Lodestar-Musikerin Sarah Harmer, O Canada III

Sommernachtsmusik Die kanadische Musikerin Sarah Harmer gilt zu Recht als Meisterin wundervoll geschriebener Songs und als Künstlerin mit Bewusstsein für Bluegrass und Folk.

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Lodestar, Leitstern- Sarah Harmer (O Canada III)

Es browst durchs Net die halbe Welt und jeder sieht, der ´s ehrlich meint, wie kurz der eig´ne Schatten fällt.

Auf Web-Reisen erstaunen immer wieder Ereignissen und Personen, von denen man doch glauben möchte, sie seien längst in der ganzen Welt bekannt, ja, sie müssten geradezu berühmt sein. - Nichts da! - Dafür aber, verdient Lady Gaga mit Gags das meiste Geld und dazu trägt sie fantasievolle und eiweißhaltige Kostümchen, die nicht aus Seide sind. Dafür singen Begeisterte jede einfache Silbe von Udo Lindenberg oder Herbert Grönemeyer genau so schlecht mit, wie es die beiden Herren vorzunuscheln belieben.

Hinter den großen, breiten Zyklonen der Unterhaltungsindustrie, lugen in lauen Vorsommernächten die kleinen Sterne hervor. Wer sie sieht und ihre Sphärenmusik hört, wird ganz glücklich, wenn auch nur für Momente. „Und Schlag auf Schlag! Werd ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch! du bist so schön! Dann magst du mich in Fesseln schlagen, Dann will ich gern zugrunde gehn!“

Lodestar“, komponiert und gesungen von Sarah Harmer: www.youtube.com/watch?v=d82YW-OjLKY

Mit dem ultraleichten, aufblasbaren Boot geht es direkt in den Sonnenuntergang, dann kommt die Nacht. Wer kann sich mit seiner Liebsten je verirren, wenn die Milchstraße schimmert und die Luft im Boot noch eine kleine Ewigkeit hält. An einem einsamen Rheinstrand gehen wir von Bord. Überall funkeln die Sterne und der Mond steht groß über dem Horizont. Hier leuchtet die Musik, wir sind in Kanada.

Die Liedermacherin Sarah Harmer ist so ein, fast noch unentdeckter, Leitstern, der die Menschen seit Jahren glücklich macht. Bei Gelegenheit, wenn ihre Songs von Lokalradios und unabhängigen Universitätssendern ausgestrahlt werden, wenn sie irgendwo in den Weiten Nordamerikas in ein Autoradio fallen, eher mit Absicht, wenn man ein Konzert Sarah Harmers besucht oder wenn sie zu einem Festival eingeladen wird, hört man die angenehme Stimme und ist von der schönen Sprache beeindruckt, mit der sie textet.

Bury me not on the lone prairie

Sie ist, wie die Urväter der Bluegrass-Musik auf dem amerikanischen Nordkontinent, konstant unterwegs, von Ost nach West, von Nord nach Süd. Kanada ist ihr Land, heute hier und morgen dort. Das Land und die See, manchmal liegen sie in einem alten Song ganz dicht beisammen, denn der Cowboy war, auch musikhistorisch, in seinem früheren Leben ein tüchtiger Seebär und Kaphornier, der so an Land begraben werden wollte, wie sein Nachfahr´ nicht in der Prärie verscharrt:

Sarah Harmer singt den Song, das alte Seefahrerlied:

„Bury me not on the lone prairie“, N.N., 1932, www.youtube.com/watch?v=uyOlFt9r6Oc , oder, „The Ocean Burial“, by George N. Allen, 1850.

Die Daten sagen nur, wann die Songs zum ersten Mal kanonisch aufgeschrieben wurden. In Wahrheit sind sie uralt, mindestens seit 800 v. Christus bekannt, denn schon die homerischen Helden klagen in diesem Ton.

Auf den Spuren Johnny Cashs rückwärts laufend, http://www.youtube.com/watch?v=zzzTpVpQKeI , geht es zu dem Lonesome cowboy, der die Weise vermutlich als erster in ein Radiomikrofon oder auf eine Grammophonwalze sang. - Howdy, das ist geschwindelt, klingt aber gut!: www.youtube.com/watch?v=GwVO3jyxDig&;;;;;;feature=related .

Kuhjunge Jim Garling weilt noch oberirdisch und liegt nicht schon Jahrzehnte auf einem kleinen Landkirchenfriedhof begraben.

Kaum eine Sängerin und Komponistin schafft es, so wie Sarah Harmer, die Folk und Country-Tradition dieses weiten Kontinents mit modernen Pop- und Chanson-Elementen zu verbinden. Kaum ein Musiker berherrscht, wie sie, die elektrische und akustische Gitarre als Begleitinstrument, um nicht nur eine Grundmelodie und einen Rhythmus in die Songs zu bringen, sondern Pickings und Melodielinien als Betonungen, wie eine Art feiner Song-Grammatik zu nutzen. Wer einmal Mrs. Harmer gehört hat, der möchte von ihr mehr und mehr hören, da bin ich mir ganz sicher.

Ich vergaß zu schreiben, Mrs. Harmer gehört zu den „Gutmenschen“! Sie gründete PERL, das ist Protecting Escarpment Rural Land, eine Umweltschutzorganisation, die das „Escarpment“ Mount Nemo, bei Burlington / Provinz Ontario, ein Gebirgsplateau, gegen Bebauung und Nutzung als Steinbruch schützt (www.perlofburlington.org/ ). Dafür stellt sie längere Zeit ihre Musikkarriere zurück. - Ich tausche drei Madonnen gegen eine Sarah Harmer.

Wer noch ein wenig mehr zu dieser erstaunlichen Frau wissen will, der lese in der kanadischen Enzyklopädie: Sarah Harmer

Good day and good luck

Christoph Leusch

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