Total problematisch

CoLyrik-Meinungsfreiheit Helau und Alaaf!

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Guten Tag,

wer oder was ich bin ist egal. Mein Name ist völlig uninteressant, bin eine unbekannte Persönlichkeit. Ich könnte Frau oder Mann sein, auch Transgender, wichtig ist, dass ich bereits volljährig bin und meine Meinung äußern kann, wenn ich Lust und Muße habe. Jetzt habe ich Muße, aber keinen Grund zum Jubeln.

Momentan habe ich ein Problem. Ein echtes Problem. Problematische Situationen gibt es immer, klar doch. Diese Unannehmlichkeit verursacht alles Mögliche und hat ungeahnte Folgen, so vermute ich. Die Krux an dem ganzen Dilemma ist, dass die Problematik kein Phänomen ist, sondern eine hausgemachte Angelegenheit, die das Gemeinwesen zurzeit fertig macht, so scheint es. Jedenfalls kann ich mir dieses Drumherum-Gedöns gut vorstellen, dass es bei vielen Wesen gemein wirkt und fiesen Ärger verursacht, wenn man u.a. das WORT in den Mund nimmt. Nicht das Wort Gedöns, wenn Sie verstehen, was ich meine.

Kompliziert. Problematisch. Schwierig. Ätzend. Keiner will so richtig mehr darüber…

Schweigen ist auch keine Lösung.

Ich wollte das unangenehme WORT nicht in den Mund nehmen. Ehrlich. Kopfschütteln bringt auch nichts, habe ich mehrmals ohne Erfolg ausprobiert. Ich bekomme deswegen inzwischen Schweißausbrüche, wenn ich an das WORT nur denke. Die Zähne bekomme ich übrigens auch nicht mehr auseinander. Kiefernsperre! Seit Wochen, Monaten lebe ich so und ich bin kein Einzelfall, dies kommt erschwerend hinzu und macht die Sache nicht leichter.

Dieses immense „Blabla“ hinterlässt sichtbare Schäden. Bei Ihnen, bei Dir auch?

Es gibt viele verschiedene Reaktionen in Deutschland. Manche raufen sich ein bisschen die Haare, andere bis zur Bewusstlosigkeit alles, was am Körper blüht und gedeiht. Ohne heftige Reaktionen, aber auch kleineren oder größeren Komplikationen geht anscheinend nichts mehr, so könnte man meinen. Extreme Fingerabdrücke hinterlassen Spuren auf Glatzköpfen und eventuell kann dies unverschämt unvorteilhaft aussehen, je nachdem, was man vorher anfasste.

Es kommt auf jeden einzelnen, mündigen Bürger an, wie er selbst, aus eigenem Antrieb seit dem 24. September 2017 psychisch und physisch damit umgeht, so drauf ist, wenn er in Deutschland das Wort POLITIK oder schlimmer noch das Wort SONDIERUNGSGESPRÄCHE hört oder liest. Manche reagieren sogar inzwischen allergisch darauf. Typische Symptome wie Kratzen im Hals und Ausschlag sind die Folge. Andere hyperventilieren, rasten völlig aus oder wirken apathisch. Das eigentlich harmlose Wort KOALITIONSVERHANDLUNGEN löst bei zu vielen Menschen inzwischen Brechreiz aus.

Deshalb grübeln und debattieren nun Verantwortliche, ob man mit einer einmaligen Aktion quasi jedem Wähler, der davon betroffen ist, ganz unbürokratisch etwas Gutes tun kann. Doch nicht nur das, auch alle anderen sollen rein prophylaktisch so schnell wie möglich in den Genuss kommen, bis die Regierungsriege gebildet ist, so die Überlegungen. Jeder Wahlberechtigte, der voriges Jahr bei der Bundestagswahl wählte, soll nun als kleines Dankeschön einen 50-iger Pack Spuckbeutel, alltagstaugliche Kotztüten erhalten, so die Idee. Allerdings könnte diese Speibeutel-Aktion zu Scherereien in den Kommunen führen. Positive Gründe wie z.B. der Erhalt von grüner Galle, die man dann als Zeitzeugen konservieren könnte, überzeugen noch nicht alle Verantwortlichen in den Gremien. Hinter verschlossenen Türen soll nun darüber abgestimmt werden, so habe ich erst kürzlich von einer gesprächigen Ratte aus Berlin erfahren. Dies wirft nun alle meine Pläne über den Haufen.

Ich wollte ursprünglich Rosenmontag unter dem Begriff Politikverdrossenheit laufen, aber wie soll ich bitteschön jetzt noch das Thema Politikmüdigkeit auf der Straße darstellen, wenn ich mich dann überhaupt nicht mehr verkleiden muss. Kacke, ähm, sorry Galle. Und wer will schon als grüne Galle herumlaufen? Oder als Schulz, Lindner, Merkel, Seehofer und wie sie alle heißen? Ich auf jeden Fall nicht.

Vielleicht sollte ich mich als überdimensionalen Speibeutel kostümieren, mal sehen. Eventuell könnte ich mich auch als Alternative ausnahmsweise wie ein Rassist verkleiden. Das Outfit ist allerdings sowas von total langweilig, zum Gähnen, einfallslos und altbackend. Da ist man mit einem Schaf im Wolfspelz-Kostüm zeitgemäßer gekleidet und trifft den Nerv der Narrenzeit. Eigentlich kann ich auch als Politikverdrossenheitsklumpen oder als Meinungsfreiheit-Posting zum Faschingsumzug gehen oder besser noch als nichtssagender Abgeordnetenhaufen, der mit viel Luft ,Watte aufgebauscht wird. Noch nie war ich als Karnevalsnarr so unentschlossen wie heute.

Es ist besser, sich nicht zu verkleiden, als sich falsch zu verkleiden“, könnten einige denken und doch bin und bleibe ich ein Narr und möchte nicht nackt zum Faschingsumzug gehen.

Ich gehe als Bundesadler. Da kann man nichts falsch machen oder etwa doch...?

Ach Du meine Güte! Ich muss mit dem Schreiben aufhören. Meine Nachbarin steht gerade vor meiner Terrassentür und grinst mich dreist an. Sie klopft ganz energisch. Draußen schneit es. Oh mein Gott! Sie trägt ein Faschingskostüm, das sie sich selbst genäht hat. Vorhin rief sie an, dass sie vorbeikommt, wenn es fertig ist. Raten Sie mal, was sie darstellt?

Ich fasse es nicht. Ich spüre Kratzen im Hals und muss zur Tür…

Helau, Alaaf und Tschüssi

© CoLyrik, Februar 2018

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Corina Wagner

Wer das Wort Alphabet buchstabieren kann, ist noch kein/e Autor/in. (C.W.)

Corina Wagner

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