Drachenspielplatz ohne Drachen geht nicht.

Monika Herrmann Als Bezirksbürgermeisterin versucht sie in Kreuzberg, den Streit um das Flüchtlingscamp am Oranienplatz zu schlichten. Und sitzt dabei zwischen allen Stühlen.

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Unsere letzte persönliche Begegnung liegt schon einige Zeit zurück. Im Herbst 2009 verabredeten wir uns zum Interview. Monika Herrmann empfing in ihrem Büro an der Frankfurter Allee. Thema: die 2010 anstehende Schulreform in Berlin, ein Aufreger damals. „Der Senat hat eine Chance vertan“, befand sie, weil er sich nicht konsequent für die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen entschieden hatte. Monika Herrmann war damals als Stadträtin in Friedrichshain-Kreuzberg unter anderem für die Schulen im Bezirk zuständig.

Sie stammt aus christlichem Elternhaus, Vater und Mutter waren aktive CDU-Politiker.

Auch ihr Stadträtinnenbüro hat sie als Bezirksbürgermeisterin behalten. Vielleicht hängt dort noch das große Plakat von 2009 an der Wand: zwei Frauen von hinten fotografiert, die sich die Arme um die Hüften legen. Monika Herrmann ist bekennend lesbisch. Das ist normal mittlerweile: in Berlin, in ihrer grünen politischen Heimat schon lange und für die geborene Neuköllnerin sowieso.

Die heute 49jährige Diplompolitologin stammt aus christlichem Elternhaus, Vater und Mutter waren aktive CDU-Politiker und bei der Caritas engagiert. Monika Herrmann hat die katholische Soziallehre geprägt, das Bewahrende, das Ökologische sind Grundlagen ihrer Überzeugung.

Wenn nicht die Grünen sondern die Christdemokraten ihre politische Heimat geworden wären, dannwäre Berlins Innensenator Frank Henkel heute ihr Parteifreund und hätte sie nicht im Zuge der Auseinandersetzungen um die Flüchtlinge auf dem Oranienplatz mit Worten wie „verantwortungslos“ gemaßregelt.

Der Oranienplatz, das ist für Monika Herrmann ein „politisches Mahnmal“. Für sie und die Grünen ist klar, dass Europas Asylpolitik nicht in Kreuzberg gelöst werden kann, die Proteste dagegen aber legitim sind und solidarisch unterstützt werden. Solidaritätsbekundungen sind das eine, das Leben aber ist immer konkret. Mittlerweile sind die meisten der ursprünglich auf dem Oranienplatz campierenden Flüchtlinge in einer kirchlichen Einrichtung untergekommen, einige sind geblieben, andere dazugekommen. Nicht nur Menschen aus Afrika sondern auch aus Hannover, Dortmund oder Hamburg - die Unterstützer, in ihrer Haltung viel radikaler und konsequenter als grüne Bezirkspolitiker.

So scheint Monika Herrmann zwischen allen Stühlen zu sitzen: Hier ihre Verantwortung als Bezirksbürgermeisterin, dort ihre Partei mit wohlmeinenden Bekundungen zur Solidarität mit den Asylbewerbern, und nicht zu vergessen deren fast schon professionell agierenden Unterstützer,die schon mal mit Rufen wie „Herrmann raus!“ bei einer improvisierten Pressekonferenz am Oranienplatz auf sich aufmerksam machten.

Legendär fast schon die Sitzung des Bezirksparlaments Anfang Dezember letzten Jahres, bei der es heftig zuging, die Bezirksbürgermeisterin sich fast schon körperlich mit den radikalen Demonstranten auseinandersetzen musste, die das Podium gestürmt hatten. Eine Bürgerversammlung sei das gewesen, hat Monika Herrmann im Anschluss an das Spektakel befunden, und es sei gut, dass sie nicht nach den genormten, administrativen Ritualen abgelaufen sei.

Die administrativen Rituale sind aber nicht aus der Welt zu schaffen: Über die Zukunft des Protestcamps auf dem Oranienplatz wird wohl bald nicht mehr das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg sondern der Berliner Senat in Gestalt des Innensenators Frank Henkel entscheiden. Gleiches dürfte vielleicht auch bald auf die ehemalige Schule in der Reichenberger Straße zutreffen, in der seit Monaten nicht nur Flüchtlinge mehr hausen als leben. Was dann?

Monika Herrmann hat bekundet, dass sie keine Angst habe, vor niemandem.

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Geschrieben von

Constantin Rhon

Realist mit liberaler Grundhaltung.

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