Nun das Wort zum verregneten Samstag

CoLyrik Der Dauerregen geht vielen Menschen auf die Nerven. Manche beten aus purem Frust, da heute Sommeranfang ist ...

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Frust, puren Frust spüre ich bis in den kleinen Zeh. Genau dort, wo sich die Socke mit Regenwasser vollgesogen hat. Meine Gummistiefel sind nicht mehr dicht, aber das ist nicht das Schlimmste. Der viel zu enge Friesennerz aus dem Jahre 1982 ist heute gerissen, wie eine Fahne im Sturm. Einfach verschlissen und in die Jahre gekommen das gute Stück, wie ich. Eigentlich kann mich nicht beklagen, da der Keller noch nicht unter Wasser steht und doch bin ich dermaßen gefrustet. Eine Amsel verrichtete ihre Notdurft, als ich gerade gen Himmel sah, ob es noch Sinn macht - einen neuen Friesennerz im Internet zu ersteigern. Danach bückte ich mich nach unten, um mit dem Regenwasser, das zwischen meinen Füßen schwabbte, ein Taschentuch zu befeuchten, um mir den Schiet auf der Nasenspitze zu entfernen. Dabei musste ich feststellen, dass ein Regenwurm hustete, der meinen linken Gummistiefel als Rettungsinsel benutzte. Ich fragte mich doch tatsächlich, ob er TBC hat. Tragisch dachte ich, wenn ich schon solche Gedanken hege. Grundsätzlich bin ich eine Frohnatur, so eine Person, die auch noch dann lacht, wenn andere schon verkniffene Lippen zeigen und dermaßen böse starren, so dass man ein rostiges Brotmesser im Bauch spürt. Jetzt komme ich das erste Mal in meinem Leben an meine Grenzen. Dieser fiese kalte Wind, der ätzende Dauerregen. Manno! Wenn schon die Regenwürmer husten… Heute ist Sommeranfang! Normalerweise habe ich nichts gegen nasskaltes Wetter, ekligen Nieselregen und bestialische Hagelschauer. Doch dieser Dauerregen zermürbt meine Frohnatur, wie einen brüchigen Damm. Die Gummistiefel habe ich nun an die zwei letzten Haken aufgehängt, der viel zu enge Friesennerz liegt in der Tonne. Der Glühwein steht auf dem Herd. Ein Block und Buntstifte liegen parat. Ich werde mir nun eine Sonne malen. Danach werde ich beten:

Heilige Sonne, bitte vergib mir meine Sünden und führe mich nicht ins nasse Dunkelgrau, sondern ins Trockne, da wo mich Sonnenstrahlen wärmen könnten. Da wo die Regenwürmer nicht mehr husten. Amen

©Corina Wagner, 01. Juni 2013

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Corina Wagner

Wer das Wort Alphabet buchstabieren kann, ist noch kein/e Autor/in. (C.W.)

Corina Wagner

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden