Über-Kanzlerin in Panamá

Bei Jauch Wohl die Republik, die eine "Über-Kanzlerin" und einen "Unter-Kanzler-Kandidaten" hat

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Jubel: Überkanzlerin Merkel in Panamá

Panamá, Costa Esmeralda, Montagabend

Nach den Nachrichten der Deutschen Welle vernahm ich freudige Kunde: Beliebtester deutscher TV-Talk über die „Über-Kanzlerin“ im Anschluss. Nanu, dachte ich mir, ist damit implizit gemeint, dass es in gleichem Atemzuge über den „Unter-Kanzler-Kandidaten“ Steinbrück zu parlieren gilt? Und dass endlich einmal die Essenz unserer Demokratie zur Sprache kommt, die von Über und Unter vertreten wird, die von sich, und allen Ernstes, meinen, sie repräsentierten 80 Millionen Deutsche?

Um es vorwegzunehmen, dieser Talk konnte nicht besser die deutsche unsägliche BT-Parteien-Diktatur vor der Wahl charakterisieren. Wir alle wissen ja bestens, dass die Zivilgesellschaft bei der Gestaltung unseres Staates nicht einen einzigen Stich hat. Aber dass ein bundesweit ausgestrahlter Talk über die verantwortlichen Lenker unseres Staatswesens in den nächsten vier Jahren ebenfalls ohne einen einzigen „Unabhängigen“ über die Bühne ging, ist dann doch gelinde gesagt eine Frechheit und Verschaukelung des Bürgers. Oder meint Herr Jauch, auf Letzteren könne man pfeifen, da er sich immer noch im Untertanenstadium befände?

Nun zur „Über-Kanzlerin“, deren Konterfei zu meiner „Freude“ einige Male eingeblendet wurde. Auf Steinbrück hatte man mehr Rücksicht genommen. Das Publikum wurde nicht weiter mit seiner Anwesenheit gequält. Wahrscheinlich hatten die Nachrichten über den SPD-Parteitag auch die letzten möglichen SPD-Wähler soweit vergrault, dass Jauch dem Publikum, im Gegensatz zum Hochjubeln von Merkel, den „Unter-Kanzler-Kandidaten“ ersparen wollte.

Da also keine unabhängige Opposition an der Diskussion über „Über“ und „Unter“ präsent war, waren Staatsvertreter unter sich, selbst ein „zartes“, grünes Pflänzchen durfte im Kreis der Erlauchten gedeihen. Diese Steilvorlage für Rot-Grün, mit der „Über-Kanzlerin“ abzurechnen, ohne sich um sonstige Kritiker an der derzeitigen Regierung scheren zu müssen, wurde nicht wahrgenommen. Meine Güte, das „Merkelsche TOTSPARDIKTAT“ in Europa und die „Soziale-Kälte-Politik“ der „Über-Kanzlerin“ hätten doch vor dem gesamten deutschen Publikum ausgebreitet gehört, um die Kanzlerin auf ihre tatsächliche Größe zurückzustutzen. Die „Über-Kanzlerin“ als Wahrerin des deutschen Kapitals hätte auf die Bühne gehört; stattdessen wurde das „Mütterchen“ tatsächlich in ihrer „Über-Größe“ bestätigt, weil Rot-Grün an diesem deutschen Staatsgebilde ebenso klebt, von ihm ernährt wird und in seiner Mediokrität kaum zu überbieten ist. Und da gibt es tatsächlich nur eine ideale „Über-Repräsentatin“ und sonst nur „Unter-Repräsentanten“.

Zu guter Letzt ermunterte mich Jauchs „Party“ zu einer Wahlvorhersage: Nach der Niedersachsenwahl hatte ich behauptet, Merkel sei der eigentliche Wahlsieger. Warum? Die SPD hatte nach Übernahme der Landesregierung nicht den Mumm, Steinbrück zu seiner Wirtschaftslobby zurückzuschicken, wo er sein eigentliches Zuhause hat. Mit ihm ist absolut kein Blumentopf zu gewinnen. Jetzt hat die Partei den Salat. Der SPD-Parteitag hat das erneut bestätigt. Steinbrück selbst war nicht zu einer Rolle rückwärts „aus Krankheitsgründen“ bereit. Statt „Ich will Kanzler werden“, hätte er besser sagen sollen, „Liebe Genossen, tut mir leid, mein linkes Auge wird immer altersschwächer. Deshalb stelle ich einen Parteiantrag bei der FDP- oder besser noch bei der AfD.“ Die SPD ergibt sich kampflos, und das wird ihr so viele Wählerstimmen kosten, dass sie sich auf den Weg unter die 20% macht. Finanziell wird ihr das verdammt wehtun. Wahlkampf-Millionen (Parteienfinanzierung) gehen flöten. Die Finanzierung ihrer parteinahen Stiftung „Friedrich Ebert Stiftung“ wird um viele Millionen zurückgehen. Und ihr werden schätzungsweise mehr als zwei- bis dreitausend „Entscheider-Posten“ in Berliner-, Brüsseler und anderen internationalen Behörden durch die Lappen gehen (mit Jahresgehältern zwischen 100 und 200.000 Euro). Viele werden wehmütig der „Ich-will-hier-rein-Schröder-Zeit“ (Bundeskanzleramt) hinterherweinen. Der heutige „Gas-Gerhard“ wird sich mit dem BT-Mandat seiner Frau und seinem Gas-Mandat trösten. Im Gegenzug zur Malaise der SPD werden die Grünen, ohne den Mund weiter aufmachen zu müssen, davon profitieren und gegen die 20% tendieren. Die nächste Regierung wird eindeutig Schwarz-Grün. Grün wird die „moderne“ Mitte und wird mittelfristig die CDU ablösen („Einmal Knete gemacht, immer weiter Knete machen!“ ist ihr Credo seit Schröder/Fischer.) Die leidige FDP fliegt endlich raus aus dem Parlament (wird hohe Zeit), auch wegen der AfD. Beide Parteien und die Piraten werden unter der 5%-Hürde bleiben. Die Linke wird mit 7 bis 8% abermals in den BT einziehen und weiterhin ihre „Hofnarren-Rolle“ spielen, die ihr die Staatsparteien gnädig zubilligen. Der immer tiefer sitzende Frust der Gilde der 30% Niedrigverdiener im geliebten Heimatland braucht ein Ventil, das die „Genossen“ gern liefern. Ihre Großkopfeten genießen im deutschen kapitalistischen System ein Leben „wie Gott in Frankreich“. So gut lebten Linke in der gesamten deutschen Geschichte nicht. Selbst Erich und Konsorten konnten von so einem Leben ihrer Nachfahren nur träumen.

Zusammenfassend wage ich vorauszusehen: Schwarze und Grüne werden zusammen auf 60% kommen. SPD und Linke auf etwa 30%. 10% für den gesamten Rest, der den Gang ins Parlament verpasst. Und nun kommt mein persönlicher Wunsch und der große Hammer: All das passiert am Wahltag bei einer Wahlbeteiligung von 50% oder weniger!

LG, CE

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Geschrieben von

Costa Esmeralda

35 Jahre Entwicklungsberater, Lateinamerika, Afrika, Balkan. Veröff. u.a. "Abschied von Bissau" und "Die kranke deutsche Demokratie".

Costa Esmeralda

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