Irren ist menschlich...

CoLyrik Oftmals gibt es Situationen im Leben, die will, kann, möchte man nicht undbedingt verstehen oder etwa doch?

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Hinter Gittern

Noch immer kann ich nicht klar denken,

lass‘ mich von meinen Gefühlen lenken.

War es wirklich eine gute Idee – ihn zu sehen?

Kann man später mein Bestreben verstehen?

Zu spät, um nachzufragen. Viel zu spät.

Rational agieren, logisch zu Handeln wäre normal.

Doch meine Fantasie ist momentan nicht zu bändigen.

In Gedanken kann ich mir Vieles vorstellen.

Ich spüre diese Schwingungen, jene sanften Wellen.

Wie neulich bei der Elektroenzephalografie.

Er ist ein toller Therapeut, der mich betreut und ein Genie.

Ihm vertraue ich seit Tagen, wenn mich Irre danach fragen.

Jede einzelne unwichtige Berührung raubt mir den Verstand.

Vernunftgemäß und sinnreich wäre es – so zu tun, wie immer.

Just liege ich in dieser Abstellkammer, diesem winzigen Zimmer.

Einleuchtend und empfehlenswert, wenn ich Alles relativiere.

Man hat mich eingeliefert, ist ja auch nachzuvollziehen.

Schließlich hatte ich mir Pinsel und viel, sehr viel rote Farbe geliehen…

Seinen Namen hatte ich ganz groß auf eine Autobahnbrücke gemalt,

dabei ein Verkehrschaos ausgelöst. Da hatte er noch gedöst.

Splitterfasernackt hing ich an jener Brücke mit samt Farbe kopfüber.

Und auf der Autobahn ging es angeblich drunter und drüber.

Endlich ist es nun soweit, bin heute nach Wochen des Wartens dazu bereit:

Ich möchte schreien, bin aber leise, hab‘ wohl eine kleine Meise.

Keiner kann mir gegenwärtig helfen, liege angeschnallt auf einer Pritsche.

Zurechnungsfähig zu bleiben, wenn er mir das nächste Mal begegnet,

ist wahrscheinlich opportun. Was soll ich bloß mit meinem Vogel tun?

Jetzt möchte ich gerne randalieren, bleibe ruhig, fange an zu frieren…

Vernünftig zu bleiben, fällt mir augenblicklich absolut schwer.

Ich höre Vogelgezwitscher und menschliche Stimmen.

Das weiße Flügelhemdchen kratzt, die Handgelenke schmerzen.

Ein irrer Geistesblitz läuft mir zärtlich über den Rücken.

Gleich schreie ich vernunftbegabt wie ich bin – dezent vor Entzücken.

Ich hätte neulich die Kapseln mit einem Glas Absint nicht schlucken sollen,

die brachten diesen farblastigen Höhenflug mit Absturz ins Rollen…

Jetzt kenne ich vorrausichtlich den wahren Grund.

Sein doofes Charisma, seine geile Ausstrahlung sind an allem schuld.

Zu spät für einen Ausbruch. Meine Nagelfeile wurde gerade gefunden.

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@Corina Wagner, Juni 2012

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Geschrieben von

Corina Wagner

Wer das Wort Alphabet buchstabieren kann, ist noch kein/e Autor/in. (C.W.)

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