Schadensbekämpfung

CoLyrik-Mara Branda Journalistin Mara Branda meldet sich zu Wort ...

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Februar 2020

Schadensbekämpfung

Keiner vermisst mich, so hat es den Anschein. Eine Weile tauchte ich ab. In der Presse war nichts darüber zu lesen. Keiner schrie auf. Warum auch? Ich bin weder eine Mörderin, noch ein Unfallopfer, keine berühmte Person des öffentlichen Lebens, kein B-, C- oder D- Sternchen, bin noch nicht einmal der Auslöser für irgendwelche Verschwörungstheorien. Für den Ausbruch einer Epidemie wie durch das Coronavirus bin ich sowieso nicht verantwortlich und schon gar nicht für Zerwürfnisse innerhalb von Parteien oder Duselwerkstätten.

Und nun? Nichts ist, wie immer.“Alles Bestens!“, würde man mich jetzt fragen. Ich lächle währenddessen, ohne lächerlich wirken zu wollen und verkneife mir Details. Die Zeiten sind rauer geworden. Tacheles zu reden oder zu schreiben, macht mehr Sinn, aber Belangloses zu erwähnen, ist nicht so kompliziert, versteht jeder und man fällt nicht so auf. Ich will gefallen, aber nicht jedem, verständlicherweise.

Ich tu’s. Schreiben. Egal – wir müssen alle mal früher oder später sterben, ob nun seriös oder mysteriös. Hauptsache: tot müssen wir sein und dies am besten nicht als Opfer.

Eigentlich bin ich ein Nichts inmitten von anderen, die auch nichts im Vergleich zu jenen sind, die meinen, dass sie alles können und doch nichts richtig hinbekommen, außer ihren Egoismus zu fördern, Hass zu verteilen, Neid zu entwickeln, Skrupellosigkeit zu produzieren und mit Lügen zu werben. Kennen Sie doch auch oder? Und dann gibt es zusätzlich diese Möchtegernbestimmer mit dem Woeslanggeht-Konzept in der altscharfen Hosentasche, jene Hoden-und Eierstockträger mit ganz großen Ambitionen das Völkische Gedöns salonfähig zu machen.

Ich bin quasi garnichts in den Augen von denen, die vorgeben mehr zu sein, als ich es bin und dies nicht unbedingt deshalb, weil sie klüger sind. Halten wir uns doch mal den Spiegel vor die deutsche Nase. Was sehen wir? Was wollen wir sehen? Eine optische Täuschung? Pure Realität oder ein Abklatsch von Irgendetwas, was ich jetzt nicht ausführlich beschreiben will. Wenden wir den Blick deshalb kurz in Geschichtsbücher, dann vielleicht in ein medizinisches Fachbuch.

Wir sind alle aus Zellklumpen entstanden und können froh sein, dass wir nicht aus politischen Gründen abgetrieben oder bislang gefoltert und umgebracht wurden. Ein Übermaß an Intelligenz hat noch niemanden vor dem Tod bewahrt, lehrt die Vergangenheit.

Manche werden nun denken, dass es besser gewesen wäre, wenn man den einen oder die andere erst gar nicht geboren hätte. Die Betonung liegt auf manche und nun kommt gleich die Entschuldigung von denen, die so denken, dazu:„ Das wird man doch noch schreiben oder sagen dürfen.“

Es ist im Grunde wie mit dem Humor, den versteht auch nicht jeder und dies unabhängig davon, ob man weltoffen, tolerant und für gegenseitige Achtung und Offenheit wirbt oder rassistisch ist. Humor ist individuell und öffnet manchmal die Büchse der Pandora.

Stimmt’s?

Wenn Menschen mit Ethnopluralismus-Hintergrund zum Lachen in den Keller des Bundestags gehen, hört der Spaß für viele Abgeordnete auf.

Böse oder gut? Schluss mit lustig? Ja oder nein? Wo fängt das faschistische Schenkelklopfen in einem Landtag an und wo hört es bundesweit hinter verschlossenen Türen wieder auf?

Mehrere Wochen habe ich jede Nacht davon geträumt im Bundestag zu sitzen, auch mal mit den anderen in den Keller zum Lachen gehen zu dürfen. Ursprünglich wollte ich überhaupt nicht darüber schreiben, aber es kam der Tag X. Ich sah ausgewachsene Zellklumpen, die humorfreie Witze machten und zynisch lachten. Unerträglich, kaum auszuhalten.

Manchmal werden Träume war, zumindest in Albträumen.

Dann kam nun eine Landtagswahl, bei der man genau weiß, dass es kein Albtraum, sondern Realität ist. Wer mit wem da alles zum Lachen in den Keller geht, möchte ich überhaupt nicht mehr wissen, wenn man sich jetzt das Ergebnis, diese Wahl des neuen Ministerpräsidenten in Thüringen, genauer ansieht. Es ist katastrophal, desaströs, folgenschwer und Besorgnis erregend. Ob da nur noch Galgenhumor hilft, bezweifele ich, aber Neuwahlen sind nun in Thüringen wichtig und richtig, wenn man dabei auch an das Jahr 1924 denkt und nicht die Jahre danach aus dem Gedächtnis verdrängt.

Schadensbekämpfung ist nun angesagt, denn für die Schadensbegrenzung ist es meiner Ansicht nach bereits zu spät.

Es gibt doch den Spruch: "Du hast wohl 'nen Schaden!"

Wenn ich diese Worte im Zusammenhang mit der Wahl in Thüringen lese und dann auf das Verhalten diverser Politiker schaue, frage ich mich, wie die Zukunft nicht nur von Thüringen, sondern von Deutschland aussehen wird.

Gilt in einigen Jahren in Thüringen wieder das „Heimtückegesetz“ von 1934, nur heißt es dann Tückegesetz? Wird man dann wie einst den Kopf für einen Witz riskieren?

Frage: Was bekommt man für einen neuen Witz? Antwort: Einen Wochenendausflug im Thüringer Wald.

Ich wünsche allen eine schöne Zeit!
Ihre/Eure Mara Branda

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Kurzbiografie

Mara Branda (Jahrgang 1965) arbeitete bis 2005 als Journalistin für die Zeitschrift Schonfrist. Danach agierte sie beim Politikjournal Kaltgestellt als Chefredakteurin. Seit 2017 ist sie bei der Verlagsgruppe Rübe und Birne als Geschäftsführerin tätig.

Anmerkung der Autorin

Ich nutze wie immer bei solchen Beiträgen die Meinungsfreiheit der BRD, Artikel 5, GG:

Artikel 5

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Corina Wagner

Wer das Wort Alphabet buchstabieren kann, ist noch kein/e Autor/in. (C.W.)

Corina Wagner

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