Die deutsche Variante

Polit. Korruption Politische Korruption in der Berliner Bundestags-Parteien-Diktatur

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Foto: Wikimedia Commons, Schweik (der Brave, oder „typische Deutsche“?), Autor: John Heartfield in „Deutschland, Deutschland über alles“ im gemeinsamen Bilderbuch mit K. Tucholsky (Text)

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In Anlehnung an das „Wort zum Sonntag“ ein kurzer Gedankeneinwurf aus Panamá:

Liebe dFC,

Jüngst entfuhr es mir unvermittelt im Gespräch mit einem Bekannten:

„Ich schäme mich für die 68er-Generation“. Das war im Zusammenhang mit der Diskussion über das Thema:

„Einmal Rebell, immer Rebell“ versus „Einmal Rebell, dann Konformist“

Es ging auch um die Frage: „Hat die Nachkriegsgeneration etwas aus der jüngeren deutschen Geschichte gelernt?“ Was ich persönlich sehr bezweifele, wenn es um die psychische und ethische Verfassung des Durchschnittsdeutschen und nach wie vor deutschen Untertanen geht.

Dabei kamen mir immer die hochtrabenden, besserwisserischen Statements deutscher Regierungsstellen, die von deutscher Nachkriegs-Superiorität künden, in den Sinn:

In der Peripherie schütten wir unsere „Golddukaten“ vornehmlich über die Staaten der „Armen Welt“ aus, die Menschenrechte achten und die der Korruption keine Chance geben.

Auf gut Deutsch gesagt: Wir Deutschen sind die Engel auf der Welt und zeigen, wo es lang gehen soll. Mit dementsprechendem Heiligenschein umgeben rauschen unsere Regierungsvertreter durch die Weltgeschichte, immer bereit, den Zeigefinger auszustrecken, bzw. andere Handsymbole der Tugend zu verwenden. Noch sehe ich im Geiste den „Fliegenden Teppichhändler“ aus dem Kabuler Bazar vor mir, ewig grinsend, die FDP-Mittelstandsriege im Gefolge, wie er die Welt mit seinem Kreuzzug gegen Verletzung von Menschenrechten und unerbittlichem Kampf gegen Korruption beglückte. Heute allerdings reist er diskreter, um Leopard-Panzer zu verscherbeln. Das deutsche Kapital wusste sich stets anonymer und diskreter zu verhalten als die politischen deutschen Polterer. Im Verein geben deutsche Politik und deutsches Kapital die perfekte Kombination ab, um „Made in Germany“ wirkungsvoll auf dem Globus zu vertreten. Die deutsche Zivilgesellschaft kann mit Fug und Recht stolz auf ihre Oberen sein.

Nun schleiche ich mich aber dann doch näher an das Thema heran, das mir besonders auf dem Herzen liegt: Der Korruption, und zwar der Korruption deutscher Machart.

Das Thema ist unmittelbar „verlinkt“ (niemand kann sich länger dem modernen Sprachgebrauch entziehen) mit: Untertan, Konformist und dem netten Herrn „Soldaten Schweik“, der dergestalt jeden Morgen am Eingang des „Kanzlerinnen-Amtes“ der gegenwärtigen Herrscherin bußfertig seine Aufwartung macht: „Moin! Zu Diensten, Madame! Mein Rückgrat ist eh versaut. Da kann ich auch die Essensreste der Tafel mit Ackermann oder die Seltersflaschen der edlen Ministerrunde, die über die beste Form der Verjagung von Flüchtlingen sabbelt, beseitigen. Ich weiß genau, wie ich mich zu verhalten habe, um meine verantwortliche Stelle am Hofe zu verteidigen. Da fährt mir kein unflätiges, rebellisches Wort unkontrolliert aus dem Mund!“

Rums! Das war’s! Da haben wir die deutsche Korruption in voller Frühlingsblüte.

Bitte, liebe dFC, vergesst einmal, in Google und anderen intelligenten Suchmaschinen über Korruption, Bestechung, und, und, und nachzuforschen. Die typisch deutsche Form der Korruption wird nirgendwo beschrieben. Nur hier!

Sie ist für den Korruptions-Nehmer:

Beschaffung eines materiellen Vorteils in deutschen Landen in Form von Sicherung von Untertanen-Karriere und „herbstgoldenem“ Lebensabend - ohne Tafel, ohne Gestöber nach Essensresten im Müll - mit wenigstens einem Blech-Dach überm Kopf und Betreuung bis ins Grab unter Bedingung absoluter Loyalität, Wasserträgerei, Schleimerei („Jawoll Madame, immer und bedingungslos zu Diensten!“), schlicht Konformismus.

Für den Korruptions-Geber ist Korruption:

Die verantwortungsvolle, moralisch unübertroffene deutsche Art der Gewährung des Menschenrechtes auf Arbeit (unter welchen Bedingungen auch immer) in Parlament und sonstigem BT-partei-soldatischem staatlichen Wasserkopf sowie im internationalen Kontext. Kurz und gut, bei untertänigem, loyalem, konformistischem Verhalten, auch wenn das Rückgrat noch so schmerzt, hält der Korruptions-Geber seine mildtätige Hand über das Haupt des Untertanen, um dessen Leben von der Wiege bis zur Bahre zu belohnen unter dem Motto:

„Selbst wenn einmal Rebell, dann aber Konformist, ist Karriere und Lebensabend immer gewiss.“


Noch einen schönen April-Sonntag mit Frühlingsgefühlen der besonderen Art!

CE

PS: Ich fragte mich beim Hinscheiden eines lieben Anarchisten-Freundes: Er und andere aufrechte Streiter für Demokratie und Freiheit, die in den 68er-Revolte-Jahren eine Prof.-Stelle ergattern konnten, brauchten bei einer heutigen Ausschreibung gar nicht erst anzutreten. Deutsche Seilschaften-Korruption ist weltweit einzigartig. Wer da nicht in BT-Partei-Netzwerken sein Rückgrat an der Garderobe abgegeben hat, ist zur Auswanderung gezwungen oder eben zur Konformisten-Mutation.

Arme Heimat!

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Geschrieben von

Costa Esmeralda

35 Jahre Entwicklungsberater, Lateinamerika, Afrika, Balkan. Veröff. u.a. "Abschied von Bissau" und "Die kranke deutsche Demokratie".

Costa Esmeralda

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