Offener Brief an JA und die dF-Community (1)

"El Cóndor Pasa" Projektbeschreibung der Monatszeitschrift "El Cóndor Pasa" als Print-Beilage zu dF, von der Community erstellt. Bei negativem Bescheid: unabhängige Herausgabe.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

"Offener Brief an Jakob Augstein und an die dF-Community"

Lieber Herr Jakob Augstein,

Liebe dF-Community,

ich schrieb hier in der dFC unlängst einen ersten "Offenen Brief" an JA und die dFC mit dem Vorschlag der Herausgabe einer Monatszeitschrift (Arbeitstitel: "El Cóndor Pasa", korrigierter Untertitel: "Monatszeitschrift zur Förderung von Humanismus, nationaler und europäischer Identitätsstiftung und Weltbürgertum") als Print-Beilage zum "der Freitag" und inhaltlich erstellt von der dF-Community.

Wie ich einigen Kommentatoren dieses Vorschlages bereits antwortete, werde ich in diesem zweiten "Offenen Brief" das Projekt genauer umreissen und würde mir wünschen, die Angesprochenen hätten die nötige Zeit und Lust, darauf entweder positiv oder negativ zu antworten. Da die Projektbeschreibung länger ausfällt als gedacht, wird sie in Folgen erscheinen. Bis zum Wochenende sollte das Projekt vollständig publiziert sein.

Selbstverständlich ist dieser Vorschlag längst nicht in allen Einzelheiten ausgearbeitet, aber das sollte ja gerade auch Aufgabe der Kommentatoren sein, die sich mit der Idee anfreunden und sich zu einer aktiven Teilnahme bereit erklären.

Projektvorschlag einer von der dFC erstellten Monatszeitschrift als Print-Beilage zum "der Freitag

0. Vorbemerkung: Zur Enstehung der Idee

Seit Bildung der Euro-Zone und Einstieg der damaligen Schröder/Fischer-Regierung in die Schaffung von Billiglöhnen in Deutschland, insbesondere um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exportindustrien im Euro-Raum und auch im globalen Kontext zu stärken, befand ich mich im Diskussionszusammenhang mit europäischen und aussereuropäischen Kollegen über die deutsche Politik bzgl. Euro-Zone. Mehrheitlich lehnten wir den deutschen Politikansatz ab, vor allem, da der gemeinsame Währungsraum von Beginn an eine genaue Analyse der strukturellen Schwächen und Stärken aller Länder erfordert hätte und eine europäisch abgestimmte Politik der Nivellierung der Schwächen sofort hätte einsetzen müssen. Die von der EU-Kommission eingesetzten Regionalfonds wurden nur laienhaft umgesetzt und förderten in den häufigsten Fällen Korruption von lokalen politischen Seilschaften aber nicht die Wettbewerbsfähigkeit der weniger wirtschaftlich starken Länder, insbesondere der südeuropäischen. Die Lehren aus der Zeit vor dem Eintritt in die EU von verschiedenen Beitrittskandidaten waren deutlich genug für diese Länder, um bei Zutritt zur Euro-Zone entsprechende Strukturpolitiken aufzustellen und umzusetzen. Eine Heerschar von höchstbezahlten Beamten in Brüssel und den jeweiligen Euro-Ländern hätte wissen müssen, wie Netto-Transfers hätten optimal ausgenutzt werden müssen, um strukturelle Ungleichgewichte mittel- und langfristig auszugleichen.

Die innerdeutsche Wirtschaftspolitik nach dem Zweiten Weltkrieg hat zweimal klar gezeigt, wie man mit strukturellen Ungleichgewichten umgehen muss: siehe zuerst Zonenrandförderung und dezentrale Wirtschaftspolitik der BRD und später die Wiedervereinigungspolitik.

Die Bundesregierungen, seit Schröder/Fischer bis hin zu Merkel/FDP, haben ihre Aufsichtspflicht über die Verausgabung deutscher Steuergelder im Euro-Raum sträflich vernachlässigt. Und das beruhte und beruht bis heute auf dem fehlerhaften Funktionieren der europäischen Demokratien, in denen überall politische und wirtschaftliche Seilschaften in ihrem Eigeninteresse Politik machen, sich gegenseitig auf die Schulter klopfen und alles tun, um die Bürger von der direkten Einmischung in die öffentlichen Angelegenheiten und deren soziale Kontrolle auszuschliessen. Zusätzlich haben Ökonomen in allen Ländern zu den sich auftürmenden Problemen in der Euro-Zone vornehm geschwiegen aus Rücksicht auf ihre eigenen Positionen innerhalb der nationalen Seilschaftensysteme. Unabhängige Kritiker gab und gibt es kaum, und wenn, dann von ausserhalb des europäischen Raumes.

Aus meiner Sicht und der von Kollegen waren, wie bereits gesagt, die Euro-Politiken der Mitgliedsländer seit Einführung des Euros fehlerhaft und mussten mittel- bis langfristig die Idee eines vereinten Europas beim europäischen Bürger in Verruf bringen, besser gesagt zerstören.

Im Januar 2010 wurde ich Zeuge und Beinahe-Opfer des verheerenden Erdbebens in Haïti. Die sofort eingeleiteten Hilfsmassnahmen für die Bevölkerung mit nahezu 300.000 Todesopfern und Millionen von Obdachlosen waren und sind ein Hohn für die Betroffenen. Etwa eine Milliarde Euro jährlich werden von der internationalen Gebergemeinschaft als "Hilfe" eingesetzt, von der etwa 100 Millionen den Haïtianern zugutekommen, während die Gehälter von etwa 20.000 "Internationalen" und die importierten Geländewagen für diese "Kooperanten" sowie weitere logistische Ausgaben etwa 900 Millionen Euro pro Jahr ausmachen. Unter den Gesamtausgaben werden beträchtliche Anteile durch europäische bi- und multilaterale "Hilfe" geleistet. Haïti macht mehr als deutlich, wie zynisch mit Auslandshilfe und Steuergeldern der Bürger umgegangen wird, die mehrheitlich einheimischen Seilschaften zugutekommen.

Einige Monate nach dem Erdbeben vernahm ich in Haïti die erste Kunde von der mit aller Macht hereinbrechenden Griechenland-Krise. Nicht nur ich, auch andere hatten schon lange darauf gewartet, denn seit Eintritt Griechenlands in die Euro-Zone haben griechische und europäische Seilschaften auf diese Krise bewusst oder unbewusst hingearbeitet, und das auf Kosten der uninformierten Bevölkerung. Niemand von den politischen Verantwortlichen in der Euro-Zone kann sich herausreden, er/sie hätte von der Krise nichts geahnt. Die wirtschaftlichen strukturellen Ungleichgewichte wurden Jahr für Jahr "offenen Auges" verschärft, und besonders haben deutsche ökonomische Seilschaften mithilfe der deutschen politischen davon profitiert. Das Allerschlimmste an der Griechenland-Krise war und ist die Tatsache, dass die deutsche Bundesregierung flugs das "MERKELSCHE TOTSPARDIKTAT" als Medizin aus dem Hut zauberte, mit emsiger Empfehlung der Geldpolitiker und Ohrflüsterer der Bundesbank. Von diesem Zeitpunkt an, Frühjahr 2010, begann das Gebäude Europa in den Köpfen der europäischen Bürger zu zerbrechen. Dieses Gebäude beruhte auf dem gemeinsamen Interesse der Bürger, zukünftige Kriege auf europäischem Boden zu vermeiden. Die gemeinsame kulturelle Geschichte des Abendlandes trug ausserdem zu einem wagen Gemeinschaftsgefühl bei. Jedoch wurden europäische Institutionen und Wahlen schon immer mit Misstrauen beäugt, da die Herrschaftsstrukturen innerhalb der EU von Beginn an die aktive Teilnahme der Bürger ausschlossen, dafür aber immer deutlicher die unbeschränkte Freiheit der wirtschaftlichen Seilschaften zum Tragen kam.

Fast drei Jahre nach Beginn der Euro-Krise steht Europa buchstäblich "unter Wasser". Das letzte Dach, das noch aus der Oberfläche als ein hegemoniales herausragt, das deutsche Dach, wird von unserer Kanzlerin besungen: " Gottseidank geht es uns Deutschen doch noch gut, dank meiner 'SOZIALE KÄLTE-POLITIK', die ich von Schröder/Fischer dankend übernommen und verfeinert habe! Das Jahr 2013 wird schwierig für unsere Nation werden, aber wir werden mit dem Fleiss der Bürger und der verantwortlichen Anstrengung des Staates, d. h. meiner Person und der mich unterstützenden Seilschaften (L'état c'est moi!), von den Fluten gereinigt wieder auftauchen."

Angesichts dieser zynischen Behandlung der Euro-Krise, die millionenfaches Leid, ganz besonders durch Deutschland verursacht, über Europa ausstreut, finde ich es persönlich an der Zeit, die Notwendigkeit einer Reform des politischen und wirtschaftlichen Systems und den innerdeutschen Widerstand gegen unsere politische Klasse öffentlich und in aller Breite und Ausführlichkeit zu diskutieren. Die politische Klasse bzw. politischen Seilschaften in Deutschland schicken sich gerade jetzt wieder mit Verve an, den Bürger abermals zum Abnicken der Herrschaftsstrukturen im Lande aufzufordern. Dem ist entschieden ein Riegel vorzuschieben, womit wir unabhängigen Humanisten, Libertäre, Linke und andere Nonkonformisten der Zivilgesellschaft schnellstens beginnen sollten. Unsere Frustrationen über unser gesellschaftliches System in Deutschland und die Systeme anderer europäischer Bruderländer dürfen sich nicht länger nur im Wort erschöpfen. Diese hier vorgestellte Monatszeitschrift sollte ein gut verständliches alternatives Pressorgan sein, das zur Ermutigung und zur Tat anregt, die gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland und Europa, im Sinne der Fortführung der Aufklärung zum Besseren zu wandeln. Der Bürger hat das Menschenrecht auf Identifikation mit seinem Heimatland. Das kann aber nur geschehen, wenn er die politische Freiheit besitzt, die öffentlichen Angelegenheiten seiner Nation aktiv mitzugestalten. Nur unter dieser Prämisse kann auch ein gemeinsames Europa gebaut werden.

Lieber Herr Augstein, liebe dF-Community. Dieses ist die erste Folge des Projektvorschlages, der insgesamt in etwa 10 Kapitel unterteilt ist. Die nächsten folgen, wie erwähnt, sofort nach Fertigstellung. Leider bin ich auch in andere Tätigkeiten eingebunden, will mich aber bemühen, bis zum Wochenende die Veröffentlichung zu komplettieren. Meine Vorstellung ist, bis Ende Februar die Nullausgabe herauszubringen, als Print oder wenn nicht sofort möglich, dann erst einmal als Online-Ausgabe.

Mit lieben Grüssen aus Panamá, CE

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Costa Esmeralda

35 Jahre Entwicklungsberater, Lateinamerika, Afrika, Balkan. Veröff. u.a. "Abschied von Bissau" und "Die kranke deutsche Demokratie".

Costa Esmeralda

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