Kein Staat in Kreuzberg

Zeitgeschichte Vor 25 Jahren wird aus einer Maifeier in Berlin-Kreuzberg ein Aufstand im Kiez, dessen Wucht die Polizei zum Rückzug zwingt. Es ist ein Mythos geboren, der sich halten wird
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„Lausitzer Platz, 21.25 Uhr, es brennt an allen Ecken“, steht im Einsatzprotokoll der Berliner Polizei vom 1. Mai 1987 in Kreuzberg. „Es hätte auch Belfast sein können, aber das sind Bilder aus Berlin-Kreuzberg“, beginnt der Tagesschau-Beitrag über die laut Wilhelm Wiebens Anmoderation „schwersten Krawalle seit Jahren“ mit Bildern brennender Barrikaden und einer Krawall-Inventur tags darauf: geplünderte Geschäfte, qualmende Reste einer Bolle-Kaufhalle, ein ausgebranntes Löschfahrzeug, der demolierte Görlitzer Bahnhof.

Christof Albrecht ist 1987 taz-Redakteur und Anwohner des Lausitzer Platzes, wo die Krawalle beginnen. „Es war ein gesellschaftlicher Kotz-Anfall“, urteilt Albrecht 25 Jahre später im Kreuz