Die Freude war groß, als vergangene Woche bekannt wurde, dass die Bundeswehr ihren Plan aufgibt, aus der Kyritz-Ruppiner Heide das größte Bombenabwurfgelände Deutschlands zu machen. Mit Recht darf dieser Verzicht als Erfolg des 17 Jahre langen Widerstands gegen das „Bombodrom“ gewertet werden.
Das Gelände zwischen Wittstock, Rheinsberg und Neuruppin mit einer Fläche von 144 Quadratkilometern wurde bereits seit Anfang der fünfziger Jahre durch sowjetische Truppen als Ausbildungsareal und Schießplatz für Panzer und für Luftwaffenübungen genutzt. Die Bundeswehr übernahm es 1992, um dort einen riesigen Truppenübungs- und Luft-Boden-Schießplatz zu bauen. Im selben Jahr gab es erste Proteste und die Bürgerinitiative „Freie Heide“ gründete sich. Ihr folgten später die Aktionsgemeinschaft „Freier Himmel“ und die Unternehmerinitiative „Pro Heide“. Alles in allem kaum mehr als ein paar Dutzend Leute.
Seit 1996 haben zahlreiche Gerichtsurteile die Bundeswehr immer wieder gezwungen, ihr Vorhaben zu unterlassen – doch jedes Mal ging sie in Revision. Das letzte Urteil in den insgesamt 27 Prozessen erging im März dieses Jahres und bewirkte offensichtlich die Kehrtwende. Geklagt hatte ein Hotelier, der die militärische Nutzung aus tourismuswirtschaftlichen Gründen ablehnte – und Recht bekam. An Ostern demonstrierten 10.000 Menschen in der Ruppiner Heide.
Etwas verwunderlich: Dem Jubel schließen sich plötzlich alle Parteien an. Tatsächlich war der Widerstand gegen das Bombodrom parteiübergreifend, aber eher regional: Der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) lehnte es ebenso ab wie sein Koalitionspartner von der CDU, Innenminister Jörg Schönbohm. Der war immerhin ehemaliger Generalleutnant der Bundeswehr. Doch die Bundespolitiker von SPD und CDU erklärten über Jahre unisono, der Bombenabwurfplatz sei „unverzichtbar“. Schön, dass sie eines Besseren belehrt wurden. Anfang Juli folgten die Koalitionsparteien gemeinsam mit der FDP im Bundestag einem Antrag aus dem Petitionsausschuss und stimmten gegen die Bombodrom-Pläne. Grünen und Linkspartei ging der Antrag nicht weit genug. Verteidigungsminister Jung (CDU) machte nur den letzten Schritt, und verzichtete auf eine Revision gegen das Urteil vom März. Die Bundeswehr wird nun auf Übungsgelände im Ausland ausweichen.
Die Entscheidung hat sofort bei den Anwohnern der anderen beiden Luft-Boden-Schießplätze in Siegenburg (Bayern) und Nordhorn (Niedersachsen) Wellen geschlagen. Sie hatten wohl gehofft, durch das brandenburgische Bombodrom entlastet zu werden. Doch der Sieg des Bürgerprotests in der jetzt wirklich „Freien Heide“ könnte zum Vorbild werden. Schon setzt sich Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) an die Spitze des Widerstands gegen den Luft-Boden-Schießplatz „Nordhorn Range“.
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