Grenzenlose Waffengeschäfte
Um es gleich vorweg zu schreiben: Geht es um globale Waffenverkäufe in Krisenregionen, kennen die Industrien, Waffenhändler und Exekutiven der Herkunftsländer, seien sie europäisch, asiatisch, aus beiden Amerika oder aus Russland, letztlich keine wirklichen Restriktionen.
Deutsche, britische, französische, italienische und US- amerikanische PolitikerInnen in Verantwortung, unterlassen es jedoch selten, auf ihre besondere Standfestigkeit gegen Waffenlieferungen in Krisengebiete hinzuweisen. Sie betonen, wie gefährlich es sei, Waffen, gerade auch Klein- und Leichtwaffen, in die „falschen Hände“ geraten zu lassen. - Worte, Worte, Worte und viel weiße Salbe, denn sie dulden selbstverständlich nur Lieferungen an ihre „Richtigen“.
Waffengeschäfte haben immer Saison. Unter den Augen, oft sogar mit aktiver Hilfe der jeweiligen Geheimdienste, der Polizei- und Zollbehörden und der wichtigsten Sicherheitskabinette dieser Welt, wird verkauft. Das Regierungshandeln erklärt sich derzeit wieder verstärkt strategisch, nicht nur ökonomisch. Dabei geht es um die Einflusszonen der zumeist selbst Waffen produzierenden Nationen, nicht um Menschenrechte, nicht um die Stabilisierung von Recht und Gesetz, das irgend einem verbrieften internationalen Standard genügen könnte.
Man kann völlig ideologiefrei und neutral in diesen Angelegenheiten urteilen, denn die Zahl und Herkunft der Geschäftemacher ist nicht nur groß, sondern auch über alle Kontinente verteilt. Sie handeln unter wirklich allen Regierungsformen und besonders gerne in und mit gescheiterten Staaten. Es bilden sich regelmäßig bizarre Verkäufer-, Broker- und Käuferallianzen, über alle politischen Systemgrenzen hinweg. Gefestigte Wirtschaftsdemokratien oder besonders liberale und freie, daher unkontrollierte, Wirtschaftsmöglichkeiten in eher autoritären Staaten oder Transformationsländern, verbessern geradezu die Möglichkeiten der Waffenhändler, legal und illegal. Das beweist die Entwicklung in Ost- und Südosteuropa.
Zwischen den Waffenproduktions- Nationen und den meist kleineren, administrativ viel schwächeren Konfliktzonen und Krisenstaaten, vermitteln international operierende Broker, die nicht nur die Lieferungen sicherstellen, sondern auch die Verschleierung der Aktionen, z.B. trotz bestehender offizieller Embargos, über Umweg - Lieferungen oder eine Tarnung als gewöhnliches Wirtschaftsgut, sicherstellen. Sie übernehmen ebenso die Bestechung oder schlichte Täuschung der Hafen- und Zollbehörden in den Transferländern und erschweren die Rückverfolgbarkeit der Lieferungen und ihrer Zahlungsmodalitäten. - Mittlerweile ist das Selbstvertrauen des notorischen Waffenhandels jedoch so groß, dass, nach einer gewissen Schamfrist, sogar Transparenz für illegale Geschäfte hergestellt werden kann, ohne damit Skandale auszulösen oder die Geschäfte zu schädigen.
Wie auf dem Finanzmarkt, herrscht offiziell eine hohe „Regelungsdichte“, also viel behördliche und politische Kontrolle. Inoffiziell existieren ungeschriebene Zulassungsbeschränkungen für eine Anzahl „vertrauenswürdiger“ Personen, die in der Lage sind die Geschäfte fern öffentlicher Aufmerksamkeit abzuwickeln. - Die Situation ist ebenso vergleichbar mit den vielfältigen, aber wirkungslosen Regulationen der Automobilindustrie, die auf dem Papier existieren, in der Realität aber wie Potemkinschen Dörfer funktionieren.
Bisher lässt sich, durch die Gesetze der größten Nationen und die UN- Sicherheitsrats-Entscheidungen, der unkontrollierte Waffenhandel nicht aufhalten. Ab und an, wird zwar einmal ein Waffenhändler aus dem Verkehr gezogen, der allzu erpicht auf noch bessere Geschäfte war oder zu sehr in der Öffentlichkeit prahlte, der gar drohte, geheime Informationen zu verraten, mehr geschieht jedoch nicht.
Libyen, ein Musterbeispiel für den internationalen Waffenhandel
Während sich der UN- Sicherheitsrat, vor allem durch die offene Konkurrenz und die Widersprüche der Veto- Nationen negativ auszeichnet, die sich an den Geist und die Absichten der Weltorganisation selbst nicht halten, arbeiten die beauftragten ExpertInnen der UN erstaunlich sachlich und höchst informativ, ganz im alten Charta-Geist.
Unter der Koordination von Savannah de Tessières, einer franzöischen Expertin für den Kleinwaffenhandel, publizierte das Panel zur Begleitung der Resolution 1973 (aus dem Jahr 2011), im März 2016 eine umfangreiche Stellungnahme für den Präsidenten des Sicherheitsrates zur Lage in Libyen (Letter dated 4 March 2016 from the Panel of Experts on Libya established pursuant to resolution 1973 (2011) addressed to the President of the Security Council).
Libyen bietet sich als Modellfall an, weil das Land schon vor der Vertreibung und Ermordung Gaddafis ein veritabler Waffenkäufer (z.B., <<EU arms exports to Libya: who armed Gaddafi?>>, Guardian-Datablog,02.11.2011) und Weiterverkäufer war und die libysche Nationalarmee, im Verhältnis zur Größe und Einwohnerzahl des Landes, als gut gerüstet galt.
2003/2004 endeten die Sanktionen der EU und der UN gegen Gaddafi, mit der Zustimmung Russlands, Chinas und der USA. Auch das Waffenlieferembargo fiel, nachdem Libyen einen ABC- Waffen- Verzicht erklärte und zustimmte Entschädigungen an die Opfer des nachweislich libyschen Terrorismus zu zahlen.
Wie Pieter D. Wezeman, von SIPRI ( Stockholm International Peace Research Institute) 2011 treffend schrieb, änderten sich nur die Hauptlieferadressen schlagartig, während des ersten libyschen Bürgerkriegs mit UN- Beteiligung: <<(...) In the current military air strikes against Libyan forces, nations that once supported Colonel Muammar Gaddafi's regime are now—based on sanction by the United Nations—attacking the forces they were marketing and delivering arms to only weeks before. (...) In November 2010 the Libdex 2010 arms fair in Tripoli reportedly attracted 100 companies from at least 24 countries. Such sales efforts were often politically supported, with the leaders of France, Italy, Russia and the United Kingdom visiting Libya accompanied by representatives of arms companies. (...)>>
In der Umsturzzeit, 2011/2012, gerieten viele der Klein- und Leichtwaffen, aber ebenso schwere Waffen (Panzer, Geschütze, größere Raketenwerfer und leicht bedienbare andere Lenkwaffen) in die Hände der ca. 40 verschiedenen größeren Miliz– Gruppen, die in sich selbst wiederum häufig zersplittert sind und regional, manches Mal nur in einem Stadtviertel, ein paar Kleinstädten und Dörfern, ihr eigene Herrschaft durchsetzen. Ideologisch fächern sie sich von radikalislamischen Überzeugungen, bis zu moderat westlich orientierten politischen Ansichten auf. Ihr gemeinsamer Nenner besteht oft nur in der Ablehnung der alten Gaddafi - Herrschaft. Einflussreiche Unterstützerfamilien des ehemaligen Revolutionsführers, bewaffneten sich im Verlauf der anhaltenden Auseinandersetzungen ebenfalls, schon aus Selbstschutzgründen. Zum Leidwesen aller, gewann auch noch ISIL, „Daesh/IS in Libyen“, an Boden.
Wie das offizielle UN- Panel für Libyen feststellt, sind grundsätzlich alle Seiten bereit, illegal zu handeln. Sie drohen mit Gewalt und wenden sie brutal an. Sie verhaften willkürlich, unterhalten zahlreiche geheime und private Gefängnisse, foltern, plündern und entführen, um politische Forderungen durchzusetzen oder Lösegeld einzutreiben. Sie erpressen Schutzgelder, töten regionale Beamte, politische Gegner, ihnen nicht genehme Bürgermeister und Dorfvorsteher und Stammeschefs, verüben Anschläge auf Konsulate und Botschaften, sprengen Ölanlagen. Kurzum: Jede Art denkbaren Terrors wird eingesetzt, hingegen keine produktive Arbeit zum Aufbau des Landes geleistet. Für Waffen ist Geld da, weil man Öl illegal verkaufen kann, weil man selbst mit Waffen handelt, Menschenhandel betreibt und vor allem, eigene Einnahmen aus der Zivilbevölkerung Libyens erpresst.
Die international anerkannte „Regierung der nationalen Einigung“, kontrolliert mit einigen Resten der Nationalarmee und treuen Milizen nur Teile des Landes und muss selbst an ihrem Sitz kämpfen. Eine Art Gegenregierung, bildet ein islamistisch dominiertes Parlament von „Volksvertretern“. Faktisch herrscht ein allumfassender Bürgerkrieg.
Bis heute, ist das Land, trotz aller internen Probleme, nicht nur Waffenimporteur, sondern auch Exporteur geblieben. - Das ist so, weil viel Ausrüstung der alten Nationalarmee übrig blieb. Die Libyer, bzw. libysche Gruppen und der von der UN anerkannte, neue Staat, gar einzelne Personen aus seiner uneinigen Führungsspitze, importierten zuletzt vor allem Klein- und Leichtwaffen, sowie erhebliche Mengen Munition, für die schon vorhandenen Bestände, sowie weiteres militärisches Begleitequipment.
Das meiste Material stammt aus russischer Produktion oder von ehemaligen Ostblock - Staaten, aber auch aus Italien, der Türkei, der USA, China, Belgien, vom Sudan, - aus dessen russischen Beständen -, und sogar aus Niger. Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate (V.A.E.), liefern, legal und illegal, nach Libyen. Sie betätigten sich als Broker des ihnen angelieferten Materials internationaler Waffenhändler. Ähnlich hielt es Malta. Umgekehrt flossen Waffen aus Libyen, z.B. nach Mali, Syrien, Ägypten, Sudan, Tunesien, Tschad, zumeist in die Hände von Terroristen.
Seit 2011, lieferten Waffenhändler Kleinwaffen, leichte Maschinenkanonen, Ein- Mann- Raketenwerfer, Ein- Mann- Flugabwehr, Munition und sonstiges Equipment. Bemerkenswert ist vor allem die Nachlieferung und Neuausrüstung mit modernen Fire and forget- Manpads (hochtechnologische Nachfahren der Panzerfaust und der Ein- Mann- Flugabwehr) und die Lieferung altbewährter, russischer Klein- und Leichtwaffen, beziehungsweise deren Nachbauten, mitsamt der passenden Munition. - Dieses Material wird in Libyen online, in sozialen Netzwerken, zum Kauf angeboten!
Selbst US-amerikanische Waffenhändler, so der vieldiskutierte Marc Turi, gegen den eine US-Klage wegen illegaler Waffenlieferungen, mit der Auflage einer vierjährigen „Geschäftspause“ eingestellt wurde, lieferten, mit und ohne Zustimmung seitens der US- Regierung, bevorzugt russisches und Ostblock- Material, weil es zum vorhandenen „Fuhrpark“ der Einfuhrländer passt und sich offenbar unbegrenzt, zum Beispiel auf dem Balkan, aber auch in den östlichen Produktionsländern (Serbien, Russland, Weißrussland, Ukraine, Rumänien, Bulgarien), einkaufen lässt.
Die US- Regierung unter Barack Obama wusste davon. Sie gestattete zeitweise die Lieferung an die im Westen anerkannte Regierung der nationalen Einigung, um sich erst dann ein wenig zu schämen, als diese Waffen plötzlich nicht nur die imaginäre Bewegung für ein freies und demokratisches Libyen erreichten, sondern zugleich auch radikalislamische Terroristen, die sich eine Zeit lang als demokratieliebende Gegner Gaddafis präsentierten (LIFG).
Kurz zuvor, waren sie gar noch als reuige Gefolgsleute des ermordeten Staatschefs aufgetreten, die sich unter der Aufsicht des Gaddafi- Sohnes Saif al-Islam, „resozialisieren“ sollten.
<< One militia that received aid was controlled by Adel Hakim Belhaj, then leader of the Libyan Islamic Fighting Group (LIFG oderAl-Jama’a al-Islamiyyah al-Muqatilah bi-Libya;m.Einf.), who was held by the C.I.A. in 2004 and is now considered a moderate politician in Libya. It is unclear which other militants received the aid.>>, schrieben 2012 James Risen, Mark Mazzetti und Michael S. Schmidt, in der New York Times. Hauptvermittler solcher „Deals“ waren Katar und die V.A.E.
Auch die russische Regierung, kennt nur ein weitgehend strategisches Verhältnis zum Verkauf von Klein- und Automatikwaffen neuester Produktion, die, wegen ihrer sprichwörtlichen Zuverlässigkeit, auch in den Händen wenig geübter Soldaten, sowohl von Terroristen, Milizen oder Aufständischen, gerne genutzt werden, wie von den jeweiligen Regime – Truppen. Die berühmteste Waffe aller Kriege und Bürgerkriege der neuesten Zeit, die „Kalaschnikow“(AK, AKM), wird nun auch in Analogversionen für NATO- Munition gebaut und exportiert. Die verschiedensten High- Tec-Weiterentwicklungen der Waffe aus dem gesamten ehemaligen Ostblock (z.B. Gewichtsersparnis durch Kunststoffteile), stehen praktisch unbegrenzt zur Verfügung (z.B. bulgarische AR-M9 & AR-M9F, z.B. russische AK-103).
Aus Russlands Medien kommt konstant der Vorwurf, der Westen liefere skrupellos Waffen, auch an Terroristen. Umgekehrt schimpfen die westliche Mainstream- Medien und die federführenden Regierungen auf Russland. Bei einem genauen Blick, den man mit dem Libyen- Panel des UN- Sicherheitsrates erstaunlich neutral und offen vornehmen kann, gibt es aber keine wesentlichen Unterschiede im Vorgehen der großen Liefermächte. Alle schwindeln, dass sich die Balken biegen, und sie handeln fortgesetzt gegen ihre wohlfeilen Bekenntnisse zur Rüstungsbegrenzung, oft über Länder- und Ideologiegrenzen hinweg! Sie versuchen ihr Vorgehen über private Gewährsmänner und komplexe Lieferrouten zu verschleiern.
Die dabei angewandten, zahlreichen „Liefermethoden“ sollen nun kurz an drei Beispielen demonstriert werden, die die Experten der UN oder von Small Arms Survey nachverfolgen konnten:
Endnutzerzertifikate (EUCs, End - User Certificates): legal, illegal, ganz egal
Wer ein Endnutzerzertifikat vorweisen kann, wahrt immer einen Anschein der Legalität. In schwachen Staaten stellen unterschiedlichste Akteure solche Zertifikate aus und wenn sie einigermaßen glaubwürdig bestempelt und unterzeichnet sind, akzeptieren gerade die Nationen, die Waffen verkaufen wollen, solche Dokumente.
So hielt es zum Beispiel Montenegro, das 2014, auf ein EUC des libyschen Vize- Verteidigungsministers Khaled Sharif über den legal registrierten, serbischen Broker Tehnoremont, durch die Montenegro Defence Industry, wohl ein großes Konvolut an Waffen und Munition (U.a., 200 Ein- Mann Raketenwerfer, nebst 3000 Raketen), an die libysche Regierung lieferte. - Im Frühjahr 2015 gelangten UN- Experten an das dazugehörige EUC- Dokument. Daraufhin befragt, stritt die Regierung von Montenegro den realen Vollzug des Waffenhandels ab, jedoch nicht die Existenz des EUC. Auch die serbische Regierung verneinte, dass die Firma Tehnorement je Kontakt zu Khaled Sharif hatte, obwohl das EUC- Dokument dies doch unbedingt nahelegt, weil es die beiden Firmen als Handelsspartner ausdrücklich nennt. - Wurden die Waffen nun geliefert oder nicht, und warum müssen Regierungen angeblich legale Transaktionen geheim halten?
Waffenhändler mit Regierungsanschluss
Auch die UN kann das legitime Recht völkerrechtlich anerkannter Regierungen, sich zum Schutz des Staates und seiner Bürger mit Waffen einzudecken, nicht aufheben. Bisher gibt es keine international verbindliche Generalklausel, die dies ermöglichte. Besonders schlecht ist jedoch die offizielle und inoffizielle Unterstützung des privatwirtschaftlichen und verborgen abgewickelten Waffenhandels. So arbeiteten Marc Turi und seine Firma Turi Defense Group, wie auch andere Händler, wie z.B. die Dolarian Capital Inc., mit Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten zusammen. Diese Länder wurden, mit deren Einverständnis, als Endzielorte deklariert, die Waffen lieferte man jedoch in die Krisengebiete.
Eigentlich sollte die UN, besonders der Sicherheitsrat, den Waffenhandel mit Libyen überwachen. Ihm müssten die Endnutzerzertifikate der legitimen und legalen Käufer vorgelegt werden. In der Praxis stellen sich zahlreiche Parteien und sogar Einzelpersonen, die Zertifikate selbst aus und scheren sich wenig um die UN. Mit diesen Dokumenten, lassen sich Waffen und Munition weitgehend unbehelligt durch die halbe Welt transportieren.
Hallo UN: Kauft die Waffen doch zurück!
Auf eine besonders innovative Methode des Waffenhandels, verfiel einer der am höchsten professionalisierten Waffen-Broker.
Ara Dolarian und seine Dolarian Capital Inc., bot der UN 2011 an, 130 000 Antipersonen- Minen, sogenannte <<Bouncing Betties>>, für 38 Millionen US- Dollar von ihm anzukaufen. Sehr wahrscheinlich, waren das die selben Lagerbestände, die Human Rights Watch in der Nähe des Hauptquartiers der libyschen Khamis Brigade in Tripolis feststellen konnte. - Die UN ging auf das Angebot natürlich nicht ein und ihre Expertengruppe konnte später bestätigen, dass die Minen, mit Zustimmung des NTC (National Transitional Council, ehemalige Übergangsregierung), in die Nafusa- Berge verbracht worden waren. Der UN teilte Dolarian süffisant mit: „The United Nations is the preferred yet it is not the only buyer for these land mines and materials.“
In späteren Mail- Briefwechseln gab er an, er habe von der Regierung der Vereingten Staaten eine Exportgenehmigung für Waffen aus Libyen und wolle sofort weitere Abschlüsse mit der U.S.- Regierung tätigen, um „gefährliche Waren“ aus Libyen auszufliegen. - Der Wahrheitsgehalt dieser Angaben, wurde bisher von keiner Institution bestätigt. Wo die Minen geblieben sind und ob sie verwendet wurden, blieb unbekannt. Vielleicht liegen einige nun in der Erde Syriens, um Raqqa und im Irak, um Mossul herum?
Ganz offensichtlicher Waffenschmuggel
Auf Kreta beschlagnahmten 2015 griechische Behörden zwei Container des Frachters „Haddad I“, der, aus der Türkei kommend, mit Zielhafen Misratah/Libyen fuhr. Der eigentliche Inhalt, 5000 Waffen der türkischen Firma Torun Arms und 500.000 Schuss- Munition der dort ebenfalls firmierenden Yavaşçalar, waren als Lieferung von „Plastikmatten“ und „Haushaltsgegenständen“ deklariert und zwischen einer Tarnung mit solchen Waren versteckt. Die befragten türkischen Behörden gaben zunächst an, die Waffen seien für den Libanon bestimmt und die Munition für die sudanesische Polizei. Die Befragung der Crew und die nautischen Dokumente des Schiffes belegten jedoch eindeutig, dass die „Haddad I“ sich auf dem Weg nach Misratah/Libyen befand.
Das Ganze läuft aber auch umgekehrt: 2013 sicherten griechische Behörden den Frachter „Nour M“. Er transportierte 55 Container mit Waffen und Munition, ausgestattet mit einer falschen Zieladresse in Libyen, unterzeichnet vom Vize- Verteidigungsminister des Landes, Khalid al-Sharif (LIFG, s.o.!). Das Schiff befand sich jedoch eindeutig auf dem Weg nach Iskenderun/Türkei und seine heikle Ware war für Syrien bestimmt!
Was könnte den internationalen Waffenhandel eindämmen?
Streitkräfte, zumindest bewaffnete Polizeikräfte, gehören immer noch zu den weltweit anerkannten Grundmerkmalen eines funktionierenden Staates.
Naiv zu denken , dieser Common sense, der keineswegs nur von Staaten und ihrem jeweiligen militärisch- industriellen Komplex, sondern auch von vielen BürgerInnen geteilt wird, ließe sich bald auflösen. Staaten und Staatenbünde bestehen auf ihr Recht zur Selbstverteidigung und gar manche immer noch auf ihr Prärogativ, Interessen mit Waffengewalt zu vertreten, obwohl dies völkerrechtlich, seit 1947/1948, allein Angelegenheit der UN sein sollte. Es hat seither nicht gut funktioniert, mit der internationalen Verantwortung.
Was wäre realistisch möglich? - Zunächst müsste der private Waffenhandel, das Brokering und der Direktverkauf an Private, grundsätzlich verboten werden. Kaufen und verkaufen, könnten also zukünftig nur noch legitime Regierungen, von Regierung zu Regierung. Das klärte eindeutig die Verantwortlichkeiten, jeweils belegt mit Ausfuhr und Einfuhrgenehmigungen der miteinander handelnden Staaten. Als Garant träte die UN auf, die dazu eine internationale Kontrollbehörde, analog der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO/ IAEA;A für Agency) , etablierte und ein verpflichtendes Register für alle internationalen Waffenverkäufe führte. Die UN unterhält schon ein solches Register, das allerdings auf den freiwilligen Angaben der Staaten beruht und auf Regionen, für die einschlägige UN- Resolutionen bestehen, beschränkt bleibt.
Es fehlt der Wille zu internationaler Verantwortung
Eines beweist der Blick auf Libyen, was Waffengeschäfte und ihre politischen Zusammenhänge angeht, aber auch: Ohne den festen Willen breitester Kreise der Eliten und politischen Führungsgruppen in den Krisenländern, Gewalt unbedingt anzuwenden und bis zum Äußersten brutal vorzugehen, entwickelten sich keine solchen, langdauernden innerstaatlichen Konflikte.
Ohne den Willen sämtlicher internationaler Führungsmächte der ersten Reihe (UN- Vetomächte) und der zweiten Reihe regionaler Führungsmächte, wie z.B. Iran, Saudi- Arabien, Türkei, den Konventionalismus und die internationale Verantwortung grundsätzlich zugunsten eigener Kalküle aufzugeben, lassen sich die entstandenen Konflikte und deren gesellschaftenzerstörende Wirkungen ebenfalls nicht erklären.
Christoph Leusch
03.11.2016 : Kleiner Nachtrag, um auf eine sehr gut verständliche und zugleich umfassende Darstellung der verschiedenen lokalen Akteure in Libyen hinzuweisen:
A quick guide to Libya´s main players, vom European Council on Foreign Policy. Diesen Führer kann man sich, als Pdf geladen und ausgedruckt, neben die mediale Fernsteuerung oder das raschelnde Zeitungspapier legen. (;-))) Dort wird auch der völkerrechtliche Status der vielen nationalen libyschen Regierungsinstitutionen kurz, aber treffend, dargestellt.
Christoph Leusch
Nützliche Quellen und Links:
Small Arms Survey, Genf: Eine der besten Seiten zum internationalen Waffenhandel, die sich auf die legalen und illegalen Verbreitungswege für Klein- und Leichtwaffen spezialisiert hat. Ihre hervorragende Webseite liefert über das Verzeichnis länder- und regionenbezogene Informationen. Besonders ausführlich, auch mit umfangreichen Bildmaterial, wird zu den Leichtwaffen in Libyen und deren Handel in Veröffentlichung 6 (The Online Trade of Light Weapons in Libya, by N. R. Jenzen-Jones and Graeme Rice, April 2016. Security Assessment in North Africa Dispatch No. 6) Auskunft gegeben.
Letter dated 4 March 2016 from the Panel of Experts on Libya established pursuant to resolution 1973 (2011) addressed to the President of the Security Council. 200-seitiger Bericht zur politischen Lage in Libyen, zu Sicherheitsfragen, Menschenrechtsverletzungen, zum Ölverkauf durch zahlreiche Bürgerkriegsparteien, sowie zu allen Aspekten des legalen und illegalen Waffenhandels mit dem Land. Reichliches Bildmaterial und zahlreiche Belegdokumente.
Christoph Leusch
Kommentare 43
***** +++++
Drucken Redaktion.
;-)
"Eigentlich weiss mn das alles."
Aber die Praezision der Information am Beispiel Lybien ist erschreckend aufschlussreich. Es macht auch wiederum klar, wie brauchbar "failed states" fuer die "internationale Staatengemeinschaft" sind.
Danke fuer diese Recherche.
Danke, Columbus, für den Beitrag (und die dahintersteckende Arbeit).
Das Regierungshandeln erklärt sich derzeit wieder verstärkt strategisch, nicht nur ökonomisch.
Wenn es sich doch nur ein wenig mehr moralisch würde!
Beeindruckender Stoff. Tx für die Aufbereitung.
Danke für den Blick drauf.
"Wir sind nur noch Zombies, die sich gegenseitig jagen,. Und am Ende des Tages ist die Welt bestimmt nicht besser geworden", sagte einer dieser Agenten (Retter) mal zu mir.
Dieser Artikel unterstreicht die Aussage mal wieder.
Danke für die Mühe!
Mich erschreckt, dass diese Informationen, selbst bis in kleinste Details hinein, leicht öffentlich zugänglich sind und von geduldigen, aber eher öffentlich unbekannten DienerInnen der UN- Weltgemeinschaft fortlaufend zusammengestellt werden.
Währenddessen werden die Chefdiplomaten und Regierenden, bei ihren Verlautbarungen und Streiteren in den offiziellen Gremien medial eher unterstützt, wird medial in Freund- Feind, Verbündete und Gegner unterschieden, obwohl das sachliche Material gegen alle spricht.
Investigativer Journalismus trägt zwar auch sehr viel dazu bei, wie man z.B. an den Veröffentlichungen der letzten freien Medien der Türkei sehen kann, die längst bewiesen haben, wie sehr der AKP- Staat Terrorismus unterstützt. Viel wirksamer, ist bei uns aber der alltägliche und oberflächliche Verlautbarungs- und Pressekonferenz- Journalismus, mit der angehängten Meinung zur Performance der jeweiligen politischen Akteure. Die Meinung erhält gar mehr Raum, als jeder sachliche Versuch.
Die Failed states nutzen nicht nur einigen großen internationalen Playern, immer im Spiel zu bleiben, auch wenn es sie eher Geld kostet. Schlimmer ist, dass sich in den Krisenländern so viele Bürger regional entschieden haben, zu einem vermeintlichen eigenen Vorteil, jede Art der Gewaltausübung zu akzeptieren.
Selbst in recht lokalen Räumen, streiten sich mehrere "Mächte" um die Resteverteilung der schwindenden gesellschaftlichen Ressourcen. Sie sorgen damit dafür, dass die nächste Generation keinen Deut besser dasteht, eher noch weniger Verteilungs- und Produktionsmöglichkeiten hat. - Die dünnen Eliten der Länder in der Dauerkrise, halten das aus und sie verfügen auch über die Möglichkeiten, ihre regionale ökonomische Abschöpfung in Sicherheit zu bringen.
Was nutzt, ist nicht einfach festzustellen. Denn die Konzentration auf Spielarten der alten Macht- und Gewaltpolitik aus dem letzten und vorletzten Jahrhundert, ist, bezogen auf die Bevölkerung und ihre Zukunftschancen, eher höchst unproduktiv.
Im Krieg, in der Dauerkrise mit alltäglicher Gewalt, werden eben keine Krankenhäuser, Schulen und Straßen gebaut, keine Ernten eingefahren, keine konsumierbaren Waren hergestellt, sondern das alles, einschließlich der Menschen, verbraucht.
Beste Grüße
Christoph Leusch
Ja, mittlerweile wirkt die Hoffnung, die es einst mit der UN und ihrer Charta durchaus gab, wie eine ferne und märchenhafte Vergangenheit.
Die Moralprinzipien die helfen könnten, sind allesamt historisch erkämpft und mittlerweile mustergültig formuliert. Es gibt sogar machtlose Einrichtungen, die sich beständig mit ihnen beschäftigen und, erstmals in der Menschheitsgeschichte, gar höchste Gerichte, die keine "Kopf ab"- Institutionen mehr sind und gerade deshalb besonders ver- und missachtet werden: Nicht nur von Regierungen und Politikern, sondern auch von großen Bevölkerungsanteilen und den sie versorgenden Medien.
Bis bald
Christoph Leusch
Ergänzt werden sollte Ihr Beitrag mit dem Hinweis, dass es bei den geleakten Mails, über die Hillary Clinton wahrscheinlich stolpern wird, um Waffenlieferungen des Jahres 2011 an extremistische Islamisten ging, die auf der Terroristenliste der USA standen. Belhadsch, der Libyan Islamic Fighting Group und andere bekannte Extrem-Islamisten sollten Gaddafi stürzen.
Hier auch der Hinweis, dass die tatsächliche libysche Regierung nicht die ‚international anerkannte Einheitsregierung‘ von Sarradsch ist, sondern die Regierung mit Sitz in Baida. Diese wurde vom Parlament in Tobruk gewählt, das auch international anerkannt ist. Das Parlament hat der sogenannten ‚Einheitsregierung‘ nicht zugestimmt, was zu deren Einsetzung nötig gewesen wäre. Diese Einheitsregierung ist also illegal. Grund für die Nichtzustimmung ist, dass die ‚Einheitsregierung‘ extrem-islamistische Milizen unterstützt. Das Parlament in Tobruk hat dagegen die Libysche Nationalarmee unter Generalfeldmarschall Haftar als die libysche Armee berufen.
Es gibt sogar machtlose Einrichtungen, die sich beständig mit ihnen beschäftigen und, erstmals in der Menschheitsgeschichte, gar höchste Gerichte, die keine "Kopf ab"- Institutionen mehr sind und gerade deshalb besonders ver- und missachtet werden.
So ist es wohl (oder übel). Abstrahiert: Die Menschenfeinde, die nur Freund-Feind-Denken kennen, möchten streng bestraft werden, damit sie und ihr Denken anerkannt werden.
LIFG hatte ich kurz erwähnt, Frau Gutsche. Die sind tatsächlich extrem anpassungsfähig und skrupellos, waren in Teilen sogar wieder öffentlich erklärte Anhänger Gaddafis, unter der "resozialisierenden" Aufsicht eines Sohnes des Revolutionsführers.
Was nun Marschall Haftar angeht, so ist der ebenfalls eine sehr zwielichtige Führungsfigur und selbst in den Waffenimport und -Export verwickelt. Er ist einer der Hauptpersonen, die am häufigsten die Seiten wechselte, sowohl für und gegen Gaddafi, als auch später, für und gegen einen UN gestützten, staatlichen Wiederaufbau.
Zudem ist er eine jener Personen, die sich im ersten und zweiten, derzeit anhaltenden Bürgerkrieg, am meisten bereichert hat.
Seine neuesten Aktivitäten auf den Ölfeldern Libyens belegen das wieder einmal:
http://derstandard.at/2000044258758/General-Haftars-Kampf-um-Libyens-Oelressourcen
Ich wollte bewusst keine politische Stellungnahme zur Legitimität der libyschen Politiker abgeben, sondern die allgemeine und allseitige Entwertung von Standards aufzeigen.
Beste Grüße und Dank für die sonstigen Hinweise
Christoph Leusch
Die Europäer hätten eigentlich das politische, ökonomische und ideologische Rüstzeug, die USA und Russland, vor der UN und bei den G- Gipfeln, zu gemeinsamen Friedensaktivitäten zu verpflichten und sich, gemeinsam mit ihnen, bei einer UN- geführten Friedensmission aktiv zu beteiligen.
Was Syrien, Libyen oder den Irak angeht, bin ich bestimmt kein Anhänger des aktiven unbeteiligt Seins, das bei uns so wohlfeil und auch unpolitisch daherkommt. Dafür tragen wir doch zu viel Mitschuld und noch mehr Verantwortung, durch Jahrzehnte einer vorwiegend ausbeuterischen Politik, in diesen Räumen.
Vielleicht wissen sie ja ein paar plausible Erklärungen, warum sich gerade konservative und vor allem bürgerlich lebende Menschen, mit so wenig Moral zufrieden geben und sich wieder radikale, nationale und brutale Lösungen in ihren jeweiligen Gesellschaften wünschen, die allen Gewinn aus der völkerrechtlichen Absicherung von Grund- und Freiheitsrechten verspielen würden?
Beste Grüße
Christoph Leusch
Mich erschreckt, dass diese Informationen, selbst bis in kleinste Details hinein, leicht öffentlich zugänglich sind und von geduldigen, aber eher öffentlich unbekannten DienerInnen der UN- Weltgemeinschaft fortlaufend zusammengestellt werden.
Wenn man mal in ner Unterorganisation der UN gearbeitet hat, wird einem sehr schnell klar, dass es eine strikte Zensur gibt.,
Sobald es fuer irgendeinen Bereich internationale Projekte, Geld gibt, werden die Daten meist so manipuliert, dass alle Interessierten was kriegen.
Wenns zum Waffenhandel gute d.h. dataillierte Daten gibt heisst das, dieser Bereich ist (fuer die Mitgliedstaaten der UN) uninteressant. Gut zu verstehen.
Wie diplomatisch und hinter den Kulissen mit Waffen und deren Handel umgegangen wird, da lassen sich die Staaten von von der UN nicht einreden. (Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten) Und da alle Beteiligten ihre eigenen Interessen verfolgen (duerfen), kann das Ganze halboffiziell ablaufen. Was die UN dazu sagt ist egal.
Darum ist an Daten einerseits leicht heranzukommen und andererseits hueten sich die Medien dazu was zu schreiben: Staatsgeheimnisse.
Dass sich Staaten durch den Ankauf von Waffen finanziell oft uebernehmen ist historisch uebrigens nichts neues. Immer ist die Hoffnung da, dass es nach dem Krieg Beute gibt, die die 'Investition" ausgleicht. Im 20. Jahrhundert wird das nicht Beute, sondern vornehm Reparationen genannt.
Ich will das jetzt nicht weiterfuehren.
Ich kann Ihre Empoerung ueber diese menschenfeindlichen Geschaefte, die die UN trotz der Daten nicht verhindert, gut verstehen. Ich habe nach wenigen Wochen einen Job bei der WHO hingeschmissen. Der Zynismus, mit dem in der "internationelen Gemeinschaft" Geld fuer die Besitzenden auf Kosten der Bevoelkerung verteilt wird, ist unertraeglich.
Wenn clevere Haendler wie im Waffenhandel auch noch Ihren Schnitt machen, ist das nur systemstuetzend. Bei der WHO waren es Pharma-Konzerne die abgegriffen haben.
Dank auch für diese Ergänzung aussie 42!
Noch mehr Menschen (als durch Waffen) sterben jedoch durch Luftverschmutzung, vowiegend in Asien (damit möchte ich nichts realativieren). Und wenn die Verantwortlichen Vorort endlich mal etwas dagegen tun wollen, dann sind sofort die Konzerne da. In Dehli hatte die lokale regierung den Verkauf großer Diesefahrzeuge verboten . Doch Mercedes Benz, die in Dehli 25 prozent aller Fahrzeuge verkaufen, hat dagegen erfolgreich geklagt.
Gruß aus einer der günstigen Bruchbuden im versmogten New Dehli
In Dehli war ich nur einmal, im Janur 97, glaube ich. Damals konnte man schon kaum atmen. Heute moechte ichs mir gar nicht mehr vorstellen. (Keine Ahnung wie das in Delhi ist.)
Umweltschutz etc. ist natuerlich ein heisses Thema in den UN-organisatione. Da gibt's viel Geld, darum wird in diesem Bereich gelogen, dass es nur so kracht.
Sehr viele Leute in Indien husten dauernd. das liegt natuerlich auch am Kettenrauchen und Saufen aber eben auch an der miserablen Luftqualitaet. Aus Mangel an Feuerholz nicht nur Kuhfladen sondern auch Plastiktueten zu verbrennen - dasgibt's ja haeufiger.
Auf dem Papier siehts mit der Umweltverschmutzung in Indien natuerlich gar nicht so schlimm aus.
Schulbildung, Gesundheitsversorgung, Familienplanung sind in Indien ja alle ziemlich OK, wenn man den Zahlen der UN glaubt.
Indian-bashing ist leicht. Schluss damit. Mein Mitgefuehl nach Delhi.
Der Standard hat meiner Meinung nach die Sache doch etwas verzerrt dargestellt. Hefter ist zwar ganz sicher eine recht undurchsichtige Person, trotzdem ist er vom gewählten und internationalen Parlament zum Oberbefehlshaber der libyschen Streitkräfte sprich Libysche Nationalarmee eingesetzt worden und scheint im Osten recht erfolgreich zu sein.
Was die Übernahme der Kontrolle der Ölfelder angeht, war wohl eher Dschedhren die noch viel zwilichtigere Person. Dem Westen passt das natürlich alles gar nicht, denn wenn es nicht gelingt, die Kontrolle über Libyen und seine Regierung zu erlangen, war ja der ganz Krieg umsonst. Jedenfalls hat sich für mich die Sache um die Kontrolle über die Ölfelder wie folgt dargestellt.
https://www.freitag.de/autoren/gela/libysche-nationalarmee-uebernimmt-erdoelanlagen
und
https://www.freitag.de/autoren/gela/ibrahim-dschedhren-und-seine-pfg
Was den internationalen Waffenhandel angeht, bin ich natürlich völlig Ihrer Meinung.
Entschuldigung, es muss natürlich "international anerkannten Parlament" heißen...
Es gibt zwei nicht ganz unabhängige Hauptaspekte am Waffenhandel, der ökonomische und der politische. Der wichtigste Satz Ihres Beitrags lautet:
Das Regierungshandeln erklärt sich derzeit wieder verstärkt strategisch, nicht nur ökonomisch.
Vielleicht ist das etwas euphemistisch, besser wäre es zu sagen: Der immer schon strategisch stärker als ökonomisch gepflegte Waffenhandel wird strategisch immer noch wichtiger. Was nichts anderes heißt als daß die Menschheit trotz des Friedenswillens einer großen Mehrheit der Menschen nicht auf dem Weg der fairen Einigung ist, sondern immer mehr im imperialistischen Machtkampf vergewaltigt wird. So rüsten derzeit fast alle Nationen auf und werden dazu aufgefordert, und selbstverständlich steigt die Zahl der militärischen und ökonomischen Stellvertreterauseinandersetzungen.
Was mir an Ihrem Beitrag nicht gefällt, ist eine Äquidistanzierung, die nur gerechtfertigt wäre, wenn der Waffenhandel tatsächlich vorrangig ein ökonomisches Phänomen wäre. Libyen ist keineswegs (das sagen Sie auch nicht, aber eine politische Betrachtung weist doch mehr in eine Richtung) nur ein Beispiel für blinde Waffengeschäfte (Geschäft ist Geschäft). Das Waffenembargo gegen Gaddafi sollte den Oberst an der Verteidigungsfähigkeit hindern und erpressbar machen, die Aufhebung sollte der Versorgung der Gaddafigegner das Tor öffnen, beides entsprach der westlichen Strategie des regime change.
Man kann das Verhältnis der Armeestärke zur Größe und Einwohnerzahl des Landes zum Indikator der Friedfertigkeit machen, wobei man die äußeren Umstände des jeweiligen Landes zu berücksichtigen hätte. Dann wäre Libyen schon unter Gaddafi ein übergerüstetes Land gewesen, allerdings gebührt der Spitzenplatz eindeutig den USA, ohne daß die nennenswert bedroht wären. Alle amerikanischen Politiker, die an einer Steigerung des Mißverhältnisses von Bedrohung und Bewaffnung mitwirken, sind indiskutable Menschenfeinde. Von daher wirken Ihre Auslassungen wie eine verbrämte Entschuldigung. Beispiele: In der Umsturzzeit, 2011/2012 – das ist eine Beschönigung der Strategie des invasiven Bürgerkriegs. Zum Leidwesen aller, gewann auch noch ISIL, „Daesh/IS in Libyen“, an Boden. Wollen Sie uns weismachen, die Westmächte hätten nicht gewußt und gewollt, daß die Islamisten sich an dem Bürgerkrieg (ua mit westlichen Waffen) beteiligen, wenn nicht gar federführend initiativ sind?
Falls Sie mit dem Zurechtrücken der Perspektive einverstanden sind, bin ich es mit Ihrem Beitrag.
Was kann man angesichts der Skrupellosigkeit der Mächtigen tun? Es wäre ein wirklich unabhängiges Rechtsorgan der Welt notwendig, nicht der Internationale Strafgerichtshof, der die Rolle nur sehr selektiv spielen kann. Es wäre völlig ausreichend (bis einmal die Völker Konsequenzen zögen), wenn diese juristische Institution nur symbolische, unvollziehbare Urteile fällen könnte, alle Staaten, die sich der Vollstreckung entzögen, würden sich für alle nicht ganz Verblendeten als Unrechtsstaaten outen, es würde das universale Rechtsbewußtsein stärken.
Die Hauptthese, die sie zur Kritik bewog, Herr Endemann, stimmt nicht:
<<Libyen ist keineswegs (das sagen Sie auch nicht, aber eine politische Betrachtung weist doch mehr in eine Richtung) nur ein Beispiel für blinde Waffengeschäfte (Geschäft ist Geschäft). Das Waffenembargo gegen Gaddafi sollte den Oberst an der Verteidigungsfähigkeit hindern und erpressbar machen, die Aufhebung sollte der Versorgung der Gaddafigegner das Tor öffnen, beides entsprach der westlichen Strategie des regime change.>>
Das Waffenembargo wurde aufgehoben, weil die libysche Regierung unter Gaddafi, einen grundsätzlichen Kurswechsel vollzog und in zwei, völkerrechtlich überhaupt nur verhandelbaren Positionen (Ablehnung des Terrorismus und ABC- Waffen), der Vökergemeinschaft klar entgegen kam. Gaddafi hat ja dann auch kräfitg eingekauft, siehe Quelle im Blog- Artikel.
Zudem habe ich mich doch bemüht, aufzuzeigen, dass das Gaddafi- Regime selbst glaubte, es könne seine Islamisten und darunter viele Terroristen, "resozialisieren".
Gaddafi öffnete also nicht nur selbsttätig die Schleusen für die Rückkehr und Wiedereingliederung der Radikalen (LIFG!), sondern auch für einstige Widersacher und notorische Positionswechsler, wie eben den General, nun Marschall, einer "libyschen Nationalarmee" (LNA), Haftar, der mitnichten die alte libysche Nationalarmee kommandiert und sich im Wesentlichen, wie man das in diesen Failed states eben so macht, mit seiner militärischen Hausmacht zu dem entwickelt, was er derzeit ist.
Seine Position ist zwar illegal und nicht völkerrechtlich anerkannt, -mit Macht in einem nicht mehr legitimen Parlament, von ihm herbeigeführt, weil er der einzige große Sicherheitsgarant für dieses Parlament ist- , aber durch seine Stärke erhält er nun eine womöglich entscheidende Rolle in Libyen, nach einem langen, politisch- militärpolitischen Weg in diesem Land und im Exil, mal mit CIA Hilfe und dann mit Russlands Hilfe, mit krassen Richtungswechseln, zahlreichen Gewalttaten von seiner Seite und Mitbeteiligung am Waffenhandel. - Aber, das war ja bei Gaddafi auch nicht anders!
Er hat derzeit die ungeteilte Unterstützung Ägyptens (Waffenlieferung, Ausbildung, direkte logistische Hilfe und der VAE/UAE, also jenes Staates, dessen Händler oder Behörden in den letzten Jahren wirklich alles mit Waffen und Nachschub versorgte, was in den Konflikträumen nur schießen kann, sofern es nicht schiitisch ist.
Er hat auch begrenzte Unterstützung durch NATO- bzw. EU- Staaten, weil er derzeit Daesh in Libyen (Sirte,pp.)/ISIL, bekämpft.
Die Waffenverkäufe geschehen, auch das habe ich hier versucht aufzuzeigen, einmal in ihrem Sinne "blind", also nur nach Ökonomie (klassische, organisierte Kriminalität) und andererseits auch gezielt, weil unterschiedlichste Akteure das so wünschen, deren Meinung und Richtung sich übrigens schnell ändern kann.
Selbst die UN muss Waffenverkäufe an die legitime und auf dem Verhandlungsweg gebildete "Einheitsregierung" anerkennen.
Mittlerweile ist Libyen ja fast schon dreigeteilt, denn im Südosten haben sich nun, unter General Ali Kannah, die "Libysch-Arabische Streitkräfte in Süd-Libyen“ für selbstständig erklärt.
Die Entwicklung in allen bisher, seit den verheerenden Bush- Abenteuern in Afghanistan und dann im Irak entstandenen Konflikten, hat ein hohes Maß an Willkür und Unvorhersehbarkeit erreicht, weil es eben auf allen Ebenen regional, national, international, starke politische und ideologische Motive gibt, die vor allem auf der lokalen Ebene, die Gegner regelmäßig zu jeder Art von Gewaltanwendung veranlassen.
Und, man muss es so sagen, weder die US- Regierungen, noch die Europas, haben einen vernünftgen Plan, was in dem von ihnen mit herbeigeführten Chaos der untergehenden Staaten passieren soll und was man bereit ist, dafür zu tun.
So haben z.B., vor allem die Vereinigten Arabischen Emirate und auch Katar und Saudi-Arabien, aber eben auch Waffenhändler der Balkan- und ehemaligen Ostblockstaaten, sowie die Türkei, häufig sogar schnell wechselnd und gar gleichzeitig, Waffen an fast alle Konfliktparteien geliefert.
Unsere EU- Regierungen und vor allem die US- Regierung unter Obama, glaubten lange, dass sie in der Lage wären, den Waffenhandel auf die "richtige Seite" zu beschränken, was weder in Libyen, noch nun in Syrien gelang, weil ihre Spielpartner in den Krisenräumen dahingehend völlig opportunistisch und gemessen an unserem Politikverständnis, nicht sehr langfrisitig denkend, handeln.
Was das internationale Gerichte und die Institutionen angeht, bin ich auch nicht ihrer Meinung.- Mühsam und aus Erfahrung geschaffene, völkerrechtliche Institutionen, müssen eher gestärkt und genutzt werden, statt sie weiter verfallen zu lassen und zu erlauben, dass wieder vorrangig einzelstaatlich gehandelt wird.
Im Grunde droht nun die "Aleppoisierung" Libyens, wenn alle Kräfte spielen dürfen, wie sie wollen.
Eines zeigt aber der forcierte Auftritt so vieler Mächte und neuerdings der Russen, auch. Es geht den Regierungen dieser Länder noch zu gut und sie glauben, sie könnten sich diese Art des Engagements leisten. Ökonomisch, ist die Ausweitung der Kampfzone und die unübersichtliche Lage ohne Ende, eher ein Desaster, moralisch sowieso, weil man einfach lange anhaltende Auseinandersetzungen hinnimmt, die alle brauchbaren Ressourcen einer Region aufzehren und eben viele Menschenleben kosten, die gar nicht einmal hauptsächlich durch die direkten Gewalttaten der Konfliktparteien entstehen, sondern viel eher, weil die zivilen Infrastrukturen leiden und dann allseits Mangel einsetzt.
Beste Grüße
Christoph Leusch
Zu "Marschall" Hafter:
http://www.bbc.com/news/world-africa-27492354
Der "Marschall" der sogenannten LNA, hat im Moment Vorteile, weil er sich die Ölanlagen und Ports eroberte und diese der Kontrolle der anerkannten Einheitsregierung und der legitimierten Ölgesellschaft entzog. Das könnte der Schlüssel zu seiner Machtübernahme, zumindest im Osten Libyens sein, wenn er ausreichend Staaten und Privatleute findet, die sein Öl kaufen (Ägypten?) und es keine eingreifenden Sanktionen dagegen gibt.
Ich fürchte allerdings, siehe auch meine Antwort auf W. Endemann, dass die Lage eher zu einem langjährigen Patt unterschiedlichster Parteien in Libyen führt, die in diesem Land nichts aufbauen, außer eben Macht- und Gewaltoptionen für begrenzte und dysfunktionale Regierungen.
Grüße
Christoph Leusch
Danke für den erhellenden Beitrag.
Haben Sie den Eindruck, dass es in letzter Zeit irgendwelche Veränderungen gab, z.B. was die Intensität der türkischen Unterstützung für die Islamisten angeht?
Ölkäufer finden sich immer, siehe IS. Ägypten, Libanon, Israel...
Die Einheitsregierung ist seit 14.10. weg vom Fenster und wird in Libyen m.E. keine Rolle mehr spielen, da sie keinerlei Machtbasis dort hat. Damit ist nichts darüber gesagt, ob das gut oder schlecht ist - aber es ist Fakt. Der Vergleich mit der früheren somalischen (Exil-)Regierung ist erhellend.
Die Frage ist, ob die internationale (Militär-)Unterstützung für Tripolis damit beendet ist. Wenn ja, gibt es ein Patt, das irgendwann zu Verhandlungen führen wird, weil keine Seite etwas zu gewinnen hat.
Die 'Einheitsregierung' ist zwar international anerkannt, trotzdem ist sie nicht legitim. Denn bei den Verhandlungen in Skhirat (Marokko) im Dezember letzten Jahres wurde vereinbart, dass sie erst ihr Amt antreten kann, wenn sie vom Parlament in Tobruk bestätigt wurde. Dies ist nie geschehen! Sondern das gewählte libysche Parlament hat explizit dagegen gestimmt - aus diversen Gründen. Diese Abstimmung wird vom Westen einfach ignoriert. Gerade die Mächte, die die REchtsstaatlichkeit und Demokratie auf ihre Fahnen geschrieben haben, setzen sich dann einfach über die Vereinbarungen hinweg, die sie selbst mit ausgehandelt haben. Übrigens ist auch die internationale Gemeinschaft für Gewaltenteilung, d.h. die Legislative liegt beim Parlament in Tobruk.
Was die Gesamtsituatin in Libyen anbetrifft, bin ich nicht Ihrer Meinung. Es gibt die dort sehr starken Stämme, in deren Interesse es bestimmt nicht liegt, dass fremde Mächte die Herrschaft im Land übernehmen und Marionettenregierungen à la Sarradsch einsetzen.
Sie können das aber auch so interpretieren, dass erst verhandelt und dem UN- Plan zugestimmt wurde und die Formalie, nämlich eine zustimmende Abstimmung in einem Parlament des Legislatur abgelaufen war und trotzdem verhandeln durfte, unterblieb.
Ich weiß genug von Libyen, um zu wissen warum das soi ausging, Frau Gutsche.
Viel entscheidender ist aber, dass sowohl in Ost-Libyen, als auch an anderen Plätzen des Landes, die starken Männer entscheiden, die es im Wechselspiel der Konflikte die meisten Gewaltmittel an die Hand zu bekommen.
Wir werden es erleben, es läuft wie übrigens auch in Syrien, ohne eine gemeinschaftliche internationale Intervention, auf eine fast ewige Unruhe hinaus. Dazu sind in den letzten Tagen, mit Waffen, nicht mit Diplomatie, Fakten geschaffen worden. Im Osten und im Süden des Landes.
Beste Grüße
Christoph Leusch
Ich weiß es nicht, weil ich dazu nicht ausführlich nachgelesen und geprüft habe. Das kann ich gar nicht leisten.
Ich glaube aber, es ist plausibel, eher davon auszugehen, dass Erdogan nicht auf eine Verlierergruppe setzen wird.
IS/Daesh, hat auf Dauer keine Chance, weil er nur mit Gewalt Loyalität unter breiten Kreisen der Bevölkerung aufrecht erhalten kann und keine wirklichen staatlichen Aufbaupläne hat, dafür aber viele Modernisierungs- und Produktionshindernisse ins Werk setzte.
Mit der bewiesenen geheimen Unterstützung Daeshs, wird es also sehr wahrscheinlich bald vorbei sein. Die Türkei suchte sich schon Ersatzpartner unter Syriens- Assad- Gegnern, die nun auch in Gebiete vordringen, die sie vorher nicht kontrollierten und in denen sie auch nicht angestammt siedelten und gleichzeitig Front gegen die Kurden machen.
Solange der Daesh- Terrorstaat in den fragmentierten Nachbarländern den dauerhaften Erzfeind der Kurden stellte und auch die syrische Assad- Regierung wirksam unter Druck setzte, war er in den Augen der Türkei hilfreich und schädlich zugleich. - Schließlich verübten die Islamisten in der Türkei schwere Terroranschläge.
Die Versuchung ist bestimmt groß, im diplomatischen und machtpolitischen Vakuum, das die US und Europa dort zuließen, einige Gebietsveränderungen vorzunehmen oder türkisch kontrollierte Korridore einzurichten, die zugleich als Puffer gegen die Kurden dienen.
Ich glaube nicht, dass die Türkei ein islamistischer Staat wird, wie das derzeit häufig diskutiert wird. Dazu ist das angenehme und vitale Leben vieler, auch konservativ gläubiger Türken, viel zu weit entwickelt.
Eher entscheidend, ist der autoritäre Charakter der zukünfigen Regierung, die eine Opposition und Medien nur pro forma noch zulassen wird, aber alle Weichen stellt, um eine "ewige" Regierung einrichten zu können. - Dass das Konzept langfristig erhebliche Nachteile für die Türkei haben wird, spielt im Augenblick des nationalen Triumphs und der Allmacht keine Rolle. Dafür sind leider auch breite Bevölkerungsschichten immer empfänglich, nicht nur in der Türkei.
Grüße
Christoph Leusch
Das Waffenembargo wurde aufgehoben, weil die libysche Regierung unter Gaddafi, einen grundsätzlichen Kurswechsel vollzog
Richtig, die USamerikanische Regierung war gezwungen, der Aufhebung des Embargo zuzustimmen. Insofern war mein Argument verkürzt. Allerdings ändert es nichts an der allgemeinen Feststellung, daß die Aufhebung des Embargos von westlicher Seite kein Friedensschluß war, sondern nur die Strategie im regime change änderte. Weiter ist einzuschränken, daß für den Einsatz der Willigen gegen Gaddafi die französische Regierung wohl die treibende Kraft war. Ich korrigiere mich also: „...die unvermeidliche Aufhebung des Embargos wurde zeitnah benutzt, um der Versorgung der Gaddafigegner das Tor zu öffnen.“
Verstehe ich Ihr Argument richtig, daß Gaddafi so dumm war, sich die Terroristen selbst ins Land zu holen. Warum richtete sich der Einsatz von Natoländern dann gegen Gaddafi und nicht gegen die Islamisten? Nein, hier verstehe ich Ihre Argumentation nicht. Auch nicht die Parallelisierung von Gaddafi und Halftar (das war ja bei Gaddafi auch nicht anders). Meines Wissens war Gaddafi ziemlich geradlinig, für Bündnisse mit arabischen und afrikanischen Ländern, mit dem Hintergedanken einer gewissen Emanzipation von Imperialmächten (ehemaligen Kolonialmächten). Ein bißchen Lavieren zwischen den übermächtigen Großen, aber hätte er eine russische Militärbasis eingerichtet, wäre er wohl geschützt gewesen (siehe Assad). Im übrigen ging es mir nicht darum, aus Gaddafi ein Unschuldslamm zu machen, sondern darum, den Bürgerkrieg in Libyen nicht vorrangig aus dem unkontrollierten Waffenarsenal im Lande und nicht aus der diktatorischen Selbstermächtigung der Gaddafi-Clique, sondern aus strategischen Interessen von Außen am Krieg zu erklären.
Unsere EU- Regierungen und vor allem die US- Regierung unter Obama, glaubten lange, dass sie in der Lage wären, den Waffenhandel auf die "richtige Seite" zu beschränken
Wenn Sie damit sagen wollen, daß es die richtige Seite bislang nicht gibt, sind wir einer Meinung. Aber es gibt große Unterschiede im Falschen.
wenn alle Kräfte spielen dürfen, wie sie wollen
Ich stimme zu, wenn das heißt, daß keine Seite so spielen darf, wie sie will.
Gegen den Schlußabsatz habe ich keine Einwände.
Das war leider ein Missverständnis: Mit 'Islamisten' meinte ich nicht Daesh, sondern Misrata/ LIFG/ Libya Dawn/ GNC/ GNS/ wie immer sie sich gerade nennen mögen. Sorry...es war eher aus Neugierde, ob sich nach Ihrem Eindruck da Veränderungen feststellen lassen in letzter Zeit.
Daesh ist nur ein Label. Einige der Islamisten, die in Syrien und Libyen unterstützt wurden und werden, haben sich dieser Kalifatsidee verschrieben und sich dieses medienwirksame Label übergestreift. Das ist m.E. nicht direkt von außen gesteuert, aber es wurde in D.C. früh damit gerechnet und zugelassen - weil es strategisch ins Konzept passt (strategische Verbündete, aber keine taktischen). Rebellen werden ausgebildet, entpuppen sich dann als Islamisten, und ein Teil von ihnen geht zu Daesh. Wenn es schlecht läuft, gehen sie auch wieder zurück, etwa in Jarablus oder Sirte: Fahne und Abzeichen wechseln, fertig. Wir haben es hier mit wahrhaft postmodernen Kriegen zu tun, bei denen nicht Armeen gegeneinander antreten, sondern Symbole. Ihre Träger sind austauschbar.
Schließlich verübten die Islamisten in der Türkei schwere Terroranschläge.
Aber erst, als Ankara die Unterstützung des IS in Frage stellte.
Die Türkei wendet sich derzeit komplett vom Westen ab und Eurasien zu. Entsprechend gleicht sich das politische System dem dort vorherrschenden autoritären Typus an - gesellschaftlich nicht gerade positiv, wirtschaftlich höchstwahrscheinlich schon. China und Russland haben einfach mehr zu bieten als wir, und die Türkei muss ihr Defizit finanzieren.
Meine Vermutung(!) ist, dass die türkische Unterstützung für Misrata geringer wird oder ganz aufhört. Ankara bringt den Westen durch den Staatsaufbau gegen sich auf und kann es sich in dieser Übergangsphase nicht erlauben, es sich auch noch mit Moskau zu verscherzen.
Wenn das stimmt, ist der Putsch in Tripolis positiv - die Islamisten haben weder Öl noch Nachschub und werden verhandeln müssen.
Grüße...smukster
Entsprechend gleicht sich das politische System dem dort vorherrschenden autoritären Typus an - gesellschaftlich nicht gerade positiv, wirtschaftlich höchstwahrscheinlich schon. China und Russland haben einfach mehr zu bieten als wir, und die Türkei muss ihr Defizit finanzieren.
Extreme Verharmlosung mit ebensolcher Übertreibung zusammen mit einer nicht nachvollziehbaren Fehleinschätzung auf so kleinem Raum, das muss Ihnen erst einmal jemand nachmachen.
Denken Sie wirklich, die NATO wird diesem islamo-faschistischen Führer noch lange untätig zusehen?
Besser wäre es natürlich, wenn das türkische Volk diesen gefährlichen Despoten entmachten würde, was aber jetzt schon mit demokratischen Mitteln kaum noch möglich ist.
25.10.2016, 12:25 Uhr
..."Die Opposition kritisiert seit langem Kleinwaffen-Geschäfte. Und tatsächlich sinkt die Ausfuhr von Waffen. Dagegen haben sich die Exporte von Munition verzehnfacht. Vizekanzler Gabriel rechnet mit einem weiteren Anstieg"...
Hier die Durschnittsfeinstaubwerte aus Dehli von gestern: pm10= 348 mg, pm2,5=522. Mit Werten am Morgen von über 800 (dass sie Mitgefühl für die Menschen hier haben, nehme ich ihnen ab, das sie ignorant sind nicht.).
Auch das ist kein Indien-Bashing, denn alleine die Tatsache, dass diese Zahlen mittlerweile in Indien täglich veröffentlicht werden, zeigt, dass sich im Bewusstsein der Bevölkerung etwas ändert.400 Km weiter westlich, hinter der line of Control, hat der Großteil der Bevölkerung keinen Schimmer, dass sie in Städten leben die zu den versmogtesten der Erde gehören. Dafür werden sie täglich darüber informiert, das die indische Armee "unprovoziert" pakistanische Gebiete beschiesst. Nun gut: Die indischen Medien lassen es sich natürlich auch nicht nehmen, täglich über den "unprovozierten" Beschuß der pakistanischen Armee zu berichten...Damit zurück zum Waffenhandel, denn Indien ist mittlerweile der größte Waffenkäufer der Erde.
Sie dürfen von mir aus gern wunschträumen, und Sie dürfen sich Illusionen hingeben soviel Sie wollen. Ihre inflationäre Verharmlosung des 'Faschismus'-Begriffes hier im Forum finde ich hingegen bedenklich. Sparen Sie sich Kraftausdrücke besser für Staaten und Gelegenheiten auf, wo sie wirklich zutreffen.
Indien schaut sich Vieles von China ab. Dort war die städtische Luftverschmutzung schon vor 10 Jahren ein großes gesellschaftliches Thema, eine der Hauptursachen für Unzufriedenheit und damit aus Parteisicht potentiell politisch gefährlich. Daher wurden radikale Maßnahmen getroffen - Auslagerung aller Industrie, Verbot von Motorrädern und -rollern in der Stadt z.B.
Nun, auch mit der Korrektur, ist eher eine andere Ansicht plausibel. Denn zunächst, 2003/2004, bis 2010, setzte nicht nur eine umfängliche Diplomatie zahlreicher, vor allem westlicher, Länder mit der Gaddafi- Regierung wieder ein, sondern eben auch eine massive Nachrüstung und Wiederaufrüstung seiner Armee und Sicherheitsdienste, seiner Elitetruppen (s.o. im Blog), mit den passenden Waffen, zumeist aus ehemaligen Ostblock- Staaten, die auch von westlichen und sonsitgen Waffenhändlern verkauft wurden.
Gaddafi arbeitete von 2004- 2008 sogar eng mit den Geheimdiensten der US und Großbritanniens zusammen, um deren mutmaßliche und tatsächliche Terroristen- und Islamisten- Gefangene (Renditions!) zu verhören und zu foltern. In diesem Zusammenhang ergeben sich übrigens Vergleichsmöglichkeiten mit Assads Syrien.
Wen die notorisch killenden Gaddafi- Sicherheitkräfte, -in Wellen wurde das seit den 70er Jahren immer einmal wieder exerziert-, einfach beseitig haben, ist schwer aufzuklären. Im Gegenzug verrieten die US- und GB - Dienste Exiloppositionelle an Gaddafi.
Ich bin der Meinung, dass die heutige libysche Situation nicht aus einer Art Verschwörung des Westens, vorzüglich der USA, GBs und dann auch Frankreichs, entstanden ist und es keinen systematischen Plan zum Regime change gab. Aber alle diese Mächte wollten die Situation ausnutzen, das ist keine Frage.
Gaddafi hatte sich aber innenpolitisch verschätzt und sowohl den aufkeimenden radikalen Islamismus, als auch die wachsende Anzahl eher tribaler und einfach machtpolitsch- säkular interessierter Gegner zu wenig beachtet. In früheren Jahren, wurden immer wieder kleinere Widerstandversuche gegen seine Herrschaft mit äußerster Brutalität beendet. Das gelang 2011/2012 nicht mehr.
Was hier im Westen völlig falsch eingeschätzt wurde und wird, das ist die Fähigkeit einer sehr schmalen und durchaus auch elitären, politischen Opposition im Land und im Exil, in dem bei uns geltenden Sinne, im ganzen Nahen und Mittleren Osten, sowie in Nordafrika, sich zu etablieren und eine stabile Ordnung aufzubauen. - Hatte man aber einmal den Prozess angefeuert und unterstützt, mussten in Libyen immer mehr radikale Kräfte als Teilhaber akzeptiert werden und die Gewalt lief völlig aus dem Ruder.
Libyen ist mindestens so komplex, wie Syrien. Es kommt nämlich noch, wie im derzeitigen Hauptland aller Krisen und allen Chaos, hinzu, dass auch Nachbarländer massiv in Libyen eingriffen, sogar mit schnellem Wechsel der Seiten, sogar gleichzeitig auf verschiedenen Seiten. Dafür steht Ägypten, aber auch die diesbezüglich notorischen Golfstaaten, Katar, VAE und Saudi- Arabien, die das nötige Kleingeld (privat und staatlich) für jeden militärischen und politischen Blödsinn mitbringen. Alles zusammen, wird nun noch überlagert von dem brutalen Kampf der Muslime untereinander, Schiiten gegen Sunniten.
Leider hat sich keine UN- Vetomacht mit Ruhm bekleckert und ohne eine Koordination und Kooperation, wie sie für gewisse Zeit die UN nach dem Zweiten Weltkrieg oder später unter dem Druck der Blockfreien öfter einmal zustande kam, wird sich am Zustand auch nichts ändern.
Was wir beide sicherlich wissen, dass Schuldzuschreibungen wenig helfen und Rechthaben auch nicht, ist leider den entscheidenden Mächten dieser Erde weitgehend abhanden gekommen, obwohl das alle diese Mächte auch ökonomisch mehr kostet, als es ihnen je einbringt. Das gilt für den sogenannten Westen, das gilt aber auch für Russland.
Daher nervt mich sowohl die häufig verzerrte Darstellung Russlands in den Mainstream- Medien hierzulande, wie auch die Propaganda- Gegenreaktion aus Moskau über RT, Sputnik oder die Strategic Culture Foundation, z.B. Peter Korzun. - Seltsamerweise applaudieren sich die medialen Macher beider Seiten in dieser Hinsicht, indem sie sich regelmäßig gegenseitig bestätigen, wie professionell dabei gearbeitet wird, wie sehr die jeweils andere Seite es eigentlich auf sie selbst abgesehen hätte.
Gutes Wochenende
Christoph Leusch
"Wir werden es erleben, es läuft wie übrigens auch in Syrien, ohne eine gemeinschaftliche internationale Intervention, auf eine fast ewige Unruhe hinaus." - Sie sprechen sich aber hier nicht wirklich für eine gemeinschaftliche internationale Intervention - sprich NATO-Kriegseinsatz, sprich neues Afghanistan, Irak, Syrien - aus? Dann kann ich Ihre Argumentation gegen den Waffenhandel nicht mehr ernst nehmen.
Noch einmal: Das Parlament ist Tobruk ist immer noch international als libysches Parlament anerkannt! Und sollte es bei den Verhandlungen in Skhirat nicht darum gehen, Ost- und Westlibyen zu einigen? Dann musste wohl Ostlibyen auch am Verhandlungstisch sitzen, oder wie stellen Sie sich das sonst vor? Wie kommen Sie zu der Formulierung, dass es das nur durfte? Die Zustimmung war auch nicht nur eine 'Formalie', sondern eine Voraussetzung für das Inkrafttreten der Abmachungen.
Ja, es sind mit Waffen im Osten und Süden Fakten geschaffen worden, so wie in Syrien. Ich denke, diese Fakten werden auch im Westen Libyens geschaffen werden. Ich denke, Libyen braucht in erster Linie Stabilität und keine Einmischung von außen.
Der Sturz Gaddafis war in jeder Hinsicht ein riesiger Fehler, in erster Linie für das Land selbst, das im Chaos versank, aber auch für den Westen, das nun ein Flüchtlingsproblem hat und im Land trotzdem nicht Fuß fassen kann. Für diese Bruchlandung zeichnet in erster Linie Frau Clinton verantwortlich.
Sie wollen also ernsthaft bestreiten, dass die Türkei von einem Islamo-Faschisten ins Verderben diktiert wird?
Dann wären doch Sie es, der den Faschismus hier sträflich verharmlost.
In Libyen gilt, nicht erst seit dem Ende Gaddafis, dass in Territorien und Ortschaften nur derjenige zählt, der dort die physische Gewalt anwendet und dabei eben stärker ist.
Sie habe das auch erkannt, wie schnell dort Allianzen entstehen und sich wieder ändern. Tatsächlich firmieren Reste der alten Streitkräfte, Klans und radikale Islamisten regelmäßig und schnell um. - Ich habe unter dem Blog- Artikel noch eine aktuelle, knappe und trotzdem detailreiche Übersicht zu den Hauptgruppen, aus der Feder der EU angefügt.
Was sich auch sehr lohnt, die eigene Websuche, selbst bei der Wikipedia, nicht auf der deutschen Seite zu starten. Sofort weitet sich der Blick.
Die an einem wirklichen zivilen Aufbau des Landes interessierten Führungskräfte, die dann auch noch Autorität genießen, muss man derzeit in Libyen mit der Lupe suchen.
Khalifa Haftar, der neue starke Mann, durch die normative Kraft des Faktischen, ist ein Prototyp. Das ist kein Intellektueller oder Oppositionspolitiker mit Programmen und Ideen für die Entwicklung Libyens, sondern einer, der besonders gut sein Momentum erkennt. Weil das so ist, kommt vielleicht sogar ein Kompromiss mit ihm zustande.
Beste Grüße und gutes Wochenende
Christoph Leusch
Dass China Indien in der Armutsbekämpfung und im Umweltschutz (nur daheim)) vorraus ist, bestreite ich nicht. Dass die indische Regierung in diesen Dingen nach Peking schaut schon. In Dehli ist es vorallem der Aam Aadmi Party zu verdanken, einer politischen Protest Partei der Mittelklasse, dass sich etwas in Sachen Umweltbewusstsein tut. Das Modi plant, Industrien, die die Umwelt belasten, auszulagern, wäre mir neu - leider plant er nach meinem Wissen sogar erst richtig welche anzusiedeln (Doch auch schon der Vorgänger Regierung haben da oft die Gerichte dazwischen gefunkt-Wettbewebsnachteil "demokratisches System". Aber China dürfte mittlerweile auch ein Grund sein, warum Indien zum größten Waffeneinkäufer geworden ist - ich meine eher unbegründet, denn in Sachen Pakistan und der neuen Seidenstrasse ist China bemüht Indien nicht unnötig zu provozieren. So weigern sie sich große Energie-Projekte in Gligit Baltistan zu unterstützen, da die Region Teil des Kaschmir Konfliktes ist. Aber das Thema Indien und China wäre wohl mittelfristig etliche Beiträge aus verschiedenen Gesichtspunkten wert. Aktuell ist der Konflikt mit Pakistan eher im Fokus. Denn der Plan Indiens, Pakistan in einem Wettrüsten in eine wirtschaftliche Situation zu bringen, die ihren geliebten Feind auseinanderbrechen lässt, wird nicht aufgehen: Die pakistanische Bevölkerung ist Leid gewohnt, eine "Revolution" der Mittelklasse nicht in Sicht, aber dafür eine Radikalisierung. So werden bei Not die Internationalen Kredite für pakistan fliessen, die dann zu großen Teilen vom Militär verschluckt werden - um wieder zum Beitrag von C. zurückzufinden.
Gähn.
Ja, die Kriegsgefahr im Norden ist schon enorm. Und vermutlich wird son Krieg auch nuklear gefuehrt. Wenn man so im Hindu liest, was die indische "defence community" so diskutiert: schlimm.
Deshalb hab ich mich in Tamil Nadu und in ner hill station doch etwas sicherer gefuehlt. War auch gesuender..
P.S. Laufen die Leute in Delhi auch schon wieder in Nikolaus Muetzen rum?
Sie sprechen da einen wichtigen Punkt an: Das gegenseitige Hochpuschen. Unterhält man sich mit Indern wie Pakistanern wissen die meisten, dass beide Länder gravierende Probleme haben (Pakistan noch bei weitem mehr) die es zu lösen gilt, anstatt noch mehr Geld in die Armeen zu stecken. Aber die Verantwortlichen auf beiden Seiten zündeln, um von den eigentlichen Problemen abzulenken. Die Medien nehmen das Thema (patriotisch) auf, weil es sich gut verkaufen lässt und wenn sich dann die vernünftigen (kritischen) Stimmen auf beiden Seiten melden, wird ihnen entgegen geschrien: Verräter. Wenn du nicht für uns bist, bist du gegen uns... Nein, noch keine roten Mützen in Dehli. Vielleicht übermorgen In Kalkutta. Dann schon mal angenehme Weihnachten. Ich werde die nächsten Wochen viel unterwegs sein und nur selten im Netzt.
Aber das Thema Indien und China wäre wohl mittelfristig etliche Beiträge aus verschiedenen Gesichtspunkten wert.
In der Tat, ich kenne mich da auch nur wenig aus. Dass Indien nicht offen sagt, China sei sein Vorbild, ist klar - aber de fakto kann Indien an diesem sehr gut ablesen, woran es ihm selbst bisher fehlt, und sich für die weitere Entwicklung daran orientieren. So könnte eben das Verbot innerstädtischer Industrie in Großstädten übernommen werden.
Die internationalen Kredite fließen soweit ich weiß doch schon nach Pak, ebenso die chinesischen Investitionen. Militär - es gilt halt immer noch das Dogma, dass ein Land ohne einsatzfähige Armee außenpolitisch nicht richtig mitreden kann. Und Indien hat allein ob seiner Größe höhere Ansprüche als nur den Machtkampf mit Pak.
Es bringt ja nichts, auf visionäre demokratische Persönlichkeiten zu warten - verhandeln und Lösungen suchen muss mensch mit den Leuten, die jetzt dort irgendwas zu sagen haben. Wie eben Haftar - sicher kein 'Lupenreiner', aber er scheint eine klare Linie zu haben und die Einheit des Landes im Blick. Also prädestiniert als Verbündeter Russlands.
Allgemein versuche ich, mir nicht die ständig wechselnden Namen und Aufsplitterungen irgendwelcher Milizen zu merken, sondern die grundlegenden Interessen, Unterstützer, Konfliktlinien und Ideologien. Wie die Islamisten sich gerade nennen und in wie viele Teilkräfte sie zersplittert sind ist mir ziemlich egal, aber grundsätzlich gibt es doch drei große Blöcke in Libyen: HoR/ Haftar, Misrata/ Ghali und die Stammesallianz. Letztere stehen mehr oder minder eindeutig auf Seiten Tobruks, und wenn Misrata keine türkischen Waffen mehr bekommt, kriegen sie Probleme.
Grüße, sm.
Ich bin der Meinung, dass die heutige libysche Situation nicht aus einer Art Verschwörung des Westens, vorzüglich der USA, GBs und dann auch Frankreichs, entstanden ist und es keinen systematischen Plan zum Regime change gab.
Genau da sind wir unterschiedlicher Meinung. Ich sehe nicht, daß Libyen ohne die indirekte aggressive Politik des Westens und dann den einseitigen Eingriff in die Auseinandersetzung Gaddafis mit einer ohne Anfeuerung von Außen (damit ist hier das arabische Außen gemeint) kaum kampffähigen radikalislamistischen Opposition, die nie die Mehrheit der Libyer darstellte, in das jetzige Chaos eines failed state geraten wäre. Daß der heutige Zustand im Wesentlichen auch ohne westliches Zutun zustandegekommen wäre, ist für mich völlig unplausibel. Und selbst wenn, hätte die westliche Politik ganz anders aussehen müssen. Gut, das wäre dann die Frage, ob der Westen der Hauptverantwortliche oder nur ein zusätzlicher destruktiver Faktor in dieser Geschichte ist.
Das gelang 2011/2012 nicht mehr.
Ja, weil dem Westen der regime change wichtiger war als die Eindämmung des radikalen Islam.