1. Beer Slam im TECHNOSEUM

Wagners Randnotiz Bier-Experten, Nachwuchswissenschaftler und Poeten konnten beim spritzigen Mix aus Science und Poetry Slam zum Thema Bier und Braukunst das Publikum begeistern. Prost!

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1. Beer Slam im TECHNOSEUM in Mannheim

Im Rahmen der Sonderausstellung: „Bier. Braukunst und 500 Jahre deutsches Reinheitsgebot“, die noch bis zum 24. Juli 2016 im TECHNOSEUM in Mannheim zu sehen ist, fand nun am 29.06.2016 der 1. Beer Slam im TECHNOSEUM statt. Eine Mischung aus Sience Slam und Poetry Slam erwartete die VeranstaltungsbesucherInnen, die von Frau Dr. Roth in der Arbeiterkneipe des Museums begrüßt wurden. Roth ist die Leiterin Abteilung Öffentlichkeitsarbeit im TECHNOSEUM und ermöglichte mir weit vor Beginn des Slams meinem Spleen zu frönen. Ich sang spontan ein Ständchen und teste damit die Akustik. Ein tolles Erlebnis für mich, da mir die Architektur des Gebäudes sehr gut gefällt. Meine Stimme verselbständigte sich auf mehreren Etagen, so wurde mir später erzählt. Mein Gesang kam gottseidank bei den Anwesenden prima an und so wurde ich bereits vor Beginn des Slams nicht schon wieder nach Hause geschickt. ;-)

Wer wie ich Mitte der Achtziger in Mannheim eine Zeitlang lebte, kennt auch die Entstehungsgeschichte des Museums. Damals hieß es noch Landesmuseum für Technik und Arbeit, als es seine Pforten öffnete. Dieses Museum wurde von meinen heute erwachsenen Söhnen geliebt, wenn sie die Großeltern in Mannheim besuchten. Hätte mir jemand Anfang der Neunziger Jahre prophezeit, dass ich 2016 dort am ersten Beer Slam als einzige Frau (im Alter von 51 Jahren) unter lauter Slammern teilnehmen würde, den hätte ich schallend ausgelacht.

„Ist Bier Poesie oder eine Wissenschaft für sich?“, so die Frage auf der Facebook-Seite des TECHNOSEUMS. Die Slammer Beiträge waren so unterschiedlich, als würde man Äpfel mit Birnen vergleichen. Diese „bierische Vielfalt“ führte zu einem kurzweiligen Vergnügen. Ich bin froh, dass ich die Beiträge nicht bewerten musste. Doris Steinbeißer vom SWR moderierte super, absolut souverän mit viel Charme den Beer Slam, so dass es eine rundum gelungene Veranstaltung wurde.

Max Dietz (Doktorand an der TU München, Lebensmittelchemiker) gewann mit seiner Schaumparty. Er erklärte wie ein ordentlicher Bierschaum zustande kommt, da ging es humorvoll um Proteine und Moleküle.

Da ich nicht nur die einzige Frau war, sondern auch vermutlich die älteste Person, die teilnahm, hätte ich am liebsten spontan Sami Hamdan (Psychologie-Student, Sience), Jonas Meyer (Poetry) und Daniel Helbig (Poetry) adoptiert. Alle drei hätten meine Söhne sein können. ;-) Großartig, was diese jungen Menschen auf der Slammer Bühne ablieferten. Dr. Phil. Matthias Warkus (Sience) wie auch Valerian (Poetry) aus Bad Bergzabern begeisterten. Wie bereits geschrieben – eigentlich konnte man die Beiträge nicht miteinander vergleichen und doch hatten sie alle irgendwie mit Bier zu tun, so auch der Beitrag des Mathematikers Martin Becker (Sience) aus Blaubeuren. Ich wurde während meines Beitrags zu Bierlinde Gebräu und politisch aktiv. Bierlinde hat bierisch Angst vor TTIP. Deshalb rief sie im TECHNOSEUM zur Gründung der Deutschen Bierpartei auf. :-)

Wer will, Zeit, Lust und Muße aufbringt, kann meinen Beer Slam-Beitrag nachlesen. Ich hatte während des Beitrags mit meiner ausgebildeten Stimme ein bisschen gespielt und wer will, kann z.B. bei “piff, pfaff, puff“ extrem laut werden.

Beer-Slam Text Bierlinde Gebräu:

Guten Abend,

wow, dass ich das noch erleben darf: hier in der Arbeiterkneipe im Technoseum zu stehen.

Was für ein Gefühl des Glücks, bevor ich ausgepfiffen werde. Geht’s euch noch gut? Prima. Das macht mir Mut.

Ohne „Monnemer Eichbaumschaum“ vorm Mund oute ich mich hier beim ersten Beer Slam als Wissenschaftsdilettantin Bierlinde Gebräu mit einer Geschichte, die mir sowieso vermutlich keiner glaubt und vielleicht dem ein oder der anderen ein bisschen die Nerven raubt.

Neulich – nachts – nach einer Bierprobe, irgendwo da draußen in Bayern, also quasi in einem toten Winkel unserer Republik kam es versehentlich über mich. Es war schauerlich bedenklich, eigentlich fürchterlich, aber inhaltlich zugänglich. Um Missverständnisse zu vermeiden, mir ist dort nicht der Biergeist von Franz Josef Strauß im Dunkeln begegnet oder etwa leibhaftig Markus Köter, ähm Söder, als Hybride der klassischen Bierhefe.

Heute kann ich behaupten: es hätte auch schlimmer kommen können, wenn z.B. dieses unsachlich komische, wunderliche, rückschrittliche Wesen, also jene Frau vom Storch ihr völkisches, rassistisches Gedankengut in meinem Gehirn verbreitet hätte.

Irgendetwas Illegales muss aber wohl oder übel in diesem Gesöff gewesen sein, das ich zuvor trank, da bin ich mir sicher. Bitte jetzt kein Gekicher: Ich hatte wahrlich nur ein Bier gezischt. Ehrlich. Nur eine Maß.

Es machte im Brauereikeller plötzlich bedrohlich piff, paff, puff! Und Im minimalistischen Suff hörte sich das Ganze ziemlich Außerirdisch an. Zurück blieben Erinnerungen an Visionen, über die ich jetzt reden will, nein sogar muss. Vielleicht ist es Stuss. Vielleicht auch nicht, aber bestimmt kein Larifari-Gedicht. Aus meiner Sicht sind üblicherweise gute Biergedichte sowieso längst Geschichte!

Ich, bekennende Bierktrinkerin und irgendwie mit Bierlinde Gebräu als Symbiose vereint, stehe nun hier, nüchtern und deshalb noch ein bisschen schüchtern.

Mein Innerstes sagt mir, also ein Gemisch aus Hopfen, Wasser und Malz, dass das deutsche Reinheitsgebot nicht umsonst die älteste Lebensmittelgesetzgebung der Welt ist. Bevor man den Hopfen als Konservierungsmittel und aromatische Verfeinerung einsetzte, wurden fatale Substanzen für die Bierherstellung verwendet, das wissen heutzutage bereits Kindergartenkinder, jedenfalls in Bayern, dass da weder Urin noch Friedhofswasser hineingehören. Deshalb werde ich nun das Sprachrohr von Bierlinde, die wegen fehlender Transparenz; Kompetenz und Präferenz bierisch Angst vor TTIP, dem europäisch- amerikanischen Freihandelsabkommen hat. Für die einen wirke ich nun sympathisch, für andere problematisch, zu dramatisch, aber das Leben ist nun mal kein Bierkasten.

Dank der Macht der Amerikaner wird vielleicht in Zukunft nichts beim Alten bleiben und so könnten diese dann deutsches Bier neu gestalten. Jawoll. Das muss man als Biertrinkerin bzw. Biertrinker in Deutschland vor Vertragsabschluss einfach wissen. Wissen ist bekanntlich Macht, also gebt Obacht.

Was ich jetzt sage, wird wirklich gemein, aber wenn TTIP kommt, dann gehören reine, feine Bierschäume der Vergangenheit an.

Mein Tost, mein Trinkspruch lautet nun für euch: Zischt Reines keck weg! Solange es noch danach schmeckt. Prost!

Neulich erlebte ich den puren Horror, als ich wie Bierlinde träumte und dann vor lauter Angst versäumte, tief durchzuatmen. Beinahe wäre ich vor Schreck erstickt. Ich hab‘ Donald Trampel, ähm Trump triumphierend mit der neuen Sorte „Ku-Kux-Klan-Beer“ in der übermächtigen Hand stehen sehen. Ich möchte nicht lügen - jener Anblick von Trump war widerlich und kein Vergnügen. Kaum bekam ich wieder genug Sauerstoff zum Atmen, hechelte ich nach einem Bier. Seit dem trinke ich unerlässlich mehrmals täglich, um noch in den Genuss aller reinen und feinen Biersorten in Deutschland zu kommen. Verständlicherweise kenne ich nun die Wirkung von vielen Bieren und die optimale Gangart auf allen Vieren. Aus Angst vor Ungewissheit wächst man manchmal über sich hinaus und posaunt wie ich hier dann das total Unmögliche, aber Machbare aus sich heraus.

Bierlinde Gebräu, also die Symbiose aus ihr und mir hegen einen Wunsch und wollen jetzt eine Partei gründen und uns mit Gleichgesinnten verbünden. Schaut mich an. Ob wir, ob ich es kann.

Ich sage bewusst nein zu TTIP und auf jedem Falle lautstark nein zum Bier mit Ochsengalle.

Ich sage auch nicht ja zur Beimischung von Ambrosia.

Ein deutliches Nein zu Stechapfel, Eichenrinde, Enzian und Löwenzahn.

Ich distanziere mich davon. Das gibt es nicht mit mir. Ich will nur Malz, Hopfen, Hefe und Wasser als deutsches Lebenselixier. Drum stehe ich hier als Visionärin wie ein Hüne auf der Bühne. Denn ich habe schon lange erkannt, dass Bier im Gehirn Areale neu erschließt und so mancher Geistesblitz wie ein Saatgut von Weizen und Hopfen dann vorzüglich als geistiger Höhenflug nach draußen in die Öffentlichkeit sprießt.

Ich liebe deutsches Bier in sämtlichen Variationen, da können mich mal die anderen Nationen. Mit ihren eigens fabrizierten Biersorten gerne haben.

Jawoll! Ich find deutsches Bier schlicht und ergreifend einfach nur toll. Mein Vokabular besteht übrigens aus mehr als nur den Schlagworten wie deutsches Bier, jawoll und toll.

Ich wäre als Parteivorsitzende der ersten deutschen Bierpartei für Verhandlungen am runden Tisch prädestiniert und die Richtige und Gewichtige.

Ich appelliere in Bierlaune an die Vernunft. In der derzeitigen Parteienlandschaft ist es eine echte Option für unsere Nation. Die deutsche Bierpartei steht für flüssiges Gold und für mehr Gerechtigkeit, haha (lautstark lachen), also Heiterkeit in sämtlichen Bereichen des täglichen Lebens und weniger für Borniertheit und Kleinkariertheit. Der Name Bierlinde Gebräu steht für das Gemeinwohl jedes einzelnen.

Die DBP wäre eine echte Perspektive für unser Land und raubt damit den anderen vermutlich den Rest vom Verstand. Wir stünden keineswegs am Parteienrand. Macht bitte mit. Wir, die Deutsche Bierpartei sind keine Kopie, sondern das Original einer Flaschengärung und freuen uns über jedes Genie. Das ist eure, unsere Chance für Deutschland. Und gegen Ende zitiere ich sehr gerne noch die Kanzlerin: "Wir schaffen das!" Danke!

©Corina Wagner, Juni 2016
Bildquelle: privat © s.r.

http://www.technoseum.de/ausstellungen/bier-braukunst-und-500-jahre-deutsches-reinheitsgebot/

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Geschrieben von

Corina Wagner

Wer das Wort Alphabet buchstabieren kann, ist noch kein/e Autor/in. (C.W.)

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