Honig im Kopf - Theater Neu-Ulm

Wagners Randnotiz Empfehlenswerte Inszenierung im Theater Neu-Ulm

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Über sieben Millionen Zuschauer sahen die Tragikomödie Honig im Kopf von Till Schweiger, die 2014 in die deutschen Kinos kam. Er führte selbst Regie und spielte einer der Hauptrollen des erfolgreichen Kinofilms, der sich dem sensiblen Thema Alzheimer annimmt. Schweiger schrieb damals gemeinsam mit Hilly Martinek das Drehbuch. Dieser großartige Erfolg blieb leider mit der amerikanischen Version „Head Full of Honey“ 2018 in den USA aus. Für Honig im Kopf gibt es inzwischen auch eine Bühnenfassung, die aus der Feder von Florian Battermann stammt und von René Heinersdorff bearbeitet wurde. Für das Theater Neu-Ulm inszenierte nun Theaterchefin Claudia Riese das empfehlenswerte Bühnenstück.

Chapeau! Wieder einmal haben Claudia Riese und Heinz Koch bewiesen, dass sie alles richtig gemacht haben, als sie die Tragikomödie Honig im Kopf im Theater Neu-Ulm auf den Spielplan setzten. Riese ist damit eine geniale Inszenierung gelungen, die mit vielen Bonmots gespickt ist, so dass man wie im Film von Till Schweiger lachen kann. Sie lässt Raum für viel Wortwitz, aber auch für Szenen, die zutiefst berühren. Das gesamte Ensemble zieht das Publikum in seinen Bann - jede Charaktere auf seine eigene Art und Weise:

Tilda Rosenbach (Enkelin) – Laura Becker,

Sarah Rosenbach (Mutter) - Helga Reichert,

Niko Rosenbach (Vater) – Markus Streubel,

Amandus Rosenbach (Großvater) – Heinz Koch

Bravo!

Heinz Koch brilliert in der Rolle des an Alzheimer erkrankten Großvater Amandus Rosendach, einen Tierarzt im Ruhestand. Koch sprüht vor Authentizität, zeigt dem Publikum ganz deutlich den Verlauf dieser tückischen Erkrankung, wenn man immer mehr vergisst und Wortfindungsstörungen immer häufiger den Alltag bestimmen… So antwortet er zum Beispiel einem Arzt von dem er partout nicht untersucht werden will mit neuen Wortschöpfungen: „Machen Sie einen Termin mit meiner Sekretantin, äh, Assistärin.“ Sehr unterhaltsam sind jene Szenen im Stück, wenn Amandus seine Familienangehörigen an ihre Grenzen bringt, so backt er anstatt eines Kuchens die Schuhe seiner Schwiegertochter Sarah im Backofen oder kürzt die Hecke im Garten auf 10 cm herunter, anstatt diese nur 10 cm zu kürzen.

Das Publikum spürt hautnah genau jene Situationen, die viele Betroffene tagtäglich durchleben. Jeder Tag aufs Neue bietet Überraschungen. Nichts mehr ist wie früher. Angehörige kommen an ihre Grenzen. Liebe und Zuneigung helfen, aber auch professionelle Hilfe. Ca. 1,7 Millionen Menschen sind in Deutschland an einer Demenz erkrankt. 2/3 davon leben mit der Diagnose Alzheimer Demenz.

Geliebte Menschen, die an Alzheimer erkranken, sind für Angehörige eine echte Herausforderung, aber auch Bereicherung, so die Botschaft des Stücks.

Corina Wagner, 31. März 2019

Quellen

http://theater-neu-ulm.de/cmsroot/archiv-stuecke/honig-im-kopf/

https://www.alzheimer-bw.de/

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Geschrieben von

Corina Wagner

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