Jeanette liegt direkt am Ufer eines Sees und entspannt sich. Ihre Zehenspitzen ragen schon ins Wasser. Sie hat die Augen geschlossen, genießt die warmen Sonnenstrahlen, die auf ihrer nackten Haut Tango tanzen. Ihre feenhafte Haut färbt sich schon langsam ins Rötliche. Sie atmet ganz tief in den Bauch hinein und dabei bemerkt sie, dass sie vor 10 Minuten besser die fettigen Pommes am Kiosk hätte liegen lassen sollen. Beim Ausatmen spürt sie die Reste der verbrannten Bratwurst, die zwischen den Backenzähnen ihr Unwesen treiben. Ihre Zunge hat den hyperaktiven Kampf verloren und kommuniziert stumm mit sich selbst. Ihr Gehirn signalisiert Urlaub und eine Auszeit vom Alltagsstress. Ein Frosch schleckt am rot lackierten großen Zeh. Sie kichert. Schweiß breitet sich allmählich unter ihr aus. Kleine Hitzepusteln kündigen sich an. Eine Zecke erklimmt ihre Hüfte. Ihr ist jetzt alles egal. Sie atmet weiterhin tief ein und aus. Allerlei Gerüche nimmt sie am Ufer wahr. Sie hält die Augen immer noch tapfer geschlossen, versucht völlig entspannt zu bleiben, solange bis sie jetzt in diesem Moment ein Déjà-vu–Erlebnis hat. Ihre Nase wittert einen Duft, der ihr völlig vertraut ist. Sumpfknöterich-Parfum! Sie lächelt mit geschlossenen Augen und flüstert leise: “ Hm! Diesen Duft kenne ich!“ Schatten umgibt sie plötzlich, als hätte sich eine Cumulonimbus- Wolke vor die Sonne geschoben. Sie öffnet völlig tiefenentspannt langsam die Augen, starrt entsetzt auf eine neongelbe tropfende Badehose aus der Zeltabteilung, dann auf den Rest des 150 kg Manns mit orangefarbenen Schwimmflügelchen an den Handgelenken und Sturmhaube auf dem Kopf. Bevor sie völlig traumatisiert aufschreien kann, hört sie schon die Worte: „Tschuldigung! Hab‘ mich verschwommen! Schönen Tag noch! “
© Corina Wagner, Juli 2013
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