SOPA, ein Gesetz das die Online-Freiheit stoppen könnte

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Was ist wichtig an SOPA, dem Stop Online Piracy Act?

Erstens ist wichtig, wer denn die Initiative zu diesem Gesetz ergriff!

SOPA wurde von einer parteienübergreifenden (Demokraten und Republikaner) Gruppe von Abgeordneten des amerikanischen „House of Representative“ eingebracht. Federführend war der republikanische Vorsitzende des Rechtsausschusses der Kammer, Lamar S. Smith, aus Texas. Er wurde dabei von 12 (mittlerweile 31) großen, öffentlichen Befürwortern des Gesetzes unterstützt.

Auf der umfangreichen, allgemeinen Unterstützerliste stehen, u.a., ABC (eines der größten privaten TV-Networks), die 60+Organisation (einflussreich, weil zahlungskräftige Ältere vertretend), die amerikanische Musikervereinigung, ebenso die der Fernseh- und Radiokünstler, die der Komponisten, die amerikanische Vereinigung für Arbeit und Industrieorganisation, besonders wichtig, die Vereinigung der amerikanischen Verleger (AAP), die Vereinigung der staatlichen Kriminaluntersuchungsbehörden (sic!), Capitol records, CBS (ein weiteres, privates TV-Network), Beachbody (eine Großfirma rund ums Abnehmen und die Fitness), BMG-Chrysalis (das ist die Bertelsmann-Gruppe in den USA!), ein paar eindeutig rechtslastige politische Think Tanks, wie z.B. das Center for Inidvidual Freedom (Parkplatz für den Hinterbänkler-Regierungswechselnachwuchs der Republikaner), ein paar christliche Vereine und Pressure-Groups, die Vereinigung der Filmregisseure Amerikas (sic!), Copyhype (ein wohl einflussreiches One-Man Law und Media Blog, eines gewissen Terry Hart, eher ein Strohmann), bis zu den Concerned Woman for America (CWA) die sich selbst als größte Frauen-Pressuregroup mit christlichem Hintergrund bezeichnen. Sie wollen biblische Prinzipien auf alle Ebenen der Politik bringen! - Mittlerweile haben sich Weltkonzerne, Kreditkartenfirmen, Pharmafirmen, US-Handelskammern, US-Bürgermeister, angeschlossen (Liste, s.u.).

Was ist möglich mit diesem Gesetz?

Es erlaubte dem Staat, aber auch den sich betroffen fühlenden Firmen, über Rechtsttitel (ähnlich einem Vollstreckungstitel für Zahlungen), nicht nur die offensichtlichen Raubkopierer, sondern auch die Webseiten und Betreiber, auf denen überhaupt raubkopiertes Material zu finden ist, zu maßregeln. Z.B. können Gerichte die Sponsoren und Geschäftspartner belangen, die mit Seiten Verträge eingehen, auf denen auch nur ein einziger indizierte raubkopierter Beitrag steht, oder z.B. Privatleute, die Musikhintergründe, Filmclips, sonstiges geschütztes Material, ohne Zustimmung der Rechteeigner nutzen. Diese Gesetzesvorschriften sollen auch auf ausländische Seiten wirken, die von den USA erreicht werden können! - Es ist ein wenig, wie schon derzeit im Außenwirtschaftsbereich, wenn die U.S. Regierung Boykottmaßnahmen gegen einzelne Länder verhängt, und damit auch Dritte und Geschäftspartner mit einschließt, die sich dem Boykott entweder nicht freiwillig anschließen, oder in ganz anderen, nicht boykottierten Bereichen Geschäfte mit der Index-Nation, gegen den Willen der US-Regierung, abschließen oder aufrecht erhalten wollen.

So können Suchmaschinen verpflichtet werden, keine Seite zu erfassen, auf der ein urheberrechtlich geschütztes Material illegal auftaucht. Privatrechtlich erlaubt dieses Gesetz, nicht nur Strafen, Gebühren und Lizenzen nachträglich einzufordern, sondern auch den Schadenersatz gegen Dritte, neben den Urheberechtsverletzern selbst, geltend zu machen. Die angedrohten Personenstrafen sind drakonisch. Für 10 Verletzungen innerhalb von sechs Monaten können bis zu fünf Jahren Gefängnis verhängt werden.

Organisationen, Firmen und Büros, die sich „freiwillig“ der Aufklärung und Dingfestmachung von Urheberechtsverletzungen widmen, sollen bei ihren freiwilligen und gesponserten Tun Immunität gegenüber Dritten genießen, falls daraus für diese indirekt Beteiligten Schäden entstehen.

Seit dem 14.01. 2011 ist das umstrittene Gesetzespaket erst einmal gestoppt. Aufgrund des massiven Protestes, aber auch des wachsenden Widerstandes sehr vieler republikanischer und demokratischer Abgeordneter, die bei der Lesung und der Debatte erkennen mussten, wie gering ihre persönlicher Wissensstand ist, versprach Lamar Smith wesentliche Änderungen, vor allem die Streichung jenes ominösen Passus, der es dem Staat und sogar privaten Rechtevertetern erlaubt hätte, mit einem einzigen Richterbescheid ganze Domain-Namen und ihre IP-Adressen zu sperren.

SOPA ist eines der vielen Gesetze, bei dem unser „Held“ im Weißen Haus Bauchschmerzen hat und es am liebsten mit seinem Veto beerdigen würde. Nur ganz laut aussprechen, mag er die Möglichkeit des Vetos nicht, denn zu viele Demokraten hängen zu tief in der Zustimmung zu diesem Gesetzesvorhaben.

Christoph Leusch

Quellen:

en.wikipedia.org/wiki/Stop_Online_Piracy_Act
Vorbildliche Webseite zum Thema

jurist.org/paperchase/2012/01/US-House-postpones-hearing-on-internet-bill-SOPA.php
Die aktuellste Entwicklung, aus juristischer Sicht

oobly.com/2011/12/22/who-is-supporting-sopa_572/
Die offizielle Sponsorenliste. Sehr informativ. Ich richte jedenfalls, ab jetzt, mein Kauf- und Einkaufverhalten, aber auch meinen Umgang mit Tele- und Printmedien, daraufhin neu aus.

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