Wer lügt,wer ist dumm? Presseethik nach Elitz

Schriftleiterpresse? Journalisten ringen nicht nur mit der angespannten Ökonomie in ihrem Geschäftsfeld. Gerade die sicheren und etablierten Medienmacher haben auch ein massives Moralproblem.

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Wer lügt, wer ist dumm? - Eine Antwort zu Ernst Elitz zwölf journalistischen Geboten

Ein Altmeister des Rundfunkjournalismus und eine Eminenz in der Medienpolitik wendet sich mit zwölf Thesen zum Journalismus an die Öffentlichkeit. Ernst Elitz schreibt in der Berliner Zeitung vom 4. 1. 2009, „Gegen Lügen und Dummheit“, die Medien müssten sich ändern ( www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2010/0104/medien/0003/index.html ).

Die Überschrift und der Teaser des Artikels klingen gut. Vor allem scheint es zunächst so, als spräche da ein Weiser zu seiner eigenen Profession.

Allein, es folgen dann die ausführlichen Thesen, und die Welt der Meinungen und Medien riecht plötzlich wieder förmlich nach der Dofivatschen „Zeitungslehre“ und nach einer Rolle des Journalismus, die zwar Positionen, Einladung zu wichtigen öffentlichen Verantaltungen, öffentlich-rechtliche Mitsprache und Gewicht in der Arena der politischen und medialen Welt garantiert, also für Reputation und Prominenz der journalistisch Beteiligten sorgt, aber den Journalismus weiter „auf den Hund“ kommen lässt.

Schon Herrn Elitz These 1 hat es gewaltig in sich. - „Medien müssen Politik ins Alltagsleben übersetzen“, konstatiert der ehemalige Intendant des Deutschlandradios und professorale Medien- und Kulturmanager. Dass sie dies momentan nicht mehr können, schiebt Elitz nonchalant den Politikern in die Schuhe. Machten die noch Politik und nicht ständig Personality-Marketing, gelänge selbstverständlich die Transmission, wären die Journalisten wieder nahe der Macht, als deren Propagandisten. - Sie erklärten dann bloß, was denn die Politik für den Alltag der Bürger bedeutet. - Das sichert Macht und ist unglaublich affirmativ.

Ein Modell, eine Grundthese für den modernen Journalismus kann das aber keinesfalls sein. Denn Journalisten als Transmissionsriemen der Politik und der Wirtschaft gab es historisch, von Walter Lippmann bis Werner Höfer schon viel zu viele, und sie sind heute wie die Sandkörner am Meer, an all´ den sonnigen und halbschattigen Plätzen im öffentlich-rechtlichen Bereich, aber auch in den privaten Medienreichen um Springer, Holtzbrinck, Burda und Spiegel, verteilt.

Die Gegenthese lautet: Guter Journalismus ist kein Vermittler für politische Botschaften und Entscheidungen. Guter Journalismus kennt keine Transmissionsfunktion, sondern höchstens eine Funktion der abwägenden und beleuchtenden Kritik. Guter Journalismus bleibt immer kritisch und macht sich nie gemein! - So gerät er auch niemals in den „Schatten der Macht“ (Bildunterschrift der BZ!), der doch klassisch für die Anhänger der „Zeitungslehre“ und für die vielen Ziehsöhne und Töchter aus den Zeiten des Adenauerschen und Erhardschen Rheingolds und für deren Enkel aus den Zeiten der alten Bundesrepublik, noch das Geschäfts- und Publizistikmodell abgab. So wird man auch nicht Teil der erweiterten „Generation Golf“, die an der Zahl der Galaverantaltungen und Einladungen abliest, wie es um die eigene Prominenz bestellt ist, aber gar nicht erst den Versuch wagt, kritischen Journalismus zu betreiben.

In einer eher paradoxen Situation, in der immer mehr Bürger die Ungerechtigkeiten des derzeitigen Wirtschafts- und Politikmodells erkennen, allerdings auf eine radikale Infragestellung noch verzichten, etwa aus Mangel an ausgefertigten Alternativen und einer Grundangst vor zu viel Veränderung, ist die einfache Botschaft, Journalisten erklärten, was die Politik wolle, eine konservative Botschaft der Restauration.

So sympathisch und augenfällig Herrn Elitz Beispiele daher kommen, so wenig erhellen die Beispiele die These selbst. - Tatsächlich lenken eine Frau Künast als Verbraucherberaterin, eine Frau von der Leyen als Familienberaterin, eine Kanzlerin beim Konserven-Einkauf im Supermarkt, ein Herr Gabriel als nützliche Last im Elektroauto ebenso gezielt ab, wie die zunehmende mediale Betrachtung von Politikerehen, Politikerliebschaften und die weitläufige Ausstellung derer sonstiger Freizeitaktivitäten, die sich nun schon lange nicht mehr nur mit der Rosenzucht oder beim Bocciaspiel aufhalten.

These 2 geht noch einen Schritt weiter. Da behauptet der altehrwürdige Professor für das Medienmanagement, immer im freundlich-verbindlichen Tone, ich habe seine sonore Stimme im Ohr, die Medien „müssen mit Emotionen und mit erschütternden Bildern argumentieren“, weil diese „menschlichen Schicksale“ bessere Argumente anböten, als die Reden der Politiker. - Padautz, schon wieder ein Schlag auf unseren Politikertypus, an Stelle einer Selbsterfahrung für Medialisten, wie doch zu Beginn angekündigt! - Damit ist Herr Elitz, wohl auch bei sich selbst überfordert, denn sonst wäre er dem Rate Rolf Schneiders aus der „Süddeutschen“ an die Bloggergemeinde gefolgt und hätte zunächst einmal das Hirn eingeschaltet, bevor er solche Knallbonbons zündete.

Sein Beispiel zu These 2 kommt allerdings wieder prächtig daher und findet sicher populären Anhang. Die Hinterbliebenen der Opfer des Winnenden Attentäters setzen sich mit den Fotos ihrer lächelnden, nun aber toten Kinder, für eine Verschärfung des Waffenrechtes ein. - Da können sicher viele Leser und Bürger zustimmen.

Die eigentliche Grundthese stützt aber eine ganz andere, schon länger anhaltende mediale Strategie, nämlich mit Emotionen und Kampagnen, mit der Ausschlachtung „menschlicher Schicksale“, massenhaft Inhalte zu produzieren, die von wesentlichen Fragen ablenken.

„Hochemotional“ wird es allerdings beim nächsten medial aufgekochten „Kinderschänder-Prozess“, beim übernächsten Terroranschlag, bei der kommenden, nächsten Welle der so genannten „Sicherheitsgesetze“, bei der nächsten Schweinegrippehysterie, besonders dann, wenn allzu sehr „menschliche Schicksale“ das mediale Texten und Verdichten okkupieren. - Wie schnell wird dann aus der inszenierten Betroffenheit der populistische Ruf nach mehr und strengeren Gesetzen, nach mehr Kontrolle, Überwachung und Strafe, nach mehr Ab- und Ausgrenzung des Anderen und Fremden?

Guter Journalismus weiß um den Irrtum und die Gewalt der Mehrheit, und um den Anschein von zu vieler emotionaler Glaubwürdigkeit. Er mag daher ein wenig erkältet daher kommen, aber nicht dem Irrsinn und der Hysterie Tür und Tor öffnen, nur weil das volksnah „Glaubwürdigkeit“ verspricht.

Wohin die gedankliche Reise geht, legt Ernst Elitz in These 3 offen. „Medien müssen Tabubrecher sein“. - Na, dafür bekommt der Universitätslehrer bestimmt Küsse der Medienwirtschaft auf beide Backen und auf den Mund, vielleicht sogar ein paar Zungenküsse.

Glücklicherweise verheddert sich nun die Argumentation auch bei den Beispielen. Da wird von der Andeutung bezüglich einiger prominenter „Krankheit zum Tode-Bekenntnisse“ , eine direkte Linie zum Tod Robert Enkes gezogen und Elitz versteigt sich zu der These, „Der Depressionstod von Robert Enke hat radikal vor Augen geführt, dass Medien frühzeitig gesellschaftliche Tabus brechen müssen, um Menschen vor Katastrophen zu bewahren.“ - Hoffentlich findet diese Absicht des alten Mannes keine allzu zahlreiche Anhängerschaft unter den professionellen Journalisten, denn für die dann medial und massenhaft ausgelösten Katastrophen übernimmt da sicher niemand die Verantwortung. - Der Intendant a.D. meint es gut, aber er hat leider schlecht nachgedacht.

These 4, „Medien müssen auch die Entwürdigung des Menschen vor Augen führen.“

Spontan mag man zustimmen, aber schon eine Sekunde später schreckt man wieder zurück. - Ja, es gibt das berühmte Filmbild, oder das „Still“ davon, wie ein Vietkong vom Polizeichef auf offener Straße hingerichtet wird, es gibt die Bilder und Filme, der wie Stockfisch gestapelten Leichen aus den KZs der Nazis und, und, und. Keine Frage, diese Bilder waren und sind notwendig, wichtig und richtig. - Aber es geht hier überhaupt nicht um Entwürdigung, sondern um Verbrechen, Grausamkeit und Gewalt, um die Aberkennung allen und jeglichen Rechts des Menschen, die bekannt werden müssen. Das ist eine heilige Pflicht der Presse.

Napalm-verbrannte Kinder und Erwachsene, Hirnrichtungsszenen, Hungerbauchkinder und vergewaltigte Frauen behalten ihre Würde, die die Täter schon mit dem Vorsatz zur Tat verlieren. Bei der heutigen, inflationären Darstellung von Grausamkeit geht es aber exakt so zu, wie es Elitz gerade nicht will und der Effekt ist ein ganz anderer. Auf die Kontexte kommt es an. Wer terroristische Anschläge auf Marktplätzen in Afghanistan oder in Pakistan dazu benutzt, die undeklarierten Kriege über und in diesen Ländern zu rechtfertigen, wer die Chance nicht verstreichen lässt, damit zu begründen, warum aus der Luft und mit Drohnen Jagd gemacht wird, warum zehntausende Soldaten unsere Freiheit am Hindukusch verteidigen müssen, der macht kategorial was falsch.

Fünftens: „Medien müssen die Lügensprache entlarven“. Volle Zustimmung Herr Elitz. Aber, lieber Herr Professor, dass Sie nach einem ganzen Leben in der Publizistik immer noch nicht die Namen nennen wollen, sie gar nicht kennen wollen, die sich als „Wortverdreher GmbH“ verdingt, verdient und berühmt machen, das verwundert doch sehr. Die Fragezeichen müssten Sie sich sparen! - Lesen Sie keine Zeitungen mehr und schauen Sie nicht in die Tagesschau? Eine der wöchentlichen Kolumnen des Herrn Straubhaar oder des Herrn Hank, eine der allseits auskunftsbereiten Kolumnen Josef Joffes zu jeglichem erdenklichen Weltthema, müsste Sie doch lehren, wo so lange am Wort gedreht wird, bis das Gegenteil heraus kommt.

Es folgt die „most sexiest proposition“, „Medien müssten kampagnenfähig sein.“ - Tatsächlich müssen die Redakteure und Reporter der Frankfurter Rundschau hartnäckig, fleißig und unermüdlich hinter dem ganzen Sumpf her recherchieren, der aus der Region um Wiesbaden, Frankfurt und den Taunuskreisen eine Aneignungs-Republik mit eigenen Gesetzen und von eigenen Gnaden machen möchte. In der es ein Recht fürs gemeine Volk und ein ganz anderes Berechtigungs- und Belohnungssystem, über öffentlichen und halböffentliche Beziehungen und anwaltliche Dienstleistungen für die Leute gibt, die sich dort ganz offen zur Elite erklärt haben. Gedeckt und befördert durch ein Netzwerk aus Politik und Behörden, die man in diesen Kreisen allesamt so gut kennt, dass man sie lange in der Tasche und an der Leine hat (der Fall Wolski, die Batliner-Dateien und der Steuerfahnderskandal, die „jüdischen Vermächtnisse“). Da braucht es Mut, weil mit den Fallstricken der Justiz und der Staatsanwaltschaft schnell „Ruhigstellungen“ der Presse erzwungen werden können. - „Kampagnen“, die fährt die Bildzeitung, die macht die Presse von der ZEIT bis zum „Spiegel“, z.B. gegen Lafontaine, mit schmierigen Methoden. Die „Kampagnenfähigkeit“ wurde ausgepackt, um Kurt Beck nicht nur mundtot, sondern politisch tot zu treten. Daran beteiligten sich sogar Intellektuelle im miesesten Ton, so z.B. Hans Ulrich Wehler.

These 7: Die Medien sollen „Glaubwürdigkeitsagenturen“ werden. Gerne möchte man folgen, jedoch, wie wird man glaubwürdig, wenn man doch der „Transmissionsriemen“ ist und sein will?

Das passt nicht zusammen. - Aber Ernst Elitz meint ja hier etwas ganz anderes. Er sorgt sich darum, dass die Medien ihre Rolle als Zensoren und Filter der Internet- und Vor-Ort-Echtzeit- und Laienberichterstattung nicht angemessen ausüben. - Die Frage müsste jedoch, gerade für einen medientheoretisch interessierten Publizisten, lauten, mit welchem Recht Journalisten solche glaubwürdigen Filter sein können, wenn doch das Vertrauen des Publikums in die Kompetenz und bezüglich der beruflichen Normen des Journalismus, tagtäglich schwer erschüttert wird. - Wer einmal von einem hoch angesehenen Journalisten oder Publizisten Dinge lesen musste, die dieser unmöglich gesehen, gelesen, verstanden und bearbeitet haben kann, der zweifelt doch daran, diese wichtiger Aufgabe des „Filterns“ so einfach in die Hände der Journalisten zurück zu geben. Der setzt vielleicht eher auf eine beständige Selbstkorrektur aus der Tätigkeit der Vielen.

„Medien müssen interaktiv sein“, so die achte These. Schön und richtig, wenn auch der Gedanke, dies lenke dann den Blick auch wieder mehr auf die klassischen Print-Medien, ein wenig ohne realen Beleg daher kommt. Tatsächlich erscheint mir diese These als die plausibelste, weil Ernst Elitz endlich anerkennt, was das Web-Medium als technische Vorgabe möglich machte. Er tut es auch nicht versteckt und eher verschämt, sondern äußert sich klar und deutlich.

These 9 betont, auch hier können sicher viele Leser zustimmen, dass es eine wichtiger zukünftige Aufgabe der Journalisten sein wird, die „emanzipierten“ Leser-Journalisten und deren unendlichen Strom an Eingaben zu sichten und die Laien vor den Folgen unbedachten und wenig überprüften Publizierens zu bewahren. - Die juristischen Folgen werden derzeit, auf Wunsch so mancher Lobby, gerade deutlich verschärft, ausgerechnet unter der Mitregentschaft einer liberalen Partei und der stillen Mitarbeit einer ehemals sozialdemokratischen Partei, die sich doch einst das „mehr Demokratie wagen“ auf die Fahnen schrieb. - Wer dazu ganz viel wissen möchte, der lese Joachim Losehands Blog, hier beim „Der Freitag“ oder beschaffe sich die unermüdlichen und aufklärenden Artikel eines Kai Biermann aus der ZEIT.

Aber, sind denn die großen Medienhäuser und Verlage, die öffentlich-rechtlichen Anstalten, aus ökonomischen und aufmerksamkeitstechnischen Gründen überhaupt an dieser Aufgabe interessiert? Sie bringt noch lange nichts ein und konterkariert die Absicht, publizistische Inhalte in einer Marktwirtschaft zu verkaufen.

Allgemein sind zehnte Gebote besonders wichtig, so auch hier! Die Lokalzeitung als letzte Bastion der medialen Integration aller, die sich noch als Bürger verstehen, das wirkt doch in den Zeiten der dicken Mäntel aus geringfügig geänderten DPA-Reuters und Co.-Berichten, die mittlerweile journalistisch weitgehend „vorgeformt“ sind, wie eine liebenswerte Utopie.

Die lokalen Feuilletons und die lokalpolitischen Redaktionen wurden doch gerade erst erneut kräftig zusammen gestrichen, allenfalls durch seitenweisen Kreisliga Sport ersetzt, da hofft Herr Elitz auf die qualitative Erholung des Lokalen. Sprechstundenhilfen die die Lokalzeitung lesen sind ebenso rar, wie der fest angestellte und vor allem von seinem Verleger von Einflüssen freigestellte Lokalredakteur oder Journalist. Einmal abgesehen von der Tatsache, dass diese Leute in wirklich verschleißintensiven und fettnäpfchenreichen Tätigkeiten, weder gut bezahlt, noch gut geachtet werden. - Wer als Medienkundiger auf die lokale Presse schaut, der sollte wissender schreiben.

Publikumsbeschimpfung ab These 11:

„Nicht die Medien verdummen das Publikum, sondern das Publikum macht die Medien so dumm.“

Das Medium mit permanenter Rückmeldung ist das Internet. Dass aber Internet-Nutzer solche Dummheiten wie den Tele-TED der Fernsehanstalten oder die Einschaltquote besonders beeinflussen und ganz toll finden, wäre mir als Nutzer des Webs eine wirkliche Neuigkeit.

Tatsache ist, dass Fernsehanstalten und mittlerweile auch viele private Print-Medien über ihre Online-Angebote die Nutzer und Leser permanent auffordern, zu werten und die Prozentwerte der Wertung, sowie die absoluten "Millioneneinschaltzahlen", wie eine Monstranz zur Rechtfertigung ihrer Sende- und Leseangebote voran tragen.

Nicht das Publikum griff zu den Methoden des Marketings und der Kunden-Werbung, es waren die öffentlich-rechtlichen Anstalten, einige sehr konservative Politiker, die dem Seher und Hörer das anbieten wollten, was er sehen wollte und sollte, und eine Schar von sehr konservativen Medienwissenschaftlern, die der „schweigenden Mehrheit“ zu ihrem Recht verhalfen und es heute teilweise schon wieder bereuen.

Wie man als gebildeter Medienkenner die Verhältnisse also so auf den Kopf gestellt darstellen kann, bleibt mir wenigstens ein mittleres Rätsel. - Vielleicht ist es ja auch nur eine jener Altmännerbotschaften, die aus der geheimen Sehnsucht erwachsen, wieder wie in alten Zeiten, dem Publikum „Erziehung“ angedeihen zu lassen. - Helmut Schmidt raucht dazu wenigstens, was ein wenig Bewegung im Bild erzeugt.

Die zwölfte These, endlich gewendet an das Tabakskollegium der Journalisten. Ernst Elitz möchte die Medienzunft wieder mehr als „Sachwalter öffentlicher Interessen“ etabliert sehen und warnt vor dem "Bauchrednertum", dem Publikum jeden Gefallen zu leisten.

Über die Ambivalenz des Anspruchs der „Sachwaltung“ habe ich ja schon oben berichtet. Mir gefiele es viel besser, wenn sich Medienschaffende und Journalisten an, -mühsam über fast drei Jahrhunderte erkämpfte-, Standards hielten und sich als ein Teil- und als ein Gegengewicht in der demokratischen Öffentlichkeit verstünden. - Sie sind in vielen Bereichen nicht mehr so unabhängig, so frei und so sachorientiert, wie es nötig wäre!

Und die Gefahr des Bauchredens kommt aus der gefährlichen Nähe zur Politik, die manchen Journalisten glauben lässt, er mache vor allem bald selber welche.

Gänzlich vergiftet ist natürlich der Rat an das Publikum, die Ausschalttaste zu betätigen und darin eine „Freiheit“ zu sehen. Wer in einer medialisierten Gesellschaft zu viel ausschaltet, der hat auch in der Realität bald nicht mehr viel zu sagen, denn er weiß kaum noch, was geredet und beredet wird und wer ihm was zu welchem Zwecke einflüstert.

Schopenhauer, den Elitz beispielhaft zitiert, verhilft zur Muße und Bedachtsamkeit, ermöglicht den täglichen Spaziergang mit dem Pudel, aber, die Haltung des Blicks vom erhöhten Damm zu Frankfurt, „spreche nicht mit der „Dummheit“ wenn Du sie antriffst“, die führt letztlich zur Selbstverdummung, weil man geneigt ist zu viel Dummes stehen zu lassen.

Das wirkt als Pointe zwar bürgerlich -aristokratisch, aber für Journalisten, Leser und Blogger ist es eher ein fataler Rat. - Wir müssen immer stehen bleiben und dagegen halten, wenn sich die Dummheit ganz unverschämt und beständig ausspricht.

Grüße

Christoph Leusch

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