Hoppla, Elite!
Unterschiede zwischen 1927 und 2010 eher marginal
I
Ernst Toller erarbeitete, das kann wörtlich so genommen werden, denn es war dramatische Knochenarbeit, mit Erwin Piscator, Walter Mehring und Edmund Meisel, „Hoppla, wir leben!“, ein antiexpressionistisches Etagenwerk, aber auch illusionslos, bezüglich der aufklärerischen Absichten linker Parteien. Piscator führte es, mit großem Erfolg, in seinem eigenen Theater am Nollendorfplatz/Berlin, 1927 auf. Die etwas frühere Hamburger Uraufführung in den Kammerspielen, war weniger geprägt von Piscators Totaltheater-Anspruch und daher nicht so in der Diskussion. Ihr fehlte die passende Medialität und der Berlin-Hauch.
Wo wir wieder stehen, die Analogie bietet sich an wie gute Klopsbrühe, das zeigt ein kleiner Abschnitt aus dem umfänglichen Stück, das sich der geistigen Elite und ihrer ewigen Diskussionen um die Menschenzucht direkt annimmt:
„(…)
(Diskussionsabend der Gruppe der geistigen Kopfarbeiter) (Im Grand Hotel, mein Hinweis, Adlon könnte man einsetzen, damals, heute)
Der Philosoph X Ich komme zum Schluss: Wo Qualität fehlt, ist der Quantität nichts entgegenzusetzen. Also lautet mein Gebot: Es heirate niemand unter seinem Niveau. Es trachte vielmehr jeder, seine Nachkommenschaft, durch geeignete Gattenwahl, auf ein höheres Niveau als er selbst innehat, hinaufzuheben. Was aber trieben wir, meine Herren? Nichts als negative Zuchtwahl. Die unterste, meine Herren, die unterste Bedingung einer jeden Eheschließung, sollte Ebenbürtigkeit sein. Vertrauen wir dem Instinkt. Aber leider ist der Instinkt seit Jahrhunderten vereinseitigt, so daß es nicht leicht sein wird, vor mehreren Generationen, also in etwa zweihundert Jahren, Besseres neu emporzuzüchten.
Der Lyriker Y Wo steht das bei Marx?
Der Philosoph X Ich schließe: Die Instinkte müssen verfeinert und durchgeistigt werden, sie müssen vom Brutal-Vitalen immer mehr dem Schlechthin-Überlegenen zustreben.
Der Lyriker Y Wo steht das bei Marx?
Der Philosoph X Nur so ist der arg gesunkenen weißen Rasse wieder aufzuhelfen. Nur so kann sie höhere Blüten zeitigen als vorher. Ja, woran erkennt man denn, wird mancher fragen, ob einer guten Blutes ist? Ja, wer das bei sich und anderen, aber bei sich vor allem nicht beurteilen kann, dem ist nicht zu helfen. Der ist so instinktlos geworden (zum Lyriker Y gewandt), daß ich ihm persönlich nur dringlich das Aussterben anraten kann. Das ist ja das Große an meiner Akademie der Weisheit, daß sie weise macht, daß sie diejenigen, die früher frischfröhlich fortgezeugt haben, zur Erkenntnis führt, freiwillig auszusterben. Geschieht dies nun konsequent, dann wird auch auf diesem Gebiet das Böse durch Gutes einmal überwunden sein.
Rufe Bravo! Bravo! Zur Geschäftsordnung!
Vorsitzender Der Lyriker Y hat das Wort.
Der Lyriker Y (…) Ich möchte doch die Fage stellen, ob das Thema, über das der Herr Philosoph X gesprochen hat, unserer Aufgabe, das Proletariat geistig zu erlösen, dient. Bei Marx...
Der Kritiker Z Protzen sie nicht immer damit, daß sie Marx gelesen haben.
Der Lyriker Y Herr Vorsitzender ich ersuche Sie, mich zu schützen. Jawohl, ich habe Marx gelesen, und ich finde, der ist gar nicht so dumm. Gewiß fehlt ihm der Sinn für jene neue Sachlichkeit, die wir...
Vorsitzender Sie dürfen nicht zur Tagesordnung sprechen. Ich entziehe ihnen das Wort.
(…)
Der Philosoph X Ein Lyriker...
Der Kritiker Z Man sollte ihn zum Psychoanalytiker schicken. Nach der Analyse wird er aufhören zu dichten. Nichts als verdrängte Komplexe, die ganze Lyrik.
(…)
Der Philosoph X Ein kurzes Postskriptum, meine Herren. Exempel beweisen. Der Herr Lyriker Y bezweifelt den Kausalzusammenhang mit der Aufgabe, die wir uns gestellt haben, das Proletariat geistig zu erlösen. Ungebrochene Instinkte finden sich heute einzig in den sozialen Niederungen. Fragen wir einen Proletarier, fragen wir den Kellner, ich werde den Beweis für meine Theorie erbringen.
Rufe Kellner! Kellner!
(…)“
(aus: Ernst Toller, „Hoppla, wir leben!“, Stuttgart und München 1980, nach Ernst Toller, Gesammelte Werke, Bd.3, „Politisches Theater und Dramen im Exil (1927-1939), München 1978 )
II
Wie die Kindererziehung im neuen, alten Reich der Züchter aussehen könnte, das diskutiert man derzeit jenseits des großen Teiches entlang eines Artikels aus dem Wall Street Journal, in dem sich Yale Law Professorin Amy Chua zu ihren Erziehungsmethoden, vorgeblich aus chinesischer Tradition stammend, auslässt.
Ihre selbstverfasster, kurzer Abriss beschreibt, wie man Klaviervirtuosinnen und Mathecracks (m/w, vorwiegend w), nach ihrer Meinung zwangsläufig, produziert.
In "Battle Hymn of the Tiger Mother" walzt sie das Thema in Buchform aus und platt.
online.wsj.com/article/SB10001424052748704111504576059713528698754.html?mod=WSJ_hp_mostpop_read
„Here are some things my daughters, Sophia and Louisa, were never allowed to do:
-attend a sleepover
- have a playdate
- be in a school play
- complain about not being in a school play
- watch TV or play computer games
- choose their own extracurricular activities
- get any grade less than an A
- not be the No. 1 student in every subject except gym and drama
- play any instrument other than the piano or violin
- not play the piano or violin.
I'm using the term "Chinese mother" loosely. I know some Korean, Indian, Jamaican, Irish and Ghanaian parents who qualify too.“ - Einige sind qualifizert, die Elite in Vertragsrecht, Piano- und Geigespiel, sowie an der Börse, nach dieser Erziehung, mit größerer Wahrscheinlichkeit zu stellen.
Also, was muss Wegfallen und verboten sein, im Alltag der Kinder und Jugendlichen?:
Parties mit Übernachtungen außer Haus, Verabredungen zu Spielnachmittagen, Schulaktivitäten, die nicht benotet werden, Klagen darüber, nicht am unbenoteten Schulleben beteiligt zu sein, Fernsehen, Computerspiele, selbstgewählte Aktivitäten außerhalb der Lernpensen, Noten schlechter als eine glatte Eins, nicht die beste Schülerin zu sein, außer in Sport und Schultheater, andere Instrumente zu spielen, als die Geige oder das Klavier, nicht Geige oder Piano zu spielen!
So sieht der wahrhaft wahnhafte Untergang des Abendlandes also aus. Was dabei wirklich heraus kommt? Abgetopfte Menschen mit Stuhl- und Harnverhalt. Als deutsche Geisteswissenschaftler noch was taugten, nannte man das, im adulten Stadium, autoritäre Charaktere (m/w).
Christoph Leusch
Kommentare 5
Zwei spontane Anmerkungen:
Dieser Ernst Toller Text erinnert etwas an so manchen Diskurs hier in der FC; schmunzelnd gelesen, Danke!
----
Nun ein Text für die (kreativen) Sucher von Parallelen, ggf. mit neuen Gefährdern. Das könnte 68 etc. gewesen sein, oder? Und wer liest hier vor?
I wanna read you a statement by a well known politician that you know off:
"The streets of our country are in turmoil. The universities are filled with students rebelling and rioting. Communists are seeking to destroy our country. Russia is threatening us with her might. And the republic is in danger. Yes! danger from within and without. We need law and order! Without law and order our nation cannot survive. The streets of our country are in turmoil.... This is by..."
----
Vielleicht noch zur Ergänzung, und weil der zweite Teil des Blogs als "Battle Hymn of the Tiger Mother" so pflegeleicht, so ironisch und in plain english daher kommt, mich zu meinem Textbeispiel aufforderte:
"Die Welle" lauert überall, und damit der "wahrhaft wahnhafte Untergang des Abendlandes".
Guten Abend, Herr Leusch.
Ich muß erstmal gründlich nachdenken, bevor ich mich zu sehr aus dem Fenster lehne (oder besser gesagt, damit ich es wenigstens »auf die Reihe« bekomme). Ein paar unzureichende Bemerkungen habe ich aber dennoch schon in petto, wenn Sie gestatten.
1. Die latente Neigung zur autogen betriebenen Aufforstung der Gesellschaft hat in Amerika eine sehr lange Tradition, die selbstredend ihre Wurzeln hat sowohl im Protestantismus sowie im angelsächsischen Pragmatismus. Sie beginnt nicht erst mit den sagenhaften Regalmetern an meistens harmloser, manchmal hilfreicher, selten schauderhafter Ratgeberliteratur (deren Ankerplatz die Vereinigten Staaten im besonderen schon immer waren) für aber wirklich jeden denkbaren Zweck, sondern schon ganz früh im 19. Jahrhundert bei noch ganz frischer Republik. Wer will, kann ja mal nachschlagen unter dem Stichwort The Benevolent Empire.
Warum schreibe ich's? Weil der Artikel, den Sie da aus dem WSJ zitieren, auch kein Solitär ist, noch nicht einmal in der Debatte, die jetzt (wieder) anhebt. Es gab nämlich da einen Vorläufer von keinem geringeren als Jimmy Rogers. Wer ist das noch gleich? Richtig: Das war einer derjenigen, die zusammen mit George Soros den Quantum Fund gegründet haben, gewissermaßen den Prototypen aller modernen Hedgefonds schlechthin.
Der Mann hatte und hat Erfolg (nicht nur beim Quantum Fund, sondern auch als einer frühen Propheten der Rohstoff-Hausse der vergangenen Jahre), und wer Erfolg hat, dem hört man zu, denn der hat wohl was zu sagen. Und so las halb Amerika das 2009 erschienene Buch von Jim Rogers, A Gift to My Children. A Father's Lessons For Life And Investing. Darin legt er dar, welche Erziehung er seinen beiden Töchtern angedeihen läßt — schon da klingt's durch, was Sie dem zitierten WSJ-Artikel entnommen haben. Und er schildert, weshalb er mit seiner Familie von New York nach Singapur gezogen ist: Weil die Zukunft für Jim Rogers, den Propheten der gesellschaftlichen Kondratjeffs, zwar nicht gleich auf dem Wasser, aber immerhin in Asien liegt. Deshalb läßt er seinen Töchtern Primärsprachunterricht in Chinesisch zuteil werden — Englisch ist nur Zweitsprache im Hause Rogers —, sondern er macht sie auch gleich mit dem Umfeld vertraut, auf das sie später zweifelsohne setzen werden, wenn sie die väterlichen Investments erfolgreich weiterverwalten wollen.
Seinerseits hat die Rogers-Postille Anleihen genommen bei einem in Amerika ganz und gar berühmten Mann, nämlich Napoleon Hill, der schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Millionenauflagen machte mit Titeln wie Think and Grow Rich oder How to Raise Your Own Salary. Bücher, die in jedem Mittelschichtenhaushalt herumstehen.
2. Was die Elitendünkelei in der zeitgenössischen Variante angeht — gerüchteweise soll ja ein ehemaliger deutscher Beamter mit einem Opus dazu auch ganz ordentlich »leisten« —, so bin ich nach wie vor der Meinung, daß wir es hier weniger mit schroffen Oberschichtenkapitulanten zu tun haben als mit einer über alle Parteigrenzen hinweg un an ihnen vorbei operierenden gut situierten Mittelstandsunion, die alles dafür unternimmt, daß zuende geht, was zum Modell des Rheinischer Kapitalismus bei allen urdeutsch-korporatistischen Zügen (»formierte Gesellschaft«), eben auch gehört hat, nämlich immerhin die in Ansätzen vorhandene soziale Durchlässigkeit für Aufsteiger.
In den härteren Zeiten, und solche liegen voraus, darüber ist kein Wort mehr zu verlieren, gesellt sich zur bürgerlichen Leistung die soziale Intelligenz, die als Zugehörigkeit zu einer vorab als Elite erklärten Gruppe bestimmt wird. »Intelligenz« scheint heute eine Mischung zu sein aus der Befähigung, auch schwierigen Unterrichtsstoff aufzunehmen und einem Verhalten, das man in Ermangelung eines Begriffs dafür vielleicht: kreativen Konformismus nennen könnte.
»Kreativ« ist der, weil er zum einen wirklich etwa das Violinespiel im Auge hat, aber nicht mehr wie früher etwa zum gemeinsamen Musizieren im Familienkreis oder, auch das soll's gegeben haben, aus purem Spaß an der Freud', sondern nur mehr instrumentell als Vorfeldplanierung in Richtung besserer Mathematikkenntnisse; genau so, wie etwa das schulische Engagement in einer Klimaschutz-AG nur mehr daraufhin befragt wird, ob es schonmal adoleszente Qualitäten zur Menschenführung vermittelt. Und »Konformismus« ist's, weil die Parental- an der Filialgeneration die Entwicklung eines »ganzheitlichen« Charakters bewundert, der ihnen schon deshalb immer auch ererbt zu sein scheint, weil beide Generationen längst das gleiche tun, um sich für den Markt zu ertüchtigen.
3. Diese sozial stillgestellte Umgebung, in der über Kultur nur noch in scheußlichem Utilitarismus die Bekömmlichkeit von Beethovensonaten für das im Mutterbauch der Geburt harrende Kind oder die Milchmenge, die eine entsprechend beschallte Kuh zusätzlich produzieren könnte, verhandelt wird, wendet sich den »Kulturen« als dem Fremden außer uns zu, das wir zwar mit der Seele suchen, aber uns nur so weit zueigen machen, wie es etwa als asiatischer Kampf- oder Meditationssport zur körperlichen »fitness« beiträgt, die bekanntlich Volksgenossenpflicht ist, weil sich die Arbeitskraft nun einmal ohne ihren stofflichen Träger nicht selbst aus dem Haus tragen kann.
Soweit einmal die wie gesagt unfertigen, ungeordneten Bemerkungen.
Viele Grüße
Josef Allensteyn-Puch
Guten Abend, Herr Leusch.
Ich muß erstmal gründlich nachdenken, bevor ich mich zu sehr aus dem Fenster lehne (oder besser gesagt, damit ich es wenigstens »auf die Reihe« bekomme). Ein paar unzureichende Bemerkungen habe ich aber dennoch schon in petto, wenn Sie gestatten.
1. Die latente Neigung zur autogen betriebenen Aufforstung der Gesellschaft hat in Amerika eine sehr lange Tradition, die selbstredend ihre Wurzeln hat sowohl im Protestantismus sowie im angelsächsischen Pragmatismus. Sie beginnt nicht erst mit den sagenhaften Regalmetern an meistens harmloser, manchmal hilfreicher, selten schauderhafter Ratgeberliteratur (deren Ankerplatz die Vereinigten Staaten im besonderen schon immer waren) für aber wirklich jeden denkbaren Zweck, sondern schon ganz früh im 19. Jahrhundert bei noch ganz frischer Republik. Wer will, kann ja mal nachschlagen unter dem Stichwort The Benevolent Empire.
Warum schreibe ich's? Weil der Artikel, den Sie da aus dem WSJ zitieren, auch kein Solitär ist, noch nicht einmal in der Debatte, die jetzt (wieder) anhebt. Es gab nämlich da einen Vorläufer von keinem geringeren als Jimmy Rogers. Wer ist das noch gleich? Richtig: Das war einer derjenigen, die zusammen mit George Soros den Quantum Fund gegründet haben, gewissermaßen den Prototypen aller modernen Hedgefonds schlechthin.
Der Mann hatte und hat Erfolg (nicht nur beim Quantum Fund, sondern auch als einer frühen Propheten der Rohstoff-Hausse der vergangenen Jahre), und wer Erfolg hat, dem hört man zu, denn der hat wohl was zu sagen. Und so las halb Amerika das 2009 erschienene Buch von Jim Rogers, A Gift to My Children. A Father's Lessons For Life And Investing. Darin legt er dar, welche Erziehung er seinen beiden Töchtern angedeihen läßt — schon da klingt's durch, was Sie dem zitierten WSJ-Artikel entnommen haben. Und er schildert, weshalb er mit seiner Familie von New York nach Singapur gezogen ist: Weil die Zukunft für Jim Rogers, den Propheten der gesellschaftlichen Kondratjeffs, zwar nicht gleich auf dem Wasser, aber immerhin in Asien liegt. Deshalb läßt er seinen Töchtern Primärsprachunterricht in Chinesisch zuteil werden — Englisch ist nur Zweitsprache im Hause Rogers —, sondern er macht sie auch gleich mit dem Umfeld vertraut, auf das sie später zweifelsohne setzen werden, wenn sie die väterlichen Investments erfolgreich weiterverwalten wollen.
Seinerseits hat die Rogers-Postille Anleihen genommen bei einem in Amerika ganz und gar berühmten Mann, nämlich Napoleon Hill, der schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Millionenauflagen machte mit Titeln wie Think and Grow Rich oder How to Raise Your Own Salary. Bücher, die in jedem Mittelschichtenhaushalt herumstehen.
2. Was die Elitendünkelei in der zeitgenössischen Variante angeht — gerüchteweise soll ja ein ehemaliger deutscher Beamter mit einem Opus dazu auch ganz ordentlich »leisten« —, so bin ich nach wie vor der Meinung, daß wir es hier weniger mit schroffen Oberschichtenkapitulanten zu tun haben als mit einer über alle Parteigrenzen hinweg un an ihnen vorbei operierenden gut situierten Mittelstandsunion, die alles dafür unternimmt, daß zuende geht, was zum Modell des Rheinischer Kapitalismus bei allen urdeutsch-korporatistischen Zügen (»formierte Gesellschaft«), eben auch gehört hat, nämlich immerhin die in Ansätzen vorhandene soziale Durchlässigkeit für Aufsteiger.
In den härteren Zeiten, und solche liegen voraus, darüber ist kein Wort mehr zu verlieren, gesellt sich zur bürgerlichen Leistung die soziale Intelligenz, die als Zugehörigkeit zu einer vorab als Elite erklärten Gruppe bestimmt wird. »Intelligenz« scheint heute eine Mischung zu sein aus der Befähigung, auch schwierigen Unterrichtsstoff aufzunehmen und einem Verhalten, das man in Ermangelung eines Begriffs dafür vielleicht: kreativen Konformismus nennen könnte.
»Kreativ« ist der, weil er zum einen wirklich etwa das Violinespiel im Auge hat, aber nicht mehr wie früher etwa zum gemeinsamen Musizieren im Familienkreis oder, auch das soll's gegeben haben, aus purem Spaß an der Freud', sondern nur mehr instrumentell als Vorfeldplanierung in Richtung besserer Mathematikkenntnisse; genau so, wie etwa das schulische Engagement in einer Klimaschutz-AG nur mehr daraufhin befragt wird, ob es schonmal adoleszente Qualitäten zur Menschenführung vermittelt. Und »Konformismus« ist's, weil die Parental- an der Filialgeneration die Entwicklung eines »ganzheitlichen« Charakters bewundert, der ihnen schon deshalb immer auch ererbt zu sein scheint, weil beide Generationen längst das gleiche tun, um sich für den Markt zu ertüchtigen.
3. Diese sozial stillgestellte Umgebung, in der über Kultur nur noch in scheußlichem Utilitarismus die Bekömmlichkeit von Beethovensonaten für das im Mutterbauch der Geburt harrende Kind oder die Milchmenge, die eine entsprechend beschallte Kuh zusätzlich produzieren könnte, verhandelt wird, wendet sich den »Kulturen« als dem Fremden außer uns zu, das wir zwar mit der Seele suchen, aber uns nur so weit zueigen machen, wie es etwa als asiatischer Kampf- oder Meditationssport zur körperlichen »fitness« beiträgt, die bekanntlich Volksgenossenpflicht ist, weil sich die Arbeitskraft nun einmal ohne ihren stofflichen Träger nicht selbst aus dem Haus tragen kann.
Soweit einmal die wie gesagt unfertigen, ungeordneten Bemerkungen.
Viele Grüße
Josef Allensteyn-Puch
(Ja, jetzt ist es mir nach langer Zeit auch wieder einmal passiert. — Das Doppelpost wollen Sie bitte nachsehen.)