Wieviel Kalorien sind genug? - I

Hunger&Kilokalorien 67 Jahre nach dem II. Weltkrieg hungern 842 Millionen dauerhaft. Die Weltgemeinschaft erfüllt seit 1945 ihre Vertragspflichten nicht. Deutschland hatte 1947 mehr Glück.

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Wieviel Kalorien sind genug? - I

Deutschland einig Hungerland

Winter 1946/47: In Deutschland trat die erwartete Hungerkatastrophe ein.

Die Alliierten hatten entschieden, dass Deutsche bei der Sicherstellung der Lebensmittelversorgung in Nachkriegseuropa hintenan stehen sollten. - General Lucius D. Clay, später der Held der Berliner Luftbrücke, zeigte sich überzeugt, sie könnten nur durch die Erfahrung von Hunger und Kälte begreifen, was die Verursachung und Durchführung eines rücksichtslosen, allumfassenden Angriffs- und Vernichtungskrieges bedeutete. Die Strafe sollte auf dem Fuße folgen, ganz nach dem Prinzip des brutalen „Karthagischen Friedens“(1). - Seine Präsidenten, (Roosevelt und Truman) und die militärischen Befehlshaber sahen das, bis zum offensichtlichen Unglück im Hungerwinter 1946/47, ganz genau so.

Die Obergrenze für die Deutschen in den Besatzungszonen lag offiziell bei 1550 Kalorien (2) am Tag, für jeden Kopf der Bevölkerung. - Das reichte damals nicht und wäre auch nach heutigen Kritierien viel zu wenig!

Aus der eigener Produktion konnten die Trizonesier nur ein Drittel bis zur Hälfte dieser Nahrungsmenge beisteuern. Zahlreiche Tricks der Kommunalverwaltungen rund um das System Lebensmittelmarken mit seinen Zuteilungsklassen, Sonder- und Ausnahmeregelungen für bestimmte Bevölkerungsgruppen, die enorme Schwarzmarkt-Findigkeit der hungernden Menschen, das „Fringsen“(3) und „Hamstern“(4), halfen, das Desaster noch einige Zeit aufzuschieben. Aber im Winter sank die schon niedrige Versorgungsquote, die unweigerlich mit chronischer Unterernährung weiter Bevölkerungskreise verbunden war, noch einmal weiter ab. In der bevölkerungsreichsten Rhein-Ruhr-Region unter durchschnittlich 1000 Kilokalorien am Tag.

Gleichzeitig wurden die Brennstoffvorräte knapp. Ersatznahrungsstoffe, Bucheckern, Buchweizen (Dinkel), Eicheln, Kohl und Rüben aller Art, selbst die einfachste Kartoffel, konnten nicht mehr ausreichend durch Wärme aufgeschlossen werden, um sie genießbar zu machen. Das tägliche Brot zu backen, kostete zu viel Energie.

Protestierten die Deutschen, wurde ihnen von britischer und amerikanischer Seite vorgehalten, in KZ-Bergen-Belsen hätten bereits 750-900 Kilokalorien aus der Wassersuppe für die Häftlinge gereicht. - Dagegen war spontan nicht viel vorzubringen, denn genau so war es (Zu den Hintergründen: Ruth Easingwood,Our Daily Bread: Food, Culture and Power in Occupied Germany 1945-1949, http://www.societies.ncl.ac.uk/shspgf/Ed_5/Easingwood.pdf).

Das absolute Minimum der Ernährung

Im Winter vor 67 Jahren wussten aber auch die meisten Verantwortlichen für die Ernährung im kriegszerstörten Europa, es waren vorwiegend die Militärs der Westalliierten, welche Kalorienmenge als dauerhaft vereinbar mit einem aktiven und guten Leben, mit Arbeitsfähigkeit, Schwangerschaften, gesundem Heranwachsen der Kinder und Jugendlichen gelten konnte: 2000- 2100 Kilokalorien täglich, für jeden Bürger.

Sofort nach der Befreiung des Kontinents hatten effektive Maßnahmen in den von Deutschland geknechteten und überfallenen Länder eingesetzt, die seit 1941 dem „Hungerplan“ (5)unterworfen waren oder anderweitig zwangsweise Lebensmittel an das Deutsche Reich liefern mussten, um die Versorgungsmängel abzustellen. Während die Deutschen weiter in großer Zahl hungerten, lag die Durchschnittsversorgung der meisten Europäer wieder deutlich über jenen 2100 Kilokalorien pro Tag, pro Einwohner.

Wie bei vielen technischen Dingen, ging die Grundlagenforschung für die minimal erforderliche Ernährung aus militärischen Überlegungen zur Truppenversorgung und zum Heimatschutz hervor. Vorreiter waren die USA und Großbritannien. In beiden Ländern hatte man seit den 1930er und frühen 1940er Jahren umfangreiche Untersuchungen angestellt, um ein ausreichendes Maß für eventuelle Notlagen und die Versorgung der eigenen Militärs, so fern sie der Heimat je sein mochten, festzulegen.

An den damals gefundenen Maßen orientieren sich, auch was die Zusammensetzung der Nahrung betrifft, die 1945 gegründete UN mit ihren Sonderorganisationen FAO (Food and Agricultural Organisation), WHO (World Health Organisation), wie auch die Spezialorganisationen UNICEF (Kinderhilfswerk), UNHCR (Flüchtlingsrat), UNDP (Weltentwicklungsprogramm), UNCTAD (Welthandelskonferenz) und WFP (World Food Programme) bis heute, wenn auch viele Einzelaspekte sich änderten und die Berechnungsgrundlagen verfeinert, manches Mal gar verschlimmbessert, wurden. - Davon später, in einem zweiten Beitrag zum Thema.

Wie viele Deutsche nach dem Ende des Krieges durch Hunger und Unterernährung zugrunde gingen, das weiß bis heute kaum ein Historiker genau zu sagen. Für die Jahreswende 1946/47, gehen die seriösen Quellen von Hunderttausenden aus. Für die Jahre vom Kriegsende bis zur Währungsreform belaufen sich die Schätzungen, einschließlich der Übersterblichkeit älterer und kranker Menschen und der erhöhten Neugeborenensterblichkeit, auf bis zu 2,5 Millionen. - Sicher ist, vor allem im kalten Winter wurde viel und völlig unnötig gestorben, denn die nötigen Mittel dies zu verhindern waren damals genau so vorhanden, wie auch heute genügend Ressourcen verfügbar wären, den Dauerhunger sofort zu beenden.

Der seit Kriegsende anhaltende Mangel in Deutschland traf vor allem jene, die an einer Tuberkulose, an Typhus, an chronischen und konsumierenden Erkrankungen litten oder sich eine eigentlich beherrschbare Lungenentzündung einfingen. Bei Säuglingen und Kindern führte der dauerhafte Mangel zu Kleinwuchs und reduziertem Körpergewicht. Gehirne konnten nicht ausreichend reifen, Krankheiten nicht durch den eigenen Körper überwunden werden.

Wer hungert, der ist nicht produktiv. Wer hungert, der kann an kaum etwas anderes denken. Wer hungert, der hat ein hohes Risiko chronisch krank zu werden und akute Krankheiten nicht zu überstehen. Wer länger hungert stirbt früher, selbst wenn er die Zeit des Mangels bald einmal hinter sich hat.

Gerechter der Völker, Victor Gollancz

Ein Brite und Jude widersprach heftig: Victor Gollancz.

Der Verleger und in Oxford klassisch ausgebildete Schullehrer, ein Linker den vor allem ein starker, jüdisch-christlich fundierter Humanismus trieb, wusste das Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit nichts anderes sind, als Glaube, Liebe, Hoffnung, auf eine materielle, eine einklagbare Basis gestellt, ganz im Sinne des Heineschen Gedankens vom Himmelreich auf Erden.

Er schrieb und redete gegen die Inhumanität an, die sich nun, im verständlichen Hass, in der verständlichen Verachtung vieler, gegenüber Deutschland Bahn brach. Gollancz argumentierte, Briten und Amerikaner verletzten ihre eigenen Prinzipien, für die sie doch so tapfer und aufopferungsvoll gekämpft hatten, mit der schrecklichen Entscheidung die Deutschen hungern und frieren zu lassen. Man sei nun selbst auf dem Weg in die Barbarei, selbst in der Gefahr ein Verbrechen an der Menschheit zu begehen.

Der Verleger war in England und den USA während des Krieges bekannt geworden, weil er mit ziemlicher Genauigkeit beschrieben hatte, was die Deutschen mit den Juden machen werden, nachdem sie, durch den Kriegsverlauf dazu in die Lage versetzt, die europäischen Juden fast vollständig erfassen konnten. Unter dem Eindruck des Hitler-Stalin Paktes hatte er sich auch von jeglicher Illusion befreit, die Sowjetunion könne als staatliches Zukunftsmodell für Europa dienen, was ihn von vielen seiner linken Freunde distanzierte. Sofort nach Kriegsende prangerte er die Vertreibungen der Deutschen aus den Ostgebieten, insbesondere der Sudetendeutschen aus der Tschechoslowakei, lautstark an.

Gollancz besaß Charisma und pädagogische Überzeugungskraft. Zudem hatte er eine Zeit lang, zusammen mit Gönnern und Partnern, genügend Geld seinen begründeten Überzeugungen auch Taten folgen zu lassen. So gründete er 1927 den “Left Book Club”, Großbritanniens ersten Buchklub und engagierte sich später unermüdlich, zusammen mit Eleanor Rathbone, im “National Committee for Rescue from Nazi Terror“, das jüdische Flüchtlinge aus dem nationalsozialistisch beherrschten Europa in Sicherheit brachte.

Zu allen wichtigen sozialen und kulturellen Themen der Zeit publizierte er linke Literatur und Sachbücher. Einige schrieb er sich gleich selbst.

Mit dem Lyriker Stephen Spender, den Autoren Julian Huxley, Storm Jameson, Kingsley Martin und den österreichisch-deutschen Emigranten Hilde Spiel und Peter de Mendelsohn, gehörte der Brite Gollancz zu jenen ersten wirklich überzeugten Europäern, die, trotz der unglaublichen Menschheitsverbrechen Deutschlands, den Gedanken an kollektive Bestrafung ablehnten.

Wie Spender, der 1945 nach Deutschland kam und dort vor allem das Rheinland und Köln, als eine der meistzerstörten Städte kennenlernte, - Er schrieb dazu in seiner Zeitschrift “Horizon” seinen Reisebericht “Rheinland Journal” und “European Witness”(1946). -, verfügte Gollancz über reichlich eigene Anschauungen.

Bis 1947 war er mehrfach durch Deutschland gereist und hatte vor allem in der britischen Zone Informationen gesammelt. Seine dreijährige Kampagne gegen den Hunger, “Save Europe Now”, fand ihren Abschluss mit dem Buch “On Darkest Germany”, in dem er nicht nur den Hunger der Bürger, sondern vor allem auch das Dahinsiechen der deutschen Kriegsgefangenen in den Händen der Westalliierten dokumentierte und mit Bildmaterial darstellte. - Seine Mitstreiter Hilde Spiel und Peter de Mendelsohn sollten wenig später mit offiziellem Auftrag der Militärregierungen nach Österreich und Deutschland zurückkehren und maßgeblich am Wiederaufbau des dortigen Zeitungs- und Verlagswesens mitwirken. Beide gehören zu den Neubegründern der nationalen PEN-Klubs ihrer Länder.

Wichtige Befürworter eines Gesinnungswandels in der Ernährungsfrage wurden zahlreiche britische und amerikanische Soldaten, die die Notlage der Deutschen sahen und flehendlich von ihren Vorgesetzen und den Politikern zu Hause ein Umdenken forderten. Bis in die konservative Presse (The Spectator, älteste und dauerhaft konservative Zeitung Englands mit ausgeprägtem Hass auf Deutschland), gab es Leserbriefe, die im Grundtenor des Linken Gollancz´ Haltung teilten (http://archive.spectator.co.uk/article/11th-october-1946/14/hunger-in-germany ).

Zudem lasen nun amerikanische Senatoren die einschlägigen völkerrechtlichen Bestimmungen, denn man wollte doch die deutschen Hauptkriegsverbrecher in Nürnberg aburteilen. - Zum aufkeimenden schlechten Gewissen, trat die Überzeugung, die alliierte Militärregierung verletzte mit ihrer Hungerpolitik im besetzten Deutschland nicht nur die Haager Konvention von 1907, sondern auch die rechtsstaatlichen Prinzipien und die Ziele der 1945 angenommenen UN-Charta.

Nach massiven Hungerprotesten der Arbeiter und Angestellten im Ruhrgebiet, im Frühjahr und Sommer 1947 und dem allgemeinen Sinneswandel der US-Administration unter Harry S. Truman, verschwand der Hunger als Massenphänomen aus Deutschland und Europa und kehrte nie mehr zurück. - Das ist ein historisches Glück.

Die ewig unbeantwortete Frage

Warum hungern 67 Jahre nach dem zweiten Weltkrieg immer noch mindestens 842 Millionen Menschen auf diesem Globus, also ein Achtel der Menschheit, obwohl sich die Wirtschaftsleistung der Welt im gleichen Zeitraum versechsfacht hat? - Die Zunahme der Bevölkerung kann es eigentlich nicht erklären. Ebenso nicht, dass pro Kopf der Weltbevölkerung zu wenige Kalorien produziert würden.

Im Gegenteil: Die Erde liefert heute viel mehr essbare Kalorien, als für die Ernährung tatsächlich gebraucht würden. Trotzdem bleiben Hunger und Mangelernährung, vor allem in Afrika und Asien, Massenphänomene mit erheblichen Folgewirkungen für die Entwicklung dieser Länder.

Die zusätzlichen Kalorien dienen nicht der Ernährung der Ärmsten, sondern sie erhalten den Luxus, die Wegwerfmentalität und das Übergewicht der relativ reichen großen Mittelklasse in den entwickelten Ländern und die Wohlstandsfettleibigkeit der aufstrebenden Schichten in den Entwicklungsländern ebenso, wie die Armutsfresssucht, dort, wo es gerade dafür reicht.

Ein Viertel der erzeugten Agrargüter wird aus ästhetischen, marketingtechnischen, letzlich rein ökonomischen Gründen, auf den zahlreichen Stufen bis hin zum möglichen Verbraucher weggeworfen, „thermisch verwertet” oder einfach untergepflügt.

Ein moderner Victor Gollancz ist nicht in Sicht! - Völkerrechtlich verbindlich gilt jedoch die Pflicht, den Hunger in der Welt abzuschaffen. Fast ein ganzes Menschenalter reichte dazu offensichtlich nicht aus. Ein großer Teil der Weltbevölkerung (mindestens 1/8) hungert dauerhaft weiter.

Absichtserklärungen

Erschrocken über die mangelnden Fortschritte auf dem Weg, trafen sich die UN- Mitglieder zuletzt in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts zu großen Konferenzen, so, wie sie heute fast jährlich für das Weltklima und sechsmonatlich für die Weltwirtschaftsentwicklung abgehalten werden. Die Ergebnisse flossen im Jahr 2000 in die Erklärung der Regierungchefs der Mitgliedstaaten zu den Millenium Development Goals (MDG) ein. Für den Hunger gilt, man will ihn bis 2015 halbiert haben, ausgehend vom Stand des Jahres 1990.

Vier Jahre früher, 1996, auf dem World Food Summit (WFS), hatten sich zahlreiche internationale Organisationen und Staaten ein noch ehrgeizigere Ziel gesetzt. Sie wollten die absolute Zahl der Hungernden bis 2015 um die Hälfte reduzieren.

Seither verfolgt die FAO den jährlichen Fortschritt für beide Pläne. Dieses Jahr stellte sie in ihrem Report fest, dass das weniger ambitionierte Millenium-Ziel mit einer geringen zusätzlichen Anstrengung noch zu ereichen wäre. Von der Halbierung der absoluten Zahl der Hungernden ist die Welt aber weit entfernt (http://www.fao.org/docrep/018/i3434e/i3434e00.htm).

Der zweite Beitrag zum Thema Hunger wird sich dieser Problematik widmen und auch einige bedenkliche Trends bei der Berechnung des eingetretenen „Erfolgs“ analysieren.

Christoph Leusch

1) Die Planung des „Karthagischen Frieden“ ging in das ominöse Militärprotokoll JCS (Joint Chiefs of Staff) 1067 der US-Militärverwaltung und in die Absichtserklärungen der Potsdamer Konferenz vom 2. August 1945 ein. Die Formulierungen stammten aus Henry Morgenthaus Arbeitsgruppe zur Finanz- und Wirtschaftsverwaltung für das besiegte Dritten Reich. Sie waren von deren Ansicht geprägt, die Deutschen trügen eine kollektive Schuld und müssten dies spüren. Ihnen könne keine Hilfe zum wirtschaftlichen Wiederaufbau gewährt werden. Erst im Juli 1947 wurde die Direktive für die US-Militärverwaltung durch das JCS 1779 ersetzt, das nun die Wiederherstellung der Wirtschaftskraft Deutschlands als Ziel vorgab.

2) Die Kalorie ist keine offizielle SI-Einheit. Sie hat sich aber so sehr eingebürgert, dass weltweit weiterhin damit Statistik getrieben wird, statt mit dem Joule (J), der offiziellen Einheit für den (Wärme-)Energieinhalt.

1 Kalorie entspricht 4,1868 Joule, folglich 1 Kilokalorie (kcal), 4,1868 Kilojoule (kJ). Immer wieder kommt es zu Verwechslungen und Fehlinterpretationen, weil in älterem Schriftgut zur Ernährung, in Ernährungsratgebern, Zeitungen und Nährwerttabellen, auf vielen Webseiten und in vielen Geschichtswerken die physikalisch korrekten Kilokalorien für den Brennwert, kurz als Kalorien abgehandelt werden. Im Schrifttum zur Geschichte des Hungers im Nachkriegseuropa ist das fast die Regel.

Es liegt natürlich auch daran, dass die Definition des Energieinhalts physikalisch von Umgebungsvariablen (Luftdruck, Temperatur) abhängig ist und daher bei der Festlegung der alten Energieeinheiten die jeweiligen Laborbedingungen zum Ausgang genommen wurden. So existieren sogar unterschiedliche Kalorie-Definitionen! Wichtig ist, die Kalorie (cal) ist, wie das Joule, eine sehr kleine Maßeinheit. Zur Verdeutlichung: Eine Kalorie (1 cal) ist jene Energiemenge, die bei Luftdruck auf Meereshöhe (1 Atmosphäre, 101,325 kPa ) ein Gramm (1g) luftfreies Wasser von 14,5 auf 15,5 Grad Celsius erwärmt.

3) „Fringsen“: Neu-Rheinländisch; Wort für Mundraub und Diebstahl aus Not. Das geht zurück auf die Silvesterpredigt des Kölner Erzbischofs und späteren Kardinals Josef Frings, vom 31.12.1946, in der er Kohlen- und Lebensmitteldiebstahl aus Not rechtfertigte.

4) „Hamstern“: Doppelte Bedeutung; einmal, aus Not eintauschen, nämlich Wertgegenstände gegen Nahrungsmittel; älter, das Anlegen von Vorräten über den aktuellen Bedarf hinaus.

5) „Hungerplan“, auch Backe-Plan (Herbert Backe, NS-Staatssekretär für Ernährung und Landwirtschaft, SS- Obergruppenführer) : In Verbindung mit dem Überfall auf die Sowjetunion, sollte sich, ohne Rücksicht auf die dortige Bevölkerung, die Wehrmacht aus den besetzten Gebieten versorgen und mit den Nahrungsmittel- und Rohstoffressourcen der eroberten Länder glich man die Defizite in der Nahrungsmittelproduktion des Dritten Reiches aus. Im Verlauf des Krieges wurden auch westliche Länder für die Kriegswirtschaft Deutschlands massiv ausgebeutet. Diese, von einer Vielzahl unterschiedlichster Nazi-Behörden und der Wehrmacht umgesetzte Politik, kostete ca. 4- 6 Millionen Menschen das Leben. Die Bürger der Sowjetunion trugen die schwersten Lasten.

Anmerkung: Die Motivation zu diesem Doppel- Blog, -Teil II folgt bald -, entstand aus einem Kommentar Hans Hirschels zu „Die ewige Niederkunft des Kapitals“, meiner knappen Rezension zu Ulrike Herrmanns, Der Sieg des Kapitals: Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen. Er wies mich auf Doughnut economics, ein holistisches Konzept der britischen Ökonomin Kate Raworth für die Oxfam-Stiftung hin (http://www.oxfam.org/en/grow/policy/safe-and-just-space-humanity ; dort auch pdf-Download).

Sie berichtet, wie wenig vom Überfluss der produktiven Welt nötig wäre, um die sichere und gerechte Welt möglich zu machen. - Ich hoffe, in diesem Sinne über den Hunger, einem der lösbaren Dauerprobleme, zu schreiben.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
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