Neujahrs-Ansprache in der Mache

Im Kanzlerinnen-Amt Einakter: Hart aber fair an der Realität

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Foto: Wikimedia Commons (2005): Bundeskanzleramt Berlin, Haupteingang, Autor: Manfred Brückels

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Mitwirkende:

Kanzlerin (M)

Junge Assistentin, Türkin, 2. Generation (A)

Reinigungskraft aus Afghanistan

Dolmetscherin der Reinigungskraft aus Belutschistan

Türsteher aus Somalia

Dolmetscherin des Türstehers aus Äthiopien (E)

Seehofer (H)

Gabriel (G)

Hollande (F)

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Zwei Tage vor Silvester im Kanzleramt

Die Kanzlerin sitzt vertieft über Akten am Schreibtisch, vor dem drei bequeme Sessel stehen. Die afghanische Reinigungskraft streift umher, um dieses und jenes Möbelstück von Staub zu befreien und den Boden zu wischen. Ihre Dolmetscherin folgt ihr auf dem Fuße. Der somalische junge Türsteher steht mal devot im Büro, mal begibt er sich nach draußen, um etwaige Besucher zu erspähen. Seine Dolmetscherin rast ihm ebenfalls bei jedem Ein- und Austritt hinterher. Die adrette Assistentin verschafft sich energisch Eingang ins Büro der Kanzlerin.

A (wie Assistentin): Guten Morgen, Frau Kanzlerin, Verzeihung für die Verspätung. Als alleinerziehende Mutter musste ich erst meine Tochter im Kindergarten abgeben. Meine übrige Familie ist geschlossen in die Türkei zum Urlaub abgedampft.

M (wie Merkel): Schon gut. Ich kann mir vorstellen, wie es einer jungen Mutter ohne Mann ergehen kann. Setz Dich her zu mir. Heute haben wir einen äußerst anstrengenden Tag.

A setzt sich. Ihre Nasenflügel sind in heftiger Bewegung. Nach kurzem Schnüffeln platzt es aus A heraus:

A:Aber Frau Kanzlerin, ich muss sagen, hier stinkt’s gewaltig!

M: Wie, was? Hat etwa der Seehofer wieder Mist verzapft?

A: Nein, ich meinte nicht den allgemeinen politischen Gestank im Regierungsviertel. Nein, hier im Kanzleramt stinkt’s gewaltig.

M: Das darf doch wohl nicht wahr sein! Ich rieche nichts. Allerdings bin ich seit Seehofers Obergrenze verdammt verschnupft. Wo soll denn der Gestank herkommen? Meine Güte, ich habe doch heute noch wichtigen Besuch.

A erhebt sich. Schnüffelt überall herum, wo es ihr verdächtig vorkommt. Vielleicht kommt der Gestank von der seit „Wir schaffen das“ angestellten Hilfsmannschaft: Afghanin, ihre Dolmetscherin, Somalier, Äthiopierin. Aber jedes Mal schüttelt sie mit dem Kopf. Sie nähert sich unverfroren ihrer Chefin und schnüffelt an dieser herum.

M: Na jetzt schlägt’s aber Dreizehn.Wieso kommst Du zu mir?

A: Heutzutage, Frau Kanzlerin, schafft sich doch jeder arbeitslose HartzIVler, der was auf sich hält, einen Köter an. Auf den Straßen wimmelt es nur von denen. Vielleicht sind es ja ihre Schuhe, die unbeabsichtigt in die Hundeschei… getreten haben. Entschuldigung, darf ich mal riechen. Ich könnte Ihnen bei Bedarf meine Schuhe leihen, damit der Besuch nicht sofort wieder die Kurve kratzt.

A schnüffelt an beiden Schuhen der Kanzlerin herum. Aber sie bemerkt nichts Auffälliges.

A: Der Gestank muss woanders herkommen. Jetzt kann nur noch Ihr schicker Hosenanzug infrage kommen. Rotes keckes Jäckchen und grüne Hosen eng geschnitten. Haben Sie dabei an politische Korrektheit oder bestehende bzw. mögliche Koalition gedacht?

M: Das ist ja die Höhe! Jetzt riechen Sie auch noch an mir herum, als sei mein Hosenanzug, den mein Mann jeden Morgen sorgfältig für mich aussucht, für den Gestank verantwortlich.

A beginnt plötzlich an zu prusten, als sie sich am Oberteil des Hosenanzugs zu schaffen macht.

A: Frau Kanzlerin ich hab’s, ich hab’s! Das ganze Oberteil stinkt wie die Pest. Bei der Hose stinkt der Bund.

M: Mädchen, jetzt wird’s mir aber zu bunt. Bist Du hier, um mich zu veräppeln oder mir zu assistieren? Frag mal die anderen, ob die auch was riechen. Wenn ja, müssen wir der Ursache auf den Grund gehen und reflektieren, wie wir aus dieser peinlichen Situation herauskommen. Wie Du weißt, habe ich heute Schwerstarbeit. Der Gedanke an die Neujahrsansprache an mein Volk hat mir in der Nacht den Schlaf geraubt.

Die Hilfsmannschaft nähert sich ehrfürchtig der Kanzlerin.

M: Nun macht schon. Schnüffelt!

Alle wenden sich angewidert ab.

E (Äthiopierin): Madame, es stinkt wahrhaftig gewaltig!

M: Mir geht ein Licht auf. Das kann nur von François kommen. Der Hollande wird mir das büßen! Als ich ihn letztens besuchte, gab er mir einen ganzen Koffer mit angeblich feinsten Pariser Parfüms mit. Da muss ein Flakon mit stinkiger Essenz darunter gewesen sein. Mein herzensguter Mann hat jeden Morgen die verantwortungsvolle Aufgabe, nicht nur den geeigneten Hosenanzug für den Tag auszusuchen, sondern diesen auch mit dem verführerischsten Parfüm zu bespritzen. Ich will ja nicht nur mit meinem mütterlichen Lächeln überzeugen, auch feinste Düfte sollen rüberkommen. Offensichtlich war mein Mann heute Morgen auch verschnupft und kramte wohl das falsche Parfüm raus. Hollande hatte sich schon des Öfteren beschwert, dass Schäuble und ich wegen unseres eisernen europäischen Spardiktates Arbeitslosigkeit und Niedergang der französischen Wirtschaft verschuldet hätten. Kürzlich drohte er doch unverhohlen, wir sollten gefälligst in Zukunft beim Schuldenmachen die Augen zudrücken und den Franzosen im Krieg gegen den IS mannhaft beistehen.

A:Das sieht diesem Franzosen ähnlich. Seit den Terrorattentaten in Paris ist sein Ansehen zwar ein wenig aus dem Keller geklettert, dank martialischem Kriegsgeschrei, aber Hoffnungen auf eine nächste Präsidentschaft sollte er vergessen. Doch gnädige Frau, was machen wir nun? Jeder Besucher wird sagen: Im Kanzlerinnen-Amt da stinkt’s gewaltig.

M: Verdammt noch mal. Ich reflektiere ja schon. Ich kann mich schlecht hier in Unterhosen und BH hinsetzen, obwohl das Klima heuer das Kanzleramt zum Jahresende aufheizt, als hätten wir Hochsommer. Die Öffentlichkeit würde auf den Gedanken kommen, dass die Kanzlerin nicht mehr alle Tassen im Schrank hätte und gefälligst das Weite suchen sollte. Dabei will ich mir doch noch wenigstens zwei Jahrzehnte hier gönnen. Dann wird das Kanzler-Amt auf lange Zeit ein Kanzlerinnen-Amt sein.

Frau Merkel holt tief Luft. Dann:

M: Ich hab’s! Wir schwindeln alle. Darin ist deutsche Politik und Wirtschaft bestens geübt. Wenn Besuch kommt sagen wir, wir machten einen wissenschaftlichen Versuch im Kanzleramt, mit einem Gegen-Gas, das zwar erbärmlich stinkt, dass aber das CO2-Problem lösen hilft. Einer Physikerin im Amt wird das jederzeit abgenommen.

A: Genial! Ich verdonnere die Mannschaft zum Stillschweigen. Hoffentlich übersetzen die Dolmetscher das richtig. Jetzt kann der Tag endlich mit Schwung beginnen.

A tuschelt mit der anwesenden Mannschaft

A: Madame, ich glaube, der erste Besuch ist im Anmarsch.

A flüstert M ins Ohr, Seehofer nähere sich mit Siebenmeilenschritten. M bleibt im Bürosessel sitzen.

M (tut freudig überrascht): Oh, mein lieber Horst zu früher Stunde. Ich hoff, Du bringst ne schöne Kunde!Nimm‘s mir nicht übel, wenn ich sitzen bleibe. Bei der Morgengymnastik mit meinem Mann habe ich mir einen Wirbel verrenkt.

H (wie Horst Seehofer): Das soll vorkommen in unserem Alter. Aber Angela, ich muss sagen, im Kanzleramt stinkt’s. Und nicht nur so ein Lüftchen. Es stinkt gewaltig! Ich hoffe, die Presse bekommt keinen Wind davon. Du hast ja auch eine ganz neue und bunte Mannschaft um Dich versammelt. Willst Du etwa damit die Obergrenze unterlaufen? Ich warne Dich. Meine CSU-Genossen scharren schon mit den Hufen im Stall. Sie drohen mir, in die AfD überzuwechseln, wenn Du in Deiner Neujahrsansprache nicht klar stellst, dass es keine „offenen“ Türen in Deutschland geben wird. Und mach die Obergrenze so niedrig, dass die CSU bei der nächsten Wahl mit absoluter Mehrheit gewinnt und weiterhin die öffentlichen Pfründe absahnen kann. Verdammt noch mal. Ich werde mich schleunigst aus dem Staub machen. Mir stinkt’s hier einfach zu grässlich.

M: (wie eine schlechte Schauspielerin, die sich das Rückgrat schrubbelt): Horst, Du hast recht, das Altern ist schon eine Krux. Aber zehn bis zwanzig Jährchen halte ich schon noch durch. Der Adenauer hat’s ja auch geschafft. Was den Gestank anbetrifft, haben wir einen ersten Feldversuch gegen CO2 im Kanzleramt gestartet. Wenn alles klappt, wird Deutschland Vorreiter werden. Was die Flüchtlinge anbelangt, sag Deinen Parteigenossen, die Preußen hätten ihre Sorgen verstanden. Die offenen Türen mussten für ein paar Tage sein. Griechenland hatte unser Ansehen in aller Welt beschädigt. Das Deutschland-Bild mit den offenen Grenzen für Flüchtlinge sollte wenigstens für einige Wochen die Welt von einem menschenfreundlichen Deutschland überzeugen. Jetzt ist der Spuk vorbei und die CSU-Genossen können beruhigt ihr Silvester-Bier saufen. Bestell ihnen schöne Grüße von Angela aus Berlin und versichere ihnen, dass deutsche Türen künftig thyssen-krupp-gestählt geschlossen blieben.

Seehofer macht schleunigst die Mücke und verduftet.

M (erleichtert): Ich sehe diesen Bayer lieber von hinten als von vorn. Hoffentlich verklickert der nicht den Medien, dass es im Kanzleramt stinkt. Wenn das BILD erfährt, bin ich dran!

A (hastig): Frau Kanzlerin, da schnauft schon der Gabriel heran.

M (zu sich selbst): Muss dieser Menschausgerechnet heute antanzen. Manchmal kann ich ihn nicht mehr ausstehen. Aber ohne ihn wäre ich keine Kanzlerin. Oder doch? Die Grünen sind ja jetzt geiler als zuvor auf die Macht. Mal sehen, ob ich noch schnell umsattele und mir den Gabriel vom Halse schaffe. Die Grünen wollen endlich auch an Regierungsknete. Zehn Jahre schon mussten sie vor sich hin darben. Ich weiß, wir Menschen jagen alle den Millionen hinterher, die die öffentlichen Kassen hergeben, solange unsere Untertanen zu blöd sind, um dem Parteien-Seilschaften-Spuk ein Ende zu bereiten. Aber wenn schon, dann wird gnadenlos abgestaubt, bis wir das Zeitliche segnen. Mal sehen, was Gabriel auf dem Herzen hat?

G stapft von viriler Kraft gezeichnet ins Büro hinein und beginnt unmittelbar und hörbar zu schnüffeln.

G (leicht irritiert): Angela, hier stinkt’s ganz eindeutig. Was ist denn hier los? Und diese bunte Truppe? Ich glaub, ich spinne. Soll das jetzt der Anfang vom Ende der Integration sein. Bist Du total verrückt geworden? Willst Du aller Welt beweisen, dass das „Wir-schaffen- das“ ausgerechnet im Kanzleramt mit Gestank beginnt. Früher gab’s hier nur abendländische Gesichter und feinste Düfte. Jetzt stinkt’s hier fürchterlich. Warum hast Du denn grüne Hosen an? Genügt nicht das Rot, das die Große Koalition treffend charakterisiert?

M (beruhigend und doch leicht drohend bestimmt): Sigmar, setz Dich erst einmal und reg Dich ab. Alles hat seinen Sinn. Du kennst mich doch, dass ich die Letzte wäre, die ausflippte in widrigen Zeiten. Erst einmal: Es stinkt, ganz recht, aber im positiven Sinne. Ich probiere an mir und dem Amt ein weltweit einmaliges Experiment aus. Ein besonderes Gas soll in Zukunft das CO2-Problem und die Erderwärmung in den Griff bekommen. Wenn das gelingt, na dann Prost Neujahr. Du als Spezialist wirst das zu schätzen wissen. Meine bunte Mannschaft werde ich zur Neujahransprache um mich versammeln und aller Welt kundtun, wie Empathie und „Wir schaffen das“ schon im Kanzleramt realisiert wird. Unser schlechtes Image braucht Schadensbegrenzung. Ja, und die grünen Hosen? Sie sollen nur die Möglichkeit zukünftiger Koalition in den Raum stellen. Aber mach Dir keine Sorgen um die Anstellungen und fetten Gehälter Deiner Parteisoldaten. Wenn die SPD weiter so spurt wie bisher, dann sind auch in der nächsten Legislaturperiode wieder tausende hohe Posten in Deutschland und aller Welt drin. Ich weiß zu schätzen, wie Du Dich um Deine Mannen kümmerst. Auch Du kannst für Dich persönlich ausrechnen, was das für Deine Pension abwirft. Ich rechne ja auch, was jedes Kanzlerjahr mir an Knete im Alter einbringt. Josef Ackermann hat mir das mit Erfolg beigebracht. Das machen schließlich alle Bundestagsparteien-Soldaten. Ihre Mühen sollen belohnt werden. Da ist Schäuble gottseidank mal nicht geizig. Nun, mach nicht so ‘n Gesicht. Eure SPD-Seilschaft samt Friedrich Ebert Stiftung wird kassieren, das es nur so kracht, wenn wir weiterhin gut harmonieren. Also, vergiss fürs Erste die GRÜNEN und halte Deine Truppe auf dem rechten Weg! Alles andere, wäre schädlich für die Genossen.

Gabriel, der Stolz der ältesten deutschen Partei, wackelt wie ein Dackel von der Bühne.

A: Frau Merkel, fast könnte man Mitleid mit Gabriel haben. Wie ein gedemütigter Hund schleicht er von dannen. Ist er nicht schon genug vom SPD-Parteitag abgestraft worden, wo ihm ein Großteil der Delegierten die Gefolgschaft versagte, während Sie auf dem CDU-Parteitag mit schier nicht endendem stehenden Applaus gefeiert wurden?

M: Ich habe mit den Sozialdemokraten überhaupt kein Mitleid. Sie sind politischer Gegner. Wenn sie schon bald nach Parteigründung begannen, immer wieder ihre Prinzipien selbst in den Wind zu pusten, ist das ihr Bier. Wenn man schon soziale Prinzipien hat, muss man auch öffentlich zu ihnen stehen, selbst auf die Gefahr hin, Wahlen zu verlieren und damit auch den Zugang zu öffentlichen Ämtern und öffentlicher Knete. Wenn ihnen aber Geld und Macht wichtiger sind als Prinzipien, sollten sie es wie die Union halten. Wir agieren offen im Interesse der Kapitalfraktion und schwindeln die Untertanen an, uns um sie zu kümmern. Und solange der Rubel rollt für die Mehrheit der Deutschen, klappt das wunderbar. Das ist unser Rezept, das Du Dir merken musst. Zur kommenden Neujahrsansprache werde ich wieder das Blaue vom Himmel versprechen, wie ich das schon 2013 mit großem Erfolg gemacht habe. Sieh Dir mal meine Neujahrsansprache 2013 an, meine Wandlung vom Saulus zum Paulus. Aber da kommt ja mein lieber Freund François!

Hollande stürmt ziemlich aufgelöst ins Kanzler-Büro.

F: Angelique, ich habe keine Zeit zum Küsschen-Geben, bin in Eile.

M: Mein lieber François. Ist auch nicht nötig. Ich habe sowieso das Zipperlein und kann mich schwer erheben. Meine „colonne vertébrale“ macht mir wieder einmal Schwierigkeiten.

F: Das tut mir außerordentlich leid für Dich. Aber Angelique, was ist das denn für ein Geruch? Mit Entsetzen muss ich feststellen: Im Kanzleramt stinkt’s! „Quel horreur!“ Ich vermisse Deine üblichen verheißungsvollen Düfte. Aber irgendwie kommt mir dieser Gestank auch bekannt vor. Konntest Du denn nicht die berühmtesten Pariser Duftwässerchen gebrauchen, die ich Dir mitgab?

M (trocken): François, diese Wässerchen sind mir jetzt egal. Aktuell wird hier im Kanzleramt ein wissenschaftliches Experiment besonderer Güte durchexerziert. Wenn es klappt, wäre das die Weltformel für Eliminierung von CO2 und die Reduktion der Erderwärmung bei gleichzeitiger Verdummung der Massen. Lass es ruhig einmal wissenschaftlich stinken im Kanzleramt. Es wird nur solange in der Politik stinken, bis das Volk den Gestank als Parfum begreift, sagen wir als billiges Volks-Eau de Cologne. Die Menschheit wird sich bedanken und uns Elite weiterregieren lassen, wie wir es verdienen.Nun kommen wir zum Geschäft: Ich weiß, Du bist in der Bredouille. Du zitterst um die Wiederwahl, hast den Terror und die Rechte am Hals, führst Krieg. Wirtschaftlich steht Frankreich alles andere als rosig dar dank meines und Schäubles Zutun. Vielleicht laufen die Liebesgeschichten auch nicht mehr so wie sie sein sollten. Aber darüber musst Du mir nichts erzählen. Ich behalte meine Stories auch für mich. Ich weiß, Du brauchst schlicht Geld von Deutschland und aktive Teilnahme am Krieg, damit Du erfolgreich vor Dein Volk treten kannst. Ich bereite mich auch gerade auf die Neujahrsansprache an meine Untertanen vor. Ich kann Dir versichern, dass wir solidarisch zu Euch stehen werden in diesen schwierigen Zeiten. Du wirst Deficit-Spending machen können. Schäuble knurrt, aber das ist egal. Ich bestimme die Richtlinien der Politik. Ich habe auch bereits unser Parlament erfolgreich dafür begeistern können, an Eurer Seite in den Krieg gegen den IS zu ziehen. In Mali stehen wir ebenfalls Gewehr bei Fuß. Die deutsch-französische Freundschaft ist uns das wert. So, jetzt muss ich mich leider an die Arbeit meiner Rede machen. Ich kann keine Ghostwriter damit beauftragen, da niemand auch nur annähernd so eine einfache, schlicht-schöne Sprache hat wie ich. Mein Volk würde sofort stutzig werden und vermuten, ich würde sie belügen, wenn ich „sofisticated“ daherredete. Deshalb lieber François, entschuldige mich. Auch Entschuldigung für den Gestank. Aber wir alle werden uns an ihn gewöhnen müssen, schließlich ist er der schöne Duft der Politik. Erfolg für Dich in 2016, im Amt und in der Liebe!

Damit reicht Kanzlerin Angelique mit Kanzlerinnen-Pose ihren rechten Arm über den Schreibtisch, den Hollande, ergriffen von der Weisheit der Kanzlerin, ergreift, einen galanten Handkuss hinwirft, sich hastig aufrafft und die Nase zuhaltend dem Kabinett enteilt. Dabei nuschelt er:

F: Mann, wärest Du doch auch so clever wie Madame!

Der somalische Türsteher schließt die Tür mit Bedacht und lässt Madame und ihre Assistentin allein zurück. Beide machen sich an die Arbeit. Die Zeit drängt. Das Volk lechzt nach Erleuchtung.

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Auf ein gutes Jahr 2016 ohne politischen Gestank, CE

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Costa Esmeralda

35 Jahre Entwicklungsberater, Lateinamerika, Afrika, Balkan. Veröff. u.a. "Abschied von Bissau" und "Die kranke deutsche Demokratie".

Costa Esmeralda

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