Gedanken eines Libertären im Wahljahr 2013.2

Begriffsklärungen Die Beiträge: "Zukunftsministerium" und "Gedanken eines Libertären" fordern zur weiteren Klärung von "libertär", "Handeln", "Wort" und "Tat" heraus.

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http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/5c/Ancapflag.svg Foto: Einige anarchokapitalistische Gruppen verwenden die gold-schwarze Flagge als Symbol (z. B. AnarkoKapitalistisk Front Schwedens). Der Anarchokapitalismus wird als eine Richtung innerhalb des Libertarismus oder der libertären Bewegung gesehen (siehe auch Wikipedia).

Liebe dFC,

bei der Diskussion über meine beiden letzten Beiträge kam die Forderung nach Begriffsklärung von "libertär", von "politischem Handeln", "Wort" und "Tat" auf. Ich selbst sehe mich als einen "Libertären", was ich im Titel meines Bandes von dFC-Beiträgen ausdrückte: "Gedanken eines Libertären.....", diesen Begriff aber nicht weiter definierte, sondern auf meine Beiträge verwiess.

Im Nachwort dieses Bandes versuche ich eine vorläufige Klärung meines Verständnisses von "libertär" zu geben. Das stelle ich hier zur Diskussion, die ich mir nicht in tiefschürfender philosophierender Form vorstelle (Wir sind sicher in der Mehrzahl Amateur-Philosophen und damit auch an praktischem politischen Handeln interessiert), sondern in lockerer Form, sozusagen als ein Gespräch unter einigermassen Gleichgesinnten. Nach einem ersten Begriffs-Rundumschlag könnte ich mir eine Fortsetzung in Form eines Fallbeispieles einer alltäglichen Situation in deutschen Landen und unsere Reaktion darauf vorstellen, die sein könnte: Indifferenz, Wort, Tat, Wort und Tat (politisches Handeln).

Zur Begriffsklärung sei hier mein Nachwort eingestellt.

Nachwort

Dem geduldigen Leser, der bis hierher ausgeharrt hat, bin ich nun doch noch einige Worte zu dem Begriff „Libertärer“ schuldig, obwohl die ausgewählten Beiträge schon einige Erklärungen geliefert haben.

Ich werde hier keine philosophische Abhandlung versuchen, sondern lediglich einige Anhaltspunkte geben, die mein Handeln bis heute geprägt haben.

Der Ausgangspunkt war die Erziehung im evangelisch-lutherischen Glaubensgebäude während der Kinder- und Jugendzeit. Das wichtigste ethische Handlungsprinzip war: „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“ (Nächstenliebe) und Empathie gegenüber Benachteiligten. Das fand seinen Niederschlag in der praktischen Gemeindearbeit. Die christliche Ethik setzt Verantwortungübernehmen für sich selbst wie ebenso für die Gemeinschaft voraus. Diese Ethik ist bis heute für mich unverzichtbarer Bestandteil des Handelns.

Zu Ende der Schülerzeit und Beginn des Studiums beginnt die Auseinandersetzung mit Sozialismus und Anarchismus einerseits und mit den Idealen der Aufklärung andererseits. Dabei werden „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanismus“ in einer horizontalen Gesellschaft (Abwesenheit von Herrschaft), deren öffentliche Aufgaben sowie das gesellschaftliche Wirtschaften der strikten Kontrolle durch mündige und partizipierende Bürger unterliegen, zum Leitbild.

Eigentum wird als rechtens anerkannt, soweit es über das durch persönliche Arbeitskraft geleistete Produkt nicht hinausgeht. Das gilt ebenso für den Zugang zu privatem Bodeneigentum, zudem jeder Bürger gleichen Zugang besitzen sollte.

Kirchen wie auch politische Parteien werden zwar als zur „condición humana“ und dem Menschen innewohnendes Herrschaftsstreben gesehen, jedoch nicht befürwortet. Kirchenglauben sollte dem Primat einer universal anerkannten Ethik des menschlichen Handelns unterstellt werden. Dem Machtstreben politischer Parteien sollte durch den Zusammenschluss und das gemeinsame Handeln unabhängiger, mündiger Bürger Grenzen gesetzt werden, um der Volkssouveränität zur Geltung zu verhelfen.

Für mich hat der Begriff des Libertären nichts mit dem des Neoliberalen zu tun. Letzterer anerkennt die Freiheit des Stärkeren auf Kosten des Schwächeren und toleriert die wirtschaftliche Herrschaft des Kapitals über die Produzenten. Das neoliberale Wirtschaftssystem und das von ihm abhängige politische System sind ebenso zu verurteilen wie ein sogenanntes gleichmacherisches kommunistisches Gesellschaftssystem, das der Herrschaft einer bürokratischen Nomenklatura, einer selbst ernannten Avantgarde unterliegt. Beide gesellschaftlichen Systeme sind Herrschaftssysteme und sollten durch ein horizontales Gesellschaftssystem mit Volkssouveränität und Gemeinwirtschaft ersetzt werden.

In der praktischen Entwicklungsberatung seit Ende der 80er Jahre des 20ten Jahrhundert versuchte ich, diesen Handlungsprinzipien mittels Anwendung des von der UN ausgearbeiteten und propagierten Paradigmas der „Nachhaltigen Menschlichen Entwicklung“ (Sustainable Human Development - SHD) gerecht zu werden. Letzteres legt die primäre Betonung auf die Entwicklung des Human-, Sozial-, kulturellen-, technologischen- und natürlichen Kapitals und weniger auf die Entwicklung des Finanz-, Industrie- und Infrastruktur-Kapitals.

Zum Abschluss einige zusammenfassende Prinzipien:

„Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst!“

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanismus.

„Kein Kirchen-Gott, kein Meister!“ (Ni Dieu, ni Maître!)

Verantwortlichkeit für sich selbst und für die Gemeinschaft.

Menschlichkeit und Liebe im privaten wie im öffentlichen Bereich.

Soziale Kontrolle des Staates durch die Bürger.

Bürger-Republik statt Parteien-Republik.

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Beginnen wir mit der Begriffsklärung

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Costa Esmeralda

35 Jahre Entwicklungsberater, Lateinamerika, Afrika, Balkan. Veröff. u.a. "Abschied von Bissau" und "Die kranke deutsche Demokratie".

Costa Esmeralda

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