Vorsicht Satire!
Facebook-Abschaum
Pegida-Sympathisant Karl sitzt vor dem PC und grinst dreist. „Was machst Du gerade?“, so las er wenige Sekunden zuvor. Diese Frage sehen tagtäglich Facebook-Nutzer wie er, Du und ich. Einen Tag zuvor las er im Internet, dass es „1,39 Mrd. aktive Facebook-Nutzer“ gibt. Davon wird es bestimmt eine große Anzahl von Menschen geben, die wie ich rechtes Gedankengut vertreten, schwirrte es ihm spontan durch sein minimalistisch geprägtes, falsch vernetztes Gehirn. Karl lebt in Deutschland und sucht nun kurz vor dem Tag der Wiedervereinigung insgeheim viele Dumpfbacken, die aber so clever sind, dass sie auf ihren Facebook-Seiten ein bisschen hetzen, ohne auf Heikos Wunsch erwischt zu werden. Er will, dass Unruhe erzeugt wird. Ängste geschürt und Halbwahrheiten geschrieben werden. Da ist ihm jede Methode recht. Er schreit auch ganz laut „Lügenpresse“, wenn er mit marschiert, aber nicht erkannt werden will. Karl gehört zu jenen deutschen Kreaturen, die auch auf Journalisten losgehen können. Er neigt zur Gewalt. Wenn er im Voraus weiß, dass er nicht erwischt wird, dann wirft er auch beschränkter Weise mit Glasflaschen nach ausländisch wirkenden Menschen. Er ist einer der übleren Sorte von Deutschen, die stets friedlich und völlig unbescholten in die Linse grinsen, wenn sie in der Öffentlichkeit gefilmt werden. Sie agieren lieber im Hintergrund, aber dann eiskalt und empathielos Fremden gegenüber.
„Immer wenn ich den Horsti sehe, dann will ich nicht mehr in Bayern leben, wenn Du verstehst, was ich meine…!, postete Anton auf seiner Profilseite. Dieser Eintrag stört Karl immens und notierte sofort diese Aussage in seinem elektronischen Tagebuch. Seit Monaten schreibt er auf, was ihn bei Facebook ärgert. Uschi war an jenem Abend einige hundert Kilometer weiter entfernt, konnte nicht posten und war mit eingestaubtem Papierkram beschäftigt. Sie wühlte in alten Unterlagen, denn sie hegte mit anderen den Verdacht, dass sie vor einiger Zeit relativ naiv handelte und geistigen Diebstahl betrieb. Kopierte Worte können zu Waffen werden, wenn sie falsch eingesetzt werden, so nun ihre Vermutung. Geistige Zerstreuung fand Sigmar zur gleichen Zeit, als er mal wieder heimlich vor einem überdimensionalen Spiegel die Miniausgabe der Deutschlandfahne in der Hand hielt und sich damit so positionierte, dass er sich später im Freien mit dem Fähnchen im Wind drehte. Herrlich, so dachte insgeheim ein Spezi, der ihn heimlich beobachtete und dies aber nicht auf seiner Seite postete, aber deswegen nun Karl über PN benachrichtigte. Es ist wichtig, dass man mit vielen vernetzt ist, auch mit Leuten aus früheren Zeiten. Da ist es auch egal, welche Ideologien sie zunächst vertreten, so Karls Überzeugung. Auf der Startseite entdeckt Karl wieder ein neues Posting, das ganz nach seinem Geschmack ist.
„TTIP wird kommen wie das gefühlsbetone Amen wegen CETA, dies prophezeien bereits heute schon die ungelegten Eier, die 2016 zu Wiesenhendl werden“, denkt nicht etwa Angi, sondern Frauke und gibt dieses Gedankengut auf ihrer Facebook-Seite wieder. Dazu gibt es bislang nur einen Kommentar von Gitte, liegt vielleicht auch daran, dass sie erst drei Freunde hat: „Dann werden einige PolitikerInnen die Beichtstühle in Schweigeklöstern stürmen“. Karl sitzt da und grübelt, weiß aber nicht, was er kommentieren soll. Er hätte ja lieber über Flüchtlinge gehetzt, das kann Frauke auch, das weiß er ganz genau. Jetzt wird er wieder etliche Stunden mit Grübeln verbringen. In der Zeit kann er zumindest keinen negativ wirkenden Blödsinn schreiben oder in die Realität umsetzen…
© Corina Wagner, 1.10.2015
Kommentare 9
Liebe Corina,
eigentlich hatte ich vor, die dFC heute nicht aufzuklappen. Schliesslich aber doch. Und welch eine Freude! Jetzt weiss ich, was der Deutsche in seiner Freizeit unternimmt, wenn er auf keiner Demo ist. Ich bin einfach zu weit weg, um mit Dir die allgemeine Gemütslage in Deutschland zu teilen. Deshalb Dank für Deine Info. Gut, dass es facebook und Bundesliga gibt. Daran zeigt sich, dass in D das Menschenrecht auf Freiheit geachtet wird. Dann macht es auch nichts, wenn die Menschenrechte auf Asyl und Arbeit, nur um zwei herauszunehmen, mit Füssen getreten werden.
Dir noch ein schönes Wochenende, CE
Lieber CE,
jetzt bist in der Ferne bestens informiert. J Da wird einiges mit Füßen getreten, auch die Menschenrechte und manche Leute leiden urplötzlich an dem „ politischen Taubstummblind-Syndrom“.
Ich wünsche Dir eine schöne Woche in Panamá.
Herzliche Grüße
Corina
PS. Über das Wochenende klang meine Stimme wie Bonnie Tylor auf Droge. :-)
Liebe Corina,
Bonnie Tylor ist mir kein Begriff. Ist seine Stimme besoffen oder ersoffen?
Ich bin mir aber sicher, Deine Stimme war wie immer 1 A!
LG, CE
Lieber CE,
der Name kann Dir auch kein Begriff sein, da ich den Namen total falsch geschrieben habe. Sorry. :-) Meine Ausrede ist nun, dass ich mich durch die Erkältung nicht gut konzentrieren kann bzw. konnte. :-)
Korrektur: Bonnie Tyler
Ganz liebe Grüße
Corina
Liebe Corina,
auch Bonnie Tyler ist mir kein Begriff. Bei genügend Zeit werde ich einmal googeln.
LG aus Panamá nach Ulm und um Ulm herum, CE
PS: Besiege die Erkältung mit einem heissen Grog und Deinem Humor!
vmtl gibts auch Lyrik-Missbrauch
üblicherweise auch Hausfrauenpoesie genannt.
Es gibt ernstzunehmende Kritik und solche, die zu einem Lachanfall führt. :-)
Liebe Corina, treffend auf´s Korn genommen. Finde die Geschichte gut.
Viele Grüße
poor on ruhr
Lieber Poor,
schön, dass Du wieder online bist, hatte Dich schon vermisst...
Danke für Deinen Kommentar!
Viele Grüße in den Pott
Corina