Wer prügelt das Abkommen durch?

Die TTIP-Falle Die meisten Bürger und Wähler glauben, TTIP sei ein Handels- und Zollabkommen. Die Politik betreibt die Vernebelung, die Presse folgt zu willig. Wer hat was von TTIP?

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Im neuen TTIP-Leseraum darf sich die Presse informieren – danach aber leider nicht über die geschützten Dokumente berichten
Im neuen TTIP-Leseraum darf sich die Presse informieren – danach aber leider nicht über die geschützten Dokumente berichten

Foto: Adam Berry/AFP/Getty Images

Wer prügelt TTIP eigentlich durch? Und vor allem, was steht drin?

Heimliche Liebhaberinnen des Privaten

Bisher beschweigt Angela Merkel das anstehende Abkommen der EU mit den USA. TTIP sei nützlich, sie wolle die Heirat. Das ist alles, was sich ihr entlocken lässt. Von der Kanzlerin selbst, das ist klar, dürfen wir keine umfassende Aufklärung erwarten. An diese Sonderform des Denkens vom Ende her, mussten wir uns nunmehr länger als eine Dekade gewöhnen. Wenn es aber verdächtig still wird, am Spreebogen und um die Ministerien, dann ist die Schlacht geschlagen: Die Transatlantic Trade and Investment Partnership kommt, wie das Amen in der Kirche. Ochs und Esel halten sie nicht auf.

Mit allen Mitteln der juristischen und politischen Kunst, verhindern derzeit unsere Vertrauensleute, die öffentliche Überprüfung des transatlantischen Vertragswerkes. Die zuständige Kommissärin der EU, Cecilia Malmström, orientiert sich dabei, wer hätte es gedacht, an unserer Regierungschefin. Sie will dieses Abkommen ebenso unbedingt und lässt sich daher nicht gerne auf den Schreibtisch ihrer Behörde und in die Verhandlungsdateien blicken. Für die Informationen, die sie der Öffentlichkeit regelmäßig, geradezu gnädig, schenkt, braucht man allerdings keine Presse- Öffentlichkeit mehr. Da genügten ein staatlicher Ausrufer im niederen EU- Dienst, ein paar akkreditierte Pressebriefkästen im Foyer der EU- Kommission und ein Mail- Verteiler- Algorithmus, der meldet: „Sie haben Post. TTIP wird ein Erfolg. Helau!“

Wenn TTIP wenigstens stänke oder knallte! Die Presse weiß nichts und schreibt viel

Allerdings stellt sich ebenso die Frage, warum die europäische Presse- und Medienöffentlichkeit bisher nicht in der Lage war, die Zwischenstände der TTIP- Verhandlungen aufzuklären? - Wer von den vielen Krauses zu Brüssel, will da partout nicht arbeiten oder bekennen, er werde massiv an der Recherchearbeit gehindert? In dieser Situation ist es einfach, Kritikern des Freigeschäftsabkommens vorzuwerfen, sie hätten keine Ahnung, wenn man selbst keine haben will.

FAZ, Südeutsche Zeitung und ZEIT, beide TV-Anstalten, berichteten meist recht wolkig, TTIP sei größtenteils sinnvoll, biete Vorteile für das Wirtschaftswachstum, schaffe neue Arbeitsplätze und dann, wie kläglich doch die Chlorhuhn- Diskussion sei. - Woher wissen die Journalisten der Wirtschaftsteile, die Frontfrauen und -Männer der Newsrooms das? Kennen sie den vorläufigen Vertrag und können ihn trotzdem nicht vorstellen?

Das Chlorhühnchen, ein trojanisches Federvieh

In der deutschen Öffentlichkeit hat tatsächlich nur das Chlorhühnchen und sein EU-Pendant, der antibiotisch eingelegte Turbobroiler, eine Gedächtnisspur erzeugt. - Diese Kleinigkeiten und Kleinlichkeiten durften und sollten bekannt werden, um Michel und Marianne aufzuregen und wieder abzuregen, wenn ihnen dafür versichert wird, am Ende ihre nationalen Essgewohnheiten, trotz TTIP, beibehalten zu können.

Das lenkte ausreichend ab, vom organisierten Zugriff der Großkonzerne und globalen Investoren, die den Nationalstaaten und ihrer Union, mit einem großen Deregulierungsvertrag, nichts anderes ist TTIP, die letzten Verantwortungsreste für die Wirtschaft, völkerrechtlich verbindlich entziehen.

Die Wirtschaft regelt zukünftig alles selbst, mit ihren Kunden und untereinander, nach freiwillig vereinbarten Spielregeln.

Kaum fällt es auf, dass Angela Merkel noch vor Jahren eine Regulierung der globalen Konzernmacht und die nachhaltige Besteuerung der Weltfinanzmärkte forderte. Ja, auch diese Kanzlerin hatte einmal eine gewisse kecke Ader und einen vorlauten Ton in der Krise, war fast einmal die erste Wutbürgerin der Republik. Solche Ansichten liegen nun lange schon, nur noch in pectore, in den tageslichtfreien Bleikammern des Seele unserer deutschen Päpstin.

Die gepflegten Herren von der SPD und das Leid der Abgeordneten

Sigmar Gabriel, hat schon im vorletzten Jahr, nein, schon vor der letzten Bundestagswahl, gewusst, dass er TTIP auf jeden Fall will. Wie stellte er das bloß an? - Trotzdem trat er im Bundestagswahlkampf seiner Partei auf, als sei gerade er ein ganz besonders kritischer Prüfer der Vertragtexte, Anwalt der Deutschen und aller Mustereuropäer. Seither speist er die Öffentlichkeit mit Floskeln ab. Der Vizekanzler der Bundesrepublik, verlangt Zustimmung auf Treu und Glauben, wie seine Chefin.

Wo ist Martin Schulz, unser SPD- Mann für Europa? Immer einmal wieder, hat er auch kritische Sätze zu dem Handels- und Investitionsabkommen fabriziert. - Läuft das bei ihm genauso doppelzüngig ab, wie mit seinen Wortmeldungen während der Griechenland- Finanzverhandlungen? Da wechselte er spielend das Rollenfach. Einmal hörte man hausväterliche Vorschlägen zu einem EU-Investitionsprogramm, ein anderes Mal, gefiel er sich als harter Hund gegen die Syriza- Regierung. Mittlerweile ist klar, dass seine und Jean Claude Junckers Ideen eher gut einstudierte Verhandlungstricks waren.

Der ranghöchste, aber definitiv machtloseste deutsche EU- und SPD- Politiker aller Zeiten, neben dem Dekorum des Amtes, mit einem schallenden Sprachorgan ausgestattet, weiß er irgend etwas Belastbares über die eigentlichen Vertragsinhalte und den Verhandlungsstand? - Ich fürchte, nein!

Er gehört, wie auch die allermeisten Abgeordneten des EU- Parlamentes und des Bundestages, zu jenen, die einen Verhandlungsmechanismus gelassen akzeptieren, der aus der Wirtschafts- und Finanzwelt stammt. Er wurde von international agierende Anwaltskanzleien erfunden, um Geschäfte abzusichern, nicht um die Demokratie zu fördern. In das politisch- demokratische Prozedere übernommen, degradiert es die Parlamentarier und die maßgeblichen Politiker zu planvoll nichtinformierten und desinformierten Außenseitern. - Im November 2016 soll aber trotzdem alles unterschrifts- und abstimmungsreif sein.

Investment Partnership: Das klingt nicht nur privat, das ist es!

Überhaupt TTIP: Der zweite Teil des Namens, nämlich Investment Partnership, wird liebend gerne unterdrückt oder nur das Akronym genutzt, weil kaum ein Bürger es sinnvoll aufzulösen vermag. Apolitsche EU- Wähler wollen glauben, es drehe sich nur um die Abschaffung gegenseitiger Zölle und Steuern (Was zum Beispiel für die wichtige Chemieindustrie längst geschah). Sie wollen gütig annehmen, es gehe ausschließlich um die Angleichung und Anerkennung von ein paar Unterschieden im sowieso schwachen Verbraucherschutz, bei uns und in den USA.- In der Realität muss jedoch hierzulande und in den Vereinigten Staaten, alles Wesentliche mühsam gegen Firmen und gar gegen den Staat, eingeklagt werden!

In Zukunft dürfte selbst das, bei großen Wirtschaftsdeals- und Investorenfragen, ebenso unmöglich sein, wie dort im Lande der Freien und Tapferen, die Schwachen mit der außergerichtlichen Arbitration systematisch niedergeschlagen werden.

In den Vereinigten Staaten haben demokratische und republikanische Regierungen, zusammen mit dem Kongress und dem höchsten Gericht dafür gesorgt, den staatlichen Rechtsweg zu verrammeln. Sie zwingen Millionen Bürger, Alte, Kranke und prekär Beschäftige, Millionen Konsumenten und Nachfrager von Dienstleistungen, freie Verträge abzuschließen, die nur noch die Möglichkeit einer außergerichtlichen, nicht- öffentlichen Schiedsgerichtsbarkeit zulassen. (2)

Schwache Vertragpartner werden durch Arbitration und Arbitrage, derzeit schon, weltweit gegängelt und über den Tisch gezogen, weil sie sich die Verträge leisten müssen, aber für die möglichen Folgen weder die passenden und teueren Anwälte bezahlen können, noch die Aufwandsentschädigung für die Privatrichter. Kommen sie vor die neue, freiwillige Gerichtsbarkeit, dann gibt es kein zurück und keinen öffentlichen, staatlich garantierten Instanzenweg über neutrale Richter mehr. Kein Wunder also, dass der Deutsche Richterbund gegen die vermuteten TTIP- Regelungen ist.

Umso nachdenklicher sollte uns stimmen, dass diese neue, private Nebenjustiz der Wirtschaft nicht nur Einzelpersonen und kleinere oder mittlere Firmen drangsalieren und unterdrücken kann, sondern ganze Staaten! Mittlerweile sind die flächendeckenden Land-Aufkaufaktionen in afrikanischen, mittelamerikanischen und südamerikanischen Staaten, durch globale Palmölproduzenten, durch chinesische Agrarfirmen und Mischkonzerne, durch westliche Energieunternehmen und Minengesellschaften, privatrechtlich und über Arbitrage zum Investorenschutz, besser abgesichert, als die Rechte der ehemaligen Bewohner dieser Landstriche, die geräuschlos enteignet wurden. Einige widerspenstige Bürger (Indonesien, Nigeria, Kolumbien) hat man einfach über den Haufen geschossen.

Die EU will nun diese neue Rechtsyystematik, mit der die schlimmsten Auswüchse erst möglich werden, völkerrechtlich verbindlich, transatlantisch und flächendeckend, für den dann größten Wirtschaftsraum der Erde, einführen. Die deutsche Bundesregierung ist bisher, neben der britischen Regierung, die entschiedenste Unterstützerin dieser wahrhaft Kakanischen Parallelaktion.

Abgeordnete in der Besenkammer

Wie sollen Bundestagsabgeordnete, in der nun stattfindenden „Offenlage“, Einblick nehmen? Vom Security Service betreut, einer strengen Personen- und Materialkontrolle unterworfen (Notizblöcke und Stifte werden gestellt), eingengt mittels kurzer Tagesöffnungszeiten, peinlich überwacht, nur keine Abschriften oder Kopien anzufertigen, limitiert auf zwei Stunden Lesezeit, pro angemeldetem Termin, lässt sich nichts aufklären. - So mies geht man nicht einmal mit den Bürgern um, die streitige Bauleitplanungsunterlagen und UVP- Gutachten bei den Bauämtern studieren müssen.

Wer hat sich diese Entwürdigung und Vorführung der deutschen und der EU- Parlamentarier, -Da macht man es ganz ähnlich!-, überhaupt ausgedacht?

War es Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, Parlamentspräsident Lammert, Parlamentspräsident Schulz? Waren es die Fraktionschefs der GroKo, hier und im EU-Parlament, der Ältestenrat des Bundestages, die US- Regierung, gar nur deren Botschaft zu Berlin. War es Frau Malmström und ihr Kommissariat? Waren es internationale Rechtsberater?

Das Geld ist informiert

Es steht mittlerweile fest, dass internationale Anwaltskanzleien, Großkonzerne (ExxonMobil) und Investoren besser informiert wurden und Zugang zu den aktuellen Verhandlungsständen hatten, um zum Beispiel ihre Vorteile prüfen zu können, die ihnen aus der Möglichkeit erwachsen, mit TTIP die letzten Reste der öffentlichen Vorsorge in Europa in private Hände zu bekommen und, bei einer staatlichen Weigerung, dafür vor private Schiedsgerichte zu ziehen, um entschädigt zu werden. - Man kann sich zukünftig seine Entschädigung selbst planen und vertraglich absichern, sogar mutmaßlich entgangene Gewinne geltend machen! Das ist die neue Wirtschaftsfreiheit.

In Europa geht es dabei zum Beispiel um Trinkwasser, Energie, Müll, Abfallentsorgung, sowie öffentliche Gesundheitssysteme oder deren Reste. Zum Beispiel um den britischen NHS, den viele Konservative und Liberale schon lange abschaffen wollen und dessen Bestand an Einrichtungen in der Fläche, internationale Konzerne längst als mögliche Goldgrube erspäht haben. Sie müssen ihn nur in die Hände bekommen und eine staatliche Verweigerung sollte, auf TTIP- Basis, als Schädigung ihrer Geschäftsinteressen gelten.

Wie läuft Arbitration, Arbitrage und Arbitrition eigentlich bisher?

Die Frage, wie die heutige Praxis unter den transatlantisch und verbindlich geplanten Methoden läuft, wird leider selten gestellt. Es gibt sie ja schon, die Modelle der scheinfreien, privaten Vertragsgerichtsbarkeit, da, wo es um viel Geld geht; da, wo die Vertragspartner extrem ungleich in ihre Macht sind. Noch seltener wird die Frage gestellt, wem TTIP eigentlich nutzt.

Gus Van Harten und Pavel Malysheuski, von der Osgoode Hall Law School, York University, Toronto, mühten sich herauszufinden, wie es um die Investor-State Dispute Settlements (ISDS), dem eigentlichen Kern des TTIP- Abkommens, diesbezüglich steht. Sie untersuchten in ihrer höchst lesenswerten Studie „Who has benefited financially from investment treaty arbitration? An evaluation of the size and wealth of claimants“ (1) (Wer hat finanziell von Investmentvertrags- Arbitration profitiert? Eine Überprüfung der Größe und des Wohlstands der Kläger), 2016, wer in bisherigen Arbitrage- Prozessen Forderungen stellte und wer damit erfolgreich war. Dazu erstellten sie eine umfangreiche Liste bekannter Arbitrationen, die jedem, der bisher nichts wissen will, helfen kann, klarer zu sehen und endlich die Faust zu ballen.

Ihr Ergebnis ist vollkommen ernüchternd: Firmen mit Umsätzen größer als 1 Milliarde US Dollar und Privatleute mit einem Vermögen, größer 100 Millionen US- Dollar sicherten sich den Löwenanteil an positiven Entscheidungen. Sie gewannen gegen andere Private und vor allem gegen Staaten. Ca. 94 Prozent der Kompensationen fallen auf sie. Die Erfolgsrate der sehr großer Firmen bei Arbitrageprozessen, liegt weit über dem anderer Gruppen und der Staaten, bei ca. 71 %. Die Global Player gewinnen drei von vier Fällen. Sie sind die einzigen, die sich verlorene Privat-Klagen leisten können. Den Rest des Kuchens sichern sich die nicht ganz so Reichen und Großen. Selbstverständlich steigen auch die Chancen und Honorare der Law firms, die sich auf diese Art Prozesse spezialisieren.

Den weltweit bekanntesten Fall um Yukos, die verstaatlichte russische Ölfirma des Oligarchen Khodorkovsky, besprechen die Juristen, nehmen ihn aber nicht in ihre Studie auf. Russland, bzw. Rosneft, wurde von einem privaten Schiedsgericht zu der gigantischen Zahlung von 50.000.000.000 US- Dollar verurteilt. Die Profiteure dieses Urteils sind Inhaber, Teilhaber und gegenseitig Beteiligte an einem Schachtelsystem von Offshore- Firmen, Firmenmänteln und Funds, die ehemalige Yukos-Anteile halten. Würde es vollstreckt, wären hauptsächlich der Oligarch Khodorkovsky und eine illustre Gruppe weiterer Multimillionäre und Milliardäre, die Begünstigten.

Ich fürchte, wir sind da, in einem Wolkenheim, nach Elfriede Jelinek, gelandet.

Politischer Widerstand bleibt aus

Wo ist Seehofer, die Stimme des bayrischen Volkes und der Straße gleichermaßen, der weiß was Bürger wünschen? Sonst kennt er doch alle acht Wochen einen irrsinnigen Einwand gegen die eigene GroKo- Politik. Wo spricht Nordrhein- Westfalens Hannelore Kraft? Weiß sie irgend etwas zum allergrößten und wichtigsten Vertrag der USA mit Europa, nach dem NATO- Bündnisvertrag, der KSZE- Schlussakte von Helsinki und dem Zwei plus vier- Vertrag, zur deutschen Einheit?

Müssen am Ende, überall in der EU, Parlamentarier zustimmen, weil daran ihr Schicksal als Teil irgend einer Regierung hängt? Ist es dazu Grundvoraussetzung, keine genauen Kenntnisse von diesem historischen Vertrag zu haben? Ist es Bedingung, dem drei Affen- Prinzip zu huldigen? - Kompetenz behaupten sie ja trotzdem alle, gefragt und ungefragt, vom Vizekanzler bis zur Weinkönigin und Lehrerin Julia Klöckner.

Was steht also in diesen Dokumenten der entschiedenen Submission, zu der Houellebecq besser geschrieben hätte?

Vor Muslimen, Afrikanern, Syrern und anderen Menschen auf der Flucht, müssen wir Deutsche keine Furcht haben (Furcht hat man vor bekannten Sachen) und auch nicht auf die Knie fallen.

Aber Angst sollten wir endlich ausreichend entwickeln, vor einem Vertragswerk, das am Ende dieses Jahres, wenn die Entscheidung reift, nur sehr wenige privilegierte Bürger wirklich kennen werden und dessen Verhandlungen geheimer ablaufen, als die Minsk II- Gespräche oder der Diplomatiemarathon zum Atomabkommen mit dem Iran.

Es sollte uns nachdenklich stimmen, wenn etwas so Großes, so Wichtiges, so Historisches, so schwiegsam, so geheim, so juristisch eingehaust, verhandelt wird.

Selbst in den Augen aller vorauseilenden Befürworter, gilt TTIP als weltweite und bedeutsame Sache, die die globale Wirtschaft nachhaltig prägen wird. So betonenen es unser leibhaftiger Wirtschaftsminister und Barak Obama. Sie wollen China, Indien, Afrika und Südamerika vor eine transatlantische Norm stellen. Die betonte Wichtigkeit steht in keinem Verhältnis zur bisher geleisteten Aufklärung. Das ist antidemokratisch und staatszerstörend!

Jetzt, nach 2 Jahren Verhandlung, wäre endlich Öffentlichkeit bis ins Kleingedruckte erforderlich, statt weiteres Stillschweigen zu dulden, wie es allenfalls unter Privatleuten, die sich gegenseitig vertraglich binden, ruinieren oder fördern wollen, vielleicht noch angemessen ist.

Allerdings könnte es sich bei dem Schweigen Angela Merkels und ihres Vizes auch um die gut geplante Fortsetzung des, durch Margret Thatchers Tories und Tony Blairs New Labour in Großbritannien, einst eingeleiteten und systematisch durchgeführten Programms handeln, bei dem es um die Abgabe von Verantwortung an möglichst finanzstarke Weltbürger und Firmen ging. Das ist dann ein ganz besonderes Befreiungsprojekt.

Vielleicht besteht die geheime Absicht der Kanzlerin und ihres Vizes, nämlich überhaupt Verträge zwischen Staaten und Bündnissen zu einer Art Privatangelegenheit unter Persönlichkeiten die sich vertrauen und wertschätzen, weiterzuentwickeln (Das ewige Mittel der Superreichen), um endlich dem einzig wichtigen Prinzip des großen Kapitals die letzten staatlichen Kontrollinstanzen von den Schultern zu nehmen? Ein Akt der Befreiung unglaublicher Kapitalien, zum Wohle und Nutzen des Deutschen Volkes, durch die beiden freiest erwählten Bürgerrechtler Deutschlands.

Beim Verbraucherschutz stellt sich allerdings gerade heraus, dass, völlig unabhängig von der Branche und dem betroffenen öffentlichen Sektor (Automobile- Verkehr, medizinische Operationen- Gesundheit, Datenschutz- innere Sicherheit und Persönlichkeitsschutz, Internet-AGBs- arbiträres Vertragsrecht, Arbeitsverträge- dito, Ernährung- Landwirtschaft und Verbraucherschutz), große Unternehmen praktisch machen können, was sie wollen. Der Staat stört sie jedenfalls nicht mehr allzu sehr. Er hat sogar seine technischen Kontrolleure privatisiert.

Von der Steuervermeidung und Hinterziehung, bis zum Betrug entlang der Abgasnormen, von der Korruption bis zum Erwerb ehemals staatlicher Aufgabenbereiche durch Private (Versicherungswirtschaft), ist mittlerweile alles möglich und für die normalen Bürger, Kommunen, Behörden, nicht mehr überprüfbar. Besonders erschreckend, die Entwicklung ist kaum noch durch Wahlentscheidungen einer Revision zuzuführen.

Wer sollte sie einleiten?- Die SPD will ersichtlich, absichtlich und dauerhaft nicht. Die Grünen sind es zufrieden, schließen sich an, wenn sie nur ein bisschen teilhaben. Die CDU/CSU und ihre Kanzlerin, bestimmen nun schon eine ganze Dekade lang die Richtlinienkompetenz und gebärden sich, wie einst zu Adenauers Zeiten, als Staats- und Wirtschaftspartei. Die Linke ist zu klein und zu unbedeutend.

Christoph Leusch

Hilfreiche Texte:

Höchst lesenswert, was Gus Van Harten und Pavel Malysheuski, von der Osgoode Hall Law School, York University, Toronto, aktuell zusammentrugen:

"Who has benefited financially from investment treaty
arbitration? An evaluation of the size and wealth of claimants", OSGOODE HALL LAW SCHOOL, Research Paper No. 14 Volume 12, Issue 3, 2016;

http://poseidon01.ssrn.com/delivery.php?ID=849102126069108125095027091081007113010088090031071033011098090124117004101124028113029120024106118022113088095085090007069103029026091036074095023091031112121110071069042067090002020078124113110005107076124100016100121113020126114030082068105073114082&EXT=pdf

Hierin, eine Liste von bereits stattgehabten, privaten Arbitrage-Prozessen, Firmen gegen Firmen und Firmen gegen Staaten.

Zur Arbitration gegen kleine Leute und kleine Firmen, lohnt es, sich die New York Times vorzunehmen. Eine Zusammenfassung und die Links stehen hier:

https://www.freitag.de/autoren/columbus/arbitrage-die-privatisierung-des-rechts

Anstoß und Anregung für dieses Blog:

Felix Werdermann, Ein Tropfen Transparenz, https://www.freitag.de/autoren/felix-werdermann/ein-tropfen-transparenz

Christoph Leusch

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