Echte Rechte

Herbstwahlen Die Aufkündigung des Deutschlandpaktes hat NPD und DVU wieder zu Wahl-Konkurrenten gemacht. Für die finanziell angeschlagenen rechten Truppen wird es jetzt eng

Eine schlechte Presse ist auch Werbung. Nach dieser Devise verfährt derzeit die NPD in Thüringen. Sogar bis in Le Monde und die New York Times haben es die rassistischen Einschüchterungsversuche der NPD gegen den schwarzen Thüringer CDU-Wahlkämpfer Zeca Schall geschafft. Der Deutsche angolanischer Herkunft solle die „Heimreise antreten“ und sei sowieso nur der „CDU-Quotenneger“.

Ob die Rechtsextremen mit Ausländerfeindlichkeit bei der Bevölkerung punkten können, wird das Wahlergebnis bei der Landtagswahl in Thüringen zeigen. Die rassistische Kampagne passt in das Muster, mit dem die NPD seit Jahren im Osten auf Stimmenfang geht. Die NPD sei in den Landtagen von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern „längst mehr als das Salz in der Suppe“, will NPD-Bundeschef Udo Voigt zwar weismachen. Doch in Thüringen hatte sie bislang keinen Erfolg: Auf lediglich 1,6 Prozent der Stimmen kam sie 2004 und laut Umfragen verfehlt die NPD auch diesmal den Einzug in den Landtag. Schlechte Prognosen hindern die NPD nicht daran, auch in Brandenburg anzutreten, wo am Tag der Bundestagswahl ein neuer Landtag gewählt wird. Damit brechen die Nationaldemokraten wie angekündigt den so genannten Deutschlandpakt mit der DVU, der seit 2005 dafür sorgen sollte, dass sich die beiden Parteien bei Wahlen keine Konkurrenz machen. Nach dem schlechten Abschneiden der DVU bei der Europawahl hatte die NPD-Führung den „Pakt“ für beendet erklärt und sogleich ihre Kandidatur in Brandenburg angekündigt. Dort sitzt die DVU in zweiter Legislaturperiode im Landtag und will wieder einziehen. Das wird nun schwierig.

Beobachter der rechtsextremen Szene vor Ort rechnen damit, dass die NPD-Kandidatur der DVU Stimmen kostet. Verfassungsschützer vermuten, dass nicht nur die NPD, sondern diesmal auch die DVU an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert. Was den Abrutsch in die totale Bedeutungslosigkeit für die ohnehin geschwächte DVU ohne Struktur und Nachwuchs bedeuten könnte. „An der Entscheidung ändert sich nichts“, erklärte Voigt aber unbeeindruckt. Den Vorwurf des Verrats lässt er nicht gelten und wirft im Gegenzug der DVU vor, bei der Europawahl „halbherzige Wahlkämpfe“ geführt zu haben.

Vor dem finanziellen Ruin

Dass die beiden rechtsextremen Parteien wieder um die gleichen Wähler konkurrieren, hat wohl nicht nur den Grund leerer Kassen. Die NPD verlor Geld durch Veruntreuung ihres Ex-Schatzmeisters – rund 870.000 Euro –­ und falsche Rechenschaftsberichte, die sie zusätzlich noch etwa 1,2 Millionen Euro Strafzahlungen an die Bundestagsverwaltung kosten. Eine Situation, die DVU-Chef Matthias Faust dazu bewog, zu behaupten, dass die NPD „vor dem finanziellen Ruin steht“. Dabei fehlt nach der Europawahl der DVU selbst Geld, denn sie scheiterte jüngst bei der Europawahl 2009 mit 0,4 Prozent an der Ein-Prozent-Hürde, die Voraussetzung ist für Wahlkampfkostenrückerstattung. Bislang ist nicht bekannt, ob der Millionär Gerhard Frey, bis vor kurzem langjähriger Bundesvorsitzender, sie nach wie vor finanziell unterstützt.

Laut NPD-Chef Voigt führte übrigens nicht alleine die Enttäuschung wegen der Europawahl zum Ende des „Deutschlandpakts“. Die NPD habe mit der DVU eine „gemeinsame deutsche Rechtspartei“ gründen wollen. Voigt kritisiert nun eine „Hinhaltetaktik“ der DVU, die entgegen dem Plan ihre „Eigenständigkeit“ bewahren wolle. Nicht nur Finanzen scheinen also eine Rolle zu spielen, auch ideologische Streitigkeiten in beiden Parteien. Voigt donnert nun mit dem Slogan, Deutschlands „echte Rechte“ werde sich durchsetzen.

Bezeichnend für das Ende der Freundschaft zwischen NPD und DVU ist der Fall Andreas Molau. Der heutige Sprecher der DVU, der als Kritiker der NPD-Führung gilt, soll nun aus der NPD wegen Doppelmitgliedschaft ausgeschlossen worden sein. Molau hatte sich noch vor wenigen Monaten bemüht, Parteichef Voigt zu beerben und selbst Vorstand der NPD zu werden, erhielt aber kaum Unterstützung. Die Doppelrolle Molaus wurde von der NPD nicht länger toleriert. Sein Ausschluss steht symbolisch für ein Scheitern der Fusionspläne der Rechtsnationalen.

Nun will die DVU der NPD bei der Bundestagswahl Konkurrenz machen, wenn auch nur in zwölf Ländern. Auf eine Kandidatur bei den Landtagswahlen am 30. August in Sachsen, Thüringen und dem Saarland verzichtet die DVU allerdings. Das ist im Fall von Sachsen und dem Saarland kein Zufall, denn dort sitzen voigtkritische Parteivorstände. In Sachsen steht der NPD-Vorsitzende Holger Apfel für eine innerparteiliche Gegnerschaft zu Udo Voigt, und im Saarland, wo die NPD bei der letzten Landtagswahl einen Achtungserfolg von vier Prozent erringen konnte, gelten die Spitzenkandidaten Peter Marx und Frank Franz ebenfalls als voigtkritisch. Die DVU-Führung macht daher Schönwetter bei diesen potenziellen Bündnispartnern.

In Sachsen, Stammland der NPD, in dem diese vor fünf Jahren mit 9,2 Prozent fast gleichauf mit der SPD (9,8 Prozent) war, wird der Partei Chancen auf den Wiedereinzug in den Landtag gegeben. Obwohl ihr hier wie bundesweit ein wirklich mobilisierendes Thema fehlt, haben die Nationalen in Sachsen bereits eine Stammwählerschaft, die ihnen den Einzug sichern könnte. Der könnte allerdings knapp werden. Umfragen sehen die NPD derzeit bei 4,5 Prozent. Sollte sie es – was nicht gänzlich ausgeschlossen ist ­– schon am 30. August in einzelne Landtage schaffen, würde sie das für den 27. September stärken, DVU-Antritt zur Bundestagswahl hin oder her.

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