdige, weil sie in vielen Punkten, wo sie es sein sollte, nicht bedingt ist durch die individuellen Eigentümlichkeiten der einzelnen Frau, sondern durch die allgemeinen Vorstellungen, die man sich von der natürlichen Aufgabe und den Bedürfnissen des Weibes macht. (...)Das Weib soll der Sklave des Gattungsmäßigen, des Allgemein-Weiblichen sein. (…) Was die Frau ihrer Natur nach wollen kann, das überlasse man der Frau zu beurteilen (S.237/238).“(...) „Wer eine Erschütterung unserer sozialen Zustände davon befürchtet, daß die Frauen nicht als Gattungsmenschen, sondern als Individuen genommen werden, dem muß entgegnet werden, daß soziale Zustände, innerhalb welcher die Hälfte der Menschheit ein menschenunwürdiges Dasein hat, eben der Verbesserung gar sehr bedürftig sind.

Wer die Menschen nach Gattungscharakteren beurteilt, der kommt eben gerade bis zu der Grenze, über welcher sie anfangen, Wesen zu sein, deren Betätigung auf freier Selbstbestimmung beruht (S.238/239). (R.Steiner Gesamtausgabe, Bd.4, wiki.anthroposophie.net/GA_4 )“

Schon 1899 hatte er sich, im kurzen Aufsatz „Zur Literatur über die Frauenfrage“, ganz bewusst auf anarchistische Ansichten bezogen, und lobt in höchsten Tönen Victor Varros und Sarah E. Holmes Diskussion aus der US-Zeitschrift „Liberty“, „Die Frauenfrage“ (dt.. Verlag A.Zack, Berlin).

Zwei Menschen sprechen da mit- und zum Teil gegeneinander, denen die Freiheit wirklich Lebensbedürfnis ist, die eine Vorstellung von der Freiheit haben, gegen die das Freiheitsgefasel der <<Liberalen>> eine Kinderei ist. (…) Wer diesen Inhalt kennen will, der lese die Schrift, die nur 17 Seiten lang, und in der mehr enthalten ist als in den dicken Büchern des geistvollen, aber mit allen Vorurteilen gesalbten Treitschke. (R.Steiner Gesamtausgabe, Bd.31, S.329-335)“ - Steiner konnte Marx Gattungsbegriff noch nicht kennen, denn die Frühschriften waren nicht veröffentlicht, und gewiss kommt er von einem völlig anderen Denkansatz her. Im eindeutigen Ergebnis treffen sich jedoch revolutionäre und aufklärerische Blaustrümpfe, schottische Aufklärer, „Marxisten“, sofern es sie gibt, und Anthroposophen, über deren Aussagen viel mehr gespottet wird, als man sie kennt. -Wer hätte das gedacht?

Christoph Leusch

Demnächt folgt Teil III der beachtlichen Naturen, dann endlich mit viel Musik.

Zum ersten Teil der Trilogie geht es hier entlang:

www.freitag.de/community/blogs/columbus/beachtliche-naturen-fuer-maeuse-und-menschen-i

Anmerkung zur Überschrift:

Lassies- Frauen, schöne Frauen, geliebte Frauen; Mädchen, aber das wäre zu einfach. Laddies-Männer, gefällige Männer, angenehme Männer, liebenswerte Männer; Jungs, aber das wäre zu einfach. Beachtenswert: Schotten pflegen eine Eigenart, die auch andere Regionen der Erde, die sich ein grundsätzlich positives Gemüt, bezüglich der Natur, besonders der des Menschen, bewahrt haben, lieben. Sie gebrauchen gerne die Verniedlichungsform. Das bedeutet was! In diesem Falle heißt es also nicht Ladds and Lasses, sondern Lassies und Laddies.

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