Vom Wesen des deutschen Staates

BT-Parteien-Diktatur Der Weg von der Parteien-Diktatur zur Direkten Demokratie; oder wie der deutsche Untertan zum mündigen Bürger wird

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Der folgende Beitrag beansprucht, zum Nachdenken über das gesellschaftliche System in Deutschland anzuregen und zur Diskussion und zum Handeln aufzurufen.

Der Text ist erstmalig am 1.3.2012 in "elcondorpasa2013" erschienen. Angesichts der kommenden Bundestagswahl halte ich es für nützlich, nicht nur eine Analyse, wenn auch unzureichend, sondern auch eine zusammgefasste Utopie und einige Vorschläge zur Reform unseres Parteienstaates vorzustellen. Wir können den gesellschaftlichen "status quo" mit den gegenwärtigen Herrschaftsstrukturen nicht einfach so am Wahltag abnicken und zähneknirschend Merkel und Steinbrück mit dem hinter ihnen stehenden deutschen Kapital weiterwursteln lassen, als sei das deutsche und europäische Haus zwar nicht ideal aber durchaus auszuhalten. Deutschland und Europa brauchen Erneuerung, um erfolgreich auf der Weltbühne bestehen zu können. Aber die Welt braucht auch Europa und Deutschland, und dieses Europa und dieses Deutschland müssen ganz dem Bürger gehören, von ihm verwaltet und kontrolliert.

I. Deutschland ein Parteien-Staat

I.1. Wie sieht der Wähler Bundestagsparteien und Staat?

Deutscher Bundestag: Symbol der Parteien-Diktatur und des deutschen Untertans?

(Der Original-Beitrag enthält an dieser Stelle das Foto vom Bundestag. Leider wurde es beim Reinkopieren gelöscht.)

Foto: Cezary Piwowarski (2007) Creative Commons Genérica de Atribución/Compartir-Igual 3.0

Wieder einmal ist Wahljahr. Wieder einmal dröhnen vor allem die Trommeln der Bundestagsparteien durch deutsche Lande. Das Gerangel um Sitze im Parlament und um eine künftige Regierung ist wie immer in der Republik ein Schmierentheater. Da wird allerorts mit Engelszungen dem Bürger das Paradies auf Erden versprochen, das er nach seinem alle vier Jahre wiederkehrenden Abnicken dieser Parteien stracks vergessen kann. Dieses Paradies, wie unsere Kanzlerin in ihrer Neujahrsansprache 2013 so schön formuliert wie kein/e Andere/r, ist das „Glück“ der Bürger, das der Staat Allen schenken wird, wenn der Bürger nur diesem Staat vertraut.

Und das ist gerade der Haken am Versprechen. Dem Bürger fehlt aus gutem Grund das Vertrauen in den Staat. Die Kanzlerin und mit ihr sämtliche Bundestagsparteien haben das Terrain klar abgesteckt. Und so versteht der Bürger den Staat: Der Staat regelt die „öffentlichen Angelegenheiten“ gut oder schlecht für die Gesellschaft. Der Bürger muss sich nur dem Staat vertrauensvoll anheimgeben und sein Kreuzlein „schlagen“ bzw. machen. Diese Litanei werden wir jetzt von allen Parteien bis zur Wahl hören, solange, bis sie dem Einen früher und dem Anderen später gründlich aus dem Halse hängt.

Das Wahlspektakel bringt es auf den Punkt. Wer hat die Herrschaft im Staate Deutschland? Es sind die Parteien und die hinter ihnen stehenden Interessenvertreter der Wirtschaft (ebenfalls mehrheitlich BT-Parteien-Mitglieder). Sie haben die Macht über den Staatsapparat. Der Bürger gibt ihnen durch die Wahl das Mandat dazu. Sie kochen die deutsche „Suppe“, die sich dann „parlamentarische, pluralistische Demokratie“ nennt. Der sogenannte Bürger, besser Untertan, schaut staunend beim Kochen zu und schluckt die Suppe zum Wahltag genüsslich oder eben nicht genüsslich und bleibt der Wahl fern. Letzteres trifft immer häufiger zu, weil die Suppe anfängt, widerlich zu schmecken. Sie hat uns die „Euro-Krise“ und die „Soziale Kälte-Politik“ durch eine angebliche „alternativlose“ Politik eingebrockt. Und diese Politik soll dem Herrschaftsanspruch gemäß unserer BT-Parteien munter weiter gehen. In den anderen europäischen Ländern vollzieht sich ein ähnlicher gesellschaftlicher Willensprozess, der, wenn er denn weiter so voranschreitet, Europa als Ganzes schon zu Lebzeiten unserer Kinder und Enkelkinder in ein unbedeutendes Anhängsel anderer Weltregionen degradieren wird. Wer weiß, ob die Deutschen und die übrigen Europäer dann noch die gesellschaftlichen Grundprinzipien unserer Staaten mit den Menschenrechten und den leider nur bedingt geltenden Idealen der Aufklärung (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanismus) aufrechterhalten können?

Warum aber der widerliche Nachgeschmack der deutschen gesellschaftlichen Suppe? Haben die Gründungsväter der Republik nicht per Artikel 20 des Grundgesetzes (GG) versprochen, dass die Staatsgewalt vom Volke ausgeht, welches durch Wahlen und Abstimmungen die Ausübung dieser Gewalt auf bestimmte Organe (Legislative, Exekutive und Judikative) übergibt? Und wenn diese Organe dem Volkswillen immer ferner sind, hat das Volk nicht das verfassungsmäßige Recht (ich meine auch die Pflicht) auf Widerstand zur Herstellung der Volkssouveränität und zur Korrektur des augenblicklichen gesellschaftlichen Zustandes (Status quo)? An wen ging der letztjährige Friedensnobelpreis? An 500 Millionen europäische Untertanen und 27 Parteienstaaten oder an 500 Millionen europäische Bürger und 27 Bürger-Staaten?

I.2. Vom Verhältnis des Bürgers/Untertans zum Staat

(Hier steht im Original eine dreiteilige Pyramide: Oberes Drittel Staatsapparat mit den drei Gewalten; Mittleres Drittel: Parteien, Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften, Kirchen; Unteres Drittel: Volk/Bürger bzw. Untertanen)

Kommentar des Autors zum Schaubild (Wikipedia): a) Das obere Drittel der Pyramide ist der Staatsapparat mit den drei Staatsorganen. b) das untere Drittel ist die Zivilgeselleschaft oder das Volk.

Laut Verfassung unserer Republik sollte der Bürger (Zivilgesellschaft/Volk) der Volkssouverän sein. Der Bürger/Untertan ist aber nur formalrechtlich der Souverän über die gesellschaftlichen Geschicke der Republik. In der Realität liegt die Souveränität ausschließlich in Händen der Bundestagsparteien. Dazu die folgende Begründung (mit Zitaten von Wikipedia):

Artikel 20 GG (Volkssouveränität)

„(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialerBundesstaat.
(2) Alle
Staatsgewaltgeht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die
verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das
Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“

Einschränkung der Volkssouveränität (Wikipedia):

„Außerhalb der Wahlen und Abstimmungen übt das Volk die Staatsgewalt ausschließlich mittelbar, und zwar durch die Organe der Gesetzgebung (Legislative), der Verwaltung (Exekutive) und der Rechtsprechung (Judikative) aus. Die unmittelbare Ausübung der Staatsgewalt ist daher im Wesentlichen auf die Teilnahme an Wahlen beschränkt. Die deutsche Demokratie ist in diesem Sinne eine rein repräsentative Demokratie.“

Zusatzkommentar vom Autor: Neben den Wahlen sind auch Abstimmungen vorgesehen, d. h. Volksabstimmungen, die aber bisher gesetzlich nur auf Landesebene eingeführt wurden, nicht aber auf Bundesebene. Behauptung: Die nur einmal alle vier Jahre durch allgemeine Wahlen charakterisierte Repräsentative Demokratie macht aus Deutschland einen von den Bundestagsparteien beherrschten Parteienstaat.

Parteienstaat (Wikipedia):

„Als Parteienstaat wird ein Staat bezeichnet, dessen Staatsgewalt sich im Wesentlichen in den Händen gesellschaftlicher Parteien und Interessengruppen befindet. Er ist ein vollständiger Parteienstaat, wenn sich die einzelnen „Staatsgewalten” (Legislative, Exekutive und Judikative) ausschließlich in den Händen formierter gesellschaftlicher Kräfte wie der politischen Parteien befinden. Diese Art eines Gesellschaftssystems wird auch Parteienherrschaft genannt.[1] Ein Parteienstaat ist eine Parteiendemokratie, wenn sich die Parteien demokratischen Wahlen stellen und an der Bildung der öffentlichen Meinung mitwirken – wie es z. B. in Deutschland aufgrund des Art. 21 des Grundgesetzes und des Parteiengesetzes der Fall ist. Ob und in welchem Maße eine Parteiendemokratie auch parteienstaatliche Merkmale aufweist, ist eine Frage des Einzelfalls, und ob dies nachteilig ist, ist eine Frage der Bewertung.“

Deutschland ist formal eine Parteiendemokratie, die Parteien stellen sich demokratischen Wahlen, sie wirken an der Bildung der öffentlichen Meinung mit. Doch die Parteiendemokratie ist in eine BT-Parteien-Diktatur ausgeartet. Diese Parteien: CDU/CSU, SPD, FDP, Grüne und Linke haben die drei Staatsorgane: Legislative, Exekutive und Judikative fest in ihrer Hand. Selbst die Gerichtsbarkeit ist von den BT-Parteien abhängig: Bundesrichter werden über Bundestag und Bundesrat bestimmt; die Richter auf Landesebene werden durch die jeweiligen Justizministerien der Länder ernannt. Die BT-Parteien, die nur 1,5 % der Gesamtbevölkerung ausmachen, haben das Monopol der Kandidatenauswahl zum Bundestag und damit bleibt die im Grundgesetz vorgesehene Volkssouveränität bei ihrer einzig möglichen Ausübung , der Bundestagswahl, schon im Ansatz stecken. Denn nach dieser Wahl hat sich das Volk selbst für vier Jahre entmündigt. Die BT-Parteien, die laut Grundgesetz, Paragraph 21, lediglich bei der politischen Willensbildung mitwirken, sind im wahrsten Sinne des Wortes die Monopolisten der Staatsmacht.

Formalrechtlich haben Unabhängige als Repräsentanten der 98,5% der Zivilbevölkerung ebenfalls die Möglichkeit als Direktkandidaten gewählt zu werden. Allerdings ist eine derartige Kandidatur von Otto-Normalbürger aus finanziellen Gründen illusorisch. Die Parteien, besonders die BT-Parteien, bedienten sich in 2012 mit etwa 650 Millionen Euro unmittelbar aus dem Staatssäckel: 150 Millionen aus direkter Parteienfinanzierung (sog. Wahlkampfkampfkosten-Rückerstattung) und 500 Millionen Euro an die „Parteinahen Stiftungen“. Diese den BT-Parteien zufließenden Steuergelder werden in 2013 sicher ebenso reichlich sprudeln.

I.3. Parteinahe Stiftungen: „Brutkästen der BT-Parteien“ und Garanten der Parteien-Diktatur

Es ist ein Skandal, wie schnell und wie widerstandslos sich die Deutschen nach Gründung der Bundesrepublik als Volkssouverän haben entmachten lassen. Anstandslos haben sie die Staatsmacht, d. h. das Machtmonopol über Öffentliche Angelegenheiten, den politischen Parteien als Repräsentanten des Volkswillen übertragen. Und diese Parteien können vom Volk nur einmal alle vier Jahre durch Wahlen kontrolliert werden. Diese Kontrolle wiederum kann nur durch Vertreter der in den Bundestag gewählten Parteien durchgeführt werden. Da beißt sich die Katze in ihren eigenen Schwanz oder beißt eben nicht.

Unser politisches System funktioniert wie ein Schmierentheater: Auf der Bühne toben die BT-Parteien herum, tanzen um das „Goldene Kalb“, den Staatshaushalt, und geben die politische und wirtschaftliche Richtung der Nation vor. Hinter den Kulissen ziehen die Interessenvertreter der Wirtschaft (mehrheitlich ebenfalls BT-Parteien-Mitglieder) die Strippen im Sinne der von ihnen geschriebenen Drehbücher. Und im Zuschauerraum sitzen die Untertanen, klatschen Beifall und klopfen sich auf die Schenkel. Aber immer mehr Zuschauer verlassen angewidert den Saal. Wann wird er zur Gänze leer?

Der Fehler unserer repräsentativen Demokratie liegt nicht in der Existenz der Parteien an sich. Er liegt an ihrer Monopolstellung in Bezug auf die Ausübung der Staatsmacht. Und diese Monopolstellung wird durch die Existenz von „Parteinahen Stiftungen“ perpetuiert. Diese Stiftungen, die rechtlich wie eingetragene Vereine funktionieren und nicht der öffentlichen Kontrolle unterliegen, sind die „Brutkästen“ der BT-Parteien und sorgen dafür, dass der Machtzuwachs der BT-Parteien kontinuierlich wächst und jeder noch so zaghafte Widerstand vonseiten der Untertanen durch ihre Einbeziehung in die BT-Parteien-Seilschaften/politische Oligarchie vereitelt wird.

Als Begründung für die Existenz Parteinaher Stiftungen und damit der Finanzierung aus Steuergeldern werden von allen BT-Parteien vor allem die politische Bildung der Bevölkerung, die Begabtenförderung und die Entwicklungszusammenarbeit angeführt.

Das ist die deutsche Variante der Korruption, die scheinbar ganz legal daherkommt. Potenzielle unabhängige Geister der Nation werden als Jugendliche durch Studien- und Doktoranden-Stipendien dieser Stiftungen geködert. Das trifft ebenfalls auf Tausende von mediokren jungen „Opportunisten“ zu, die sich eine glorreiche Karriere im Staatsdienst erhoffen. Kritische Wissenschaftler bekommen kurzerhand Forschungsaufträge, werden zu Tagungen eingeladen und dienen gegenüber der Zivilgesellschaft als Feigenblätter der Unabhängigkeit der BT-Parteien. Außerdem wirken diese Stiftungen im Rahmen der deutschen Entwicklungshilfe in insgesamt 300 Auslandsbüros rund um den Globus, um der nichtdeutschen Menschheit das deutsche Demokratiemodell nahezubringen, unter dem Motto: „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“.

Die Perfidie dieser „Parteinahen Stiftungen“, die jedes Jahr aufs Neue durch die BT-Parteien aus öffentlichen Kassen gemästet werden, kann am besten am Verhalten der jüngsten BT-Parteien, den „Grünen“ und der „Linken“ abgelesen werden. Beide Parteien, die zu Beginn ihrer Existenz als BT-Parteien vehement die Reform unserer Gesellschaft angemahnt hatten, legten sich nach Eintritt in den Bundestag umgehend wie die damaligen Altparteien eine aus öffentlichen Haushalten finanzierte „Parteinahe Stiftung“ zu (Durch Landtage werden ebenfalls „Parteinahe Stiftungen“ finanziert). Auch Grüne und Linke hatten auf die Schnelle begriffen, wie man sich als BT-Partei aus Steuergeldern „legal“ bereichern kann. Wenn es um das Ausnutzen öffentlicher Pfründe geht, werden politische Prinzipien flugs über Bord geworfen. Viele ehemalige „Revoluzzer“ der 68er Generation haben als „Grüne“ den gleichen Appetit auf Knete entwickelt wie ihre vormals bekämpften Kapitalistenvertreter. Die heutigen „Linken-Salon-Oberen“ haben sich in der Republik materiell eingenistet, wie es sich selbst Honecker in seinen kühnsten Träumen nicht erhofft hatte.

Ich behaupte, dass die Finanzierung der „Parteinahen Stiftungen“ aus Steuergeldern eindeutig verfassungswidrig ist. Sie verletzt in grober Weise das Gleichheitsprinzip gegenüber der Zivilgesellschaft, die nicht in politischen Parteien organisiert ist und damit nicht die gleichen Möglichkeiten der Förderung der politischen Willensbildung besitzt. Das sind immerhin 98,5% der Bevölkerung.

Die Lobhudelei der „Brutkästen der BT-Parteien“ (Parteinahe Stiftungen) über ihr „selbstloses“ Treiben für die deutsche und die Weltgesellschaft kann unter den Websites der Stiftungen nachgelesen werden: 1) Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU), 2) Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD), 3) Hanns-Seidl-Stiftung (CSU), 4) Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP), 5) Heinrich-Böll-Stiftung (Grüne), 6) Rosa-Luxemburg-Stiftung (Linke).

Nach der Beschreibung unserer Republik als Parteienstaat, gelenkt ausschließlich von BT-Parteien und den hinter ihnen stehenden Kapitalinteressen, werden Gedanken zur Änderung unseres gesellschaftlichen Systems vorgestellt. Dabei wird in einem ersten Schritt vom Ideal eines „Bürger-Staates“ ausgegangen, um anschließend die wichtigsten ersten Reformschritte zu benennen.

II. Das Ideal des „Bürger-Staates“ der „mündigen Bürger“

Als „Bürger-Staat“ sei ein Staat definiert, dessen demokratische Verfassung durch den mündigen Bürger bestimmt ist und dessen Staatsorgane in der Ausübung der Hoheitsaufgaben vom mündigen Bürger geleitet und kontrolliert werden. Der „Bürger-Staat“ ist im Wesentlichen ein Staat, der die Herrschaft von Interessengruppen über die Gesamtheit der Bürger abgeschafft hat.

„Mündiger Bürger“ ist nicht nur der Bürger, der sich bei der Organisation und Durchführung der öffentlichen Angelegenheiten Gehör verschafft und mitbestimmt. Er ist auch ganz besonders ein in wesentlichen Fragen des Gemeinwohls gut informierter Mensch, der in der Lage ist, die gesellschaftliche Situation kritisch einzuschätzen und sich unabhängig von Partikularinteressen für das friedliche und menschenwürdige Wohl der Gesamtgesellschaft verantwortlich zu fühlen. Im Sinne der Ideale der Aufklärung setzt sich der mündige Bürger für eine sozial gerechte, freiheitliche, demokratische und tolerante Gesellschaft ein, die die Wahrung der universalen Menschenrechte und eine universale Ethik des menschlichen Handelns als oberste Verhaltensprinzipien anerkennt.

III. Der Weg zum Bürger-Staat führt über die Abschaffung der BT-Parteien-Diktatur

Um dem Bürger-Staat und der im Grundgesetz vorgesehenen Volkssouveränität näher zu kommen, muss zwingend das Haupthindernis, die BT-Parteien-Diktatur, überwunden werden. Das kann nur über ein breites Bündnis von Organisationen der Zivilgesellschaft geschehen, die sich zu einer außerparlamentarischen Bewegung gegen das politische Machtmonopol der BT-Parteien zusammenschließen. Der Protest sollte alle Formen des friedlichen Widerstandes ausnutzen, welcher laut Paragraph 20 GG legitimes Recht der Deutschen im Falle der Usurpation der Staatsmacht durch die BT-Parteien ist.

Das Brechen der Parteienherrschaft beginnt zuerst einmal mit der Entziehung von Steuergeldern für die BT-Parteien und besorgt dadurch ihre finanzielle Gleichstellung mit anderen Organisationen der Zivilgesellschaft.

III.1. Abschaffung der Parteienfinanzierung durch Steuergelder

Für politische Parteien darf es gegenüber sonstigen gemeinnützigen Organisationen der Zivilgesellschaft keine Privilegien geben, insbesondere nicht die Selbstzuteilung von Steuergeldern. Parteien wie auch andere gemeinnützige Vereinigungen beruhen auf dem freiwilligen Zusammenschluss von Menschen, die ein gemeinsames Ziel in der Gesellschaft verfolgen, in diesem Fall Förderung der politischen Willensbildung in der Republik und Bereitschaft zur Übernahme von politischer Verantwortung. Dieses Ziel muss in Form eines freien Wettbewerbes von Parteien, Vereinigungen oder auch Einzelpersonen verfolgt werden, die ein größtmögliches Spektrum der Zivilgesellschaft (Volkswillen) abdecken sollten. Diese Organisationen bzw. Einzelpersonen sollten sich ausschließlich aus Mitgliederbeiträgen und/oder Spenden finanzieren, wobei darauf zu achten ist, dass Spenden einen Mindestbetrag nicht überschreiten dürfen, um etwaige Korruption und Wettbewerbsverzerrung im Wahlkampf von vornherein auszuschalten.

Eine einseitige Finanzierung der Parteien aus Steuergeldern verzerrt den Wettbewerb um die politische Macht und verhindert die gleichgewichtige Teilnahme der überwiegend nicht in Parteien organisierten Zivilgesellschaft. Die bisherige Verschleuderung von durch Steuergelder finanzierte Wahlkampfausgaben der etablierten Parteien kann zu besseren Zwecken verausgabt werden. Politischer Wahlkampf sollte heutzutage sinnvoller über die Nutzung des Internets oder über öffentliche Rundfunk- und Fernsehanstalten in demokratischer Weise ausgeübt werden. Dadurch könnten jährliche Parteifinanzierungen von 150 Mio. Euro eingespart und zugleich der Wettbewerbsvorteil der Parteien gegenüber Initiativen der übrigen Zivilgemeinschaft abgeschafft werden.

Mögliche alternative Verwendung der Parteienfinanzierung: Die 150 Millionen sollten vor allem für politische Bildung von jungen Menschen (Schüler der Oberklassen und Lehrlinge) verwendet werden. Das könnte die Finanzierung von Schülerzeitungen, Schülerparlamenten, Tagungen, Ferienfreizeiten mit Gleichaltrigen aus anderen europäischen und/oder außereuropäischen Ländern möglich machen. Oberstes Ziel: Förderung des zukünftigen „mündigen Bürgers“.

III.2. Abschaffung der Finanzierung von Parteinahen Stiftungen durch Steuergelder

Der Parteienstaat Deutschland mit seiner BT-Parteiendiktatur konnte sich vor allem durch die großzügige Finanzierung von Parteinahen Stiftungen aus Steuergeldern verfestigen. Die Parteinahen Stiftungen sind die Brutkästen der BT-Parteien, die in erster Linie die Nachkommenschaft der Parteifunktionäre heranzubilden haben. Dass dabei „Plagiats-Doktorarbeiten“ herauskommen, um Karrieren abzusichern, wird billigend in Kauf genommen. Darüber hinaus finanzieren sie mediokren Parteisoldaten oder auch „Experten“ exotische Auslandsaufenthalte. Das geschieht unter dem Mantel der „Demokratievermittlung“ und Verbreitung ihrer Parteiideologie in „Dritte Welt-Ländern“. Die wesentliche Kritik an diesem Vorgehen ist der ethnozentristische Ansatz dieser Auslandsarbeit, d. h. die einseitige Übertragung der deutschen Sichtweise auf gesellschaftliche Vorgänge im Ausland. Ihre öffentlichen Veranstaltungen und Publikationen versuchen, Hunderttausende Menschen von der Sinnhaftigkeit ihrer jeweiligen Parteiideologie zu überzeugen und den „Wählerstamm“ abzusichern. Die Stiftungen stellen ebenfalls ein finanzielles „Ruhekissen“ für abgehalfterte Partei-Kader dar.

Würde man die in 2012 gezahlte Finanzierung der Parteinahen Stiftungen von 500 Mio. Euro aus Steuergeldern nach dem Gleichheitsprinzip in entsprechenden Proportionen für die übrige Zivilgesellschaft (1,5% BT-Parteien-Miglieder gegenüber 98,5% der übrigen Bevölkerung) vorsehen, käme man auf ca. 37 Mrd. Euro in 2012. Es ist offensichtlich, dass diese Finanzierung aus verfassungsrechtlichen Gründen abgeschafft werden und damit die Mästung der Parteinahen Stiftungen und ihrer „Mutterparteien“ ein möglichst rasches Ende finden muss.

Mögliche alternative Verwendung der Finanzierung von Parteinahen Stiftungen: Die 500 Mio. Euro jährlich sollten voll dem DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst) zur Verfügung gestellt werden. Der DAAD könnte mit diesem Geld sein Angebot des internationalen Wissensaustausches ergänzen und zusätzlich internationale Universitäten und Forschungseinrichtungen finanzieren, die auch dem Kulturaustausch sowie der Friedenspolitik dienen. In Ländern mit niedrigem Bildungsstand und hoher Armut könnten statt Universitäten Ausbildungsstätten in technischen/handwerklichen Fächern errichtet werden.

III.3. 90%-Klausel für Unabhängige in Entscheider-Stellen des Öffentlichen Dienstes

Fast alle der etwa 20.000 Entscheider-Stellen (mit Jahresgehältern ab 100.000 Euro) in öffentlichen Behörden im In- und Ausland sind von BT-Parteien-Mitgliedern und ehemaligen Stipendiaten der Parteinahen Stiftungen besetzt. Dieser Filz von deutschen Beamten in Brüssel und Berlin hat bspw. mit die Euro-Krise verursacht. Seit Beginn der Euro-Zone hätten diese Beamten als „Experten“ einen Aufschrei veranstalten müssen, um zu verhindern, dass die Euro-Länder sehenden Auges in die Krise hineinschlittern. Jeder einigermaßen fachkundige, für Griechenland, Spanien, usw. zuständige Beamte hatte das Wissen, dass das jeweilige Land mit seiner Politik geradewegs an die Wand fährt. Die Beamten hätten die Politiker und die Öffentlichkeit schon in der Schröder/Fischer-Zeit zum Gegensteuern bringen müssen. Aber der politische Filz verhindert eine Politik im Sinne der Wohlfahrt der Völker. Es geht nur um die Wohlfahrt der politischen Seilschaften und die Absicherung der eigenen Karriere. Der unabhängige Entscheider-Beamte ist eine Rarität. Geistige und moralische Eigenständigkeit werden mit Karriere-Stillstand oder Entlassung aus dem öffentlichen Dienst (bei Angestellten) bestraft.

Die kommende BT-Wahl ist nicht nur eine Wahl um die Machtverteilung im Parlament (Legislative), sie ist auch eine Wahl um die Verteilung der höchsten Stellen im Staatsapparat (Exekutive und Judikative) unterhalb der Ministerebene. Es geht um die Herrschaft der politischen Oligarchie/der politischen Seilschaften in der Republik, die sich an geschätzten 2 Mrd. Euro jährlich schadlos halten. Deren tatsächliche Leistung aber angesichts der von ihnen mitverschuldeten Euro-Krise und Soziale Kälte Politik als schädlich für die Gesellschaft bewertet werden muss.

Eine mögliche Alternative zum jetzigen politischen Filz im Staatsapparat wäre eine 90%-Klausel für Entscheider-Stellen im Staatsapparat zugunsten von Nicht-BT-Parteien-Mitgliedern. Den Personalabteilungen in Staatsbehörden müssten bei Ausschreibungen unabhängige Bürger-Kommissionen beigeordnet werden, die auf die Einhaltung der 90%-Klausel achten. Dabei dürften nur fachliche und moralische Kriterien sowie die politische Unabhängigkeit in Betracht kommen. Man stelle sich nur einmal das Beispiel der jüngsten Stellenvergabe im von Niebel/FDP geleiteten BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) vor, wo auf den letzten Drücker noch FDP-Mitglieder ein anständiges Zubrot verpasst bekamen, und sich die CDU/CSU-Riege übervorteilt sah. Diesem Feilschen der BT-Parteien um die Futtertröge muss mit der 90%-Klausel der Garaus bereitet werden.

Zusammenfassung der Vorschläge 1 bis 3: Diese Maßnahmen würden die Macht der BT-Parteien und ihre gegenwärtige Attraktivität in den Augen der nachrückenden Generation gewaltig einschränken. Die BT-Parteien müssten um Zustimmung werben wie auch die übrigen Organisationen und Bewegungen der Zivilgesellschaft. Sie müssten mit Argumenten, mit politischem Handeln im Sinne der Gesellschaft und nicht im Sinne von Eigeninteressen oder Interessen der privaten Wirtschaft beim Wähler punkten. Vor allem aber würden unabhängige, fähige, junge Menschen weniger versucht werden, den „Rücken krumm zu machen“ oder „Rad zu fahren“, um eine faire Berufschance im Staatsdienst zu bekommen. Das wäre ein Segen für die Gesamtgesellschaft.

III.4. Parteilose als Vertreter der Zivilgesellschaft in den Bundestag

Laut Verfassung haben Unabhängige theoretisch die Möglichkeit alle Direktmandate (über Erststimme) und damit der Hälfte der Bundestagsmandate zu erringen. Sie brauchen zur Kandidatur lediglich 200 Unterstützer-Stimmen. Warum gibt es aber tatsächlich nicht einen einzigen Unabhängigen im Bundestag, sondern nur Parteien-Mitglieder. Das liegt, wie oben beschrieben, an der privilegierten Stellung der BT-Parteien, die sich aus Steuergeldern beträchtliche Vorteile im Wahlkampf verschaffen. Würden den BT-Parteien die erwähnten Finanzierungen entzogen, hätten Parteilose wenigstens annähernd die gleiche Ausgangsposition wie die Kandidaten der BT-Parteien.

III.5. Wahlrechtsreform: Abschaffung der Landeslisten von Parteien

Problematisch sind die Zweitstimmen bei der BT-Wahl. Es gäbe die Möglichkeit, sie gänzlich abzuschaffen. Man könnte die Wahlkreise verkleinern oder alternativ die beiden ersten Kandidaten mit dem höchsten Stimmenanteil ins Parlament schicken. Eine andere Möglichkeit, bei Beibehaltung von Parteien-Landeslisten, auch „Wahlvereine“ (politische Bewegungen mit klar definierten Zielen) zuzulassen. Zuzüglich wäre anzuraten, nicht die Liste als ganze wählen zu müssen, sondern die Möglichkeiten der Kandidatenauswahl zu geben. Damit könnte das unselige Problem der Hinterbänkler gelöst werden, d. h. der von Interessengruppen innerhalb der Parteien ausgehaltenen mediokren Partei-Soldaten, die der Wähler aber überhaupt nicht im Parlament wünscht.

III.6. Verfassungsänderung: Volksentscheide bei wichtigen gesellschaftspolitischen Fragen

Wie schon erwähnt, sieht Paragraph 20 GG bei der Ausübung der Volkssouveränität neben den Wahlen auch Abstimmungen vor. Für diese gibt es auf Bundesebene bis heute keine gesetzliche Grundlage. Hier ist absoluter Handlungsbedarf. Die wesentlichen Entscheidungen, die die Lebensbedingungen der Bevölkerung definieren, sollten durch Volksabstimmungen gedeckt sein. Derartige Abstimmungen sind im Zeitalter des Internets kostengünstig zu realisieren und sind ein zusätzliches wichtiges Instrument, um Bürger-Macht zu stärken und die Untertanen in der Zivilgesellschaft langsam zur Minderheit werden zu lassen.

IV. Schlussbemerkungen

Ohne eine radikale Reform unseres gesellschaftlichen Systems in Deutschland hat das Land und auch Europa keine Zukunft. Das Grundübel unserer Gesellschaft liegt nach wie vor in der unzureichenden Entwicklung hin zu einem demokratischen System, in dem die aktive Teilhabe des „Mündigen Bürgers“ als Volkssouverän einen „Bürger-Staat“ mit „menschlichem Antlitz“ kontrolliert, d. h. einen Staat, in dem das Gesamtinteresse aller Bürger im Geiste einer umfassenden Menschlichkeit und sozialen Gerechtigkeit Vorrang vor Partikularinteressen hat.

Der gegenwärtige Zustand unseres Parteienstaates hat eindeutig den Charakter einer BT-Parteien-Diktatur, in dem der Untertan weiterhin der Obrigkeit, d. h. dem von den BT-Parteien usurpierten Staatsapparat, ohnmächtig gegenübersteht. Diesem Grundübel verdanken wir Deutschen vor allem die Euro-Krise und die Soziale-Kälte-Politik, welches die derzeitigen herausragenden Probleme unserer Nation sind.

Der Weg zu einem Bürger-Staat kann nur über die Brechung des politischen Machtmonopols der BT-Parteien über den Staat führen. Dazu sollte eine breite demokratische, außerparlamentarische Bewegung aller partei-unabhängigen Initiativen für die Errichtung eines Bürger-Staates ins Leben gerufen werden. Es geht um nichts anderes als die Sicherung der Zukunft Deutschlands und Europas in einem gesellschaftlichen System, das die universalen Menschenrechte und eine universale Ethik des menschlichen Handelns in einer friedvollen Welt vorsieht, in der Mensch und Natur in harmonischem Einvernehmen stehen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Costa Esmeralda

35 Jahre Entwicklungsberater, Lateinamerika, Afrika, Balkan. Veröff. u.a. "Abschied von Bissau" und "Die kranke deutsche Demokratie".

Costa Esmeralda

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