Nachklang Roger Willemsen

Roger Willemsen Roger Willemsen, das war feinste Westkultware. Auslieferung auf Bestellung. In gutem Sinn, ein wenig altmodisch. Seine Freude, gute Worte zu verschenken, leuchtete hell.

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Roger Willemsen konnte schnell und viel sprechen, ohne sich gedanklich zu verhaspeln. - Why?

Michel Petrucciani, „Why“, https://www.youtube.com/watch?v=T5ZXBStj7Xg

Er blickte auf seinen Lebensreisen geplant zufällig in Abgründe, ohne die raren Menschentiere, denen er durchaus über den Weg lief, gleich und völlig, bis auf Haut und Knochen, auszustellen. Er ließ das Geschaute und Gehörte in sich wirken. Manchmal roch er auch was, unterwegs, dann berichtete er sogar von freundlichen Fürzen unter Freunden.

Willemsen, feinste Westware, als das noch von Bedeutung war, ein „Suspicious Child Growing Up“, hörte gerne Jazz, wie ihn uns sein Freund Volker Kriegel einst vorspielte:

https://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=YrUU9cEsE70

So also, brachte er Bücher voller Begegnungsgeschichten zusammen und dazu auch noch Redeströme, die aus ihm herausliefen, wurde er angefragt, als seien sie hinter der Staumauer aus Hornbrille, Stirn und Kräuselhaar angestiegen und müssten nun unten, durch den leicht qualligen Erdbeermund, Richtung Publikum: „Der ewig Reisende“ (SRF Kultur, Juri Steiner, Sternstunde Philosophie, 26.04.2015), https://www.youtube.com/watch?v=thmczk9khdw .

Er hat uns oft die Meinung gesagt, zum Beispiel zu dem gescheiterten Kriegsexperiment in Afghanistan und seinen Folgen in der Nachbarschaft Kubas.

Vor allem aber, konnte der Mensch lachen und lachen machen.

Der Redestaatsvorsitzende Roger Willemsen, „Das hohe Haus“ (Parlament TV Österreich): https://www.youtube.com/watch?v=bW8rbQRYjXY .

Er analysierte, unter anderem, das „konjunktivische Mitleid“ Angela Merkels, im Parlament, nicht das der Privatperson und konstatierte trocken: „Wann hat sich das Parlament schon einmal gegen eine Regierung ausgesprochen?“

Seine Liebe galt der feinsinnigen Reportage und vor allem dem Interview, so wie es früher einmal Mode war. Tausende soll er geführt haben. Das Geschaute und Gehörte regete ihn an, selbst eine Idee, eine Meinung, eine Haltung zu entwickeln, nach dem hier nur angenommenen Motto: „Das habe ich mit meinen fünf Sinnen und mit jenem Siebten wahrgenommen“. Es ging also durch ihn hindurch und kam, als Redesprache, wieder heraus.

Was aber nie passierte und heute leider zu oft die Regel ist, dass diesem Intellektuellen die Sprache und die Gedanken verrutschten, hin zur Denunziation. Eine völlig berechtigte Ausnahme gab es. Das berühmte Interview mit Madonna. Sie hat es, selbstbewusst, gelangweilt und unwissend, überlebt.

Nun ließ ihn das Leben gehen.

Sophie Hunger und Erik Truffaz, „Let me go“,

https://www.youtube.com/watch?v=cPv9lH_23FU

Christoph Leusch

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