Ein besseres Deutschland bauen!

Wunschtraum? Ode über das Mögliche

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Foto: Heidelberger Schloss im Abendlicht. Ist deutsche Klassik und Romantik, als „Deutsches Wesen“ noch ein anderes war, schuld am Wunschtraum? Autor: Hermann Gebauer (1. Juli 2015)

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Wunschtraum?

Ein besseres Deutschland bauen!

Ode über das Mögliche

Hundertfünzig Jahre schon die Lust zum Hegemon

und siebzig lange Jahr nach letztem großen Krieg:

Immer noch sehnt sich „Deutsches Wesen“ nach Sieg.

Was ist dies deutsche Wesen? War es immer so?

Wer bildet es heraus, wer baut es immer weiter aus?

Zu welchem Zweck? Mit welchem Ziel?

Eines scheint gelungen:

Gemeinsame Katastrophen schweißen zusammen.

Gemeinsamer Irrtumsweg erdrückt Kritik

und kollektive Schuld verschwimmt im nationalen Nebel.

Warnende Stimmen von Außen und Innen gerinnen zu winzigen Tropfen aus Eis,

die schon bei ersten Sonnenstrahlen im Boden verschwinden,

als seien sie gar nicht gesprochen.

Braucht das Land immer wieder Katastrophen,

von Phasen der Prosperität unterbrochen,

begleitet von Angst, Selbstmitleid und Selbsttäuschung über sein doch gutes Wesen?

Ist es Großmannssucht, die alles frisst,

was je an Edlem alte Zeit hervorgebracht?

Ist es die Gier nach Mehr im eignem Maul

und Taubheit vor dem Hungerschrei?

Ist es die Scheu vor jedem Fremden,

die Unruh und Besorgnis weckt?

Ist es der Untertanengeist,

der nichts infrage stellt, solang er noch zu Essen hat?

Wie dem auch sei!

Hundertfünzig Jahre deutsches selbstgerechtes Wesen

müssen endlich Ruhe finden,

wenn es künftig „Gutes Leben“ geben soll.

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Foto: Kanu vor dem Strand von La Ceiba, Karibik, Honduras. Führt die Fahrt in bessere Zukunft? Autor: H. Gebauer (22. März 2015)

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Sag mir niemand, es bleibt so, wie es ist.

Sag mir niemand, wir sind gut gefahren und nur manchmal schlecht.

Stolz sind wir stets, ob Herr, ob Knecht,

unbeirrbar, selbst in Kriegen,

deutschem Wesen treu geblieben.

Doch ist dies Wesen gemeißelt in Stein?

Muss Deutsches Wesen immer so sein?

Nein! Eindeutig Nein!

Werden Kinder und Kindeskinder weiter erdrückt von unseligem Erbe,

weil uns der Mut und die Weitsicht fehlte?

Uns bleibt wenig Zeit, das Mögliche zu denken,

das Mögliche auf Erden, das verdient, nicht nur gedacht zu werden.

Was könnte „Neues Deutsches Wesen“ sein?

Sicher nicht übelriechende Seilschaften, wo eine Hand die andere wäscht.

Sicher kein Ausgrenzen von denen, die Hilfe brauchen und denen,

die keine Kompromisse mit Mächtigen schließen,

deren Gedanken nicht aufhören, frei zu sprießen,

die Liebe, Solidarität und Empathie mehr schätzen als alles Geld der Welt,

die Bescheidenheit, Weltoffenheit, Lernfähigkeit

der Rechthaberei, Konformität und Weiterso den Vorzug geben…

Dieser Wunschtraum könnte unser Erbe sein

nach schändlichem Versagen aus Eigensucht und Bequemlichkeit.

Das Erbe an die Kinder müsste lauten:

„Deutsches Wesen“ hat eine Alternative!

Europa und die Welt warten schon lange auf diese.

„Kinder, baut bessres Land mit Liebe!“

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Foto: Grabstein eines in Bad Münder, meiner Heimatstadt, an Tuberkulose gestorbenen ehemaligen polnischen Zwangsarbeiters, zwei Jahre nach Kriegsende und vier Jahre nach meiner Geburt. Mein Wunschtraum ist, dass Kinder und Enkelkinder zukünftig eine Welt erleben, die frei von "altem deutschen Wesen“ sei. Autor: H. Gebauer (4. Mai 2014)

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Liebe Grüsse und einen schönen Sonntag, CE

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Costa Esmeralda

35 Jahre Entwicklungsberater, Lateinamerika, Afrika, Balkan. Veröff. u.a. "Abschied von Bissau" und "Die kranke deutsche Demokratie".

Costa Esmeralda

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